Reisebericht: Jahresausklang im romantischen Norddeutschland

28.12. – 01.01.2014, 5 Tage Bremen – Papenburg – Emden – Greetsiel – Leer


  Bildergalerie   Druckversion (PDF)   Kommentare
 
Fehn, Siele, Tiden_Leben mit dem Wasser in Ostfriesland Wer den weiten Blick in die Ferne mag, ist richtig in Ostfriesland. Maritimes Flair überall: in Bremen, Emden, Leer und Greetsiel.
Ein Reisebericht von
Dr. Grit Wendelberger

Fehn, Siele, Tiden_Leben mit dem Wasser in Ostfriesland


Wer den weiten Blick in die Ferne mag, ist richtig in Ostfriesland. Maritimes Flair überall: in Bremen, Emden, Leer und Greetsiel. Und die Ostfriesen, spätestens bekannt durch die Witze, erlebten wir als gastfreundlich und gesellig.

1. Tag Stadtbesichtigung in Bremen


Nicht nur die Bremer Stadtmusikanten suchten ihr Glück in der Hansestadt Bremen: reich ausgestattete Bürgerhäuser, Rathaus und Dom künden vom können der Hanseaten. Und den Freiheitssinn der Bürger bezeugt der riesige Roland auf dem Markt, wachsam dem Bischof und der Kirche entgegen blickend.
Wunderschön die wieder aufgebaute Böttgerstraße mit dem Glockenspiel und den Erfindern und Entdeckern, doch auch das malerische Schnoorviertel mit seinen kleinen Häusern lud zum Verweilen ein.
Ein Museum mit Werken von Paula Modersohn-Becker erinnert an die nahe gelegene Künstlerkolonie Worpswede, wo auch Modersohn und Vogeler wirkten.
Erwärmt mit einer Tasse Kaffee ("Kaffeesieren" nennen das die Bremer) ging es weiter in Richtung der ältesten und längsten Moorsiedlungen Deutschlands, nach Papenburg zum familiengeführten Hotel Hilling.
Fehn (ursprünglich veen) heißt Moor und erzählt vom holländischen Vorbild der Moorsiedlungen, die sich hier im 17. Jahrhundert unter van Velen entwickelten. 

2. Tag Besichtigung der Meyerwerft und Papenburg


Wir erkundeten mit Yolanda zuerst die Meyerwerft am Rande des Ortes: gebaut wurden in Halle 5 und 6 gerade das Forschungsschiff "Sonne" und die Quantum of the Seas". Die Fertigstellung ist für Herbst 2014 vorgesehen.
Mit der Kiellegung des Schwesterschiffes "Anthem of the Seas" im November 2013, begann die Produktion des Schiffes, das im Frühjahr 2015 abgeliefert wird. 
Anfang 2014 werden zudem fünf Flusskreuzfahrtschiffe an die Reederei Viking River Cruises ausgeliefert. Das Auftragsbuch der NEPTUN WERFT in Rostock beinhaltet dreiundzwanzig weitere Flusskreuzfahrtschiffe für die Reederei Viking River Cruises AG und ein Fluss-kreuzfahrtschiff für die A-Rosa Flussschiff GmbH. Die Werft in Rostock ist damit bis in das Jahr 2015 beschäftigt. Gut so.
Die Dimensionen waren gigantisch und die Logistik höchst ausgeklügelt. Auch das Procedere der Kanal-Kreuzfahrtschiffroute bis nach Emden durch die Papenburger Schleuse, auf der wir standen, war respektabel. Nach dem Stapellauf fährt es dann circa 12 Stunden die Ems hinauf zur Nordsee - ein gigantisches Schauspiel, das Hunderttausende Besucher jährlich anlockt!
Wir entdeckten auch Hebekräne aus Köthen, teilweise noch mit der Beschilderung "Deutsche Demokratische Republik" - ein Qualitätsbeweis, der uns erfreute.
Filme, Musterkabinen, Modelle gefertigter Kreuzfahrtschiffe und Spezialschiffe wie Gastanker und Tiertransporter rundeten das Bild.
Nachmittags begann unsere Zeitreise in die Geschichte Papenburgs vom Museum "Zeitspeicher" aus. Im Museum und auf unserer Besichtigungsfahrt erfuhren wir von der Schwere und den Nöten der ersten Siedler ("Dem ersten sein Tod, dem zweiten seine Not, dem dritten sein Brot") und von der Verantwortung für ihren Kanalabschnitt, mit dem das Moor entwässert wurde. 

3. Tag Emden und Greetsiel


Sonnenschein empfing uns auch am Folgetag an der Küste: Emden zeigte sich uns von seiner sonnigsten Seite und so spazierten wir zunächst die Altstadt von der Kunsthalle über das Rathaus und Ostfriesische Landesmuseum bis zum Ratsdelft mit den drei Museumsschiffen, durch das alte Hafentor zu den beiden Pelzerhäusern aus dem 16. Jahrhundert.
Vorbei am Bunkermuseum ging es zu der Großen Kirche, heute "Johannes a Lasco Bibliothek" neben der Schweizer Kirche - kündend von der calvinistischen Tradition Emdens und weiter zur Promenade bis zum Otto-Haus.
Wer wollte, besuchte anschließend die alte Kesselschleuse, die unterschiedliche Wasserständen ihrer vier Kanalarme ausgleicht.
Übrigens: Störtebecker war auch schon hier - die Emdener sahen ihn gern, die Hamburger Hanse erzürnte dies und so besetzten sie Emden. 
Weiter ging es über das flache Krummhörner Land mit seinen Entwässerungskanälen bis nach Greetsiel, benannt nach dem alten Sieltor aus Preußenzeiten.
Der malerische Ort war seit den 20er Jahren ein Fischerort geworden, als Sielhafen mit Frachten von Torf, Getreide und Heu hatte er ausgedient.
Dafür wurde er nun Tummelplatz der Touristen, nur in der Nebensaison war es etwas weniger. Mit diesem Vorzug starteten wir unseren Bummel durch den Ort vom Nationalparkhaus über die Mühlenstraße bis zum Kirchlein und alten Sieltor und "Poppingas Bäckerei" sowie weiteren alten Bürgerhäusern aus dem 18. Jahrhundert.
Vis-a-vis ankerten die Krabbenkutter - weit über 23 Schiffe fahren und sie haben seit dem Ausbau der Leyhörnnase an dieser Bucht eine tideunabhängige Zufahrt zur Nordsee. Ein großer Vorteil.
Nach der kundigen Führung durch die Galerie-Holländermühle (Wie wird Schrot und Feinmehl gemahlen? Wie sortiert? Wie der Mühlstein geschärft?) mit Herrn Schoof, dem Besitzer, stärkten wir uns in gemütlicher Runde bei ostfriesischem Tee.

Natürlich dreistöckig: erst den Kandis-Kluntje, dann den heißen Tee (eine Mischung aus verschiedenen Sorten) und schließlich die Sahne, mit einer kleinen Kelle eingeführt, bei Wolkenbildungen rührte natürlich keiner um - wir wußten Bescheid!
Verwöhnt vom leckeren Kuchenbuffet, verweilten wir gern im warmen Teestübchen, bevor es wieder hinaus in die Kälte ging.
Inzwischen war es dunkel geworden und wir fuhren gen Papenburg zurück, während wir vom Ringen der Küstenbewohner mit den Gezeiten (Tiden) hörten, vom Ringen um Land - in Respekt vor der immensen Arbeit, die zahlreiche Schriftsteller inspirierte, wie Goethe und Storm.

4. Tag Leer und Silvester


Am nächsten Morgen erwartete uns Claudia an der Großen Bleiche in Leer, damals wurde hier Flachs gebleicht, heute parken Busse.

Wir starteten an der Leda mit der Insel Nesse und dem alten Hafen an der Waage, besuchten das Rathaus und das Geburtshaus der Schriftstellerin Wilhelmine Siefkes sowie vis-a-vis die familiengeführte Weinhandlung Haus Samson, dann das Packviertel mit der Mennonitenkirche und die Brunnenstraße mit dem Teemuseum von Firma Bünting.

Dort verabschiedeten wir uns und freuten uns schon auf ein leckeres Fischgericht oder einen heißen Tee, die Auswahl an Matjes, Krabben, Schollen oder Knurrhahn ist reichlich und gut.
Nachmittags zurück im Hotel stimmten wir uns auf die Silvesterfeier ein, alles war gut in Saal und Küche vorbereitet.
Wir waren schon gespannt, Einlass war 19 Uhr mit einem Welcome Drink und wir begaben uns an unsere beiden schön geschmückten Tische.
 
Nachdem alle Gäste Platz genommen hatten, begrüßte uns der Hotelchef und tischweise startete nach einer Suppe der Gang zum super leckeren Buffet. 
Wir schlemmten nach Kräften und anschließend führte Musiker Frank und seine Frau durch das Programm: die Stimmung im Saal war prächtig und sofort wurde das Tanzbein geschwungen bis in die frühen Morgenstunden, unterbrochen vom Neujahrssekt und Feuerwerk auf dem Hof. 
Froh und matt zugleich sanken wir in unsere Betten, denn am nächsten Tag wollten wir bezeiten nach Cloppenburg aufbrechen - das gelang uns auch.


5. Tag Museumsdorf Cloppenburg


Bei Sonnenschein in klarer Luft starteten wir mit Herrn Brokamp unseren Rundgang durch das Cloppenburger Museumsdorf, das auf über 20 ha mehr als 50 historische Gebäude zählt.
Diese 500jährige Kulturlandschaft zwischen Weser und Ems wurde hier wieder errichtet, vor circa 70 Jahren wurde damit begonnen. 
Herr Brokamp sprach aus seinem Inneren zu uns, das mit allen Fasern an seiner Heimat hing.
Er verkörperte für uns so gleichsam den hiesigen Menschenschlag mit den Nöten und Freuden früherer Zeiten. 
Niedersächsische Windmühlen, Bauernhäuser, Heuerling-Katen, Kirche, Gasthof, Back- und Brauhäuser, Zehntscheune, Blaudruckerei, Drechslerei, Bleichwachhäuschen etc. tauchten am Wege auf und wurden von uns mit Interesse und Respekt betrachtet.
Gelacht haben wir gern miteinander, eine schöne entspannte Reise klang aus und ein neues Jahr 2014 begann auf gute Weise: möge es uns Frieden, Gesundheit und Freude bringen!
Ihre Studienreiseleiterin Grit Wendelberger, Halle 2014

Bildergalerie zur Reise

Kommentare zum Reisebericht