Reisebericht: Auf den Spuren großer Maler in Südfrankreich

30.09. – 09.10.2011, 10 Tage Studienreise in Südfrankreich mit Bus


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Licht der Provence ? auf den Spuren großer Maler in Südfrankreich Licht der Provence ? auf den Spuren großer Maler in Südfrankreich - eine wunderschöne Reise mit Überraschungen. Einen gelungenen Auftakt der französischen Küche fanden wir im
Ein Reisebericht von
Dr. Grit Wendelberger

Reisebericht

Licht der Provence - auf den Spuren großer Maler in Südfrankreich
Licht der Provence - auf den Spuren großer Maler in Südfrankreich: eine wunderschöne Reise mit Überraschungen. Einen gelungenen Auftakt der französischen Küche fanden wir im Hotel Chalon sur Saone, einen Auftakt zum besonderen Licht der Provence in Avignon: Hell, alles durchflutend ? von diesem Licht war schon Matisse beglückt. Wie er frohlockte, als er begriff, dass er nach seinem Umzug nach Nizza von nun an jeden Morgen dieses Licht würde sehen können.
Matisse war mir schon lange künstlerischer Maßstab und vertrautes kunsthistorisches Festland ? ich sah die Provence und Cote Azur vor allem mit seinen Augen. 
Nie mehr werde ich den Eindruck vergessen an der Engelsbucht von Nizza am Meer.
 
Doch beginnen wir beim ?hehren Lasterpfuhl? Avignon, dem römischen Avennio an der Rhone, der Stadt der Päpste an unserem Weg nach Süden.
Das mittelalterliche Avignon ist keine offene Stadt, sondern komplett von hohen Mauern mit Zinnen und Türmen umschlossen. Hinein liefen wir durch eines der Tore durch ein Gewirr von Gässchen, bis wir vor dem Papstpalast, eher eine Papstfestung, standen.
Hinter dem weiten Platz beginnt ein Boulevard, der bis zum Bahnhof führt und die ganze eiförmige Innenstadt einmal durchmisst. Wir erkundeten diese alten Wege wie vor uns schon Petrarca, Rilke, Hugo, Dickens und Thomas Mann.
Eine weitere römische Gründung, direkt an der alten Via Aurelia gelegen, wurde berühmt durch Ihre Heilquellen, doch uns faszinierte neben den prächtigen Boulevard und Brunnen der Traumstadt mit geruhsam südlicher Lebensart besonders die Cezannestadt Aix-en-Provence.
So vieles erinnert an ihn: Sein Atelier am Chemin du Lauves nahe dem geliebten Berg Saint-Victoire mitten im  Garten, getaucht in sonnige Spätsommerfarben, das Hutgeschäft seines Vaters und dessen Bank, seine Schule und sein Geburtshaus, die Rechtsfakultät, die Zeichenschule (Musee Granet) mit Werken Cezannes und Picassos im Dialog, die nah gelegenen Steinbrüche von Bibemus in ihrer kargen Schönheit.
Anders als sein Schulfreund Zola wollte er nie weg von Aix: ?Wer hier geboren ist, ist verloren. Nichts anderes gefällt einem mehr.?
 
Am Rande der Camargue entstand die Stadt von Julius Cäsar ?Arles.
Von der regen Bautätigkeit nach seinem Sieg im Jahre 46 v.Ch. zeugen noch immer antike Reste besonders des Theaters und das restaurierte Amphitheater, in dem wir eine Corrida erlebten.
Wir spazierten auf dem römischen Decumanus ((Rue de la Calade) und dem Cardo (Rue de l?Hotel de Ville).
Kaiser Konstantin berief hier 314  das erste Konzil christlicher Bischöfe und sicher inspirierten sich die Bildhauer des romanischen Westportals der Kathedrale des Ortsheiligen Saint Trophime vom Skulpturen-programm römischer Triumphbögen.
Vincent van Gogh durchlitt beim Betrachten die dargestellten Höllenqualen des jüngsten Gerichts und es sind nur wenige Schritte zum Krankenhaus, in dem er Aufnahme fand, als er nach seiner Selbstverstümmelung am Ohr von Bürgern aus dem gelben Haus gedrängt wurde, das heute nicht mehr steht am Lamartinplatz. Doch es steht noch sein berühmtes Motiv des ?Nachtcafé?, nur die Preise sind deutlich höher als zu van Goghs Zeiten.
 
Wir verließen Arles und die flache sumpfige Landschaft wechselte plötzlich in bizarr geformte Felsen der Alpillen über hoch über dem ?Höllental? ? dem  Gebiet des Liebeshofes derer von  Les Baux, deren Töchtern Trobadoure im 12. Jahrhundert den Minnegesang widmeten.
Ein phantastischer Anblick auf die Felsenstadt Baux und das Land bis südlich nach Saint-Rémy vom benachbarten Felsen aus, dem vorletzten Ort van Goghs im Spital St. Paul de Mausole, seinem Kampfplatz zwischen Mallust und Lebensschmerz.
Hoch oben lagern sonderbar gebildete Felsstücke ? Trümmer von Berg- oder Burg-Stücken vermischen sich. Vor schmucker Ruinenkulisse ehrwürdiger Renaissancehäuser werden beim Aufstieg Seifen und Santons (provenzalische Heiligenfiguren) angeboten. 
 
Die "2600 jährige schöne Schlampe am Mittelmeer" ist nach Joseph Roth ?Erbin und Feindin Karthagos und die Freundin Roms, die griechische Stadt und gallisches Athen?. Sie durchzogen Visigoten, Lombarden, Sarazenen und Normannen, hier ?fand die Revolution ihre zweite Heimat, ihren Text und ihre Melodie?.
Doch viel ist von der griechisch-römischen Antike nicht mehr zu sehen. Dennoch ist die alte Hafenanlage bewundernswert, an der schon Stefan Zweig im Hotel Beauvau abstieg. Eingerahmt wird er von den zwei imposanten Forts aus der Zeit Ludwigs des XIV. -
Unweit des alten Hafens beginnt die Canebiére ? Marseilles Zentrum und Rückgrat. Auf unserer Fahrt entlang der Küste in Richtung der Notre Dame de la Garde, dem Wahrzeichen der Stadt, betrachteten wir die Gefängnisinsel des Chateau d?If, zu dessen berühmtesten Insassen der Graf von Monte Christo zählt. Doch Dumas? Graf hat nie einen Fuß auf diese Insel gesetzt. Wir auch nicht, denn uns erwartete der einmalige Blick von der prächtigen Notre Dame aus dem 19. Jahrhundert auf die Millionenstadt. Doch ist auch Sitz eines Großmuftis und das Zentrum des Islam in Frankreich.
 
Lange galt Cannes als exklusivster Ferienort, bis Nizza an die erste Stelle rückte. Kein Wunder, die prachtvollen Hotelpaläste an der Croisette Promenade am Golf von Napoule mit den vorgelagerten Mönchsinseln de Lerins locken mit mildem Klima, subtropischer Pflanzenwelt und feinen Badestränden und dem berühmten Filmfestival und den zahlreichen Handabdrücken Prominenter vor dem Festivalpalast.
Wunderschön die Altstadtgassen mit ihren lecker gedeckten Tischen provenzalischer Küche, hoch hinauf zum Chevalierberg sich windend mit seinem Wachturm aus dem 11. Jahrhundert.
Auch Picasso zog es in die Stadt ? vor seiner Jugendstilvilla posierte er mit Stars wie Brigitte Bardot.
Natürlich hörten wir auch hier von einem geheimnisumwitterten Fort auf der Isle de Maguerite ? nach Marcel Pagnol soll hier der Zwillingsbruder Ludwigs XIV, der Mann mit der eisernen Maske, gefangen gehalten worden sein.
 
Weit gefehlt, wer denkt, dass Nizza?s Geschichte erst mit dem Tourismus begonnen hätte ? in Hafennähe wurde eine der ältesten europäschen Siedlungsplätze der Menschheit entdeckt, dann kamen die Griechen und die Römer, letztere errichteten landeinwärts Cemenelum, den heutigen Stadtteil Cimiéz.
Die Geburtsstadt Garibaldis hat italienischen Charme ? wir genießen ihn genauso wie den Charme der untergegangenen Belle Epoque, luxuriöse Villen und Grandhotels und ein russisch-orthodoxes Gotteshaus schmücken den Wintersitz des europäischen Adels, neben gekrönten Häuptern besuchten auch Gogol, Tschechow, Nietzsche die Stadt und Matisse wie auch Chagall blieben für immer. Ihre beiden berühmten Museen in Nizza, die Kapelle von Matisse in Vence und das Natur-Kunst-Museum  der Stiftung Maeght in St. Paul bei Nizza zeigen ihre hier inspirierten Werke.
Überall, ob in Aix, Arles, Nizza und anderswo ist die respektvolle Liebe spürbar, die den großen Meistern entgegen gebracht wird und der ich mich anschließe.
 
Natürlich würzten unsere Reise besonders Anekdoten von französischen TeufelInnen in Aix, italienischem Schnee in Vipiteno und rustikalem Charme an jedem Tag.
Als wir uns von der Cote Azur verabschieden in Beaulieu-sur-Mer auf dem Weg nach Italien, sind wir randvoll mit tiefen Eindrücken.
 
Doch nie mehr werde ich den Eindruck vergessen an der Engelsbucht von Nizza am Meer.
 
Alle Rechte bei Grit Wendelberger, Halle 2011

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