Der Jerusalemer Tempelberg

„Stadt des Friedens“ nennt man Jerusalem oft – jene Stadt, die zentraler Ort für drei Weltreligionen ist und eigentlich ein Paradebeispiel für die Sehnsucht nach Ausgleich und Frieden wäre.

Von Dr. Michael Krause / 09.01.2017
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Dennoch ist gerade hier und gerade auf dem wichtigsten Ort Jerusalems - dem Tempelberg - um den Juden, Christen und Muslime seit Jahrhunderten streiten, letztendlich Frieden und Toleranz spürbar. Nicht nur, weil alle Religionen davon reden, nicht nur, weil Bewaffnete ihn aufrechterhalten - sondern vor allem, weil Menschen aus aller Welt hierher kommen, für die der Ort etwas nahezu Heiliges darstellt und die letztlich gemeinsam dafür sorgen, dass es hier sehr ruhig und normal zugeht. Gerade hier in Jerusalem, von dem meistens nur Negativschlagzeilen an die Öffentlichkeit gelangen, kann man auf ganz besondere Art Achtung und Wunsch nach Gemeinsamkeit, große Gastfreundschaft und Offenheit, aber auch den Versuch, ein „normales“ Leben zu führen, spüren und damit vielleicht sehr vieles von dem, was man sich an Frieden erhofft.

Der Tempelberg in Jerusalem, der das Herz der Stadt darstellt, ist zumeist nur in den Morgenstunden für Touristen zugänglich, bevor er für die Gebetszeiten in der Al-Aqsa Moschee wieder geschlossen wird.

Der Name „Tempelberg“ steht für einen südöstlich der Altstadt gelegenen Hügel, den ursprünglichen Standort des Hauptheiligtums der Juden, das einst die legendäre Bundeslade beherbergt haben soll. Dem sagenhaften jüdischen König Salomo wird die Errichtung des ersten Tempels der biblischen Israeliten im 10. Jh. v. Chr. zugeschrieben, den der babylonische König Nebukadnezar II. bei der Eroberung Jerusalems zerstören ließ und der später wiedererrichtet und unter Herodes kurz vor der Zeitenwende prunkvoll ausgestaltet wurde. Nach der endgültigen Zerstörung durch die Römer im 1. nachchristlichen Jahrhundert hatte die jüdische Religion bis heute nie wieder einen Haupttempel! Heute ist als letzter Rest dieser Anlage nur noch die westliche Stützmauer des Tempelberges erhalten, die bei uns – wegen der hier oft praktizierten Trauer um den Verlust des einstigen jüdischen Heiligtums – unter dem Namen „Klagemauer“ bekannt ist. Für das Christentum ist der Tempel mit zahlreichen Geschichten aus dem Leben von Jesus Christus und der Apostel verbunden.

Klagemauer in Jeruslaem
Klagemauer in Jerusalem


Da wo einst diese jüdische Andachtsstätte stand, wurden nach der muslimischen Eroberung Jerusalems im Jahre 637 n. Chr. zwei bedeutende Bauwerke des Islam errichtet, die bis heute das Antlitz des heiligen Berges prägen: der Felsendom und die Al-Aqsa-Moschee.

Der Felsendom gilt als der älteste monumentale Sakralbau des Islam und wurde schon Ende des 7. Jh. errichtet. Der Name rührt davon her, dass sich in seinem Zentrum der heilige Stein befindet, auf dem nach jüdischer Tradition die Welt gegründet und die Bundeslade gestanden habe und von wo aus nach muslimischem Glauben Mohammed seine Himmelfahrt angetreten habe. Seine achteckige Form folgt der uralten Symbolik – die z.B. oft als „Unendlichkeit“ verstanden wird. Symbolisch sind auch seine vier Eingänge in den vier Himmelsrichtungen und seine Kuppel, die den Himmel verkörpert (und die die  Bezeichnung "Dom“ rechtfertigt). Vergoldet ist sie übrigens erst seit Mitte des 20. Jh.

Unmittelbar neben dem Felsendom befindet sich die Al-Aqsa-Moschee, die Anfang des 8. Jh. als Steingebäude aufgeführt wurde und die das von Eroberer Kalif Umar schon 638 errichtete hölzerne Gebetshaus ersetzte. Heute gilt sie als drittwichtigste Moschee des Islam nach denen in Mekka und Medina. Als Jerusalem in den Kreuzzügen von christlichen Rittern erobert wurde, nutzte man den Bau kurzzeitig als Königspalast, bevor er nach der Rückeroberung durch Sultan Saladin wieder in eine Moschee umgestaltet wurde, deren religiöse Nutzung bis heute andauert.


Tempelberg mit Al-Aqsa-Moschee
Tempelberg mit Al-Aqsa-Moschee


Um 1118 während der Kreuzzüge war hier das erste Hauptquartier der sagenhaften Tempelritter. Nach dem Umzug in seinen neuerrichteten Königspalast wurde den neun „Gründervätern“ dieses Ordens der „Mönchs-Ritter“ die von den Kreuzfahrern profan genutzte Moschee von König Balduin II. von Jerusalem  zur Verfügung gestellt. Daher benannte sich dieser Orden nach dem Tempelberg: die "armen Ritter des salomonischen Tempels zu Jerusalem", später kurz "Tempelritter" genannt, begannen hier ihre geheimnisvolle Existenz und viele Legenden beruhen darauf, dass sie hier besondere religiöse Geheimnisse entdeckt hätten.

So schrieb der Berg, der bis heute die Hauptstadt des Heiligen Landes dominiert, ein weiteres Mal Geschichte!



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