Reisebericht: Süd–Italien – Rundreise durch Kalabrien

18.09. – 25.09.2021, 8 Tage Flugreise Kalabrien mit Tropea – Capo Vaticano – Nicotera – Pizzo – Reggio Calabria – Scilla – Serra San Bruno – Locri – Gerace – fakultativ: Liparische Inseln


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‚Begünstigt vom traumhaften Spätsommerwetter genossen wir auf unserer Kalabrien-Reise alle Facetten dieser wirklich traumhaft schönen Gegend an der Stiefelspitze Italiens.‘
Ein Reisebericht von
Ekkehard Villing
Ekkehard Villing

Mit Verspätung erreichen die Stuttgarter zu nachtschlafender Zeit als letzte Gruppe unser schönes Hotel in Tropea. Trotzdem werden wir unverzüglich in den Speisesaal geleitet und genießen ein schmackhaftes Abendessen, während unsere Koffer schon den Weg in unsere Zimmer gefunden haben. Von den anderen Gästen, die schon über den Tag verteilt angekommen sind, ist um Mitternacht natürlich nichts mehr zu sehen.

Nach einem guten Frühstück und einer ersten Vorstellung begrüßen wir alle gemeinsam unseren Busfahrer Franco, einen knorrigen Kalabresen, und natürlich unsere örtliche Reiseleiterin Claudia, die uns in den nächsten Tagen die Schönheit ihrer neuen Heimat zeigen wird. Claudia ist nämlich eine Deutschschweizerin, die es der Liebe wegen an die Stiefelspitze Italiens verschlagen hat. Unsere erste Erkundungsfahrt geht an der Küste entlang nach Süden zum wohl schönsten Aussichtspunkt der Costa degli Dei, zum Capo Vaticano. Dieser wirklich beeindruckende Belvedere hat nichts mit dem Kirchenstaat des Papstes zu tun, sondern ist nach einer antiken Seherin benannt, die an diesem schönen Ort ihre Wirkungsstätte hatte.
Weiter geht die Fahrt nach Nicotera, einem altehrwürdigen Städtchen mit sehenswerter Bischofskirche und einem verwinkelten Ghetto. Die „Hebräer“, wie Claudia sie anerkennend bezeichnet, wurden als Verwaltungsbeamte vom berühmten Stauferkaiser Friedrich II., dem „Stupor mundi“, ins Land geholt und hatten am damaligen wirtschaftlichen Aufschwung einen beträchtlichen Anteil, ehe sie dann zu Zeiten der großen Pestwellen als Sündenböcke herhalten mussten und vertrieben oder getötet wurden. Ein Bummel über den Sonntagsmarkt, ein Blick in die Regenschirmgasse und ein stärkender Besuch im Cafe am Platz runden diesen Stadtbesuch ab.
Nach einer kurzen Busfahrt gelangen wir zu einem alteingesessenen Olivenöl-Produzenten, der in einem schön gelegenen Landgut residiert. Hier werden wir von röhrenden Eseln, galoppierenden Zwergponies, aber auch durch eine intensiv kommunizierende Reisegruppe aus Italien etwas aufgehalten, können aber doch bald zwei ganz unterschiedliche Öle aus ein und derselben Olivensorte, der Ottobratica, verkosten. Werden die Früchte im grünen, noch unreifen Zustand gepresst, ergeben sie ein kräftiges, leicht bitteres Öl, während die später geernteten, violetten Oliven ein mildes, abgerundetes Produkt hervorbringen.
Zum Abschluss unseres Besichtigungstages begeben wir uns ins kleine, im Hinterland gelegene Städtchen Zungri. Hier gibt uns Claudia im Heimatmuseum einen Einblick in die Lebensweise der Kalabresen, ehe wir tief hinab in eine byzantinische Höhlensiedlung steigen. Bis auf den Grund schaffen es aber nur wenige. Wieder oben auf der Piazza machen wir uns über die ausgebreiteten Köstlichkeiten des Dorfladens her, die viele auch zum Einkauf animieren. Mit brennenden Schleimhäuten – der Peperoncini wegen – fahren wir zurück nach Tropea, wo einige sich noch vor dem Abendessen in die Fluten des türkisfarbenen Meeres stürzen.

Heute wollen wir unseren Urlaubsstandort, das malerische Städtchen Tropea, erkunden. Zu Fuß erreichen wir die absolut sehenswerte Altstadt, die auf einem gewaltigen Felsen hoch über dem Meer thront und atemberaubende Ausblicke wie beispielsweise am Kanonenplatz gewährt. Claudia führt uns durch schmale Gässchen, eindrucksvolle Plätze wie die Piazza d’ercole bis hin zur trutzigen Kathedrale, der man die permanente Beschädigung durch Erdbeben und Sarazenen-Überfälle ansieht. Dann führt sie uns zu ihrem Lieblingsgeschäft, in dem wir die absolute Spezialität der Stadt, die Rote Zwiebel, in allen Variationen, so auch als Marmelade, genießen können. Als zweiter großer Renner entpuppen sich die Produkte aus der Bergamotte, einer Zitronenart, die nur im äußersten Süden Kalabriens wächst und die als Duft-, aber auch als Heilmittel Verwendung finden.
Während sich die meisten dann um ein sättigendes Mittagessen bemühen, begeben sich ein paar Unentwegte auf den beschwerlichen Weg zum Wahrzeichen der Stadt, dem schmucken Kirchlein Santa Maria d’Isola, das auf einem vorgelagerten Küstenfelsen liegt. Dabei müssen sie unzählige Stufen vom Stadtfelsen hinunter und zur Kirche hinauf und dann wieder zurück steigen, was vor allem die älteste Teilnehmerin der Gruppe hervorragend meistert.
Da das Wetter es fast zu gut mit uns meint, denn der afrikanische Shirocco treibt die Temperaturwerte deutlich nach oben, und der Bus in einer etwas größeren Entfernung steht, lässt der beschwerliche Weg dahin in der Mittagshitze die Stimmung etwas sinken, sodass sich die EBERHARDT-Reiseleitung etwas einfallen lassen muss. So führt der nächste Gang im nördlich gelegenen Pizzo sogleich in die legendäre Gelateria Chez-toi. Hier in diesem Ort, in dem das berühmte Tartufo-Eis erfunden wurde, ist die Wirkungsstätte des großen Meisters Morino, der schon im Deutschen Fernsehen seinen Auftritt hatte und der mit geschmeidigen, fast zärtlichen Bewegungen die sagenhaften Kugeln vor unseren Augen formt. Das Ergebnis, das Tartufo Moro (leider keine einwandfreie Bezeichnung) hellt die Gemütslage der Reisegruppe in deutlichem Maße auf, sodass sie zu weiteren Aktionen bereit ist.
Zunächst werden wir von Claudia in die wuchtige Burg geleitet, um am Schicksal des neapolitanischen Königs Chioacchino Murat Anteil zu nehmen. Der wurde, mitgerissen durch die endgültige Niederlage seines Schwagers Napoleon, hier in Pizzo vom Thron gestürzt, verurteilt und hingerichtet, was mittels lebensgroßer Figuren vermittelt werden soll.
Und dann machen wir uns noch in die nahe gelegene Höhlenkirche Piedigrotta auf, die von geretteten Schiffsbrüchigen aus Dankbarkeit gestiftet wurde. Ein Künstler-Duo, Vater und Sohn, hat in mühevoller Kleinarbeit unzählige Heiligenfiguren erschaffen, die in jüngerer Zeit um Darstellungen von Fidel Castro und JF Kennedy erweitert wurden.
Da der kleine Strand vor der Kirche angesichts der Hitze für viele eine große Verlockung darstellt, wird nach der Rückkehr ins Hotel kurzer Hand ein Bus zum Meer organisiert, was sich allerdings als Reinfall erweist, da ein inzwischen aufgekommener starker Wellengang das Baden unmöglich macht.

Genau dieses unruhige, sehr wellenbewegte Meer macht uns am nächsten Tag ziemlich zu schaffen. Zusammen mit einer großen Anzahl von anderen Touristen kämpft sich das Ausflugsschiff mit fast allen Teilnehmern unserer Gruppe durch hohe Wellen, was bei vielen Passagieren zu deutlich sichtbaren Beeinträchtigungen führt. So sind dann alle froh, als sie auf dem aktivsten Feuerberg des Mittelmeeres, dem legendären Stromboli, ankommen und versuchen, dessen permanente kleine Ausbrüche zu erspüren, die einen Segen für die gesamte Region darstellen, da sie den Druck der umliegenden Vulkane mindern. An diesem Tag fallen diese Eruptionen allerdings so sanft aus, dass wir sie nur erahnen können. Die schmale Rauchsilhuette über dem Krater zeugt aber von ihrer Anwesenheit. Bei erträglichem Wellengang geht es mit dem Schiff weiter zur Hauptinsel Lipari, die mit einem stattlichen Hafen und einer bunten Altstadt aufwartet. Hier suchen wir in den verschiedenen Einkehrmöglichkeiten einen Platz zum Mittagessen, das wie meist aus Pasta, Pizza oder Fisch besteht.
Wohlgestärkt machen wir uns zur Insel Vulcano auf, der letzten, die wir ansteuern. Während einige die Insel zu Fuß erkunden und die ständig rauchenden Fumarolen bestaunen, begeben sich die anderen in die etwas trüben, von Schwefelblasen durchzogenen Fluten am schwarzen Strand. Nach einer zweistündigen, ruhigen Rückfahrt erreichen wir gegen Abend wieder festen Boden und sind froh, in dem allgemeinen Trubel unseren Bus gefunden zu haben, der uns wohlbehalten zurückbringt. Inzwischen ist die Gruppe zusammengewachsen und alle freuen sich schon auf den abendlichen Plausch an der Bar im Garten des Hotels, unterbrochen von Gesangs- und Tanzeinlagen.

Schon am frühen Morgen brechen wir auf, um die etwas längere Fahrt nach Reggio, der alten Hauptstadt von Kalabrien, hinter uns zu bringen, die von Claudia wie immer genutzt wird, um uns in die Besonderheiten dieses herrlichen Landstriches einzuweihen. Dann schlendern wir schon den „schönsten Kilometer Italiens“ entlang, den Lungomare Falcomata, wie ihn der berühmte Dichter Gabriele D’Anunzio bezeichnete. Wir bestaunen die Grundmauern alter römischer Thermen, posieren neben künstlerischen Großplastiken und besuchen die ehrwürdige Kathedrale, die, wie alles in der Stadt, nicht älter als 100 Jahre ist, weil ein verheerendes Erdbeben die beiden Schwesterstädte Reggio und Messina im Jahre 1908 dem Erdboden gleichgemacht hat. Ohne den Ätna auszumachen blicken wir über den Stretto ins greifbar nahe Sizilien hinüber, wir laben uns am köstlichen Bergamotte-Eis bei Cesare und manche von uns statten den eindrucksvollsten Bronzestatuen der Menschheitsgeschichte, den beiden Kriegern von Riace, einen Besuch ab, die auf abenteuerliche Weise vor wenigen Jahren von einem Hobby-Schnorchler im Meer vor der ionischen Küste entdeckt wurden.
Dann wird es schon Zeit, sich ins pittoreske Städtchen Scilla zu begeben, dem Ort, dessen Namen dem von Homer in der Odyssee beschriebenen Seeungeheuer nachempfunden ist. In diesem kleinen Fischerort ist die alte Tradition des Schwertfischfangs noch sehr lebendig und im Hafen liegt dann auch eine Pasarella, der lange Laufsteg an der Spitze des Bootes, auf dem die Lanzenwerfer zuerst möglichst die Weibchen erlegen wollen, weil sie dann mit den treuen männlichen Fischen leichtes Spiel haben, während im umgekehrten Fall die weiblichen Schwertfische sofort das Weite suchen. Nach der hochaufragenden Ruffo-Burg und der Kirche besuchen wir vor allem das malerische Fischerviertel , dessen farbenfrohe Häuser sich direkt am Ufer aneinanderschmiegen und die Boote wie sonst die Autos davor parken. Über die vielen Kiwi- und Zitrusfrucht-Plantagen der Rosarno-Ebene geht es dann zurück ins heimatliche Hotel, um vor dem abendlichen Essen noch ein erfrischendes Bad im Meer zu nehmen.

Mit einer kleineren Gruppe – manche wollen diesen herrlichen Sonnentag im Strandclub „Blanca Beach“ verbringen – starten wir ins spirituelle Zentrum von Kalabrien. Hoch in den Bergen gelegen steuern wir zunächst des Örtchen Soriano Calabro an, das immer noch von der riesigen Klosteranlage dominiert wird, obwohl diese schon lange dem Verfall preisgegeben ist. Dennoch strahlen diese gewaltigen Mauerreste, Apsisbögen und Säulenstümpfe des ehemaligen Dominikaner- Klosters eine erhabene Aura aus, die einen beeindruckt zurücklässt. Nach einer kurzen Fahrt erreichen wir das vom Heiligen Bruno aus Köln gegründeten Kartäuserkloster in Serra San Bruno, in dessen weitläufiger Anlage noch immer Mönche ihr Leben gestalten. Daneben bietet das Kloster ein informatives Museum, das uns von Claudia eindrücklich erläutert wird. Im Anschluss machen wir uns auf den Weg durch den Wald zu einem verwunschenen kleinen See, dem mystische Heilkräfte nachgesagt werden. Daneben steht – passend zur Mittagszeit – eine urige Waldschänke, die uns mit einem üppigen Steinpilz-Nudelgericht nebst selbstgekelterten Rotwein lockt, sodass der zuletzt vorgesehene Kirchbesuch ob der heiteren Stimmung ausfallen muss. In dieser Atmosphäre gelingen auch die Proben zur ultimativen Kalabrien-Hymne „Calabresa mia“ auf der Weiterfahrt, wobei der einheimische Busfahrer Franco allerdings – vor allem was den Einsatz angeht – ein unrühmliches Bild abgibt.
Am Nachmittag gelangen wir in das Gebiet der kalabresischen Eisenverhüttung, das bereits im 17. Jahrhundert mittels einer königlichen Gießerei führend in Europa war. Im kleinen Ort Mongiana besuchen wir das dazugehörende Museum, das neben den Einblicken in die historische Erzgewinnung und –verarbeitung ein Waffenabteilung beherbergt. Nach einer Inspektion des weitläufigen Fabrikgeländes begeben wir uns mit vielen unterschiedlichen Tageseindrücken auf den Heimweg.

Heute verlassen wir die Küste des Tyrrhenischen Meeres und begeben uns zur Sohle des italienischen Stiefels, zum Ionischen Meer. Unser Ziel ist die antike Ausgrabungsstätte von Locri, einer griechischen Kolonie, die vor allem durch die Verehrung des Demeter-/Persephone-Heiligtums bekannt wurde. Das antike Gebiet fällt durch einige sonderbare Ungereimtheiten auf: Das nagelneue Museum ist noch immer geschlossen, auf dem Gelände stehen zwei private Wohnhäuser und der hintere Teil mit Theater und Stadion ist abgesperrt.
Weitaus erbaulicher gestaltet sich der Besuch der Schwesterstadt Gerace im sehr hoch gelegenen Hinterland, dessen Erklimmen nur mittels einer PS-starken Bimmelbahn möglich ist, was den Reiseleiter seinen Schwur brechen lässt, niemals in ein solches Gefährt einzusteigen. Oben werden wir an der Burgruine allerdings mit einem atemberaubenden Blick nach allen Seiten belohnt und nehmen uns dann einige der 100 Kirchen vor, vor allem natürlich den Normannischen Dom, dessen Unterkirche mit antiken Säulen von Locri ausgestattet ist. Im darüber liegenden Hauptschiff wiederholt sich dieser Umstand, nur dass die Säulen aus antiken Stätten in der Türkei stammen und der Kirche eine außerordentliche Wirkung geben. Danach geleitet uns Claudia durch malerische Gassen und kleine Plätze und führt uns zum Schluss zum eindrucksvollen Sonnentor. Unmittelbar daneben lassen wir uns bei bester Aussicht in einer urigen Taverne nieder, um uns alle ein gutes Essen zu gönnen. Nach einer stimmungsvollen Rückfahrt gilt es vor dem Hotel, Abschied von unserem Busfahrer Franco (auf italienisch natürlich) und von unserer bezaubernden Reiseleiterin Claudia zu nehmen, die beide ihre Aufgaben wirklich mit Bravour erledigt haben. Und auch dem EBERHARDT-Reiseleiter wird mit sehr herzlichen Worten gedankt.
Nach dem Abendessen, das von der Hotelleitung in besonderem Maße gestaltet wird, lassen dann alle im gemütlichen Garten in der lauen Spätsommernacht die schönen vergangenen Tage Revue passieren, amüsieren sich über die eine oder andere Begebenheit (z. B. über das Schöntrinken eines Hausweines) und kommen alle zu einem ähnlichen Ergebnis: Es hat wohl allen in Kalabrien viel Spaß gemacht.

Am Abreisetag müssen die Mitglieder der Gruppe zu ganz unterschiedlichen Zeiten die Koffer packen und sich auf den Weg zum Flughafen machen. Spätestens da wird allen klar, dass sich diese tolle Reise dem Ende zu neigt.
Liebe Gäste, liebe EBERHARDT-Reisefreunde - ich möchte mich bei Ihnen allen für die schöne, interessante und unterhaltsame Woche ganz herzlich bedanken. Es hat mir wirklich Spaß bereitet, Ihnen diese herrliche Region etwas näher zu bringen und Ihnen ein bisschen Ferienstimmung zu vermitteln. Bedanken will ich mich auch für die vielen angenehmen Gespräche mit Ihnen.
Bleiben Sie gesund und freuen Sie sich auf die nächste Reise, vielleicht wieder mit EBERHARDT Travel und vielleicht auch mal wieder mit mir. Ich wünsche Ihnen alles Gute!

Ihr Ekkehard Villing

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