Reisebericht: Wandern am Gardasee – im Garten von Europa

17.05. – 24.05.2014, 8 Tage Wanderreise in Italien am Gardasee & im Trentino – Monte Baldo – Monte Brione – Schifffahrt – Torbole sul Garda – Limone – Molveno See – alte Ponale–Straße – Tennosee (circa 54 Wanderkilometer)


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Den Gardasee und seine faszinierende Umgebung hautnah zu erleben - dafür ist eine Wanderreise einfach perfekt. Dem Reisenden eröffnen sich faszinierende Panoramen und der größte See Italiens zieht die Betrachter in seinen Bann.
Ein Reisebericht von
Detlef May
Detlef May

1. Tag – Anreise nach Garda

Wanderfreunde aus verschiedenen Teilen Deutschlands treffen sich, um gemeinsam das Monte Baldo Massiv am östlichen Gardaseeufer zu "erwandern". Doch zunächst müssen wir das Erzgebirge, das Vogtland, die fränkische Schweiz, die Alpen und Südtirol hinter uns bringen. Bei Innsbruck stößt noch eine Teilnehmerin zu uns und nun komplett setzt unsere kleine Gruppe die Fahrt an den Gardasee fort. Am Abend erreichen wir den hübschen Ort Garda und beziehen unser Hotel. Nach dem Abendessen stellt sich unser Wanderführer vor und uns wird klar: wir wandern mit dem Wolf (gang) - ein bayerisches Urgestein, der seit über zwanzig Jahren seine neue Heimat am Gardasee gefunden hat. Wir sind gespannt und gehen nach einem langen Tag ins Bett.

2. Tag – Einwandern am Rocca del Garda und Monte Lupia

Am Morgen empfängt uns strahlender Sonnenschein und unser Wolf(gang) hat noch einen Wolf (Schäfer- und Wanderhund) Lupo - dabei. Schnell legt Lupo fest, dass er die Wanderspitze behauptet und wir reihen uns ein. Beim Aufstieg auf den Hausberg Rocca del Garda erweist sich Wolfgang als Wander- und Bergführer, Botaniker, Archeologe und Geologe - es gibt nichts, was er nicht weiß oder erklären kann. Man spürt bei Ihm das Herzblut, mit dem er uns seine Region näher bringt. Wir genießen einen tollen Blick auf Garda, den Yachthafen und den Gardasee, und weiter geht es zum idyllischen San Vigilio - dem "schönsten Ort der Welt". Auf der kleinen Landzunge gibt es einen kleinen Park, eine Zypressenallee, eine private Villa, enge Gässchen und Zitronen "hinter Mauern". Auf der kleinen Landzunge genießen wir den Sommer am Gardasee - bevor unsere Leitwölfe noch schnell den Monte Lupio mit uns erwandern. Es geht hinauf auf's "Krokodil", wie Wolfgang den Berg nennt, weil er im Profil wirklich an ein großes Reptil erinnert. Unterwegs macht Wolfgang für uns Steinzeichnungen (Rocca di Giselle) sichtbar, in dem er Wasser auf die von Gletschern plan geschliffenen Felsen sprüht, und versucht sich in der Deutung der Steinzeichnungen. Nach der Mittagspause beginnen wir mit dem Abstieg und laufen bis in den kleinen Ort Torri del Benaco. Die heißgelaufenen Füße bekommen eine Ruhepause und wir genehmigen uns ein Eis zur Erfrischung. Mit den Worten "und morgen gibt's gleich die Königsetappe" verabschieden sich unsere "Wölfe" und für uns geht es zurück zum Hotel. Am Abend erkunden einige von uns noch die sehenswerte Altstadt von Garda -, die Sonne versinkt langsam im Gardasee und wir in erholsamen Schlaf.

3. Tag – Die Königsetappe auf den Monte Baldo

Heute geht es etwas früher los - Wolfgang wird wissen warum. Unterwegs ein Blick auf "Napoleons" Nase - der Berg ist gut zu sehen. also wird das Wetter gut. Wir fahren nach Malcesine und steigen in die Seilbahn ein, auf der Mittelstation geht es in eine Dreh-Gondelbahn. Diese Einzigartigkeit in Europa lässt den Blick in alle Himmelsrichtungen schweifen - es sind aber so viele Paraglider in der Kabine, dass wir uns kaum bewegen können. Auf 1752 Meter angekommen sieht die Welt schon anders aus, es hat noch 6°Celsius -
also Jacken an. Überall liegen noch Schneefelder und wir beginnen mit einem längeren Abstieg. Jacken wieder aus, denn die Sonne kommt raus. Und Murmeltiere, denen es im Bau zu warm wird und die uns neugierig beäugen. Nach rund einer Stunde Abstieg geht es kurz eine Straße bergauf. Plötzlich wechselt Wolfgang auf einen steilen Pfad und wir beginnen den Aufstieg zum Altissimo. Unterwegs entscheidet sich ein Teil der Gruppe, einen weniger anstrengenden Weg zur Refugio Graziani zu gehen. Bei einer schönen Rast unterwegs können wir zwei Steinböcke (oder Gemsen?) beobachten und genießen die traumhafte Aussicht auf den Gardasee. Die andere Gruppe "schraubt" sich unterdessen auf den Altissimo und belohnt sich auf dem Gipfel mit "Grappa aus dem Löffel". Wir kleinen Gipfelstürmer ziehen "Grappa aus dem Glas" vor und alle treffen sich in San Giacomo wieder. Diese Wanderung hatte es bestimmt in sich, aber die tollen An- und Ausblicke wollte niemand missen. Und mit einem Klopfer auf die Schulter gab uns Wolfgang zu verstehen: Wir haben's geschafft. Zurück nimmt unser Bus die etwas längere, aber schönere Route entlang des Garadsees. Dabei erzählt uns Wolfgang, warum Goethe bei seiner Italien-Reise wegen Spionage verhaftet wurde, warum Frösche Schuld waren, dass ein Hotel abgerissen werden musste und noch einige andere Geschichten. Wir freuen uns auf den nächsten Tag - denn wir haben "wander"-frei!

4. Tag – Mit dem Schiff über den Gardasee

Nach der Königsetappe sind wir heute bei bestem Wetter froh, die Füße und Seele ein wenig baumeln zu lassen. In Malcesine gehen wir um kurz nach 10 Uhr auf's Schiff und lernen in den nächsten 3,5 h vor allem das westliche Ufer des Gardasees kennen. Außerdem sehen wir heute von "unten" das Massiv des Monte Baldo, der sich schützend im Osten vor den Gardasee legt und maßgeblich für das besonders milde Klima in dieser Region verantwortlich ist. Aus unseren Träumen werden wir in Abständen durch die lauten Ankündigungen der Haltepunkte gerissen: in verschieden Tonlagen werden die Namen Campione, Gargano, Maderno, Gardone, Salò, Garda und schließlich Sirmione ausgerufen. Alle diese Hafenstädtchen wären einen extra Urlaub wert - aber wir sind ja hier, um eigentlich zu wandern. Wir genießen also unseren "Ruhetag". Leider ist der Aufenthalt in Sirmione zu kurz, um wirklich etwas mitzunehmen von dieser bezaubernden Altstadt auf der weit in den südlichen Gardasee hineinragenden Lagune. Die schwalbenschwanzbewehrten Türme des "Castello Scaligera" sind kaum im Foto festgehalten, als wir schon zum Bus müssen, der uns vorbei an Peschiera und Lazise nach Bardolino bringt. Auf dem Weingut "Costadoro" probieren wir einen weißen und mehrere rote "Bardolinos", es gibt Prosecco und Grappa, dazu herzhaften Käse mit aromatischem Balsamico, feines Olivenöl auf Brot, Salami - und wer will, kann anschließend natürlich seine privaten Vorräte auffüllen oder ein tolles "Mitbringsel" erwerben.

5. Tag – Wanderung zum vergessenen Dorf Campo

Nicht nur unsere Füße haben sich erholt - auch Lupo ist heute wieder mit von der Partie. Sein
"ABS" hatte bei den Abstiegen wohl auch etwas gelitten, jetzt ist er wieder oben auf und natürlich übernimmt er seinen Platz an der Spitze der Gruppe. Auf alten Eselspfaden und durch Olivenhaine wandern wir zum verlassenen Dorf Campo. Unterwegs erklärt uns Wolfgang, wie schwierig das Leben für die Leute früher hier war - die Olivenhaine sind steil, Maschinen kaum einsetzbar und irgendwann war Tourismus einträglicher als Landwirtschaft. So gelangen wir in das verlassene und fast verfallene Dorf Campo, in dem heute nur zwei Künstler wohnen.
Aus Wänden und Nischen wächst der Efeu, es sieht ein bisschen aus wie in einem Grusel-Märchen. In der kleinen Kapelle, die nur noch bewahrt und nicht mehr restauriert wird, erzählt Wolfgang von den unterschiedlichsten Ideen, die es für diesen Ort schon gab. Von exklusiver Hotelanlage bis hin zu einer Künstlerakademie war alles dabei. Wir schließen uns Wolfgangs Meinung an: man sollte das alte Dorf lassen wie es ist und es bewahren. Wir wandern weiter zum privaten Gut Le Ca. Da es einem Freund von Wolfgang gehört, dürfen wir dort Picknick machen und uns vom Aufstieg erholen. Weiter geht es durch Plantagen von Esskastanien. Durch starken Schädlingsbefall sind diese stark zurück geschnitten - dass hier wieder was wachsen soll, glauben vor allem die Plantagenbesitzer. Es geht immer bergab und wir kommen zum Restaurant "Alla Fassa", dem "Balkon" hoch über dem Gardasee und genießen eine Erfrischung und diesen fantastischen Ausblick auf den Gardasee. Fast wären wir die letzten Besucher gewesen, denn ein kleiner italienischer Bub zündet vor dem Hotel eine Palme an, die sofort in Flammen steht. Es gelingt, das Feuer zu löschen und ein Übergreifen auf das Restaurant zu verhindern. Wir steigen weiter hinab und kommen bei Castelletto wieder an den Gardasee. Einige besichtigen noch die alte römische Burg, andere geben sich mit einem Eis und einem kleinen Spaziergang am Hafen zufrieden. 

6. Tag – Hochplateau Prada Alta

Wenngleich uns Wolfgang verspricht, dass der heutige Tage nicht zu anstrengend wird, nötigen uns 800 Höhenmeter gehörig Respekt ab. Wir fahren vorbei an San Zeno zu unserem heutigen Ausgangspunkt auf 1000 m Höhe. Früher gab es hier eine Art Seilbahn, die die Gäste im Stehen und bei laufender Fahrt auf rund 1800 m Höhe brachte. Wir sind Wanderer ! und beginnen mit dem Aufstieg. Es geht über Schotterwege und Wiesen, und mit jedem Meter Höhe kommt die Sonne etwas mehr heraus, läßt uns schwitzen. Darauf haben die Fliegen nur gewartet - ganze Schwärme umkreisen jeden Wanderer - Kühe sind schließlich keine da. 
Die Gruppe zieht sich weit auseinander, jeder ist mit sich (und den Fliegen) beschäftigt. Unterwegs erklärt Wolfgang die einzigartige Pflanzenwelt, an der wir ohne seine Hinweise bestimmt vorbeigegangen wären. Unterhalb des Rifugio Fiori del Baldo auf 1815 m teilt sich die Gruppe - Wolfgang geht mit einigen Gästen noch zu den Resten einer römischen Burg und verspricht dafür einen tollen Blick ins Etschtal. Die andere Gruppe gelangt ohne Umweg zu dem gleichen Bergrücken, genießt den grandiosen Anblick des Etschtals und ist eine halbe Stunde früher im Rifugio. Wir genießen die Pause, einige müssen ihre Sachen wieder trocknen und wir kommen auf fast dem gleichen Wege die 800 m wieder hinab zu unserem Busparkplatz. Diese Wanderung war anstrengend und schön - wir können stolz auf uns sein.

7. Tag – Botanischer Garten Novezzina und Madonna della Coronna

Heute fahren wir auf die "Rückseite" des Monte Baldo Massivs - ins Etschtal. Bis auf ein paar kleine Regenschauer haben wir wieder Glück mit dem Wetter und beginnen an der Rifugio Novezzina auf 1235 m unsere Wanderung. Ziel ist der Monte delle Erbe, doch nach einiger Zeit wird es steil und rutschig und Wolfgang empfiehlt einem Teil der Gruppe den sicheren Abstieg.
In der Rifugio Novezzina warten wir auf die Gruppe. Mehrere italiensichen Schulklassen erfüllen den botanischen Garten mit Gewusel und Lärm - nachdem wir uns alle erholt haben brechen wir auf und fahren nach Spiazzi. Der Wallfahrtsort der "Madonna delle corona" zieht jährlich zig Tausende von Besuchern an - aber wir haben Glück: in strahlendem Sonnenschein und fast frei von Pilgern und Touristen scheint die Madonna auf unsere Gruppe gewartet zu haben. Spektakulär schmiegt sich die Wallfahrtskirche 700 m über der Etsch so eng an den Felsen, man meint, sie sei mit ihm vereint. Wir sind ergriffen von diesem Bild und hören andächtig unserem Wolfgang zu. Auf dem Weg zur Kirche wird in Bronzeskulpturen die Passion Christi verdeutlicht. Als wir die Treppe zur Kirche hinauf steigen, erinnern wir uns an Wolfsgang Worte: Nur wer an Wunder glaubt, wird ihnen auch begegnen. Irgendwie mag er damit Recht haben, denn wir haben uns die ganze Woche in aller Bescheidenheit nur gutes Wetter und keine Verletzungen gewünscht. Beides ist eingetreten - der Madonna sei Dank. Wir genießen Augenblickeder Ruhe und Besinnung in der Kirche, die schlicht und einfach ausgestattet und doch so imposant ist. Beeindruckt und ergriffen verlassen wir die Wallfahrtskirche und treffen uns in Spiazzi, um unsere tolle Wanderreise gemeinsam mit Wolfgang ausklingen zu lassen. Auf dem Rückweg machen wir einen kleinen Schlenker über Platano und sehen hier eine über 800 Jahre alte Platane, die auch so ihre Geschichten birgt. Zurück in Garda beginnen wir, die letzten Tage Revue passieren zu lassen und nehmen Abschied vom Gardasee.

8. Tag – Heimreise

Pünktlich um 8 Uhr verlassen wir Garda und fahren auf der Autobahn gen Norden. Natürlich sehen wir noch einmal hinauf zur Madonna delle corona, schauen auf die Massive der Dolomiten und sind zur Mittagszeit schon über den Brenner. Ab München verabschieden wir die ersten Wanderer und sind pünktlich um 20.04 Uhr wieder an unserem Ausgangspunkt in Dresden. Geschafft, stolz und mit vielen neuen Eindrücken geht eine Wanderwoche zu Ende, die uns Wanderer als Freunde zusammengebracht hat. Vielen Dank an Euch alle und bleibt bitte alle gesund - vielleicht bis bald ? Euer Reisebegleiter Detlef. 

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