Reisebericht: Rundreise Kreta – größte Insel Griechenlands

28.04. – 05.05.2014, 8 oder 11 Tage Kreta mit Heraklion – Hersonissos – Knossos – Insel Spinalonga – Gournia – Palmenstrand Vai – Lassithi–Hochebene – Matala – Festos – Kloster Toplou – Agios Nikolaos – Kloster Arkadi – Chania – (Badeverlängerung)


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An einem schönen Morgen Ende April galt unsere fast vierzigköpfige Aufmerksamkeit einem Eiland am südlichen Ende von Europa, an der Grenze zwischen Orient und Okzident.
Eine Insel, fast zweihundertfünfzig Kilometer lang und etwa sechzig Kilometer breit, Geburtsstätte des Göttervaters Zeus und einer der ersten europäischen Hochkulturen, reich an Geschichte, Kultur und touristischen Annehmlichkeiten. Wir waren auf dem Weg nach Kreta - der Insel der Götter, des Weines und der Olivenhaine. Gemeinsam mit unserer Kreta-Wandergruppe ging es pünktlich von Dresden nach Heraklion, wo wir nach knapp dreistündigem Flug wohlbehalten landeten. Unsere örtliche Reiseleiterin Rena, seit vielen Jahrzehnten mit Herz und Seele als Führerin auf Kreta unterwegs, begrüßte uns mit typischer kretischer Freundlichkeit. Nachdem alle Koffer im Bus verstaut waren, fuhren wir von Heraklion aus in östliche Richtung nach Hersonissos, dem Domizil und Ausgangspunkt unserer Aktivitäten auf Kreta. Nachdem wir unsere Zimmer im schönen Hotel King Minos Palace bezogen hatten, erkundeten wir kurz die nähere Umgebung, bevor wir uns am ausgezeichneten Buffet zum Abendessen stärkten. Vorher begrüßten wir noch einige Gäste, die mit einer späten Maschine aus Berlin angereist waren und unsere Gruppe nun vervollständigten. Da der Tag für viele Reisegäste zeitig begonnen hatte, ließen wir den Abend relativ schnell ausklingen und begaben uns zur wohlverdienten Ruhe, nicht ohne uns auf die kommenden Tage voller Entdeckungen und Begegnungen zu freuen.
Ein Reisebericht von
Ralf Mehnert
Ralf Mehnert

Dienstag, 29.04.2014: Ganztagesausflug "Unbekanntes Kreta" mit Lassithi–Hochebene und Zeus–Höhle in Psichro

Ausgeruht und gut gestärkt am leckeren Frühstücksbuffet begannen wir heute unsere Entdeckungsreise auf Kreta. Wir richteten unser Augenmerk auf die Lassithi-Hochebene und die umliegenden Bergrücken. Erstes Tagesziel war das Marienkloster Panagia i Kardiotissa in Kera, etwa eine dreiviertel Fahrstunde von Hersonissos aus in den Bergen des Dikti-Gebirges gelegen. Die aus dem vierzehnten Jahrhundert stammende Kirche des Klosters ist mit Fresken geschmückt, welche zu den besterhaltenen auf der Insel gehören. Darüber hinaus soll es hier eine wundertätige Ikone gegeben haben, die, von den Türken geraubt, selbstständig den Weg zurück gefunden hat. Doch das Kloster diente auch weltlicheren Dingen; es war während der Herrschaftszeit der Osmanen geheimer Treffpunkt und gleichzeitig Schule für die ansässige Bevölkerung. Wir setzten unseren Weg zur Lassithi-Hochebene fort und stoppten auf einem Bergkamm bei Seli Ampelou, wo wir die Ruinen von einigen alten Getreidemühlen besichtigten und einen ersten Blick auf die Hochebene werfen konnten. Und weiter ging es unserem nächsten Besichtigungsziel entgegen. Über die fruchtbare Hochebene, die etwa zwanzig kleine Dörfer beherbergt (alle nach den hier siedelnden Familien benannt), ging unsere Fahrt weiter. Wir fuhren an Wallnussbäumen und Ackerflächen entlang, der Blick ging hinauf zu den Bergspitzen, die an einigen wenigen Stellen noch von Schnee bedeckt waren. Trotzdem kann hier dreimal im Jahr geerntet werden und nach Meinung der Insulaner stammen die besten Kartoffeln von dieser Ebene. Wir erreichten beim kleinen Örtchen Psichro den Ausgangspunkt des Aufstieges zur Diktäischen Höhle, vielleicht besser bekannt als Höhle des Zeus. Der Mythologie nach wurde hier Zeus geboren und vor seinem Vater versteckt gehalten. Zum Höhleneingang führt ein steiler Weg den Berg hinauf, welcher wahlweise zu Fuß oder per Esel erklommen werden kann. Wir entschieden uns für die Füße und hatten unterwegs ein, zweimal das Gefühl, der Esel wäre eventuell die bessere Wahl gewesen. Aber egal, wir hielten alle durch und standen irgendwann am Eingang der schön illuminierten Tropfsteinhöhle. Über etliche Stufen ging es hinab in den Bauch der Höhle zur sagenumwobenen Geburtsstätte von Zeus. Die Feuchtigkeit, die uns empfing, lies uns unwillkürlich darüber nachdenken, ob das Klima einer Geburt zuträglich war oder stattdessen rheumatischen Krankheiten Vorschub leistete. Naja, die Mythen der alten Griechen eben...
Nach einem kühlen Orangensaft, frisch gepresst natürlich, fuhren wir zum kleinen Dörfchen Tsermiadon, wo wir unsere Mittagspause einlegten. Es gab keine Speisekarten, der Wirt empfahl, was die Wirtin in der Küche an diesem Tag gezaubert hatte. Deftige kretische Hausmannskost. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Auch beim Bezahlen kam man ohne Zettel oder Karte aus. Hoch in den Bergen, in den kleinen Dörfern, funktioniert das Gastronomiegewerbe augenscheinlich noch immer ohne Steuern und Abgaben. Der Wirtschaftskrise und der EU zum Trotz... Über Malia fuhren wir dann nach Hersonissos zurück. Viele nutzten die Zeit bis zum Abendessen, um dem Strand einen Besuch abzustatten und die Wassertemperatur zu testen. Oder einfach an der Strandpromenade entlang zu bummeln. Noch war relative Ruhe in den Bars und Partybereichen links und rechts der Promenade. Aber man konnte sich unschwer vorstellen, welch chaotisches Treiben hier erst herrschte, wenn in wenigen Wochen die Jugend der Welt über die Hotels, Bars und Kneipen des Örtchens herfiel und DJ David Guetta die Massen am "Star Beach" zum tanzen brachte. Beschaulichkeit geht (dann) anders.

Mittwoch, 30.04.2014 Ausflug nach Knossos, Peza und Heraklion

Wieder begrüßte uns ein sonniger Tag, als wir unser Hotel am Morgen verließen. Heute stand ein sehr abwechslungsreiches Programm auf der Tagesordnung und ein besonderer Höhepunkt, der Palast von Knossos, war unser erstes Etappenziel. Nach knapp dreiviertelstündiger Fahrt reihten wir uns ein in die Schlange der Wartenden vor dem Eingang zur bekanntesten Sehenswürdigkeit von Kreta. Mit uns schoben sich Besucher aus aller Herren Länder durch die Ruinen der minoischen Palastanlage. Errichtet zwischen 2100 und 1800 v. Chr. wurde der Palast von Knossos bereits um 1750 v. Chr. von einem gewaltigen Erdbeben wieder zerstört. Knapp zweihundert Jahre später erreichte Knossos seine größte Bedeutung und baute neue, noch größere Palastanlagen auf den Fundamenten der Alten. In seiner noch heute wahrnehmbaren Ausdehnung erstreckte sich der Palast zum Schluss über etwa 21.000 Quadratmeter, mehr als eintausend Räume verteilten sich auf fünf Etagen um einen rechteckigen Innenhof. Die verwinkelten Räume, Durchgänge und Treppenhäuser waren wahrscheinlich die Vorlage zum Mythos des Labyrinthes und seines bekanntesten Bewohners, des sagenhaften Minotaurus. Jener stierköpfige Stiefsohn des Königs Minos wurde Dank der Hilfe der schönen Ariadne von Theseus im Labyrinth getötet. Reichlich Stoff also für die Legende, von Homer der Nachwelt überliefert. Der Brite Arthur Evans, welcher dreißig Jahre lang Ausgrabungen an den Palastanlagen durchführte, legte auch eine Reihe von wunderschönen, farbigen Fresken frei, welche rituelle Motive zum Inhalt hatten. Leider sind bis auf wenige Rekonstruktionen in vielen Bereichen des Palastes nur die Grundmauern übrig geblieben, so dass man die einstige Größe und Bedeutung der Anlage nur mehr erahnen konnte. Nach soviel kulturgeschichtlicher Auseinandersetzung mit der Vergangenheit unserer Gastinsel wandten wir uns anschließend den ökonomischen Grundlagen zu. Diese bestehen im Wesentlichen aus dem Tourismus, dem Handel mit Oliven und darauf aufbauenden Produkten und der Weinherstellung. Um uns selbst ein Bild von der Herstellung und Verarbeitung des Olivenöls zu machen, fuhren wir weiter ins Landesinnere, nach Peza. Hier, in einer Agrargenossenschaft, erfuhren wir etwas mehr über die Produktion des hochwertigen Öls, welches aus den Früchten von beinahe 30 Millionen Olivenbäumen auf Kreta gewonnen wird, konnten verschiedene Produkte kosten und den einen oder anderen Wein probieren. Auch der gereichte Raki mit Honig erfreute sich großer Nachfrage. Derartig gestärkt ging es weiter in südliche Richtung nach Thrapsano, dem "Dorf der Töpfer", wie es bereits in türkischer Zeit genannt wurde. Kleine Töpfereien stellen heute noch die traditionellen Pitharia her, große Tongefäße, die zur Aufbewahrung allerlei Produkte taugen. Ähnliche Gefäße kann man übrigens auch im Palast von Knossos besichtigen. Wir besuchten eine dieser kleinen Manufakturen und schauten dem Töpfer bei seinem Handwerk zu. Wer wollte, hätte sich auch selbst an die Töpferscheibe setzen können. Da das kunstvolle Formen des Tons aber in der Regel eine eher schmutzige Angelegenheit ist, haben alle von der "Vertöpferung" ihrer kreativen Ideen Abstand genommen. Wir machten uns deshalb auf den Weg nach Heraklion, der mit knapp 150.000 Einwohnern größten Stadt Kretas und Zentrum der Verwaltungsregion. Bei einem Bummel durch die Innenstadt bewunderten wir die im 17. Jahrhundert im italienischen Renaissancestil erbaute venezianische Loggia, den etwa gleichaltrigen Löwenbrunnen auf der Platia Venizelou sowie die Agios-Titos-Kirche, die den in Gold gefassten Schädel des Heiligen Titos beherbergt. Ein Stück weiter die Straße hinab gelangte man zum venezianischen Hafen mit der Festung Koules und den Lagerhallen aus eben dieser Zeit. In einem der vielen Straßencafes konnte man sich einen griechischen Kaffee oder oder einen Frappee, einen geeisten Kaffee, schmecken lassen. Oder man probierte griechischen Schafskäse im leichten Blätterteigmantel mit Zucker und Zimt. Für deutsche Gaumen ungewohnt, dafür aber sehr schmackhaft. Mit dem Bus ging es dann zurück ins Hotel, wo wir uns für den Abend vorbereiteten. Uns erwartete heute ein folkloristisches Programm in einem traditionellen griechischen Museumsdorf, eine halbe Autostunde oberhalb von Hersonissos in den Bergen gelegen. Zu typisch kretischen Gerichten gab es Wein und Musik, es wurde viel gesungen, geklatscht und gelacht. Männer und Frauen in kretischen Trachten führten traditionelle Tänze auf und nahmen dabei so manchen Gast in ihre Mitte. Unbeteiligt blieb dabei kaum eine(r). Irgendwann ging auch der schönste Abend zu Ende und so machten wir uns, an Leib und Seele gesättigt, eine Stunde vor Mitternacht auf den Heimweg. Einschlafprobleme gab es an diesem Abend wohl kaum welche...

Donnerstag, 01.05.2014: Ausflug in den Osten Kretas mit Gournia, Kloster Toplou und Palmenstrand Vai

Heute stand eine landschaftlich sehr reizvolle, aber auch längere Fahrtstrecke auf dem Programm. Wir machten dem Ostteil der Insel Kreta unsere Aufwartung. Entlang der Küste, vorbei an malerisch in die Berghänge geschmiegte Dörfer und mit Salbei und Ginster bewachsenen Wiesen ging es über Agios Nikolaos nach Osten. An der Ausgrabungsstätte von Gournia, etwa auf halbem Weg zwischen Hersonissos und dem östlichsten Ausläufer der Insel gelegen, machten wir einen ersten Halt. Die amerikanische Archäologin Harriet Boyd-Hawes brachte hier Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts die Grundmauern einer aus mittelminoischer Zeit stammenden Stadt ans Tageslicht. Da damals keinerlei Rekonstruktionen vorgenommen wurden, kann man nur Anhand der Mauerverläufe die Bedeutung und Anordnung der einzelnen Räume, Gebäude und Plätze nachvollziehen. Nach ein Paar wenigen Fotos setzten wir deshalb unsere Fahrt fort. Bei Pachia Ammos bogen wir nach Süden ab und durchfuhren nun den schmalsten Teil der ganzen Insel. Olivenbäume säumten unseren Weg. Nach wenigen Kilometern erreichten wir die kleine Stadt Ierapetra am libyschen Meer. Im Glanz der immer höher steigenden Sonne spazierten wir am Hafen entlang, passierten dabei das venezianische Fort, welches zum Schutz vor Piraten gebaut wurde und tranken Seite an Seite mit den Männern des Örtchens im Kafenion einen Kaffee oder Cappuccino. Wir setzten unsere Fahrt fort und wechselten nun von der Südküste an die Nordküste. In knapp anderthalb Stunden ging es über Sitia zum Kloster Toplou, wo wir unseren nächsten Halt machten. Es wurde wahrscheinlich im 14. Jahrhundert gegründet, mehrmals in seiner wechselvollen Geschichte zerstört und wieder aufgebaut und in den letzten Jahrzehnten aufwendig saniert und rekonstruiert. Das Ikonen-Museum des Klosters ist weit über die Landesgrenzen hinaus berühmt, es beherbergt u.a. die Großikone Megas ei Kyrie („Allmächtig bist Du, oh Herr"), eine Arbeit des Malers Joannis Kornaros aus dem Jahr 1770. Sie zählt zu den bedeutendsten Kunstwerken der griechisch-orthodoxen Kirche. In der heutigen Zeit ist das Kloster einer der größten Grundbesitzer der Region und erwirtschaftet seine Erträge unter anderem mit biologischer Landwirtschaft. Auch unser nächstes Ziel, der bei Touristen sehr beliebte, 200.000 Quadratmeter große Palmenhain Vai mit seinem idyllischen Palmenstrand, ganz im Osten der Insel gelegen, gehört noch zum Besitz des Klosters. Er ist der einzige natürliche Palmenhain Europas. An diesem schönen Ort verweilten wir die nächsten zwei Stunden. Wer wollte, konnte hier baden gehen, einen leckeren Fleischspieß im Restaurant essen (viele Produkte auf der Speisekarte werden vom Kloster geliefert) oder einfach einen geeisten Kaffee unter Palmen trinken. Von den Felsen hoch über dem Strand hatte man einen fantastischen Blick über die Bucht und das Hinterland. Bevor wir uns auf den Rückweg nach Hersonissos machten, kosteten wir noch ökologisch produzierte Bananen von einer nahe gelegenen Plantage, die man bei Interesse auch besuchen kann. Die Bananen waren kleiner als die EU-Norm vorschreibt, dafür aber schön süß und schmackhaft. Entlang der Nordküste Kretas, über Sitia, Agios Nikolaos und Malia, ging es zurück zum Hotel. Ein weiterer schöner Tag mit neuen Eindrücken ging damit zu Ende.

Freitag, 02.05.2014: Ausflug in den Süden Kretas mit Gortys, Festos und Matala

Kleine Wölkchen hatten sich vor die Sonne geschoben, als wir an diesem Morgen unsere Fahrt nach Matala, im Süden Kretas am libyschen Meer gelegen, starteten. Doch wir wussten, dass uns die Götter wohlgesonnen waren und wir mit keinerlei Regenschauer rechnen mussten. Nachdem wir Heraklion passiert hatten, fuhren wir in südlicher Richtung durch die Messara-Ebene nach Gortys. Nach knapp anderthalbstündiger Fahrt erreichten wir die Ausgrabungsstätte. Bei einem Rundgang durch die Reste der antiken Stadt warfen wir zuerst einen Blick auf die Titus-Basilika, eine Ruine aus der frühchristlichen Zeit, die ihren Namen einem Schüler des Apostels Paulus verdanken soll, dem heiligen Titus. An uralten Olivenbäumen vorbei gelangten wir zum Odeon, einem aus römischer Zeit stammenden Theater, wo man noch gut die Sitzreihen erkennen kann, bevor wir uns den berühmten Gesetzestafeln von Gortyn zuwandten, welche aus dem 5. Jahrhundert stammen und die ältesten Gesetzestafeln Europas sind. Die in einem dorischen Dialekt geschriebenen Tafeln werden abwechselnd von links nach rechts und in der nächsten Zeile von rechts nach links gelesen. Hinter dem Odeon findet man eine immergrüne Platane, unter der der Sage nach Zeus die entführte Europa schwängerte. Mittlerweile war der Himmel strahlend blau und die kleinen Wölkchen hatten sich verzogen. Bei schnell steigenden Temperaturen fuhren wir nun an den Ausläufern des Ida-Gebirges entlang nach Festos, einer weiteren Palastanlage aus minoischer Zeit. Fruchtbare Ackerflächen mit Getreide, Wein und Oliven beherrschten die Messara-Ebene. Daraus erhob sich der Hügel mit den Ruinen des einstmals zweitgrößten Königspalastes nach dem von Knossos. Auf einer Fläche von 8400 Quadratmetern entstand im Zeitraum von 1900 - 1850 v.Chr. der ursprüngliche Palast, welcher in der Folgezeit durch Erdbeben und Feuer stark beschädigt wurde. Wir besichtigten u.a. den berühmten Treppenaufgang, den Zentralhof, den Westhof mit dem Theater sowie das Gemach der Königin. Wie auch schon bei unserem Besuch von Knossos gehörte auch hier eine gehörige Portion Vorstellungsvermögen dazu, sich aus den verbliebenen Grundmauern und halbhohen Wänden einen ehemals prosperierenden dreistöckigen Palast vorzustellen. Mittlerweile hatte die Sonne ihren höchsten Punkt erreicht und unsere Mägen ihren tiefsten; höchste Zeit für unsere Mittagspause. Wir fuhren von Festos aus weiter in Richtung Süden und stießen wenige Kilometer weiter bei Matala auf das Libysche Meer. Der Sage nach ging an dieser Stelle Zeus mit der entführten Europa an Land, wo er sich in einen Adler verwandelte und mit ihr nach Gortyn flog. Eine derartige Flugschau war heute nicht zu erwarten, trotzdem erkoren wir das Dörfchen zu unserem Pausenort. Viele kleine Läden, Bars und Restaurants entlang des breiten Strandes, in einer Bucht gelegen, kennzeichneten das Bild des Ortes. Allenthalben stieß man auf Fragmente der jüngeren Vergangenheit, als sich der Ort einen Namen bei den Aussteigern aus aller Welt machte. Vorschub leistete dafür nicht nur die Lage und das wunderbare Klima an der kretischen Südküste, nein, einen nicht unwesentlichen Beitrag für die Hippiebewegung gerade an dieser Stelle konnte man den Wohnhöhlen aus der Jungsteinzeit, die in den weichen, porösen Stein der umliegenden Felsen gegraben wurden, zuschreiben. Heute kann man gegen eine Gebühr die ehemaligen Wohn- und Grabhöhlen selbst erklettern und besichtigen. Ein nicht ganz ungefährliches Unterfangen, gibt es doch weder Geländer, Handläufe noch feste Treppen, so das man schon ein wenig Kletterlust und Kondition mitbringen muss, um auch in die höher gelegenen Höhlen einen Blick werfen zu können. Gestärkt, durchwärmt und entspannt machten wir uns dann am frühen Nachmittag auf den Rückweg in den Norden der Insel. Viele nutzten das schöne Wetter anschließend zum Sonnenbaden oder erfrischten sich bei ein paar Schwimmrunden im Hotelpool.

Samstag, 03.05.2014: Ausflug in den Westen Kretas mit Kloster Arkadi, Chania und Rethymnon

Heute schloss sich der "Kreis" der befahrenen Himmelsrichtungen mit unserer Tour in den Westen Kretas. Wir folgten dabei weitestgehend der Nationalstraße bis nach Chania, welche sich vielerorts direkt an der Küste entlang schlängelte. Oleander, Ginster und Agaven wuchsen links und rechts der Straße, kleine Buchten schoben sich immer wieder in unser Blickfeld. Wir passierten trutzige Kastelle, malerisch an die Küste geschmiegt und streiften den Geburtsort von El Greco, dem großen kretischen Maler. Oberhalb des malerischen Dörfchens Bali stoppten wir für ein paar Fotos. Entlang des Ida-Gebirges mit dem schneebedeckten Ida-Gipfel führte uns unser Weg weiter zum Kloster Arkadi, dem wichtigsten Nationaldenkmal Kretas. Es wurde im 5. Jahrhundert errichtet und erlangte seine große Bedeutung für die Kreter durch seine Rolle beim Kampf für die Unabhängigkeit vom Osmanischen Reich. Im Jahre 1866 leisteten hier 964 Menschen, darunter nur etwas mehr als 300 kampftaugliche Männer, einer osmanischen Übermacht von 15.000 Soldaten zwei Tage lang militärischen Widerstand. Nachdem die Lage für die Eingeschlossenen aussichtslos wurde, beschlossen sie, sich nicht lebend in die Hände der Osmanen zu begeben. Deshalb schlossen sich die meisten der noch Widerstand leistenden im Pulverlager ein und sprengten dieses dann in die Luft. Eine Gedenktafel erinnert heute an die Ereignisse vom 09. November 1866. Nach der Führung durch das Kloster, welches heute glücklicherweise nicht so stark frequentiert war, konnte man noch einen Café oder Espresso trinken oder den selbstgebrannten Pampelmusen-Raki vom Wirt des kleinen Cafés probieren, welches er seit beinahe vierzig Jahren an dieser Stelle betreibt. Selbstverständlich ist unsere Reiseleiterin Rena seit den ersten Tagen des Cafés im Jahr 1975 mit ihm bekannt. Überhaupt Rena. Seit beinahe fünfzig Jahren führt sie nun schon Gruppen durch ihr Kreta. Sie könnte längst ihre kleine Rente genießen und sich zur Ruhe setzen, wäre da nicht immer wieder der Spaß an der Vermittlung des Wissens, welches sie sich im Laufe eines halben Jahrhunderts angeeignet hat. Egal, wohin man kommt, Rena Kypriotaki kennt sie alle. Ob Wirte, Mönche, Museumsmitarbeiter oder Hotelmanager - alle freuen sich, sie zu sehen und begrüßen sie immer aufs herzlichste. Sie ist so etwas wie eine touristische Institution auf Kreta, mit ihrem freundlichen Wesen, ihrem herzhaften Lachen und ihren täglich wechselnden Hüten. In diesen Genuss ist auch schon Lady Gaga, die Sängerin mit den schrillen Outfits, gekommen, als Sie vor zwei Jahren Kreta und die Insel Spinalonga besuchte. Rena war ihr persönlicher Guide. Wenn sie sich mal zur Ruhe setzt, werden für kommende Reiseleitergenerationen große Fußspuren zurückbleiben.
Je westlicher wir kamen, desto dichter wurde der Baumbestand und umso mehr Schafe und Ziegen gab es. Deshalb ist dieser Teil der Insel für seinen Käse und seinen Joghurt berühmt. Kurz nach Mittag erreichten wir die Stadt Chania. Vor etwa 4.000 Jahren unter dem späteren Namen Kydonia gegründet, war sie für etwas mehr als einhundert Jahre die Hauptstadt von Kreta und ist heute nach Heraklion die zweitgrößte Stadt auf der Insel. Wir stiegen an der Markthalle aus und begannen von hier aus unseren Stadtrundgang. Der neoklassizistische Bau stammt vom Anfang des 20. Jahrhunderts und ist seinem Vorbild in Marseille nachempfunden. Vor allem Obst und Gemüse, aber auch andere Lebensmittel und Dinge des täglichen Bedarfs findet man in ihrem Inneren. Unser Weg führte uns anschließend zur "Kathedrale der drei Märtyrer", der Hauptkirche von Chania, die wie viele Gebäude in der Stadt venezianische Architektur aufweist. Durch das Evraiki-Viertel laufen wir weiter zum venezianischen Hafen, wo wir unter anderem die Janitscharen-Moschee, den bis 2006 aufwendig restaurierten Leuchtturm an der Hafeneinfahrt und die 1497 errichteten Arsenale, Depots, wo vor allen Dingen Schiffsbedarf aufbewahrt wurde, zu Gesicht bekommen.
In einem der vielen kleinen Restaurants entlang des Hafenbeckens kann man sich sein Souvlaki oder einen griechischen Salat schmecken lassen. Das Angebot ist schier unerschöpflich und die Preise für eine Touristenhochburg noch moderat. Am Nachmittag spazierten wir durch das malerische und verwinkelte Altstadtviertel an der Firkas-Bastion vorbei zu unserem Bus zurück, um unsere Tour mit der Fahrt nach Rethymnon fortzusetzen. Die aus spätminoischer Zeit stammende Stadt ist heute die drittgrößte der Insel. Wir hielten für eine letzte Besichtigung am heutigen Tag am Hafen und begaben uns auf einen kleinen (Alt)Stadtrundgang. Vorbei an den größtenteils venezianisch bzw. osmanisch geprägten Häusern mit ihren kleinen Erkern gelangten wir zum Rimondi-Brunnen, der 1588 zur öffentlichen Wasserversorgung des Stadtteils gebaut wurde. Weiter schlenderten wir durch kleine Gässchen, vorbei an einem Portal mit osmanischer Inschrift zum Hause eines Baklava-Bäckers, wo wir eine kleine Vorführung vom 80jährigen Senior der Bäckerei in der Kunst des "Teigausrollens" oder besser "Teigausstreichens nur mit den Fingern" erhielten. Ähnlich einem Pizza-Bäcker schaffte er es, einen Blätterteigrohling nur durch die Kunst seiner Hände auf eine quadratische Form von knapp zwei mal zwei Metern Kantenlänge zu formen. Unglaublich. Das Endprodukt sah aus wie ein quadratisches Spannbettlaken, nur das dieses hier essbar war. Auf der Rückfahrt im Bus haben wir dann von dieser süßen Nascherei alle ein Stück gekostet. Mit unserem Besuch im Westen hatten wir nun Kreta in alle vier Himmelsrichtungen erkundet. Unser letzter Rundreisetag ging deshalb zur Insel Spinalonga, welche wir am nächsten Tag besuchen wollten.

Sonntag, 04.05.2014: Insel Spinalonga und Agios Nikolaos

Heute war der letzte Programmtag unserer Rundreise durch die Zeugnisse der Vergangenheit auf Kreta. Als würde uns die Insel schon verabschieden wollen, zeigte sich der Himmel über uns das erste Mal in einem grauen Regenwolkenkleid. Doch Bange machen gilt nicht. Ein paar Wolken sollten uns nicht die Vorfreude auf den heutigen Tag verderben. Wir fuhren zuerst über Malia nach Osten, zum kleinen Fährhafen nach Elounda. Von hier aus setzen die Boote nach Spinalonga über. Auf der nur 85 ha großen Insel errichteten die Venezianer im 16. Jahrhundert ein Fort. In den nächsten Jahrhunderten lebten hier Venezianer, Osmanen und Griechen. Im Jahre 1904 wurde auf der Insel eine Leprastation errichtet, die bis ins Jahr 1957 aufrecht erhalten wurde. Bis zu 1000 Leprakranke lebten zeitweise in der Kolonie. Als dann Anfang der fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts erste Medikamente entwickelt wurden, verlor die Leprakolonie so langsam ihre Daseinsberechtigung und wurde wenige Jahre später auch aufgelöst. In der heutigen Zeit ist die Insel unbewohnt und wird vor allem von Touristen besucht. Mit dem Boot dauert die Überfahrt von Elounda knapp zwanzig Minuten. Da sich mittlerweile das Wetter wieder von seiner besten Seite zeigte, genossen wir den Fahrtwind auf dem Schiff und erfreuten uns an der vorbeiziehenden Landschaft. Zurück in Elounda nahmen wir uns etwas Zeit für eine kleine Mittagspause, bevor wir weiter nach Agios Nikolaos fuhren. Wir erreichten die kleine Stadt, deren Name auf eine Kirche zurückzuführen ist, die erstmals im 10. Jahrhundert Erwähnung fand und dem Heiligen Nikolaus gewidmet war, am zeitigen Nachmittag. Uns blieb genügend Zeit, um einen Bummel durch das Stadtzentrum zu machen, bevor wir uns auf den Rückweg zu unserem Hotel begaben. Da einige am nächsten Tag in aller Früh bereits die Heimreise antreten mussten, wollten wir noch für ein paar wenige Stunden die Annehmlichkeiten des Ferienhotels, speziell den Swimmingpool, nutzen. Auf dem Rückweg verabschiedeten wir uns von unserer großartigen Reiseleiterin Rena sowie auch von unserem Busfahrer Yjanis. Die Hälfte der Gruppe konnte auch in den nächsten Tagen noch die Schönheiten der Insel genießen, denn diese hatten die Badeverlängerung gebucht und flogen erst am 09.05.2014 heim. Für alle anderen hieß es nach einem weiteren leckeren Abendessen vom wie immer umfangreichen Buffet "Koffer packen".

Montag, 05.05.2014 Heimreise (oder Badeverlängerung)

Zeitig am Morgen krähte der kretische Hahn für einen Teil der Gruppe und gab damit das Signal zum Aufbruch. Nach einem kleinen Frühstück im Hotelrestaurant brachte uns unser Fahrer Jorgos, der uns schon die ersten fünf Tage sicher über die Insel chauffiert hatte sowie unsere liebgewonnene Reiseleiterin Rena zum Flughafen nach Heraklion. Wir verabschiedeten uns mit einem "Efchari'sto", einem "Danke schön" und sagten "'Jassu" und "A'dio", "Tschüß" und "Auf Wiedersehen". Wir hatten in den letzten acht Tagen herzliche Begegnungen mit sehr freundlichen Menschen, ein tolles Programm mit einzigartigen Sehenswürdigkeiten und eine wunderbare Gastfreundschaft genossen. Deshalb werden uns auch die Insel Kreta, ihre Menschen und die historischen Stätten lange in Erinnerung bleiben.

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