Das Fest der Tzotzil-Maya

Am heutigen Sonntag hatten wir die Ehre, während unserer Rundreise durch Mexiko, bei einer besonderen Zeremonie der Tzotzil dabei zu sein – dem sogenannten Karneval. Wir waren am ersten von drei Festtagen im Dorf. Die Tzotzil, ein Stamm der Maya-Indianer in Mesoamerika, die als direkte Nachfahren der Ureinwohner gelten. Wie jeder der Stämme haben auch die Tzotzil ihre eigene Tradition, Bräuche, Kleidung und auch Sprache.

Von Eric Richter / 05.04.2018
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Am frühen Morgen kamen wir in Chamula im Bundesstaate Chiapas an. Die Ortschaft selbst zählt rund 3.300 Einwohner. Betrachtet man aber das gesamte Einzugsgebiet kommt man auf rund 70.000 Menschen wovon aber nur knapp 40 % die offizielle Landessprache, also Spanisch sprechen. Der Großteil der indigenen Bevölkerung spricht an diesem Ort nur Tzotzil.
Die Menschen begannen sich gerade zu versammeln, als wir außerhalb des Dorfes aus dem Bus stiegen. Aus mehreren Straßen kamen die verkleideten Darsteller der Zeremonie und marschierten in Richtung Hauptplatz, wo sich auch die Kirche San Juan befindet. Die Kleidung der zahlreichen Musiker und Tänzer erinnert ein klein wenig an eine alte französische Uniform. Doch tragen sie auch lange spitze Hüte mit bunten Bändern. An den Füßen Sandalen mit einem langen Versen-Schutz aus Leder, der zur Abwehr von Schlangenbissen gedacht ist. Mit Glocken, Gitarren, Tröten und Muschel-Hörnern ausgestattet marschieren sie durch die Straße. Ausschließlich Männer beteiligen sich an der Zeremonie, doch das Alter spielt hierbei keine Rolle. Sobald man laufen konnte, konnte man teilnehmen.
Leider durfte ich keine Fotos machen. Das Fotografieren war für Auswärtige strengstens verboten. Die Tzotzil glauben, dass durch die Aufnahme eines Bildes die Seele der Person gefangen genommen wird und dann mit dem Bild davon getragen wird. Man berichtete uns von brutalen Prügel-Strafen wenn man sich nicht daran hielte. Dabei soll auch schon jemand zu Tode gekommen sein, der sich nicht an die Vorschrift hielt. Zahlreiche Polizisten begleiteten die Zeremoniellen. Gekleidet mit einem verwebten, weißen Schafsfell, hell-braunen Cowboyhut und Schlagstock, dessen Herstellung, nebenbei bemerkt, sehr aufwändig ist. Rund drei Monate wird das auserwählte und penibel bearbeitete Holz in Lehm gegraben, gehärtet und veredelt.
Wir hielten Ausschau nach einem Würdenträger. Die Oberhäupter der Gesellschaft, die man auch nicht zu lange ansehen sollte, waren mit besonderen Statussymbolen ausgestattet. Doch leider konnten wir keinen erkennen. Im nächsten Moment, als wir dem Hauptplatzt schon sehr nahe waren, mussten wir schnell zur Seite springen. Denn eine Horde von Fahnenträgern kam uns entgegen gesprintet. Angeführt von zahlreichen „Polizisten“. Mehrere Gruppen von rund fünfzig Personen setzten immer wieder für gut einhundert Meter zum Sprint an. Da musste man höllisch aufpassen, dass man nicht unter die Sandalen geriet. Am Straßenrand wurde fleißig gehandelt. Ob Henne oder Hahn (lebendig) ein bisschen Obst oder ein paar Schuhe, es war alles erhältlich. Auch die aufwändig gewebten Westen aus Schafsfell, die die Polizisten und auch einige Frauen in schwarz trugen, waren auf der Straße zu erstehen. Zufällig bekam ich mit, wie eine Mexikanerin nach dem Preis einer solchen Weste fragte. Für mich galt sie schon als Einheimische, daher gehe ich davon aus das man ihr den lokalen Preis angeboten hat. Doch lautete dieser immer noch 8.000 Peso, was umgerechnet gut 350 € sind.
Als wir am Hauptplatz ankamen, war kein Durchkommen mehr. Zahlreiche Menschen verstopften jeglichen Zugang zu Kirche, die wir ja auch noch besichtigen wollten. Immer wieder knallte es lautstark über unseren Köpfen. Die sogenannten Cohetes zerschellten über uns. Die handgearbeiteten Knallkörper der Tzotzil schossen minütlich in die Luft.
Da leider kein Durchkommen zur Kirche war, versammelten wir uns am Rande der Veranstaltung. Glücklicherweise konnten wir Luiz, einen kleinen Jungen, für einen Nebenjob akquirieren. Er brachte uns dann über einen Schleichweg, wo Touristen wie wir es waren eigentlich keinen Zugang hatten, über die Dachterrassen und ein paar Hinterhöfe um die Häuser am Hauptplatz herum, direkt zur Kirche San Juan.

Beim Eintritt in die Kirche spürte man sofort den heiligen Ritus der hier in der Luft lag. Von draußen schallte ein dumpfer Ton einer wilden Party. In der Kirche stand diese absolute Ruhe im Raum. Die Kirche sah von innen nicht wie eine normale Kirche aus. Es gab keine Kirchenbänke wie gewohnt. Der geflieste Boden war mit tausenden trockenen Nadeln ausgelegt. An den Seiten waren zahlreiche heiligen Figuren dargestellt, wie man es aus einer Katholischen Kirche kennt, doch waren sie dichter gedrängt. Davor hunderte Kerzen. Allgemein: das ganze Kirchenschiff stand im Kerzenglanz. Auf dem Fußboden, waren jede paar Meter die Nadeln beiseite gekehrt um eine kleine freie Fläche zu schaffen, um Kerzen direkt auf den Fußboden zu kleben. Große Tücher sind vom Boden bis zur Decke gespannt. Ein dichter Rauch zieht durch die heilige Stätte – in zahlreichen Räuchertöpfen werden Hölzer und Harze verbrannt. Die einheimischen knieten betend vor den Kerzen und errichteten Altären. Ein sehr berührender Ort.
Draußen ist das Fest in vollem Gange. Vor der Kirche rennen, springen und tanzen tausende Tzotzil Indianer umher. Sie trommeln, trompeten und rasseln. Immer wieder gehen die eigens gebauten Knallkörper in die Luft. Ein phänomenales Spektakel, welches wirklich sehr beeindruckend war und was uns einen tiefen Einblick in eine völlig fremde Kultur gebracht hat.



Pyramiden Teotihuacan, Mexiko – © f9photos - Adobe Stock

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