Reisebericht: Rundreise Ost–Kanada zum Indian Summer

07.10. – 19.10.2018, 13 Tage Städte– und Naturreise im Osten Kanadas mit Toronto – Ontariosee – Niagara–Fälle – Algonquin Provinz Park – Ottawa – Montreal – Lac Taureau – La Malbaie – Quebec


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Die Rundreise durch Ostkanada zum Indian Summer verbindet auf einzigartige Weise Geschichte, Kultur und Natur und ist eine meiner Lieblingsreisen. 25 Gäste habe ich in diesem Jahr begleitet und durfte mit ihnen einen prächtigen Indian Summer erleben.
Ein Reisebericht von
Dr. Andreas Wolfsteller
Dr. Andreas Wolfsteller

1. Tag (Sonntag, 07.10.2018): Anreise nach Toronto

In diesem Jahre beginnt meine Indian-Summer-Reise in Berlin auf dem Flughafen Tegel. Mit zwei Gästen fliege ich von dort nach Frankfurt, wo ich auf den Großteil meiner Gäste treffe. Wir sind schon sehr gespannt und fragen uns natürlich, ob wir eine tolle Laubfärbung sehen werden. Ein bisschen Glück gehört ja immer dazu, denn das Wetter richtet sich schließlich nicht nach dem Kalendertag. Air Canada bringt uns am Abend sicher nach Toronto, in meine alte Heimat, denn hier habe ich eine Zeit lang gewohnt und gearbeitet. Und da es in meinem Leben die erste Stadt im Ausland war, in der ich gewohnt habe, hat mich der Aufenthalt hier natürlich ganz besonders geprägt. Auf dem Flughafen begrüße ich herzlich und überschwänglich unseren Fahrer Richard aus Québec. Mit ihm habe ich bereits im Juni den Osten Kanadas erkunden dürfen. Er bringt uns zu unserem ersten Hotel in die Innenstadt von Toronto, die geprägt ist von vielen Hochhäusern. Hier wird aber nicht nur gearbeitet, sondern auch gewohnt, weshalb sich ein wunderbares Mosaik aus Lichtern ergibt, die der Stadt bei Nacht eine sehr futuristische Atmosphäre verleihen. Auf dem Weg zum Chelsea Hotel fahren wir sogar ein Stück durch Chinatown und an der berühmten Art Gallery vorbei. Nun sind wir aber durch den Flug und den Zeitunterschied von sechs Stunden schon ein bisschen müde, weshalb wir schnell unsere Zimmer beziehen, um uns ein bisschen zu erholen. Ich nehme noch schnell Kontakt zu den anderen Gästen auf, die auf anderen Flügen nach Toronto angereist sind, um mich zu vergewissern, dass alle meine Gäste gut angekommen sind. Dann darf auch ich in mein großes, weiches Bett fallen und die Augen schließen.

2. Tag (Montag, 08.10.2018): Stadtrundfahrt Toronto, Niagara–on–the–Lake, Niagara Falls

An unserem ersten Morgen in Kanada möchten wir uns gern vom CN Tower einen Überblick über Toronto verschaffen. Leider hat der CN Tower heute einen schüchternen Tag und versteckt sich in den Wolken. So sehen wir nur ab und zu beim Blick von der Aussichtsplattform in 346 m Höhe verschwommen ein paar Hochhäuser oder den Bahnhof, die Union Station. Der Turm braucht sich aber nun wirklich nicht zu verstecken, schließlich wurde er sogar zu einem der sieben Weltwunder der Moderne gewählt! Doch alles gute Zureden hilft nichts, er mag sein Haupt heute nicht zeigen. Auch bei unserem anschließenden Spaziergang zur Harbour Front sehen wir vom Turm nur einen "Schornstein". Ich muss also meinen Gästen die Innenstadt auf die herkömmliche Art und Weise zeigen - aus dem Bus heraus. Bei einer kleinen Stadtrundfahrt sehen wir noch einmal Chinatown, das Universitätsviertel, das Royal Ontario Museum (ROM), das Parlamentsgebäude im Queen's Park und natürlich das berühmte Rathaus am Nathan-Philipps-Square. Verständlicherweise gefällt uns das alte Rathaus im neogotischen Stil, das heute ein Gerichtsgebäude ist, besser als der moderne, schmucklose Neubau aus den 60er-Jahren. Im Eaton Centre, dem drittgrößten Einkaufszentrum Kanadas, stehen wir dann zur Mittagspause vor der kulinarischen Qual der Wahl - japanisch, koreanisch, portugiesisch, chinesisch, griechisch oder doch klassisch italienisch? Hier könnten wir uns wirklich einmal um die Welt essen, und dann anschließend die insgesamt 230 Geschäfte nach Schnäppchen durchstöbern. Erbaut wurde das Einkaufszentrum übrigens von dem in Thüringen geborenen und später nach Kanada ausgewanderten Architekten Eberhard Zeidler. Bevor meine Gäste tatsächlich noch in einen Kaufrausch verfallen, locke ich sie mit dem Versprechen auf Sonne und leckeres Eis zurück in den Bus. Über die King Street mit der Roy Thomson Hall, dem Sitz des Toronto Symphony Orchestra, und am alten Fort York vorbei, dem historischen Ursprung der heutigen Metropole, verlassen wir die größte Stadt Kanadas. Auf der anderen Seite des Lake Ontario scheint tatsächlich die Sonne und es ist angenehm warm. Da schmeckt das versprochene Eis beim Nachmittagsbummel durch das kleine Städtchen Niagara-on-the-Lake gleich noch ein bisschen besser. Der liebevoll rekonstruierte Ort war einmal die Hauptstadt der britischen Kolonie Oberkanada. Heute geht es in der Region eher beschaulich zu und man widmet sich ausgiebig dem Weinanbau. Schade, dass das Alkoholgeschäft heute geschlossen hat, da Feiertag ist. Nach einem Fotostopp am Whirlpool, einer 90-Grad-Biegung des Niagara River, erreichen wir am frühen Abend den Ort Niagara Falls an den gleichnamigen Wasserfällen. Vom 160 m hohen Skylon Tower aus haben wir einen tollen Blick sowohl auf den amerikanischen Teil der Wasserfälle als auch auf die Horseshoe Falls, die beide nach Einbruch der Dunkelheit eindrucksvoll beleuchtet werden. Ebenso eindrucksvoll ist das aufgebaute Buffet - wir schlagen uns bestimmt, aber mit Anstand die hungrigen Bäuche voll und genießen unser wohlverdientes Bierchen oder Glas Wein. Nach dem Abendessen können wir von der Aussichtsplattform aus noch jede Menge Fotos knipsen. Wer mag, kann auch noch einen Spaziergang zu den Wasserfällen unternehmen.

3. Tag (Dienstag, 09.10.2018): Niagarafälle, Sainte–Marie among the Hurons, Huntsville

Ein ungeplanter Abstecher in die Notaufnahme des örtlichen Krankenhauses verzögert unsere Abfahrt geringfügig, doch die Wunde ist schnell genäht und alles geht sehr glimpflich aus. So können dann doch alle Gäste am ersten Tagesordnungspunkt teilnehmen: dem Gruppenduschen an den Wasserfällen. Ich verziehe mich in meine geheime Ecke und beobachte das bunte Treiben und kann ungehindert und ohne Nässegefahr fotografieren. Auf der Tour fährt unser Boot so dicht an die Wasserfälle heran, dass außer einer Wand aus weißer Gischt nichts mehr zu sehen ist. Es ist schon immer wieder beeindruckend, mit welcher Kraft und Gewalt sich die Wassermassen die 57 m Höhenunterschied hinunterstürzen. Zum Glück sind wir alle in rote Regencapes gehüllt. Noch ein letzter Blick zurück auf die Wasserfälle, noch ein paar Souvenirs gekauft, dann beginnt unsere Busfahrt zurück Richtung Norden. Nach dem Mittagessen tauchen wir im Museumsdorf Sainte-Marie among the Hurons das erste Mal in die kanadische Siedlungsgeschichte ein. Das Museum erzählt die Geschichte jesuitischer Missionare, die ab 1639 für zehn Jahre eine Missionsstation unter den Wendat-Indianern, von den Franzosen Huronen genannt, betrieben. Die Winter waren hart, die Irokesen feindlich gesinnt, die Wendat dem christlichen Glauben weit weniger aufgeschlossen, als es sich die Missionare erhofft hatten. Eingeschleppte Krankheiten und die Irokesen dezimierten die Zahl der Wendat gleichermaßen; die Jesuiten konnten dem Sterben nur hilflos zusehen. Und doch ist die kleine Siedlung, die die Missionare in so kurzer Zeit aus dem Boden gestampft hatten, für mich ein kleines Wunder an menschlicher Erfindungsgabe und schierem Überlebenswillen. Nach diesem erhellenden Einblick in das harte Leben der ersten europäischen Siedler in Kanada setzen wir unsere Fahrt nach Huntsville fort. In einem Supermarkt in Orillia decken wir uns unterwegs für die nächsten Tage mit Obst und Süßigkeiten ein. Das gemütliche Hidden Valley Resort liegt am Peninsula Lake kurz hinter Huntsville und wird für die nächsten beiden Nächte unser Zuhause sein.

4. Tag (Mittwoch, 10.10.2018): Kanutour auf dem Oxtongue Lake

Was für ein Tagesanbruch! Über dem See hängt feiner Nebel; die Morgensonne lässt die Kronen der Bäume am Ufer in warmen Gold- und Rottönen erstrahlen. Wir wollen uns kaum von diesem Anblick trennen, der uns unverhofft beim Frühstück überrascht hat. Unser Termin bei den sympathischen Algonquin Outfitters mahnt jedoch zum Aufbruch. Es ist immer wieder verblüffend, wie die Kanutour auf dem Oxtongue Lake selbst in den friedlichsten Seelen den kompetitiven Teil der menschlichen Psyche weckt. Auch diesmal lässt sich der Wettkampf nicht vermeiden. Während der Vorstellungs- und Einführungsrunde sieht alles noch nach einer sehr gemütlichen Tour aus, doch kaum sind wir auf dem Wasser, will plötzlich keiner Bummelletzter sein. Für unsere drei Guides ist das keine Überraschung. Sie lotsen uns behutsam zum Wasserfall, vorbei an schicken Ferienhäuschen und wunderschön gefärbten Laubbäumen. Nach einem kurzen Spaziergang durch das Herbstlaub dann die Erkenntnis: wir müssen ja auch wieder zurück! Jetzt zeigt sich, wer noch genug Kraft in den Armen hat. Meine Kanumannschaft belegt am Ende den zweiten Platz, und das trotz Unterzahl. Ein bisschen Stolz keimt in meiner harten Reiseleiterbrust auf. Am Ende haben sich aber alle meine Gäste ihr Mittagessen redlich verdient. Wir geben unsere Schwimmwesten und Paddel ab, verabschieden uns von unseren drei Steuermännern und fahren zum Dorset Lookout Tower, einem ehemaligen Feuerwachturm. Hier machen wir unser Picknick. Wer mutig genug ist, kann auch den Aufstieg auf den Turm wagen und wird mit einem herrlichen Rundumblick belohnt. Nach einem Stopp am Liquor Store und General Store im kleinen Örtchen Dorset, das am Zusammenfluss zweier Seen liegt, fahren wir durch die malerische Herbstlandschaft zurück nach Huntsville. Nach dem Abendessen versammeln wir uns ums Lagerfeuer und ich bringe meinen Gästen bei, wie man Marshmallows röstet und daraus mit Keksen und Schokolade die kanadische Spezialität "S'mores" bastelt. Leider führt der einsetzende Regen zu einer abrupten Verkürzung des Programms, doch alle haben zumindest ihren kleinen süßen Nachtisch erhalten.

5. Tag (Donnerstag, 11.10.2018): Algonquin Park, Stadtrundfahrt in Ottawa

Der Algonquin Provincial Park ist für die Einwohner Torontos und Ottawas ein wichtiges Naherholungsgebiet. Mit dem Auto sind es nur jeweils knapp 2,5 Stunden - für kanadische Verhältnisse ein Katzensprung. Auch für Tiere ist er ein wichtiges Rückzugsgebiet. Hier sollen viele Elche und Schwarzbären leben. Im Besucherzentrum zeigt uns eine Videopräsentation die Geschichte des Parks und seiner tierischen und menschlichen Nutzer. Während die Algonquin noch versuchten, im Einklang mit der Natur zu leben, zogen die Holzfäller eine Schneise der Verwüstung durch das Gebiet. Heute ist der Algonquin Park der einzige Park in Kanada, in dem noch Holzwirtschaft betrieben werden darf. Die hierfür vorgesehenen Nutzzonen befinden sich jedoch abseits der Touristenpfade. Gleichzeitig achtet die Parkverwaltung streng darauf, dass nur gerade so viel Holz geschlagen wird, wie der Wald regenerieren kann. Auch das Leben der ersten europäischen Holzfäller in Kanada war hart und beschwerlich. Davon können wir uns bei einem Spaziergang auf dem Logging Trail überzeugen. Die Bäume wurden damals während des kalten Winters gefällt und im Frühjahr mit der Schneeschmelze auf dem Wasserweg nach Ottawa bzw. Montréal gebracht. Auch wir wollen heute noch nach Ottawa, lassen uns aber lieber von Richard mit dem Bus dorthin fahren. Die Mittagspause legen wir bei einer kanadischen Institution ein: Tim Horton's. Die größte kanadische Fast-Food-Kettte wurde - natürlich - von einem Eishockeyspieler gegründet. Unsere Stadtführerin in Ottawa, Stephanie, tut mir heute sehr leid. Es ist nämlich bei unserer Ankunft so neblig, dass wir von der schönen Stadt kaum etwas sehen. Als Ausgleich verschafft sie uns ein bisschen Zeit im Canadian Museum of History in Gatineau, auf der anderen Seite des Ottawa River (und damit in der Provinz Québec), einem außergewöhnlichen Gebäude, das die Geschichte der First Nations und der europäischen Besiedelung Kanadas sehr anschaulich darstellt. Wir können nicht nur einige Totempfähle bewundern, sondern auch einen kurzen Blick in die Ausstellung über das Leben der Westküstenindianer werfen. Dann geht es wieder zurück nach Ottawa, auf die andere Seite des Ottawa River. Wir fahren an der Kunstgalerie, der Kirche Notre-Dame, an vielen Botschaftsgebäuden und der Residenz des Premierministers vorbei. Unser Abendessen erhalten wir heute im Fish Market, einem Fischrestaurant im Herzen der Altstadt, nicht weit vom Luxushotel Château Laurier und dem Rideau-Kanal entfernt.

6. Tag (Freitag, 12.10.2018): Parc Oméga, Ankunft in Montréal

Da es ja gestern mit der Stadtrundfahrt aufgrund des Nebels nicht so richtig geklappt hat, besichtigen wir heute noch einmal das Parlament. Und heute Morgen ist uns der Wettergott wieder freundlich gesinnt. Bei strahlend blauem Himmel sehen Parlamentsgebäude und der 92 m hohe Freedom Tower fast wie ein Märchenschloss aus. Vom Vorplatz des Museums aus sehen wir heute dann auch tatsächlich die alte Bibliothek, die den verheerenden Brand des Vorgängerbaus als einziger Gebäudeteil überlebt hat. Nun geht es aber erstmal wieder raus aus der Stadt und zurück in die Natur. Nach einer Stunde Fahrt erreichen wir den Parc Oméga bei Montebello. In diesem privaten Wildpark leben fast alle wichtigen Säugetierarten, die in Kanada heimisch sind. Wir steigen in einen umgebauten Schulbus um und rüsten uns mit Karotten zum Füttern der Tiere aus. Auf unserer Tour sehen wir ganz viele Wildschweine, einen Elch, Weißwedelhirsche, sehr hungrige Wapitis, Wölfe, Füchse, Koyoten, Moschusochsen und mächtige Bisons. Am Ende warten sogar Schwarzbären auf uns (bzw. die vom Fahrer verteilten Leckerbissen). Nachdem wir nun die Tiere gefüttert haben, müssen wir uns um unser eigenes leibliches Wohl kümmern. Da trifft es sich doch gut, dass im Château Montebello ein vorzügliches Mittagsbuffet aufgebaut ist. Aber auch das Hotel selbst ist sehr sehenswert. Das sternförmige Gebäude wurde im kanadischen Blockhüttenstil errichtet und verfügt über einen riesigen Empfangsraum mit einem turmhohen Kamin. Zurück im Bus brauchen wir dann erstmal alle einen kleinen Verdauungsschlaf. Nur Richard muss arbeiten und uns nach Montréal fahren. Um uns einen Überblick über die riesige Großbaustelle namens Montréal zu verschaffen, möchte ich mit meinen Gästen auf den Turm des Olympiastadions fahren. Eine Weile müssen wir bangen, ob es klappt, denn die Aufzugstechnik spinnt ein bisschen. Dann ist alles repariert und wir können hinauf zur Aussichtsplattform fahren. Die Aussicht ist fantastisch. Vor und unter uns erstrecken sich die beiden Inseln Hélène und Notre-Dame, die Altstadt, die moderne Innenstadt mit ihren Hochhäusern und schließlich die drei Gipfel des Mont Royal. Von der Kabine des Fahrstuhls aus blicken wir auf das ehemalige olympische Dorf. Nach diesem ersten Eindruck beziehen wir Quartier in unserem Hotel. Am Abend entführe ich fast alle meine Gäste dann noch in die Basilika Notre-Dame am Place d'Armes. In der Kirche gibt es seit diesem Jahr abends eine tolle Lichtershow, von der wir auch alle ganz begeistert sind.

7. Tag (Samstag, 13.10.2018): Stadtrundfahrt in Montréal, Fahrt zum Lac Taureau

Am nächsten Morgen wartet meine Freundin Céline auf uns, die uns mehr von ihrer Heimatstadt zeigen will. Wir beginnen mit einer Fahrt über die beiden Inseln, vorbei an der Formel-1-Rennstrecke, dem Casino und der Biosphere, dem ehemaligen amerikanischen Pavillon der Weltausstellung. Anschließend besichtigen wir die Place d'Armes und die Basilika Notre-Dame bei Tageslicht. Der prächtige hölzerne Altarraum der von 1824 bis 1829 im neugotischen Stil errichteten katholischen Kirche lässt uns auch beim zweiten Besuch in Ehrfurcht erstaunen. Der protestantische Architekt der Kirche aus New York wechselte übrigens kurz vor seinem Tod zum katholischen Glauben über, damit er in seiner Kirche beerdigt werden konnte. Über die prächtige Rue Sherbrooke, auf der sich heute neben alten Villen und Luxushotels auch viele Museen befinden, nähern wir uns langsam dem namensgebenden kleinen Hügel, dem Mont Royal. Wir laufen zum Aussichtspunkt und haben einen wunderbaren Ausblick über das Stadtzentrum. Kaum zu glauben, wie schnell drei Stunden vergangen sind - schon müssen wir uns wieder von unserer Stadtführerin Céline verabschieden. Unsere Besichtigung von Montréal ist jedoch noch nicht vorbei, denn ich entführe meine Gäste in die Unterstadt. Da es im Winter in Québec sehr kalt werden und entsprechend viel Schnee auf den Straßen liegen kann, sind die meisten Gebäude in der Innenstadt über ein 33 km langes Tunnelnetzwerk miteinander verbunden, sodass man hier unten von der Metrostation aus direkt zur Arbeit oder zum Shoppen gehen kann. Bevor wir uns tatsächlich noch verlaufen, gehen wir zurück an die Oberfläche und fahren in die Altstadt, wo wir am Marché Bonsecours unsere Mittagspause machen. Am Nachmittag verlassen wir die nach Paris zweitgrößte Stadt der Welt, in der Französisch als Muttersprache gesprochen wird. Uns zieht es wieder hinaus in die Wildnis. Unser nächstes Hotel, die "Auberge du Lac Taureau", fernab der Zivilisation an einem Stausee gelegen, ist damit genau das richtige Ziel.

8. Tag (Sonntag, 14.10.2018): Erholung am Lac Taureau

Wie passend, dass unser heutiger Erholungstag am Lac Taureau auf einen Sonntag fällt! Ein entspanntes Frühstück mit frischem Omelette oder Eierkuchen - so schön könnte gern jeder Tag im Leben beginnen! Mein Sonntagsspaziergang mit gut der Hälfte der Reisegruppe führt uns ungefähr 9 km durch den herrlichen Herbstwald. Dieses Mal sehen wir sogar die Biber, die hier am Wegesrand beeindruckende Bauwerke errichtet haben. Wenn sie mit ihren Schwänzen auf das Wasser schlagen, machen sie richtig Krach - wollen sie etwa ihre wohlverdiente Sonntagsruhe haben? Schon gut, wir gehen ja auch weiter, zurück zu unserer schönen "Auberge du Lac Taureau". In der Bar am Kamin können wir einen kleinen Mittagssnack genießen, bevor wir uns am Nachmittag zur Kanutour treffen und gemütlich ein bisschen über den See paddeln. Zum Aufwärmen lockt anschließend das Schwimmbad mit einem neuen Außenbecken und den warmen Whirlpools. Mit einem leckeren Abendessen beschließen wir diesen schönen Tag. Anlässlich eines Geburtstags bekommen wir sogar alle ein Glas Sekt spendiert und stoßen mit einer kleinen Gesangseinlage auf das Geburtstagskind an.

9. Tag (Montag, 15.10.2018): Fahrt nach La Malbaie

Noch eine Weile entspannen, entschleunigen, die Natur und das gute Essen genießen - auch die Auberge du Lac Taureau ist so ein Ort, an dem man gern noch eine Weile verweilen will. Doch leider steht in meinem Programm, dass wir weiterfahren müssen. Also bringt uns der gute Richard wieder nach Süden, in die Zivilisation. In Trois-Rivières treffen wir wieder auf den Sankt-Lorenz-Strom. Hier steht auch die Wallfahrtskirche Notre-Dame-du-Cap. Einst sollen sich hier an diesem Ort kurz hintereinander zwei mysteriöse Wunder ereignet haben. Zunächst formte sich wie aus dem Nichts eine Brücke aus Eis über den Sankt-Lorenz-Strom und ermöglichte so den Transport von Baumaterial über den Fluss. Ein paar Jahre später öffnete die Marienstatue in der alten Kirche (eine der ältesten Steinkirchen Nordamerikas) vor drei Zeugen ihre Augen. Als Naturwissenschaftler bin ich ja Wundern gegenüber eher skeptisch eingestellt. Aber die moderne Basilika ist auf jeden Fall architektonisch interessant und die flinken Eichhörnchen im zugehörigen Park beobachten wir ebenfalls sehr gern. Auf dem Chemin du Roy, der ältesten Straße zwischen Montréal und Québec, fahren wir ein Stück entlang des Sankt-Lorenz-Stroms an vielen hübschen Häuschen vorbei, bevor wir in Richtung Highway abbiegen. Nach einer Mittagspause erreichen wir dann am frühen Nachmittag die Montmorency-Wasserfälle in einem der östlichen Vororte von Québec. Sie sind zwar nicht ganz so breit, aber immerhin noch einmal 30 m höher als die Niagarafälle! Wir überqueren die Wasserfälle auf einer Hängebrücke und laufen dann auf der anderen Seite die Treppen hinunter bis zur Talstation der Seilbahn, wo Richard uns wieder aufnimmt. Wir liegen gut in der Zeit, sodass wir heute noch eine weitere Wunderkirche besichtigen können, an der wir vorbeifahren: die Basilika Sainte-Anne-de-Beaupré, die wichtigste Wallfahrtskirche Nordamerikas. Die 91 m hohe und 105 m lange katholische Basilika im neugotischen Stil wurde 1926 fertiggestellt. Von den zahlreichen Wunderheilungen, die sich hier angeblich ereignet haben, zeugen die vielen Geh- und Krückstöcke im Eingangsbereich des Hauptschiffs. Geweiht ist die Kirche der Heiligen Anna, der Mutter Marias (und damit Großmutter von Jesus). Da es sich inzwischen eingeregnet hat und es auch langsam dunkel wird, fährt uns Richard auf schnellstem Weg zu unserem vorletzten Hotel in La Malbaie. Dort wartet nicht nur das Abendessen auf uns, sondern auch in jedem Zimmer ein eigener Whirlpool im Bad!

10. Tag (Dienstag, 16.10.2018): Tadoussac, Whale Watching

Von La Malbaie aus fahren wir heute noch ein bisschen weiter Richtung Osten, nach Tadoussac. Hier wurde im Jahr 1600 der erste permanente französische Handelsposten gegründet. Eine Rekonstruktion erinnert heute als Teil eines kleinen Museums daran. Tadoussac liegt schon wieder tief im kanadischen Hinterland, was aber nicht besonders schwierig ist, wenn man bedenkt, wie ungleich die Bevölkerung in Kanada verteilt ist. Um nach Tadoussac zu gelangen, müssen wir mit der kostenlosen Autofähre über den Saguenay-Fjord übersetzen. Offenbar wurden die Fähren in diesem Jahr ausgetauscht, denn sie sind nun kleiner und angeblich leiser, und sollen so die Wale im Fjord und im Sankt-Lorenz-Strom weniger stark stören. Dies erfahren wir beim Besuch des Marine Mammal Interpretation Centre, einem Meereskundemuseum, das sich der Erforschung der Wale im Sankt-Lorenz-Strom widmet. Ganz besonders im Mittelpunkt der Forschung stehen die Belugas, denn sie leben das ganze Jahr über hier. Bei einer Filmvorführung lernen wir außerdem, wie sehr die Population durch den Menschen gelitten hat, erst durch die Jagd und dann vor allem durch die Abwässer und Schadstoffe der Schwerindustrie am Oberlauf des Sankt-Lorenz-Stroms. Inzwischen wurden weiträumige Schutzzonen für die Wale errichtet. Bei unserer anschließenden Whale Watching Tour haben wir leider heute kein großes Glück. Die raue Wasseroberfläche erschwert zudem die Sichtung. Zunächst suchen wir erfolglos nach Finnwalen, doch sie lassen sich an den erhofften Plätzen leider nicht blicken. Wir finden aber später eine Gruppe Belugas, und zumindest ein Teil meiner Gäste sieht sie ebenfalls, bevor sie in den Tiefen verschwinden. Schade, bei meinen letzten Besuchen in Tadoussac waren wir deutlich erfolgreicher. Aber die Wale haben leider kein Telefon (und vielleicht auch nicht immer Lust auf uns Menschen). In Baie-Sainte-Catherine gehen wir von Bord. Richard hat geduldig auf uns gewartet und ist nun auch ein bisschen enttäuscht. Zumindest kann ich meine Gäste mit dem guten Abendessen im Restaurant Allegro in La Malbaie wieder etwas versöhnen.

11. Tag (Mittwoch, 17.10.2018): Canyon Sainte–Anne, Québec City

Die wohl hübscheste Stadt Kanadas haben wir uns für unsere Gäste ganz bis zum Schluss aufgehoben: Québec City. Von den Montmorency-Wasserfällen hatten wir die Altstadt ja schon in der Ferne erspähen können. Um die Spannung noch etwas zu steigern, legen wir auf dem Weg noch drei Stopps ein. Zunächst bummeln wir ein bisschen durch das Künstlerstädtchen Baie-Saint-Paul. Es ist für seine vielen kleinen Galerien bekannt und auch wirklich hübsch anzuschauen. Außerdem ist es der Geburtsort des weltbekannten kanadischen Unternehmens "Cirque du Soleil". Beim zweiten Stopp erfahren meine Gäste, warum es die letzten Tage mit dem Bus immer rauf und runter ging: Wir haben einen riesigen Einschlagskrater durchfahren! Vor etwa 350 Millionen Jahren hinterließ ein Asteroid mit einem Durchmesser von mindestens 2 km einen Krater mit einem Durchmesser von 54 km, den Charlesvoix-Krater. Staunend begeben wir uns wieder in den Bus zurück und versuchen, diese Zahlen zu verarbeiten. Nun wartet noch der Canyon Sainte-Anne auf uns. Es handelt sich um eine Schlucht, in der der Rivière Sainte-Anne-du-Nord insgesamt 74 m in die Tiefe stürzt. Wir können die malerische Schlucht auf einem Rundweg erkunden, der über drei Brücken führt. Ein bisschen mulmig ist mir ja schon, als ich über die schaukelnden Hängebrücken laufe und unter mir die Wassermassen durch die Schlucht rauschen sehe... Kurz nach 13 Uhr treffen wir uns dann in Québec vor unserem Hotel mit unserer Stadtführerin Silke, die uns nicht nur die pittoreske Altstadt zeigt, sondern auch fleißig aus dem Nähkästchen plaudert und uns einen Einblick in ihr Leben hier in der Provinzhauptstadt gewährt. 1608 von Samuel de Champlain gegründet, gilt Québec als die europäischste Stadt Kanadas. Ein Regenschauer, vor dem wir kurz in die Kirche Notre-Dame-des-Victoires flüchten, kann unseren Erkundungsdrang nicht dämpfen. Nach Stadtrundfahrt und Check-In im Hotel bleibt noch genug Freizeit für Erkundungen auf eigene Faust, denn vom Hotel zur Altstadt ist es wirklich nicht weit. Am Abend fahren wir in das Restaurant „Erabliere Du Lac-Beauport", wo wir bei Live-Musik mit traditionellen Québecer Speisen verwöhnt werden. Aus mir unerklärlichen Gründen komme ich heute Abend um die sonst übliche Tanzeinlage herum - mir fällt ein Stein, nein ein Felsklotz, nein ein ganzes Gebirge vom Herzen! Nach dem Essen wird uns die Herstellung des berühmten Ahornsirups erklärt, die die europäischen Siedler von den First Nations erlernt haben. Ein mühevoller Prozess! Heute geht natürlich dank der Industrialisierung alles viel einfacher. Bevor wir in unser Hotel "Château Laurier" zurückkehren, können wir noch ein paar Souvenirs erwerben und leckeren Ahorn-Toffee probieren.

12./13. Tag (Donnerstag/Freitag, 18./19.10.2018): Québec City, Rückflug

Der letzte Vormittag in Kanada steht meinen Gästen zur freien Verfügung. Sie können in Ruhe Andenken kaufen oder auch einfach nur ein weiteres Mal gemütlich durch die Altstadt bummeln. Nachdem ich die ersten Gäste schweren Herzens schon verabschieden musste, biete ich ab 9 Uhr einen gemeinsamen Spaziergang an, der uns noch einmal zum Parlamentsgebäude, zum Aussichtspunkt an der Zitadelle, und dann entlang der Promenade des Gouverneurs bis zur Dufferin-Terrasse am berühmten Château Frontenac führt. Um 12 Uhr ist die Zeit des Abschieds von Québec dann endgültig gekommen. Richard muss uns zum Flughafen fahren. Ich verspreche ihm, nächstes Jahr im Herbst wiederzukommen. Mit einer Propellermaschine fliegen wir dann nach Montréal, wo die nächsten Gäste meine Gruppe leider verlassen, da sie andere Flüge gebucht haben. Den Aufenthalt auf dem Flughafen nutzen wir für weitere interessante Gespräche und als Essenspause. Schließlich sitzen wir dann am Abend in der Maschine nach Frankfurt, wo wir am nächsten Morgen pünktlich ankommen.
Ich bedanke mich an dieser Stelle bei Ihnen, meine lieben Gäste, sehr herzlich für eine wirklich schöne und lustige gemeinsame Zeit in den kanadischen Provinzen Ontario und Québec.
Ich freue mich schon sehr darauf, Sie alle bald wieder als Gäste auf einer Eberhardt-Reise begrüßen zu dürfen.
Herzlichst, Ihr
Andreas Wolfsteller

Bildergalerie zur Reise

Kommentare zum Reisebericht

Lieber Herr Wolfsteller, vielen Dank für den wunderbaren Reisebericht. Er spiegelt unsere tollen Eindrücke wieder, die wir auf unserer Reise sammeln konnten.Wir können die Reise zum „IndianSummer“ sehr weiterempfehlen. Quirlige, lebendige Städte, traumhaft schöne Natur, sehr abwechslungsreich und interessant.Nochmals vielen Dank für Ihre kompetente und sehr gute Reiseleitung. Mit fundiertem Wissen und interessanten Hintergrundgeschichten haben Sie uns Kanada, seine Geschichte, seine Menschen nahegebracht und die Busfahrten kurzweilig gestaltet.
Mit herzlichen Grüßen S.u.J.Klengel

Sylvia Klengel
07.11.2018

Liebe Familie Klengel,
vielen Dank für Ihren lieben Kommentar! Die Reise mit Ihnen hat auch mir großen Spaß gemacht. Mit so netten Gästen wie Ihnen ist es natürlich auch für mich als Reiseleiter viel angenehmer. Es würde mich sehr freuen, wenn wir uns mal wieder auf einer Reise begegnen!
Herzliche Grüße
Andreas Wolfsteller

Andreas Wolfsteller 09.11.2018