Reisebericht: Rundreise Holland – Belgien – Luxemburg

16.08. – 25.08.2013, 10 Tage Rundreise Rotterdam – Den Haag – Delft – Brüssel – Brügge – Damme – Oostende – Ypern – Waterloo – Namur – Maas–Tal – Luxemburg


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Von Stadt und Hafen Rotterdam nach Delft und Den Haag, nach Belgien über Baarle-Hertog nach Brüssel. Rundgang mit „Grote Markt“ und dann Besuch der flämischen Städte Brügge , Ypern, Kortrijk und Tournai bis in die Natur der Ardennen.
Moderne und historische Städte und typische Landschaften der Niederlande, die „Schatzkammer Flandern" mit ihren Kunststädten und die Landschaften der Ardennen mit den Besonderheiten Luxemburgs zu kombinieren, war wirklich eine gute Idee.
Viel gab es zu entdecken, als wir uns mit 38 Studienreisenden gemeinsam davon überzeugen konnten, was unsere Nachbarländer so alles zu bieten haben!
Überraschendes und Unerwartetes ergab sich, als wir in die Geschichte und Geschichten  der Niederlande, Belgiens und des kleinen Nachbarn Luxemburg vordrangen - während der zehn erlebnisreichen Tage zusammen mit Buschauffeur Thoralf Jentzsch kam fast jeder auf seine Kosten! Städte und Bauwerke, Natur und Kultur in opulenter Schönheit lernt man schnell kennen, wenn man sich nur ein wenig abseits der durchführenden Autobahnen und Europastraßen wagt. Genau das haben wir getan und hier will ich darüber berichten, wie die schöne Reise verlief!
Ein Reisebericht von
Dr. Michael Krause
Dr. Michael Krause

Erster Tag, Freitag, 16.08.2013:

Erwartungsvolle BeNeLux-Reisende trafen sich schon am Flughafen Dresden  - ab Erfurt waren wir dann auf die Anzahl von 38 Mitreisenden angewachsen. Wie immer gab es nach technischen Hinweisen und unserem Sicherheitsvideo eine lockere Plauderei über die Reisevorhaben und die mit den an der Strecke liegenden Sehenswürdigkeiten verbundenen Geschichten. Streckenkommentare sollen dabei ein wenig die Eintönigkeit der Autobahnfahrt auflockern oder auch einmal ein mittelhochdeutsches Gedicht Aufmerksamkeit erregen. So verging die Fahrt bis zur Grenze der Niederlande fast wie von selbst und nach Abspielen der Nationalhymne waren wir im Nachbarland. Ein paar wissenswerte Fakten zu unserem neuen Gastland und ein kleiner niederländischer Sprachkurs führten dazu, dass es einigermaßen kurzweilig für die Gäste wurde, bevor wir unser modernes Novotel Brainpark in Rotterdam erreichten - gleich gegenüber der „Erasmus"-Universität.

Zweiter Tag, Samstag 17.08. 2013:

Der größte Hafen Europas liegt nahe Rotterdam! Ein Kennenlernen der zweitgrößten Stadt der Niederlande stand heute zuerst auf dem Programm. Obwohl Straßensperrungen wegen eines Autorennens die Stadtrundfahrt komplizierten, führte unser Stadtführer Karel mit Insiderwissen und Liebe durch alle Winkel des neuen und des alten Rotterdam, die nicht jeder kennt. Die erstaunliche Großzügigkeit in den Straßenführungen und Park-Anlagen, neue, teils gewagte Architektur neben Resten einstiger maritimer Größe kennzeichnen die Hafenstadt. Bei einem kleinen Rundgang entdeckten wir auch den alten „Delfter Hafen", bevor wir auf die Hafenrundfahrt mit der Firma „Spido" gingen. Die Fluss-Perspektive von der Maas aus zeigte uns noch einmal ein ganz anderes Rotterdam. Hier bekamen wir auch einen Einblick in den Aufbau des größten europäischen Hafens und drittgrößten der Welt . Nach etwas Freizeit gewannen wir weitere Hafeneindrücke vom Bus aus, denn wir fuhren durch große Teile des Europoort. Viele Quadratkilometer Hafen-Gelände beeindrucken auf  über 20 km Autobahndurchfahrt. Nach Passieren vom Containerhafen und dem Erdölhafen mit den gewaltigen Depottanks für hunderte Millionen Barrel, waren wir plötzlich am Flut-Schutztor der Maas. Seit 1997 besitzt der Nieuwe Waterweg, der Zugang zu Stadt und Hafen von Rotterdam, mit dem  Maeslant-Sturmflutwehr zwei riesige, kreisbogenförmige Tore, drehbar um ein Kugelgelenk gelagert.
Bei einem Durchmesser von 10 Metern und einem Gewicht von 660 Tonnen allein für die Lager, kann man erahnen, welches Gewicht die in großen Kissen aus Beton als Fundament  ruhenden 237 m langen Torkolosse aufbringen.
Im Anschluss sahen wir uns aber noch die historische Festungsstadt Brielle an. Im niederländischen Unabhängigkeitskrieg als erste Stadt befreit - was man heute noch im lateinischen Wahlspruch „libertatis Primitiae" (zuerst Befreite) am historischen Rathaus sehen kann - gibt sich der Ort bis heute mit dem unverfälschten und beschaulichen Charme einer malerischen niederländischen Kleinstadt. Die von uns besuchte St. Catharijnekerk war einmal als größte Kirche der Niederlande geplant. Ein  großer Brand (1456) und notorischer Geldmangel verhinderten die Vollendung des bis heute imposanten Prunkbaues  und die Kirche wurde nie fertiggestellt. Zum Abendessen kehrten wir zurück nach Rotterdam.

Dritter Tag, Sonntag, 18.08. 2013:

Bei regnerischem Wetter anfangs erreichten wir heute zunächst Delft, bekannt für ihre Keramik mit dem weltberühmten „Delfter Blau" In der einzigen Porzellanfabrik, die die Jahrhunderte überdauert hat, wurden wir während einer interessanten Führung mit der Geschichte der „Königlichen Manufaktur", die seit 1653 existiert und ihren Produkten - erst Fayencen, Kacheln und Porzellan - bekannt gemacht. Und das Geheimnis des „Delfter Blau"? Natürlich besitzt diese Besonderheit eine geheime Rezeptur, die bei der Handbemalung mit Kobaltoxid angewendet wird, um dann nach dem Brennvorgang strahlend blau zu wirken
Nach Gelegenheit zum Kauf der Porzellanerzeugnisse wandten wir uns der Stadt Delft zu. Die von Grachten durchzogene Altstadt verbreitet ein besonderes Flair. Noch im historischen Befreiungskampf der Niederlande um Unabhängigkeit von Spanien war sie als Regierungssitz 1584 Schauplatz der Ermordung ihres Statthalters, hat ebenfalls viel zu bieten: Der „Prinsenhof" hier war der Sitz von „Wilhelm dem Schweiger", der  als Herzog von Nassau-Oranien Anteil am Aufbau der von der Kolonialmacht Spanien befreiten Niederlande, hatte und hier den Tod fand. Nahe liegen hier die „Oude Kerk" und hübsche Grachtenhäuser wie das alte Provinzialverwaltungsgebäude von Delft. Unweit auch der hübsche historische Stadtkern, den Rathaus mit alter Waage und die „Nieuwekerk dominieren, in der neben Wilhelm I. auch andere gekrönte niederländische Häupter bestattet sind.
Nach längerem Aufenthalt in Delft sah uns der frühe Nachmittag dann im nahegelegenen Den Haag. Wir mußten ein Stück laufen, um uns mit den beiden Stadtführern zu treffen. Hier standen das Regierungsviertel „Binnenhof" und der Palast der Könige der Niederlande auf dem Programm der Stadtführung - in diesen Palast ist gerade der frischgekrönte niederländische König eingezogen, dessen ehemaliger Wohnsitz - noch als Kronprinz - nicht weit entfernt lag.
Aber noch eine Besonderheit konnten wir heute bieten. Als Richtig-Reisen-Extra nahmen wir von Den Haag aus einen kleinen Umweg und landeten ein paar Kilometer südlich von Rotterdam in Kinderdijk. Umschlossen von zwei Flüssen zählt der Ort mit 19 Windmühlen nicht nur zu den bekanntesten niederländischen Sehenswürdigkeiten, sondern auch zu den typischsten Landschaften. Der Ortsname, so die Legende, gehe auf eine große Sturmflut Anfang des 15.Jahrhunderets zurück, bei der ein Kind in seiner Wiege unversehrt auf den Deich gespült wurde. Die Mühlen, die das markante Orts- und Landschaftsbild bestimmen, stammen überwiegend aus dem 18. Jahrhundert und wurden zum Antrieb für Wasserpumpen genutzt, die zur Entwässerung und Urbarmachung des Geländes dienten. Nach einem „Mühlenbummel" in Kinderdijk kehrten wir  in unser Hotel in Rotterdam zurück.

Vierter Tag, Montag, 19.08 2013:

Auf dem heutigen Weg von den Niederlanden nach Belgien ging es in einen der kuriosesten Orte Europas: Baarle Hertog ist eine komplett in den Niederlanden liegende belgische Exklave, die wiederum eine niederländische Enklave umschließt. Das erklärt beide Namen des Ortes: Baarle-Hertog und Baarle-Nassau. Überall erkennt man es hier, denn wegen dieses Kuriosums ist der Ort zu einem Touristenmagneten geworden. An vielen Stellen haben die Bewohner den Grenzverlauf dokumentiert - sei es auf dem Straßenpflaster oder mit Gedenktafeln oder Zugehörigkeitsfähnchen an den Häusern.  Dabei machte man sich einen Spass daraus, wie verzwickt der Grenzverlauf ist - mitunter führt die Staatsgrenze durch ein Haus und dann entscheidet die Haustür mit ihrer Lage über die Staatzugehörigkeit des Baues. Gerne erzählt man hier auch Geschichten über die Zeit, in der in den Niederlanden die Wirtshäuser früher schließen mußten. Verlief die Grenze durch den betreffenden Gasthof, dann wechselten die Gäste bloß zu einem Tisch auf „der anderen Seite"
Dann führte uns der Weg nach ein paar niederländischen Kilometern tatsächlich ins Nachbarland Belgien und in dessen Hauptstadt Brüssel. Zunächst erreichten wir das am Rand gelegene Atomium, wo wir Zeit für einen ausgedehnten Fotostopp mit Bordservice und Toilettenpause hatten. Das weltbekannte Brüsseler Wahrzeichen, 2006 restauriert, gibt es seit der Weltausstellung von 1958. Das 102 m hohe Gebäude aus neun riesigen, durch dicke Rohre miteinander verbundenen Kugeln stellt die 165-milliardenfache Vergrößerung eines Eisenkristalls dar. Vom Atomium ging es zur „großen Runde" mit dem Bus durch die Hauptstadt. Vorbei am Justizpalast und durch die Regierungsstraße erreichten wir das Stadtschloss von Brüssel, das „Arbeitsschloß" des belgischen Königs. Während der Bus hier stehenblieb, besuchten wir zu Fuß den Regierungsplatz mit Krönungskirche und einem Denkmal von Gottfried von Bouillon und danach den Kunstberg. Der wurde im Laufe der Geschichte: angelegt, nachdem beim großen Artilleriebeschuß Brüssels Ende des 17. Jahrhunderts gewaltige Mengen Bauschutt anfielen und die Häuser des zerschossenen Marktplatzes neu aufgebaut werden mußten.  Nach Aufschüttung und Neubebauung wurde der „Kunstberg „ mit seinen Bibliotheken und Museen zu einem der nationalen Kulturzentren Belgiens. Über den Jubiläumspar und das EU-Viertel arbeiteten wir uns zurück und erkundeten beim anschließenden Rundgang zu Fuß die Brüsseler Altstadt, denn für Busse sind die Gassen hier zu eng. Wir besuchten zunächst das Brüsseler Wahrzeichen „Manneken Pis". Die Figur eines kleinen Jungen, der seit Jahrhunderten gelassen vor sich hinpullert, ist nur einen guten halben Meter groß und spendet etwa 70 l Wasser pro Stunde. Viele Legenden ranken sich um ihn, er hat hunderte Kostüme, die an manchen Tagen seine Blöße bedecken und er ist die einzige Brunnenfigur der Welt, der ein Orden verliehen wurde. Einer der Gäste fragte mich, was denn an der Geschichte sei, dass es ein weibliches Gegenstück zum „Manneken" gebe. Das ist tatsächlich so und ich versprach, die Gruppe hinzuführen. Zuerst aber gelangten wir auf den „Großen Markt". Für viele ist er einer der schönsten Marktplätze Europas, den alte Zunfthäuser und ehemalige „königlichen" Bauten in gotischem, Renaissance- und Barockstil säumen. Der „Grand Place" von Brüssel liegt tagsüber stets in großer Geschäftigkeit zumeist in der Sonne und wird - ohne dass der Trubel nachließe -  angeleuchtet in der Nacht.
Von hier wanderten wir zur ältesten Einkaufspassage Europas - der Galerie St.Hubert. Ein Nebengang führt in eine der berühmtesten Straßen Belgiens, in die sogenannte „Brüsseler Freßgasse". Tür an Tür liegen hier mehr als 200 Restaurants, die sich Tag und Nacht überbieten mit immer neuen Zusammenstellungen von belgischen Spezialitäten, Meeresfrüchten und Fleischgerichten. Und mittendrin, in einer kleinen Sackgasse, trafen wir auf die Figur von „Jeanneke Pis". Diese Brunnenfigur stellt ein kleines Mädchen dar und gilt als das weibliche Gegenstück zu „Manneken Pis". Angeblich, damit der kleine Kerl nicht so allein ist, wurde 1985 durch Denis-Adrien Debouvrie die kleine Skulptur errichtet und sprudelt seit 1987 in einer kleinen vergitterten Nische gegenüber einem bekannten Brüsseler Bierkeller in einer Hauswand. Als wir den Weg zurück zum Markt gegangen waren, konnten wir endlich Freizeit genießen und die Schönheiten der Brüsseler Innenstadt auf eigene Faust genießen. Abends fuhren wir vom vereinbarten Treffpunkt zu unserem heutigen Hotel, nahe dem Brüsseler Südbahnhof.

Fünfter Tag, Dienstag,  20.08. 2013:

Der heutige Tag begann mit einer Busfahrt  Richtung Nordwesten und wir erreichten  Damme. Einst war das heutige beschauliche Städtchen eine bedeutende Stadt mit großer Bedeutung als See- und Vorhafen des reichen Brügge. Ihre frühere Größe manifestiert sich noch in der gewaltigen Kirche - heute viel zu groß für eine so kleine Gemeinde -  und im schönen spätgotischen Rathaus am Markt sowie einigen alten Patrizierhäusern. Der Bau wurde in seiner heutigen Form in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderets von Gottfried Bosschere errichtet und in ihm wurden mehrere historisch bedeutsame Hochzeiten der flämischen und burgundischen Herrscher gefeiert. Mitten auf dem Markt weist eine Statue auf Dammes Bedeutung in der Weltliteratur hin: der mittelniederländische Dichter Jacob van Maerlant hielt sich hier auf und Damme war ein wichtiger Schauplatz im „Till Uilenspegel" -Roman von  Charles de Coster, der damit als einer Begründer der belgischen Literatur gilt.
Nach Damme besuchten wir Brügge, einen der großen Touristenmagneten Belgiens und gewiß eine der schönsten belgischen Städte. In dieser Stadt, die so typisch ist, scheint die Zeit stehengeblieben zu sein. Wir nahmen unseren Weg vom Busparkplatz und „schlängelten" uns durch die alte Handelsstadt, die auch für Hansekontor berühmt war, vorbei am „Minnewater", früher als äußerer Handelshafen wichtig für die Stadt durch seine Zoll- und Schleusenanlage. Dann folgte der Besuch des alten Beginenhofes, in dem im Spätmittelalter die Angehörigen einer christlichen Laiengemeinschaft lebten, ähnlich wie in einem Kloster. Der „Walplein", früher von Brauereien umstanden, von denen heute nur noch eine existiert folgte und dann ging es durch enge Gassen bis zur Brücke mit schönem Blick auf das Sint-Jans-Hospital. Es war eines der größten Hospitäler Europas, hatte seinen eigenen kleinen Hafen und beherbergt heute das Memling-Museum und eine der ältesten europäischen Apotheken. Die Liebfrauenkirche ragt nicht nur mit ihrem weithin sichtbaren 122 m hohen Turm auf, sondern enthält ein besonderes Kunstwerk, eine perfekt gearbeitete schneeweiße Marmormadonna von Michelangelo, die einst ein reicher Brügger Handelsherr dem Künstler aus Florenz abkaufte und der Stadt überließ. Auf dem ehemaligen Kirchhof, der Liebfrauenkirche findet sich ein Blick auf das kleinste gotische Fenster der Welt und eine fotogene, oft als Brügges malerischste Grachtenszenerie bezeichnete Idylle. Auch das „Gruuthuse", Brügges schönster Adelspalast, durfte nicht fehlen, bevor wir den Rundgang zur viel fotografierten Rozengracht, zum Huidenvettersplein, dem alten Gerbermarkt, und zum Fischmarkt fortsetzten. Gleich darauf erreichten wir die „Burg". Von der einstigen Anlage, die bei Gründung Brügges eine Rolle spielte, ist nur der Name erhalten geblieben - aber nahezu atemberaubend ist hier der Anblick des hochgotischen Rathauses mit seinen herrlichen Skulpturen und die überregional bedeutende Heiligblutkappelle. In dieser romanisch-gotischen Doppelkapelle, wird eine Reliquie aufbewahrt, die angeblich Blutstropfen von Jesus Christus enthält. Nach einem Abstecher zum „Groote Markt", den der  imposante Belfried, zu einer Stadtburg mit gewaltigem, 83 m hohem Turm gestaltet, beherrscht und der von alten Patrizierhäusern verschiedener Epochen gesäumt wird, ging es zu einem weiteren Höhepunkt: Brügge vom Wasser aus bei einer Grachtenrundfahrt kennenzulernen, ist ein echtes Erlebnis, das einen fast noch mehr ins Mittelalter versetzt wie der Rundgang durch die Gassen.
Anschließend war noch genügend Raum für Freizeit, in der noch weitere Schönheiten der herrlichen Stadt erkundet oder manches vom Rundgang „individuell nachgearbeitet werden konnte. Abends brachte uns der Bus zu unserem direkt am Strand von Oostende gelegen Hotel. Unser Abendessen nahmen wir in einem Strandrestaurant ein.

Sechster Tag, Mittwoch, 21.08.2013:

Um 09.00 Uhr fuhren wir an der Küste entlang ins Seebad Knokke-Heist. Der Kurort gilt als mondänster in Belgien und ist mit seinem 12 km langen Sandstrand und einer weitläufigen Dünenlandschaft jeden Sommer Anziehungspunkt für zahllose Touristen. Bei aller Schönheit der kurzen belgischen Küste sind fast überall die Strandpromenaden fast durchgängig bebaut mit Bettenburgen, Ferienwohnungen, Apartmenthäusern und Hotels. In der Nähe der Küste fand unser Bus einen Parkplatz und wir hatten ein Stündchen Freizeit, um uns umzusehen.
Eigentlich war der Vogelpark Het Zwin direkt an der belgisch-niederländischen Grenze als Ausflug vorgesehen, aber wir sehr kurzfristig erfahren, dass er wegen Umbaues gerade geschlossen worden war. Daher mußte schnell ein Ersatz gefunden werden - wir fuhren deshalb in den nahen Ort Blankenberge und erlebten im dortigen „Sealife Center" zwar keine Vögel, aber dafür allerlei Meerestiere, die in der „geheimnisvollen Unterwasserwelt" - so die Werbung des Center - präsentiert werden. Nach einiger Zeit bei den Meeresbewohnern fuhren wir mit dem  Bus in die hübsche flämische Stadt Veurne. Einst eine ziemlich große spanische Festung im sogenannten „achtzigjährigen Krieg" hat das Städtchen noch einige schöne historische Gebäude zu bieten. Der gut erhaltene  große, rechteckige Markt wartet mit reizvoller Historie auf. Das alte Rathaus - „Stadhuis" - und daran anschließend der Justizpalast mit dahinterliegendem Belfried, der mit einigen anderen zum UNESCO-Welterbe gehört sowie die alte Fleischhalle stammen alle aus dem frühen 17. Jahrhundert. Auf der anderen Marktseite gibt es noch einen spätgotischen Wohnturm: Heute als der „Spanische Pavillon" bekannt, wurde das im 15. Jahrhundert erbaute Gebäude ursprünglich als Rathaus genutzt. Nach etwas Freizeit hier im idyllischen Veurne kehrten wir recht früh ins Hotel in Oostende zurück, um noch Zeit für einen Strandspaziergang, einen Abstecher in die Innenstadt zu haben oder die Gelegenheit zum Baden zu nutzen.

Siebter Tag, Donnerstag, 22.08. 2013:

Der heutige Tag sollte durch Flandern bis in die Wallonie führen. Unser erstes Ziel war die Stadt Ypern. Ihre weltberühmte Tuchhalle gehört zu den größten Rat- und Zunfthäusern Europas. Wenn man vor dem monumentalen Gebäude steht fällt es schwer zu glauben, dass sie im 1. Weltkrieg, als Ypern einer der heftig umkämpften Orte an der Flandern-Front war, wie der Rest der Stadt komplett zerstört wurde. Heute beherbergt die Tuchhalle ein bedeutsames Museum „In Flanders Fields" über den 1.Weltkrieg an der Flandernfront und über die Schrecken des Giftgaskrieges, denn vor ihren Mauern wurde dieses erstmals in der Geschichte der Kriegführung eingesetzt. Auch das Kriegerdenkmal Menenpoort („Gedenktor"), als heutiges Stadttor ein Teil der alten Festung zeugt mit Namen tausender Gefallener ebenso von den Schrecken des ersten Weltkrieges wie die zahllosen  Kriegsfriedhöfe mit ihren Gräbern. Ein Stadtrundgang zeigte uns den historischen Marktplatz und seine Tuchhallen. Es handelt sich um einen der größten profanen gotischen Gebäudekomplexe Europas, ähnlich bedeutsam wie der Papstpalast in Avignon. Wie schon der Belfried von Brügge und Veurne gehört auch der 70 Meter hohe von Ypern zum UNESCO-Welterbe. Sein 49-teiliges Glockenspiel ertönt zweimal in der Stunde. In der Freizeit konnten wir den kurzen Stadtrundgang noch individuell vervollständigen.
Unser zweites heutiges Ziel war ebenfalls eine alte, einst begüterte Tuchmacherstadt. Ihr Name - Kortrijk - verbindet sich mit einem bedeutsamen historischen Ereignis: dem legendären Sieg einer flämischen Adels- und Ritterarmee über die schwerbewaffnete Reiterei Frankreichs im Jahre 1302 - der sogenannten „Schlacht der Goldenen Sporen". Das Umfeld des „Großen Marktes" von Kortrijk bietet einen schönen Belfried, die interessante Sint.-Martenskerk und einen Beginenhof. Dieser ist einer der ältesten in Belgien. Er wurde um 1240 errichtet und gehört mit seinem idyllischen Ensemble seit 1998 zum UNESCO-Welterbe der „Flämischen Beginenhöfe".
Am Nachmittag ging es dann weiter nach Süden. Wir wechselten von Flandern ins französisch sprechende Wallonien und erreichten bald Tournai. Auch dieser Ort wartet mit einer gut erhaltenen mittelalterlichen Altstadt auf. Er ist Bischofssitz mit einer sehenswerten Kathedrale. Leider ist diese gotische Kirche, Notre-Dame, derzeit eingerüstet und nur teilweise zugänglich und wird restauriert. In ihrer Nähe findet sich  der um 1200 erbaute älteste belgische Belfried. Genau wie die Kathedrale gehört er zum UNESCO-Welterbe. Nach etwas Freizeit, ging es dann ins Gebiet der Ardennen und wir erreichten die Hauptstadt der Wallonie, Namur, in deren Zentrum unser heutiges Hotel lag.

Achter Tag, Freitag 23.08.2013:

Die Hauptstadt der Wallonie wird von einer gewaltigen Zitadelle überragt. Ihre wechselvolle Geschichte kennt zahlreiche Belagerungen und stetige Erweiterungen, da man ihre Lage immer als strategisch wichtig einschätzte. Wir fuhren hinauf zum großen Appellplatz, auf dem mehrere zehntausend Soldaten manövrieren und exerzieren konnten. Die Zitadelle umfaßt mehrere hundert Hektar und gehört zu den größten Militäranlagen Europas. Gleich hinter dem Appellplatz befindet sich ein hervorragender Aussichtspunkt über Namur, an dem wir einen Fotostopp einlegten, bevor wir wieder zurück zum Zentrum fuhren. Namurs Altstadt ist recht klein, vor allem liegt sie rings um den belebten Place d'Armes, von dem aus man die bedeutendsten Baudenkmale sehen kann - den ältesten Teil der Stadtbebauung mit dem niedrigen, aber wuchtigen Belfried - der in Wallonien Beffroi heißt - und die Jugendstilgebäude der alten Börse und des Theaters.
Quer durch die malerische Landschaft des Ardennen-Mittelgebirges, erreichten wir kurz vor Mittag Durbuy. Der als kleinste Stadt der EU geltende hat mittelalterliche Gassen und ein hübsches Ambiente bewahrt - trotz einiger noch vorhandener Baustellen hat Durbuy viel Charme. Ein malerisches Grafenschloss am Flüsschen Ourthe, das sich bis heute in Privatbesitz befindet, überragt die Gässchen, mit ihren rustikalen, trotz Restaurierung noch alt wirkenden Häusern aus Granit und Kalkstein. In der Freizeit gab es hier einige Möglichkeiten für einen Imbiss. Durch die malerischen Wälder legten wir den weiteren Weg zurück und erreichten eine der einst wichtigsten Abtei Niederlothringens, nach Orval. Eine Führung durch die Ruinen brachte uns die Geschichte dieses Trappistenklosters, gegründet von einer mit strengeren Regeln versehenen Ordensgemeinschaft der Zisterzienser, näher.  Eine Legende besagt, dass einst Gräfin Mathilde aus Dankbarkeit Land für die Gründung des Klosters gab, das man dann Orval („goldenes Tal") nannte. Im 12. Jahrhundert schon bedeutend, bestand die Abtei mit ihren riesigen Ländereien bis zur französischen Revolution Ende des 18. Jahrhunderts. Sie wurde dann aber im Jahre 1932 neugegründet und hat heute einen besonderen Ruf vor allem durch das hier gebraute Trappistenbier und ihren Käse. Das herbe Bier, das ungewöhnlicherweise zweimal gärt, das zweite Mal nach dem Abfüllen - konnten wir im Anschluss an die Führung in einer nahegelegenen Gaststätte probieren und auch eine kleine Kostprobe des Abteikäses konnten wir nehmen.
Am späten Nachmittag durch die südlichen belgischen und die luxemburgischen Ardennen fahrend, erreichten wir unser Ziel Luxemburg, wo wir in einem Hotel in der „Europastadt" übernachteten.

Neunter Tag, Samstag, 24.08. 2013:

Luxemburg gehört - wie Brüssel und Strasbourg -  zu den EU-Zentralstätten. Heute gab es zunächst eine Rundfahrt durch die moderne Europastadt, vorwiegend auf dem Luxemburger Kirchberg- Plateau gelegen. EU-Behörden und  europäische Institutionen, darunter der Europäische Gerichtshof (EuGH), der Europäische Rechnungshof und Teile des Generalsekretariats des Europäischen Parlaments haben sich hier ebenso niedergelassen wie zahlreiche Banken und Geldinstitute. Zudem liegen hier die Zentrale der RTL Group, das Luxemburger Messezentrum, die luxemburgische Handelskammer sowie die Europäische Schule. Dann fuhren wir ins Zentrum der Altstadt, teilten die Gruppe unter unsere beiden Stadtführer auf und begannen einen Rundgang zu Fuß. Startpunkt war der berühmte schone Ausblick ins Alzette-Tal mit dem  „Gründungspunkt" der Stadt, dem Bockfelsen mit seinen alten Kasematten. Weiter durften natürlich die Höhepunkte der Altstadt, Kathedrale Herzogsschloß und Rathaus nicht fehlen. Auf einem individuellen Bummel konnte man dann noch mehr von der Altstadt sehen oder hatte Zeit für einen Kaffee oder einen kleinen Einkauf.
Später war dann Vianden unser Ziel, überragt seit dem 11. Jahrhundert von ihrer gewaltigen Burg. Auf einem Felssporn gelegen, ist sie die größte Festungsanlage Luxemburgs. Wir trafen uns mit der Burgführerin, die  uns die interessantesten Räume zeigte. Schon im 12 und 13. Jahrhundert wurden die Burgkapelle und der kleine Palas erbaut, später kamen weitere Teile aus dem 17. Jahrhundert hinzu. Seit vielen Jahren wird die Burg restauriert und informiert in Ausstellungen  zu verschiedenen Themen über ihre Geschichte .
Später am Nachmittag fuhren wir nach Luxemburg zurück.

Zehnter Tag, Sonntag, 25.08. 2013:

Der letzte Reisetag führte uns nach neun ereignisreichen BeNeLux-Tagen nach Deutschland zurück. Nicht allzuweit ist es von Luxemburg nach Trier, das zu den ältesten Städten Deutschlands gehört. Stolz kann es auf über 2000 Jahre Geschichte zurückblicken, denn als römische Gründung war es einst bedeutender Herrschersitz. Das besterhaltene römische Stadttor überhaupt, die „Porta Nigra" erinnert ebenso an diese römischen Zeiten wie die Überreste der Kaiserthermen oder die Konstantinsbasilika aus dem 3. Jahrhundert. Trier hat aber auch darüberhinaus eine gut erhaltene Altstadt zu bieten, in der das Ensemble aus romanischem Dom St. Peter und frühgotischer Liebfrauenkirche besonderen Stellenwert haben, denn sie stehen auch unter UNESCO-Welterbeschutz. Das älteste Marktkreuz in Deutschland - aus dem 10. Jahrhundert - und Wohntürme aus dem Spätmittelalter üben ebenso ihren Reiz aus. Ein bißchen Zeit für Fotostopps und einen kleinen Bummel um die historischen Gebäude blieb noch - und dann waren wir endgültig auf der Heimreise. Sie verlief gut und reibungslos und wir kehrten zu den Ausgangsorten unserer Reise zurück.Wie immer hatten wir vieles gesehen und viele von uns waren erstaunt, was unsere Nachbarländer so alles zu bieten haben. Also wird es gewiß noch weitere Reisen in die „kleinen" Länder an Deutschlands Nordwestgrenze geben und Eberhardt hat ja auch mehrere reizvolle davon im Programm. Vielleicht sind Sie bald wieder einmal mit dabei?Ich werde auch noch oft dahin reisen und freue mich schon darauf!
Bis bald!
Ihr Studienreiseleiter Dr. Michael Krause

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