Reisebericht: Rundreise Kuba – Sonneninsel der Karibik

22.01. – 06.02.2020, 16 Tage Rundreise: Santiago de Cuba – Baracoa – Camagüey – Trinidad – Cienfuegos – Santa Clara – Cayo Santa Maria – Vinales–Tal – Havanna (mit Eigenanreise)


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Was für den einen eine Reise in die KaRRRibik mit viel Vitamin RRRR war, war für den anderen ein Trip zurück in die Jugend, unter das Che Guevara-Poster im Teenager-Zimmer.
Ein Reisebericht von
Andreas Böcker
Andreas Böcker

Mittwoch, 22.1.2020 – Vom warmen Januar ins frische Kuba


Nach individueller Anreise bzw. mit dem Flieger aus Dresden und Leipzig trafen wir uns alle beim Gate in Frankfurt zum Abflug nach Holguín, Kuba. Eine Mitreisende stand im Stau und hatte den Flieger schon abgeschrieben, 8:20, sagte Condor mir, würde der Schalter geschlossen, wenn sie bis dahin nicht dort sei, dann habe sie keine Chance mehr. Nun... sie war um 8:35 am Schalter und kam dann schnell zum Gate. Glück gehabt! Es konnte losgehen.
Bisher war der Winter 2019/20 in Dtld. ja recht mild gewesen, mit Temperaturen teilweise im zweistelligen Bereich und selten mal Nachtfrost. Ausgerechnet diese Nacht aber war es kalt und der Nebel legte sich auf die Flugzeuge, die erst enteist werden mussten. Wir starteten mit fast anderthalb Stunden Verspätung. An Bord gut versorgt, erklärte uns der Erste Offizier, hätten wir alles richtig gemacht, dem dt. Winter zu entfliehen und die karibische Wärme Kubas zu genießen.
Nun ja... in Kuba, wo wir roundabout 15:00 Ortszeit gelandet waren, war es dann doch frischer als erwartet. 19° nur. Na wenigstens kein Hitzeschock...
Die Einreiseformalitäten gingen unkomplizierter und schneller vonstatten als erhofft, nur einige Koffer ließen auf sich warten, teilweise kamen sie auch auf dem falschen Band. Der letzte Koffer war natürlich der des Reiseleiters.
Eben Geld gewechselt und ab ins Hotel mit Kai und Morfi unserem Busfahrer. 17:00 waren wir in Hotel. Unser Hotel ist ein Pferdestall...
...gewesen. Deshalb heißt es auch Caballeriza. Die Zimmer sind im Kolonialstil eingerichtet, alles in allem recht hübsch.
Gegen 18:00 trafen wir uns zu einem kurzen Stadtrundgang, der im La Begonia endete, wo wir etwas tranken und ein Sandwich aßen: Käse, Schinken oder beides kombiniert. Hier wurden wir das erste Mal mit den für das kubanische Leben so charakteristischen Engpässen konfrontiert.
Anschließend, zurück im Hotel, gab Eberhardt Travel noch einen Añejo Especial bzw. einen Saft aus und wir gingen, 2:00 deutscher, 20:00 kubanischer Zeit nach einem langen Tag ins Bett.

Donnerstag, 23.1.2019 – Santiago: Santa Ifigenia und El Morro


Am Morgen verließen wir den Pferdestall und Holguín. Unser Ziel hieß Santiago de Cuba. Zunächst ging es durch eine mit Palmen und exotischen Obstbäumen bestandene, offenbar fruchtbare Landschaft, wir sahen Oldtimer und Pferde- oder Maultierkutschen. Je weiter wir uns von Holguín entfernten, desto stärker nahm die Hortikultur ab und wurde von großen Agrarflächen vor allem mit Zuckerrohr oder Bananenstauden abgelöst. Irgendwann hielt ein LKW unseren Fahrer an, um ihn darauf hinzuweisen, dass der rechte Hinterreifen wackele. Fortan setzten wir unseren Weg langsamer fort. Je mehr wir uns Santiago näherten, desto mehr ersetzten Chozas (Hütten) und Hortikultur die Felder. Später als geplant, aber noch im grünen Bereich, erreichten wir Kubas wichtigste Totenstadt, den Cementerio Santa Ifigenia, auf dem wir einigen von Kubas Prominenten oder gar Protagonisten der kubanischen Geschichte einem Totenbesuch abstatteten. Da waren u.a. einige Generäle des Unabhängigkeitskrieges und ihre Familienangehörigen, der Verfasser der kubanischen Nationalhymne - Perucho -, Kubas aufrecht stehend bestatteter Nationalheld, der Schriftsteller José Martí, oder einer der Stars des Buena Vista Social Clubs, Compay Segundo. Fidel Castros Begräbnisstätte lag gleich neben der des aufrechtstehenden José Martí. Manche Gräber wurden von zwei Flaggen markiert, die eine die kubanische Nationalflagge, die andere die rotschwarze Flagge der Bewegung 26. Juni, so benannt nach dem gescheiterten Angriff Fidel Castros auf die Moncada-Kaserne (General Moncada lag im Übrigen auch auf dem Friedhof) von 1953, ein Jahr, nachdem Batista sich an die Macht geputscht hatte.
Castro und manche seiner überlebenden Genossen gingen nach ihrer Freilassung nach México ins Exil, von wo aus sie 1956 zurückkehrten, um in der Sierra Maestra einen Guerilla-Krieg gegen das Regime zu beginnen. Die Flaggen rahmten nun die Gräber solcher Kämpfer ein, die im Rahmen der kubanischen Revolution seit 1953 aktiv gewesen waren.
Während wir auf dem Friedhof umherbummelten, hatte Fahrer Morfi seinen Bus in die Werkstatt gefahren und das Rad richten lassen. Just in Time kehrte er zum Friedhof zurück und wir konnten sofort zu unserem Mittagessen fahren, in einem Restaurant, gelegen auf einem Felsen über der karibischen See, direkt neben der Festung El Morro.
Die Festung El Morro liegt am Eingang der Bucht, an der auch Santiago de Cuba liegt. Zunächst errichtet, um die Stadt vor Piratenüberfällen zu schützen, diente sie bis ins späte 19. Jhdt. als Militärstützpunkt. Von hier aus genossen wir den Blick auf das leuchtende Blau des karibischen Meeres.
Am späteren Nachmittag machten wir einen Stadtrundgang durch Santiagos Altstadt, den wir am Gouverneurssitz von Kubas Statthalter Diego Velázquez de Cuéllar begannen. Diego Velázquez war der Gründer der ersten sieben Städte Kubas, wie Baracoa, Santiago oder La Habana. Damals war erst kurz Baracoa Kubas Hauptstadt, aber bald danach Santiago. Hier in Santiago rüstete Velázquez, nachdem in den Jahren 1517 und 1518 Spanier bereits an verschiedenen Punkten der heute mexikanischen Halbinsel Yucatán angelandet waren, die Schiffe für eine größere Expedition aus, auch mit einigen Pferden, deren Oberkommando er seinem Sekretär Hernán Cortés übertrug. Als er diesem das Kommando über die Schiffe wieder entziehen wollte, ließ Cortés einfach ablegen und klapperte, immer im Wettstreit mit Velázquez' Boten, die eine Absetzung Cortés verlangen sollten, die Häfen Kubas ab, um Ausrüstung bzw. Waffen zu organisieren und Männer anzuwerben.
Als Cortés bereits das erste Mal in Tenochtitlán eingerückt war, schickte Velázquez diesem noch ein Heer hintendrein (angeführt von Panfilio Narváez), das Cortés absetzen sollte, was zum Aufstand der Azteken und letztlich zur bekannten Eroberung Tenochtitláns führte, nachdem es Cortés gelungen war, Narváez zu töten und den überlebenden Teil von dessen Heer in das seine einzugliedern.
An der Rückwand des velázquez'schen Hauses war eine Tür eingerichtet worden, um eine nichthistorische Verbindung zum Nachbarhaus zu schaffen, welches im 19. Jhdt. von einem frankohaitianischen Kaffeepflanzer gebaut und eingerichtet worden war. Zu dieser Episode der haitianischen und kubanischen Geschichte sollten wir dann am Abend mehr erfahren.
Nach einem Besuch der Kathedrale Santiagos, der ältesten Kirche Kubas, wenn auch der Bau selbst jüngeren Datums ist, schlenderten wir durch Santiagos Altstadt, vorbei an Plätzen, Theatern und Museen.
Am Abend hatten wir das Vergnügen mit Carlos, dem Betreiber des Paladars (Privatrestaurants) Las Terrazas. Zwei Musiker spielten auf, während wir uns zunächst unseren Mojito mixten. Carlos wusste zu unterhalten. Also eigentlich mixten Carlos und eine seiner Mitarbeiterinnen den Mojito, aber wir durften mitarbeiten, indem wir Minze, Zucker und Zitronensaft mit Stößeln stößelnd rührten. Wobei „wir" das falsche Wort ist, der Verfasser dieser Zeilen hatte sich für eine Canchánchara entschieden, ein Gesöff aus Rum, Zitronensaft und Honig.
Wir nahmen unsere Getränke mit an die Tische und Carlos eröffnete das Büffet.
Anschließend an das Essen wurden wir eingeladen, an der Kaffeezeremonie teilzunehmen. Carlos erklärte uns, dass Kaffeeanbau ursprünglich keine Rolle auf Kuba gespielt habe, erst, als im Zuge der haitianischen Revolution französische Kaffeepflanzer mit ihren ihnen treu ergebenen Sklaven nach Kuba flüchteten und sich um Santiago ansiedelten, um in der Sierra Maestra das Anpflanzen des Kaffees wieder aufzugreifen, seien Kaffeetraditionen auch auf Kuba heimisch geworden.
Auf der Daube eines Rumfasses lagen verteilt schwarz glänzende Kaffeebohnen - warum die glänzten? Womöglich waren sie in Rum eingelegt worden, aber das ist reine Mutmaßung - zusammen mit Rinde von Weißeiche und Tabak. Mit hochprozentigem Rum wurde das ganze Ensemble entzündet und die noch leeren Kaffebecher darüber gestülpt, damit sie von dem aromatischen Geruch aus Rum, Weißeiche, Tabak und Kaffee etwas aufnähmen.
Nun wurde ein „Freiwilliger" gesucht, der mit dem Pilón Kaffee stampfen sollte. Die Wahl fiel - welch ein Zufall - auf den Verfasser dieser Zeilen. Und dann ging es los im Rythmus: bumm, bumm, bumm, kling, klong, bumm, bumm, bumm, kling, klong, bumm, bumm, bumm, kling, klong. Das dumpfe Bumm stellte dabei das Zerstampfen des Kaffees in dem Fass dar, das hellere Klingklong das Abstoßen des am Stößel (pilón) anhaften Kaffees. Das ganze ist sehr rhythmisch und soll zu einem Tanz - el Baile del pilón - geführt haben, den wir gleich auch vorgeführt bekamen.
Anschließend bekamen wir den Kaffee serviert und wer wollte, konnte einen Zug aus der Zigarre nehmen und vom Rum probieren, die Dreieinigkeit von Kaffee, Zigarre und Rum.

Freitag, 24.1.2020 – Über Guantánamo nach Baracoa


Zunächst ging es heute in Richtung von Kubas berühmtester Bucht, berühmt durch zwei Dinge, ein weltbekanntes Lied von einem Bauernmädchen und zum anderen durch den berühmten Militärstützpunkt, den die Amerikaner 2002 eigentlich hätten an Kuba zurückgeben müssen, der aber gerade wegen des extraterritorialen Gefangenenlagers voller tatsächlicher oder mutmaßlicher al-Qa'ida-Kämpfer es zu Berühmtheit schaffte: Guantánamo Bay. Und das Lied ist natürlich das vom „hombre sincero, de donde crece la Palma", der seine „(guajira) Guantanamera" besingt (der ehrbare Mann, von dort wo die Palme wächst). Bevor wir die Bucht erreichten, rasteten wir in der gleichnamigen Stadt, wo es einigen von uns gelang, Colibris an einem Puderquastenbaum zu beobachten.
Vom Aussichtspunkt La Gobernadora blickten wir auf die Bucht und auf das, was wir in einigen Kilometern Entfernung von den amerikanischen Militäranlagen sehen konnten.
Nach einem Mittagspäuschen am Strand, bei dem wir unsere Lunchpakete verzehrten, ging es in die Berge. Das abgelegene Baracoa - Kubas älteste Stadt überhaupt - ist nur über Serpentinenstraßen mit dem Rest Kubas verbunden.
Am Kolumbusdenkmal in Baracoa stiegen wir aus und staunten zunächst einmal nicht schlecht über den Wellengang. Die Wellen brachen am Stein und manchmal spritzte die Gischt bis über die Mauer und ergoss möglicherweise einen ganzen Schwall über davor stehende Personen... Bevor uns das passieren sollte, betraten wir die Festung Fuerte Matachín. Hierin befindet sich auch das historische Museum der Stadt, das wir aber wegen Renovierungsarbeiten nicht betreten durften. Ich sah aus einigen Metern Entfernungen Faksimile von Kolumbus' Bordbuch und Keramik, näher ran ließ uns aber der Vigilante (Wächter) nicht. Wir flanierten nun durch die Stadt zur Kathedrale, die aber hatte geschlossen. Wir schlenderten also weiter und erreichten eine zweite Festung, am Eingang der Bucht von Baracoa, die Fuerte de la Punta (Festung von der (ins Meer hineinragenden) Spitze); hier hatten wir auch einen ersten Blick auf den Tafelberg Yunque (Amboss).
Auf dem Weg hierher, der uns teilweise auch über den Malecón von Baracoa führte, sahen wir, wie mehrere Wellen, die über die Mauer gingen, einen Mann vollends überspülten. Wenn er das nicht sowieso geplant hatte, dann machte er das Beste aus seiner Situation. Ein paar Kinder rannten immer über die Straße, im Spiel mit dem Risiko, dass ihnen dasselbe passierte.
In der Fuerte de la Punta setzten wir uns gemütlich nieder und tranken einen Kaffee oder ein Erfrischungsgetränk, bis wir wieder zurück zur Kathedrale spazierten, um uns dort das 518 Jahre alte Cruz de Parra anzuschauen, ein Holzkreuz, das Kolumbus im Dezember 1492 hier hatte aufstellen lassen (Alter durch die Universität Leuwen in Belgien bestätigt). Danach ging es den Berg hoch zu unserem Hotel, der dritten Festung der Gemeinde, El Castillo. Von hier aus genossen wir den Blick über Stadt und Bucht.

Samstag, 25.1.2020 – Rum Treiberei


Wir verließen, vorbei an einer von Ernesto „Che" Guevara de la Serna in seiner Eigenschaft als kubanischer Industrieminister höchstpersönlich gegründeten Fabrik zur Kakao-Verarbeitung, Baracoa in Richtung „Regenwald". Unser erstes Ziel war eine Kakao-Plantage. Hier lutschten wir Kakaobohnen, bekamen erklärt, wie Kakao geerntet und verarbeitet wird. Aber eine solche Kakaoplantage ist keine Monokultur, auch Mangos, kubanische Apfelbirnen und Bananen wachsen hier.
Im Anschluss an die Führung tranken wir einen Kakao auf Kokosmilchbasis und einen Duaba, so schimpfte sich ein Cocktail aus Kakaolikör (dessen Grundstoff beim Fermentationsprozess des Kakaos gewonnen wird), Orangensaft und Rum.
Anschließend ging's an den Río Toa, Kubas größtem Fluss. Hier bestiegen wir zwei Ruderboote und beobachteten Fischer auf ihrem Floß, die uns auch bereitwillig ihre Beute zeigten. Massen an Minifischlein, kaum ein paar Millimeter breit und vielleicht anderthalb Zentimeter lang. Unser Ruderer pfiff während der Überfahrt auf dem Fluss einmal scharf, da raschelte es am Ufer ein wenig und seine Hündin Blanca sprang das Steilufer des Flusses herunter, und überquerte schwimmend den Fluss, gar nicht mal dumm, direkt aufs Boot zuhaltend, sondern wie ein Fußballspieler, der in den Lauf seines Mannschaftskollegen schießt, so schwamm sie auf einen Punkt zu, den wir erst noch erreichen mussten. Aber wie das so ist: wir waren natürlich schneller als Blanca, so dass sie uns am Ende doch hinterherschwamm. Das Treffen mit den Fischern war ihre Gelegenheit uns einzuholen, dann durfte auch sie Bötchen fahren.
Der Bootsführer, der bei Škoda in der Tschecheslowakei gearbeitet hatte, erklärte stolz, dass er Tschechisch, Slowakisch und Polnisch spreche. Ob er auch in Polen gearbeitet habe? Nein, er habe polnische Vorfahren. Ich bin ein wenig erstaunt, der Mann gehört doch eher zu den dunkelhäutigeren unter den Kubanern. Er erklärt, dass seine polnischen Vorfahren sich auf Haití mit den Nachkommen afrikanischer Sklaven vermählten, bevor sie nach Kuba kamen.
Kurze Zeit später, nachdem wir wieder an Land sind, bekommen wir ausgehöhlte Pampelmusen und eine Flasche Rum gereicht, die Pampelmusen sind mit ihrem Saft gefüllt, Vitamin R dient zum Auffüllen. Das zweite Mal ein Cocktail mit Vitamin R heute und das noch vor dem Mittagessen bringt Thomas zur Feststellung, dass wir ja „ganz schön" Rum kämen.
Beim Mittagessen erwartet uns neben Live-Musik (die Band ist gut, spielt aber v.a. bekannte Lieder (Chan Chan, Guantanamera oder Comandante Che Guevara)) auch eine Suppenschale aus halbiertem Bambusrohr. Sehr nachhaltig. Anders als das mit Kunststoffen versehene Bambusgeschirr in Europa. Als alle satt sind und wir uns verabschiedet haben, findet Busfahrer Eddy Murphy (Morfi) den Weg zurück nach Santiago, wo wir gegen Abend ankommen.
Unterwegs halten wir für einen Toilettenstopp. In einer Bar sitzen junge Männer bei einem Bier, im Haus gegenüber junge Frauen, zwischen beiden Gruppen findet ein Spiel gegenseitiger Neckereien statt, vor allem von Seiten der Frauen. Aber die Männer haben - wenigstens heute - andere Interessen. Wie Handtaschen tragen sie mehrere Hähne unter dem Arm. Irgendwann stehen sie auf, um einen LKW zu besteigen. Los geht es zu einem geheimen Ort, denn Hahnenkämpfe sind auf Kuba verboten.
Wir fahren derweil weiter nach Santiago.

Sonntag, 26.1.2020 – Busfahrt, Wallfahrt, Bicitaxifahrt


Unser erster Stopp nach der erneuten und endgültigen Abfahrt aus Santiago ist der kubanische Wallfahrtsort El Cobre. Jeder Kubaner, meint Kay, sei schon einmal hier gewesen.
Hier treffen sich zwei Religionen: Christentum und Santería. Die Basilika ist Nuestra Señora de la Caridad - also einer der Erscheinungsformen der Jungfrau Maria - geweiht, die im Santería-Kult ausgerechnet mit der Liebes- und Fruchtbarkeitsgöttin Ochún identifiziert wird. Naja gut... „die Frucht deines Leibes..." Als wir ankommen, ist gerade Messe, wir müssen also mit der Besichtigung etwas warten. Dann aber können wir in die imposante Kirche hinein.
Unser Weg führte uns weiter in die Kleinstadt Bayamo, wo „Perucho", dessen Grab wir schon in Santiago gesehen hatten, noch einmal ein Denkmal gewidmet war. Hier hatte er den Text der Nationalhymne gedichtet und die Melodie komponiert und hier, auf dem Hymnenplatz, war die Hymne dreißig Jahre vor der endgültigen Unabhängigkeit von Spanien (1898) 1868 erstmals öffentlich aufgeführt worden.
Einige Meter weiter war ein Hotel. Es war heiß, in Deutschland schon später Nachmittag, wir wollten ein Bier. Aber Bier war aus. Also blieben wir beim Kaffee.
Dann geht es weiter mit einer Pause unweit von Las Tunas.
Am späten Nachmittag erreichten wir endlich Camagüey. Ein -ü- gibt es im Spanischen nicht, trotzdem sieht man häufig ein -u- mit Trema (eben -ü-), wie in Camagüey. Das hat folgende Bewandtnis:
-g- ist vor -a-, -o- und -u- /g/, vor -e- und -i- aber /chi/
Um /ge/ oder /gi/ zu schreiben, nutzt man das -u-, das ist dann „stumm": -gue-, -gui-. Will man das -u- aber nun wieder aussprechen zwischen -g- und -i- oder -e-, dann setzt man das Trema darauf: -güe-, -güi-
In Camagüey steigen wir um vom Bus aufs Bicitaxi. Bici ("bißi") bzw. bicicleta ("bißikleta") ist das Fahrrad, das Bicitaxi gewissermaßen die auf Kuba allgegenwärtige Fahrradrikscha. In Holguín mit einem Passagiersitz, sonst meist mit zwei Passagiersitzen versehen. So auch hier in Camagüey. Mit je zwei Passagieren teilen wir uns ein Bicitaxi und heizen damit nun durch die Stadt. Einer von den Bicitaxifahrern erhält von seinen Passagieren den Namen Speedy González, weil er Spaß daran hat, seine Kollegen zu überholen. So fahren wir verschiedene Plätze an, die Kay uns erklärt.
Unser erster Halt in der Stadt der Tinajones ('tinaja' ist der Tonkrug, '-ón' ein Aumentativ, 'tinajón' also ein "großer Tonkrug") ist die Plaza San Juan de Dios, wo sich auch das Diözesanmuseum befindet.
Warum Camagüey die Stadt der großen Tonkrüge ist? Weil hier relativ wenig Regen fällt und das wertvolle Nass in alten Ölkrügen, die aus Spanien mit Olivenöl gekommen waren, gesammelt wurde. Heute haben die Tinajones zwar ihren Nutzen verloren, sind aber als Wahrzeichen der Stadt immer noch allgegenwärtig.
Anschließend fahren wir durch die Altstadt zur Plaza del Carmen. Dort hat die einheimische Künstlerin Martha Jiménez ihr Atelier und auch auf der Straße stehen ein paar Plastiken. Annette kehrt mit ihrem Bicitaxifahrer später hierher zurück, um in der Galerie zwei Bilder zu erstehen.
Unsere Bicitaxisfahrt führt uns aber zunächst weiter, vorbei um den Ignacio-Agramonte-Park (Ignacio Agramonte war einer der kubanischen Freiheitskämpfer im 19. Jhdt.) zur Gnadenkirche. Dort verlassen die Taxis, bezahlen und laufen durch eine Straße voller Kinos zu unserem Hotel, dem Hotel Colonial.
Abends, auf dem Weg ins Restaurant, sehen wir noch einen Karnevalszug, zumindestens Teile davon. 

Montag, 27.1.2020 – Über den Heiligen Geist zur Dreifaltigkeit


In Sancti Spiritus, wo wir die älteste (erhaltene) Brücke Kubas (1831) zu Fuß überqueren, sehen wir uns die Altstadt an. Zunächst aber springt Kai in ein Restaurant bei der Brücke, und macht für uns einen Tisch auf der Terrasse über den Fluss klar, mit Blick auf das den Yayabo überspannende Bauwerk.
In der Stadt sehen wir auch eine ganz in weiß gekleidete Dame. Die läuft nicht etwa vor ihrer Hochzeit davon, sondern ist „Novizin" der Santería. Die Anhänger dieser Religion müssen einen Reinigungsprozess durchlaufen, Symbol dieses Reinigungsprozesses ist die schneeweiße Kleidung. Ein Jahr lang sind sie wie eben geborene Babys, sie geben niemandem die Hand, sie enthalten sich aller Vergnügungen, nehmen keine Drogen, haben keine amourösen Beziehungen (bzw. legen diese für das Jahr auf Eis).
Kai besucht mit uns auch noch einen kleinen „Baumarkt", das ist besonders für die Techniker unter uns interessant.
Zum Essen gibt es Sandwiches für uns, die sind ganz gut gemacht. Danach geht es zurück über die Brücke zu unserem Bus und wir fahren nach Manaca Iznaga im Valle de los Ingenios (Tal der Zuckermühlen).
Manaca Iznaga war früher mal eine riesige Zuckerrohrplantage, wovon noch das Herrenhaus und der Turm erhalten sind. Zucker wird hier heute nicht mehr angebaut, dafür Textilien verkauft (Tischdecken, Hemden etc.).
Von Ferne sieht der Turm aus wie der einer Kirche oder eines Klosters. Aber der Turm steht frei und sein Zweck war auch nicht, die Gläubigen zum Gebet zu rufen, nein, er diente dazu, die Sklaven auf den Zuckerrohrfeldern und ihre Bewegungen zu kontrollieren. Sollte einer versucht haben zu fliehen, konnte man genau sehen, in welche Richtung er lief. Zu zweit besteigen Thomas und ich den Turm, nicht um der dunklen Gründe Willen, um derentwegen er errichtet worden war, sondern um die Aussicht von dort oben zu genießen.
Anschließend zeigte uns Kay "trocken" die Funktionsweise des Trapiche. Ein Trapiche ist eine Mühle zum Auspressen von Säften, hier eine Zuckerrohrpresse. "Trocken", weil kein Personal mehr anwesend war und nur noch bereits ausgepresstes Zuckerrohr hier herumliegt.
Der nächstfolgende Stopp ist am Aussichtspunkt Loma del Puerto, wo man nach Süden hin das Meer, nach Norden hin das Zuckermühlental sehen kann.
Die nächsten Nächte verbringen wir in Trinidad, der Stadt der Dreifaltigkeit. Meiner persönlichen Meinung nach von den Städten Kubas, die wir kennenlernten, die schönste.
Abends gingen wir im Bistro Trinidad - einem hübschen Restaurant - speisen, wo wir auf der Dachterrasse unser Nachtmahl genossen.

Dienstag, 28.1.2020 – Ausflug in die Sierra de Escambray


Die Sierra de Escambray erstreckt sich nahe Trinidads in ost-westlicher Richtung. Wir fahren bis zum Kurhotel, so der deutsche Name eines ehemaligen und wiederinstallierten Lungensanatoriums. Hier steigen wir auf einen LKW um, gemeinsam mit einer zweiten deutschen Gruppe. Unser Naturführer ist Yaziel, kurz „Yaz". Unser erster Halt ist ein Café, an dem Yaz uns die Kaffeeproduktion erklärt. Natürlich trinken wir hier auch einen Kaffee.
Die beiden Gruppen besteigen wieder den LKW und bei einer Kaffeeplantage steigen wir aus. Der Reiseleiter der anderen Gruppe hat es eilig und eilt mit seinen Leuten davon. Wir treffen sie nicht wieder.
Yaz erklärt uns, dass Kaffee am besten im Schatten anderer Bäume wächst, die Kirschen - Arabica oder Cruda - werden geerntet, wenn sie gelb oder rot sind, dann dem Fermentationsprozess unterworfen.
Bei einem Bauern kauft Eberhardt Travel rote Bananen, weil viele von uns keine roten Bananen kennen und neugierig sind. Pro Traube nimmt der Bauer mir 1 CUC ab. Drei Trauben, insgesamt 18 Bananen, genug für uns, Yaz und unseren Busfahrer Morfi.
Es geht in den tropischen Wald und tatsächlich bekommen wir einen Tocororo zu Gesicht, den Nationalvogel Kubas! Leider im Gegenlicht. Da ich mir den Namen Tocororo nicht merken kann, nenne ich ihn - wissentlich - falsch Todoroto (= "alles kaputt"). Wir erreichen den Rocío-Wasserfall, wo Yaz uns ein Baumrattennest zeigt. Wir hätten die Nagetiere übersehen, aber Yaz benutzt unsere Kameras, um die Tiere für uns heranzuzoomen.
Auch Colibris sehen wir immer wieder.
Bald erreichen wir einen weiteren Wasserfall mit einer Lagune, wo man baden kann. Hier treffen wir eine andere Gruppe, ich denke zunächst, dass es sich um die vorgeeilte deutsche Gruppe handelt. Mitnichten, es sind Kanadier, die gerade im Aufbruch begriffen sind. Nur Anette, Gudrun und Joachim trauen sich außer dem Reiseleiter ins kühle Nass.
Nach ca. 30 Minuten (geschätzt) geht es weiter durch den Wald, an ein paar Bauernhöfen vorbei, bis wir unser Restaurant erreichen. Auch hier keine Spur mehr von der anderen deutschen Gruppe. Wir essen ein spätes Mittagessen und fahren dann wieder zurück zum Kurhotel. Unterwegs halten wir noch am Verkaufsstand einer Bäuerin an, die die Erzeugnisse der Sierra de Escambray veräußert.
Als wir in Trinidad zurück sind, erfahren wir, dass gegen 14:10 die Erde gebebt hat, irgendwo zwischen Kuba und Jamaica. In ganz Kuba soll das Beben zu spüren gewesen sein, aber von uns hat keiner etwas davon mitbekommen. Da Kay einige Leute aus unserem Hotel gut kennt, erfahren wir, dass der Hotelpool übergeschwappt ist. Aus Dtld. kommen besorgte Nachfragen und Tsunamiwarnungen, dabei hat Kuba die Tsunamiwarnung längst zurückgezogen.
Für den Abend besuchen wir das Restaurant La Piedra in einem Fischerdorf bei Trinidad. Das Restaurant ist gut, nur spielt hier ein etwas nerviger Musiker, der zwar seine Gitarre zu zupfen weiß, aber aus fröhlichen Liedern traurige Schmonzetten macht. Unser Busfahrer Morfi, grundehrlich in Mimik und Gestik, fasst sich kopfschüttelnd an die Stirn...

Mittwoch, 29.1.2020 – Trinidad bis Cienfuegos


Der Tag startete mit der längst überfälligen - schließlich hatten wir jetzt zwei Nächte hier   übernachtet - Besichtigung Trinidads. Wir begannen unseren Rundgang an der Plaza de Santa Ana, wo die gleichnamige Kirchenruine steht. Am Céspedes-Park bogen wir zunächst zur Wechselstube ab, um dann von dort aus wieder ins Stadtzentrum zu streben. Am Palacio de Cantero gingen wir vorbei, um die Plaza Mayor, den Hauptplatz, zu erreichen. Hier steht auch die Dreifaltigkeitskirche, von der Trinidad ihren Namen hat.
Rechts neben der Kirche bewunderten wir die Bougainvillea, die an einem gelben Haus in die Höhe wuchs.
Magisch zogen uns die rhytmischen Geräusche des Palenque de los Congos Reales an, einer Tanzschule, wo gerade geprobt wurde. Im Gebäude gegenüber begegneten wir zum ersten, aber nicht letzten Mal dem deutschen Forschungsreisenden Alexander von Humboldt, der auch als zweiter Entdecker Kubas gilt. Hier hatte er vor etwa 200 Jahren residiert.
Im Museo Romántico schauten wir uns das Stadtleben der Zuckerbarone aus dem Valle de los Ingenios an. Sogar eine Art Kühlschrank hatte man, ganz ohne Energieverbrauch (aber dafür dürften die Düfte der Lebensmittel durch Salon und Speisezimmer gezogen sein).
Jetzt ging es in Richtung des alten Franziskanerkonvents, der heute ein Museum unterhält, welches den Kampf gegen die "Banditen" thematisiert, gemeint sind Konterrevolutionäre, die nach 1959 den bewaffneten Kampf gegen den Castrismus aufrecht erhielten. Der Turm des Konvents ist auch auf der 10 Centavos-Münze abgebildet. Wir schwenkten dann aber ab, um uns einen Canchánchara - wir reisten ja "Rum" - zu genehmigen.
Der Canchánachara soll während der Guerra de Mambíses entstanden sein. Ein Mambí ist ein kubanischer Freiheitskämper. Der Canchánchara besteht aus Rum (oder einer alternativen Spirituose), Honig und Limettensaft. Er wird warm oder kalt serviert und gilt als medizinisch wirksam: Der Rum desinfiziert und wärmt, der Honig desinfiziert und der Limettensaft gibt Vitamine.
Kay entließ uns in die Freizeit und wir trafen uns etwa eine Stunde später erneut in einem Restaurant, wo wir die Gelegenheit hatten, ein Sandwich zu essen. Hier spielte eine Gruppe den Son Cubano, den man auf Kuba allerorten hört. Aber während die meisten Bands die Evergreens "Guántanamera", "Quizás, quizás, quizás", "Comandante Che Guevara" und "Chan Chan" zum Besten geben, spielte die fünfköpfige Truppe hier mit Kontrabass, Gitarre, Klarinette, Trommeln, Rasseln und vierstimmigem Gesang keines dieser Lieder, was von uns positiv kommentiert wurde. Ja, selbst sie nerve es, wenn immer nur die gleichen Lieder gespielt würden, meinte eine der Sängerinnen, als sie das Geld einsammelte.
Nach dem Mittag verließen wir nun Trinidad und fuhren in Richtung Cienfuegos. Bei der Ortschaft Pepito Tey hielten wir am botanischen Garten von Cienfuegos. Der botanische Garten gehörte von 1901 bis zur Revolution bzw. sogar bis 1961 der Harvard University. Zuvor hatte ein ansässiger Zuckerbaron (Edwin F. Atkins) ihn eingerichtet, um Nutzpflanzen zu testen, die mit Zuckerrohr harmonierten.
Einer der Botaniker führte uns durch den Garten, zeigte uns Kapok-Bäume, Paranüsse, Ficus, Bambus und diverse Palmen, u.a. eine Fächerpalme aus Sri Lanka (Corypha umbraculifera), deren Blätter mit zu den größten Palmblättern der Welt gehören, oder Hibiskus-Bäume.
Cienfuegos erreichten wir am Nachmittag. Durch eine Fußgängerzone spazierten wir zu unserem, direkt hinter Kathedrale und Hauptplatz gelegenem Hotel, wo Morfi bereits mit dem Bus auf uns wartete.
Nach dem Check-In im Hotel nutzten einige die Zeit die Stadt zu erkunden und fanden dabei ein kleines Café, dass von einem deutsch-kubanischen Ehepaar betrieben wurde, nach dem Abendessen kehrten sie mit weiteren Mitreisenden dorthin zurück.

Donnerstag, 30.1.2020 – Der kleine Bruder von Phil Collins


Zunächst liefen wir einmal um den Block, denn unser Hotel lag ja mit dem Rücken direkt an der Kathedrale und somit direkt am Hauptplatz von Cienfuegos. Hier besuchten wir das Tomás Terry-Theater, mit seinem tollen Deckenfresko.
Anschließend fuhren wir in Richtung des Palacio de Valle, der so nach seinem Erbauer heißt. Der Palast ist ein wilder Mix aus verschiedenen Stilen des Historismus. Die Eingangshalle ist der Alhambra in Granada nachempfunden, einschließlich des Nasriden-Mottos "Wa la ghalib ila Allah - es gibt keinen Sieger außer Allah" - durchschreitet man weitere Räume, gelangt man über das gotische Mittelalter in einen römischer Achitektur nachempfundenen Raum.
Auf der Dachterrasse genossen wir den Blick über die näheren Teile von Cienfuegos und seine Bucht, auf deren anderen Seite die Ruine eines seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion unfertigen Atomkraftwerks, welches nie in Betrieb gegangen ist. Hier tranken wir einen Ron Collins, einen Cocktail, der rein technisch als Mojito ohne Minze zu beschreiben ist. "Ron Collins, ist das der kleine Bruder von Phil Collins?" kalauerte Thomas.
Anschließend spazierten wir noch ein wenig an der Uferpromenade von La Punta de Cienfuegos entlang, bevor wir mit dem Boot ein wenig in der Bucht von Santiago herumfuhren, wobei wir auch ein paar Pelikane beobachten konnten.
Auf dem Boot bekamen wir - mal wieder - Cocktails angeboten, die es wirklich in sich hatten. Das meinte nicht nur ich, auch andere fanden, dass "der knallt".
Anschließend fuhren wir wieder mit unserem traditionellen Transportmittel, dem Bus. Bot sich auch an, weil es ins Landesinnere ging: Nach Santa Clara.

...toda Santa Clara se despierta para verte...

("...ganz Santa Clara erwacht, um dich zu sehen...", Textzeile aus dem Lied "Comandante Che Guevara", Carlos Puebla 1965)
Keine Stadt auf Kuba ist so eng mit Che Guevara verbunden, wie Santa Clara. Das illustriert z.B. das eingangs zitierte Lied von Carlos Puebla, in dem es u.a. um die Eroberung Santa Claras und des gepanzerten Zuges durch die von Che Guevara angeführte Rebellenkolonne ging. Die Eroberung des Panzerzuges durch die Rebellen beendete Anfang 1959 das Batista-Regime, denn der floh als Reaktion mit dem Staatsschatz ins Ausland. Che Guevaras Coup in Santa Clara beendete also den Bürgerkrieg. Hier baute man 1988 das "Conjunto Escultórico Memorial Comandante Ernesto Che Guevara", also den Skulptorischen Erinnerungskomplex an den Kommandanten Ernesto Che Guevara. Seit 1997, seitdem der mexikanische Biograf Che Guevaras den Ort seiner Verscharrung herausfinden konnte und kubanische Experten ihn und seine Mitstreiter im bolivianischen Regenwald exhumierten und nach Kuba verbrachten, befindet sich hierin auch das Mausoleum Che Guevaras und seiner in Bolivien mit ihm kämpfenden Gefährten, einschließlich - als einziger Frau - der Deutschargentinierin Tamara Bunke.
Auch auf nichtmilitärischem Gebiet ist Ernesto Guevara mit Santa Clara verbunden, denn er versuchte als Wirtschaftsminister Kubas 1964 in Santa Clara verschiedene Fabriken (Textilien, Tabak, Aluminium) zu etablieren und die Industrialisierung Kubas von hier aus voranzutreiben.
Zunächst schauten wir uns das Grabmal und das Museum im Innern des Komplexes an. Da hier Kameras nicht erlaubt sind, ließen wir diese zunächst im Bus und kehrten später mit den Kameras wieder. Doch schon als wir noch auf dem Weg zum Mausoleum waren, holten Soldaten die große Flagge ein, die neben dem Mausoleum wehte: Dunkle Wolken von Norden kündigten einen Sturm oder zumindest starken Regen an. Als der Regen einsetzte, brachen wir unseren Besuch des Denkmals ab und fuhren noch eben am Tren Blindado, dem Panzerzug vorbei, der heute als Denkmal neben der Eisenbahnlinie in der Stadt steht. Dann ging es ins Hotel Los Caneyes, so benannt nach dem zur Zeit der Conquista hier lebenden Indianervolk.
Das Hotel lag etwas außerhalb der Stadt und während die einen sich auf ihren Zimmern ausruhten oder am Pool ein Bier tranken und Kontakt mit der Heimat aufnahmen oder schwammen, begab sich der Reisebegleiter und Verfasser dieser Zeilen erneut in die Richtung des Che Guevara-Denkmals (ca. zweieinhalb Kilometer), um es bei besserem Wetter zu fotografieren.
Abends besuchte uns Kays Frau Jenny, die hier in Santa Clara lebt, auch um nach dem Abendessen einer im Hotel stattfindenen Modenschau beizuwohnen.
Die Innenstadt von Santa Clara schauten wir uns am kommenden Morgen an, bevor wir weiter unserer Route folgten.

Freitag, 31.1.2020 – Karibikfeeling: Tabak, Zucker, Strand und Mee(h)r


Nachdem wir Santa Clara verlassen hatten, ging es in nordöstlicher Richtung. Zuerst besichtigten wir eine Zigarrenfabrik in Camajuaní. Eigentlich hätten wir die Fabrik gar nicht besuchen können, so die Führerin, denn eigentlich seien Sie gerade im Umbau begriffen und daher nicht auf Besucher eingerichtet. Ich habe nichts von Umbau bemerkt.
Man mag ja vom Sozialismus halten was man will, ihn begrüßen oder sein Funktionieren bezweifeln, egal, hier lernten wir, wenn auch nur indirekt, einen Beruf kennen, der auf Kuba existiert und vor allem in Zigarrenfabriken (eigentlich müsste man von Manufakturen sprechen) ausgeübt wird: dem Lektor. Bei uns eher Kirchgängern bekannt, ist der Lektor in Kuba ein Posten, welcher der kulturellen Bereicherung der Kubaner dienen soll. Morgens liest der Lektor Liebesromane und dergleichen, Nachmittags wird das Weltgeschehen, Sport, Wirtschaft vorgelesen. Natürlich passiert das nicht ideologiefrei, aber wie heißt es im deutschen Liedgut? „Die Gedanken sind frei.“
Insbesondere die vorgelesenen Romane, so erfuhren wir, haben einen erheblichen Einfluss auf die Benennung von Zigarrenmarken gehabt, wie „Romeo et Juliette" oder „Monte Cristo".
Wir konnten uns anschauen, wie die Dreher ihr Handwerk verrichteten und erfuhren, dass die am Abend zuvor bis spät in der Nacht gearbeitet hatten, um ihren Jahresplan zu erfüllen, was sie dann um 1:00 nachts tatsächlich auch geschafft hätten.
Ein Gerät zum Testen der Zigarren - ob sie gut gewickelt sind, dass man einerseits ziehen kann, andererseits aber die Zigarre nicht in wenigen Zügen abbrennt - durften wir selber ausprobieren. Wir steckten einen Finger in das Gerät, und ein Gummiring schloss sich um diesen. Dann sollte keine Luft mehr durchströmen - anders als bei einer Zigarre.
Dann führte uns unsere Betreuerin in den eigentlich für Besucherführungen nicht vorgesehenen Bereich der Verpackung, was sowohl von der Verpackern mit Erstaunen zur Kenntnis genommen wurde, als auch von unserem Kay, der die Manufaktur zwar schon von vielen Besuchen kannte, aber noch nie in diesem Verpackungssektor, dem Allerheiligsten der Fabrik gewesen war.
Wir fuhren weiter und erreichten in Remedios eine ehemalige Zuckerfabrik, heute ein Museum. Nur eine Dame war heute hier, die gezwungenerweise als Faktotum fungierte - ihre Kollegin war krank.
Natürlich waren viele Gruppen an diesem Morgen in Santa Clara gestartet und deshalb waren wir bei Ankunft der fünfte oder sechste Bus. Unser Faktotum presste erst einmal drei Stangen Zuckerrohr, die über einen Klumpen Eis gegossen und durch ein Sieb gefiltert wurden. Gegen einen CUC Aufpreis konnten wir den Zuckerrohrsirup mit dem Erzeugnis des Abfallprodukts der Zuckerherstellung Melasse - was war das noch mal? Ach ja, genau... Rum! - veredeln.
Zunächst schickte sie uns zu den Lokomotiven, die meisten aus den USA, eine aber auch aus Dtld. Es handelt sich um die erhaltenen Lokomotiven der Zuckerrohrzüge von verschiedenen Zuckerfabriken aus dem 19. und auch 20. Jhdt., deren Namen auf den Loks stehen, die alle aufgegeben wurden.
Endlich führt uns unsere Kassiererin-Schrägstrich-Bardame-Schrägstrich-Museumsverwalterin-Schrägstrich-Fremdenführerin in die Fabrik.
Hier ist veranschaulicht, wie in der Vergangenheit Zucker gewonnen wurde, auch der schon bekannte Pilón taucht hier wieder auf. Aber auch andere, technisch ausgefeiltere Varianten sehen wir. In mehreren Raffinierungsschritten wird schließlich aus Zuckerrohrsaft Kristall und Melasse gewonnen.
Die eigentliche Maschine der Fabrik selbst ist natürlich riesig, in ihr wird der Extraktionsprozess durch hinzuführen von Wasser in der dritten Pressung der Caña, wie Zuckerrohr auf Spanisch heißt, noch optimiert. Und alle Abfallstoffe werden verwendet. Wenn nicht Energie als Abfallprodukt abfällt, dann zumindest gepresstes Zuckerrohrstroh als Basis für billige Möbel. Die Wiederentdeckung der Zuckerrübe in Europa führte allerdings zu einem Niedergang der karibischen und damit auch der kubanischen Zuckerherstellung. Daher wurde 1999 der Betrieb in der Fabrik eingestellt und diese in ein Museum umgewandelt. Trotzdem herrscht dort immer noch Hochbetrieb im Lastzugverkehr, denn neben ihr befindet sich der größte Tank für Zuckersirup in der ganzen Region.
Nach dem Besuch der Zuckerfabrik in Remedios erreichen wir bald den Damm, der die Cayos, die Inselgruppen, mit dem „Festland" verbindet. Obwohl erst 2000 errichtet, gibt es mehrere Baustellen. Man durchbricht den Damm und überbrückt die dadurch entstandenen Lücken, um den unterbrochenen freien Fluss des Meeres und den Verkehr der Fische zwischen den Mangroven und dem offenen Meer zu gewährleisten.
Nach etwa 50 Kilometern erreichen wir unser Hotel und erkunden nach dem Bezug unserer Zimmer Hotelgelände und Strand, ja, man hat sogar Gruppenmitglieder im Wasser gesehen. Für die nächsten zweieinhalb Tage ist das Hotel unser Zuhause.

Montag, 3. Februar 2020 – Bei Kubanern zuhause


Nach dem Ausspannen am Wasser fuhren wir hart gen Westen. Zunächst aber machen wir noch einmal in Santa Clara Halt, denn dies liegt sowieso auf dem Weg.
Eine Person meldet sich, sie müsse dringend auf die Toilette, was machen wir? Wir fahren zu Jenny, Kays Frau. Plötzlich müssen von 15 Businsassen 13 auf die Toilette. Wenn man mich fragt, so habe ich den Verdacht, dass einige einfach mal ein kubanisches Privathaus von innen sehen wollten. Heute sind wir die Attraktion, denn die Nachbarn von Kay und seiner Frau wissen zwar um Kays Beruf, aber dass Kay die "Gringos" mit nach Hause bringt, ist nicht ganz alltäglich.
Bevor es dann weiter geht, kommt die Frage, ob wir nicht noch mal am Che Guevara-Mausoleum Halt machen könnten, da wir ja nun eh in Santa Clara seien und bei unserem ersten Aufenthalt hier das Wetter ja nicht mitgespielt habe. Ja, klar, natürlich besuchen wir das Monument noch einmal.
Jetzt aber ging es erst mal viele Kilometer nach Westen. Nördlich der Schweinbucht - sie liegt noch dreißig Kilometer entfernt von uns - machten wir halt bei einem schönen Gartenrestaurant: Fiesta Campesina (Bauernfest). Hier sitzen wir unter Königspalmen, um Sandwiches zu essen. Um uns jagen Hühner und Perlhühner dem Futter hinterher, in Gehegen sehen wir Meerschweinchen (eher andin) und Baumratten. Ein Ceburind wartet darauf fotografiert zu werden und ein kubanischer Hirsch (venado cubano) steht in seinem Gehege.
Im Anschluss geht es weiter, an der Hauptstadt vorbei, nach Las Terrazas. Las Terrazas heißt das Gebiet, weil es während seiner Ausbeutungsphase, als man hier die Wälder abholzte, terrassiert wurde. Die castristische Regierung entschied sich 1971 gemeinsam mit der Unesco, das zur Mondlandschaft gewordene Gebiet wieder aufzuforsten und so ist es heute ein Naherholungsgebiet für die Habaneros, dem man erst auf den zweiten oder dritten Blick ansieht, dass es sich hier nicht um originären Regenwald handelt. Es gibt Hoffnung für die tropischen Wälder, wenn die Regierungen der hierfür maßgeblichen Länder nur wollen!
Bei Ankunft bekommen wir so etwas ähnliches wie einen Cuba Libre serviert, zusätzlich zur Cola ist hier auch Orangenlimonade mit dabei.
Wir fahren weiter ins Pueblos Las Terrazas; die Siedlung ist eine Mustersiedlung für die früher verstreut lebende Landbevölkerung der Region. Die Bauern der Sierra del Rosario wurden in diesem Dorf konzentriert, um ihnen den Zugang zu staatlicher Infrastruktur zu erleichtern, z.B. Schulen.
Heute stehen hier viele der rotholzigen Mastixbäume.
Bei María trinken wir einen Kaffee, bevor wir die Treppen zu unserem wirklich schönen Hotel hochsteigen. Abends steigen wir die Treppen wieder hinab und bekommen in einem Paladar mehr als reichlich zu essen. Okay, vier Leute kommen aus unterschiedlichen Gründen nicht mit, aber auch mit denen wäre das Essen mehr als reichlich gewesen. Paladares sind ja privat betriebene Restaurants und so hat man, wenn man in einem Paladar isst, je nachdem wie stark er ausgebaut ist, manchmal auch Einsicht in die Privaträume der Betreiber. So war das auch hier und so beendeten wir den Tag beinahe so, wie wir ihn begonnen hatten: Bei Kubanern privat zuhause.

Dienstag, 4. Februar 2020 – Über Soroa ins Valle de Viñales


Unsere erste Station am heutigen Tag war das Orquideario de Soroa, das Orchidearium von Soroa. Wenn man nun meint, hier gäbe es nur Orchideen, dann liegt man falsch. Es gab eine Vielzahl von Pflanzen, teils endemisch, teils eingeführt. Aber natürlich auch Orchideen. Wir sahen den Hibiskus der Art "Chinesische Lampe" und eine "Tintenfisch"-Orchidee, einheimische und eingeführte Orchideen. Insgesamt besitzt man hier ungefähr 700 verschiedene Arten der namensgebenden Pflanze, wovon 130 endemisch sind.
Wir sahen einen Baum, der die Eigenschaft hat, dass seine Wurzeln farblich mit den Felsen verschmelzen, auf denen er wächst, "Bromelienhotels", also besonders große, von besonders vielen Epiphyten bewachsene Bäume und "angezogene Bäume", z.B. Palmen, um deren nackten Stamm sich Rhodondendron wickelte und die "Nacktheit" bedeckte.
Eine weitere Pflanze - deren Name mir entfallen ist - kennzeichnete sich dadurch, dass die Blüte in einem eigenen Stängel aus dem Boden wuchs, unabhängig vom Haupttrieb der Pflanze.
Nach dem Ende des Rundgangs rief uns ein weiteres Ziel, dass Valle de Viñales, das Zentrum des kubanischen Tabakanbaus.

Barrigones


Unterwegs hielten mir bei Los Barrigones. Barrigón ist eine Palmenart, die in dieser Region wächst. Der Name leitet sich von „la barriga" (zu dt. ‚Bauch') ab. Anders als die auf Kuba beinahe omnipräsenten schlanken Königspalmen haben die Barringones einen bauchigen Knubbel etwa in der Stammmitte, auf halber Höhe zwischen Wurzel und Wedelkrone. Ihre Rinde ist hart, ihr Inneres weich wie Kork (und wird deshalb botanisch inkorrekt auf Kuba auch als ‚corcho' bezeichnet). Ein Kubaner zeigte einigen von uns, was man mit einer Machte und dem Stamm einer Barrigón-Palme alles machen kann. Wir fuhren nach einigen Minuten weiter in Richtung Los Jazmines.

Valle de Viñales


Los Jazmines, die Jasminblumen, so heißt ein Hotelkomplex auf einer Erhebung am Rand des Valle de Viñales, hier gibt es einen Mirador (Aussichtspunkt), der war unser Ziel. Von hier oben erhält man einen ersten Eindruck von der besonderen Landschaft des Viñales-Tals mit seinen Mogoten. Mogoten sind die typische Form eines Karstgebirges in tropischen und subtropischen Gebieten, es formen sich durch jahrmillionen der Beregnung kegelförmige Inselberge, wie es sie hier in Westkuba gibt, umgeben von einer aufgeschwemmten flachen Ebene. Diese aufgeschwemmte flache Ebene ist besonders fruchtbar und macht das Valle de Viñales zu einer landwirtschaftlich interessanten Landschaft, auch der Tabak gedeiht hier gut. Außer in der Karibik (Kuba, Puerto Rico, Dominikanische Republik) findet man Mogoten auch noch im Südchinesischen Meer (Philippinen, Vietnam, Südchina).
Bei Alberto Vitamina (welches Vitamin kann hier wohl gemeint sein? Natürlich Vitamin RRRRR!) sahen wir erst einmal zum Trocknen auf Tücher gelegte schwarze Bohnen. Hier wird das Essen noch selbst gemacht. Also nicht nur gekocht. Hier wird das Gemüse noch selbst geerntet, und das Schwein, das man zu Mittag isst, hat man beim Vornamen gekannt und selbst geschlachtet. Und das sahen wir dann auch, nicht die Schlachtung zwar, aber zwei Schweine hingen zum Ausbluten neben dem Ofen, in dem unser Spanferkel garte.
Die ganze Veranstaltung ist zwischen Show und Wirklichkeit angesiedelt, Alberto mit seinem Schnurrbart und seinem breitkrempigen Hut könnte auch gut als mexikanischer Bandit in einem älteren Hollywood-Western auftreten, inszeniert sich ein wenig im Latino-Klischee, die Machete ("das Buschmesser") trägt er auch immer an der Seite. Seine Angestellten - zum Teil gehören sie zur Familie, das sieht man an den Nasen - tragen ein Foto von ihm auf der Dienstkleidung. Man will den Gästen ein ländliches Kuba präsentieren und bewegt sich dabei an der Grenze zwischen Inszenierung und echtem Leben.
Die nächste Station war die Tabakplantage eines Bauern hier in der Region. Für viel Geld muss er die winzig kleinen Tabaksamen dem Staat abkaufen, der Staat hat das Monopol auf Tabaksamen. Ob es sich um Hybridsamen handelt, welche die Bauern bekommen, um nicht ihre eigenen Samen zu züchten, weiß ich nicht. Von ihrer Ernte müssen die Tabakbauern 80 % an die staatlichen Zigarrenfabriken abgeben, die restlichen 20 % dürfen sie verkaufen. Das klingt nach viel, aber wirklich unzufrieden wirkte unser Bauer nicht. Er erklärte uns die Ernte, dass man die oberen Blätter von der Pflanze schon vor dieser entfernte, damit die Pflanze mehr Kraft in die unteren Blätter geben würde und zeigte uns, wie man eine Zigarre dreht. Thomas drehte auch selbst eine - wohl gar nicht so schlecht - ob die zog, weiß ich nicht, wir hatten ja nicht das Gerät hier, welches wir in der Tabakfabrik kennengelernt hatten, um das zu überprüfen.
Als vorletztes stand eine kurze Wanderung auf dem Plan, die wir durch die Felder unternahmen, hierbei sahen wir auch eine ein wenig wie Mangold ausschauende Pflanze, die wir zuvor beim Mittagessen als Chips serviert bekommen hatten, wie Kay uns erklärte. Wir liefen an verschiedenen Tabakscheunen vorbei, die stets mit Palmwedeln gedeckt sind und in denen die auf Bindfäden und nach Typ aufgezogenen Tabakblätter über Stangen gehangen werden und trocknen. Palmwedel sollen für das richtige Klima sorgen: Einerseits sollen sie die Sonne und den Regen erfolgreich fern halten von den Tabakblättern, zum anderen aber auch Luftzirkulation gewährleisten.
Auf den Äckern sahen wir Ochsenpaare (Cebu-Rinder), die vor ihren Pflug gespannt geduldig auf den Bauern warteten, dass er den Acker weiterpflüge. 
Gegen Abend verließen wir das Viñales-Tal und erreichten die kubanische Hauptstadt nach Sonnenuntergang.

Mittwoch, 5. Februar 2020 – La Habana


Havanna (int.) bzw. La Habana (span.) ist mit 2,2 Millionen Einwohnern nicht nur die Haupt- sondern auch die größte Stadt Kubas, etwa vier mal größer als die zweitgrößte Stadt Santiago de Cuba, die auf knapp über eine halbe Millionen Einwohner kommt.

Der Kolumbus–Friedhof


Unser erstes Ziel war - genau wie in Santiago - der Friedhof. Der Cementerio Cristobal Colón (Kolumbus-Friedhof) ist größer als der Santa Ifiguenia-Friedhof in Santiago und - obwohl er vielleicht - aus politisch-historischer Sicht - nicht so wichtige Grabbauten hat - beeindruckender. Neben den Grabmalen ist auch die Infrastruktur des Friedhofs erstaunlich: die Besucher des Friedhofs können sich über vierspurige Straßen über den Friedhof bewegen.
Neben der Friedhofskapelle, der wir einen kurzen Besuch abstatteten, sahen wir eine Menge Grabmale, die pyramidal geformt oder byzantinischen oder toskanische Kirchen nachempfunden waren. Bei einem mit Figurensymbolik vollgestopften Grabmal der Feuerwehr Havannas gedachten wir eines Ereignisses des Jahres 1890, bei dem Feuerwehrleute in ein brennendes Warenlager eilten, um es zu löschen, ihnen aber durch den Besitzer nicht mitgeteilt worden war, dass sich im Keller ein Öllager befand. Dieses war nämlich illegal angelegt. 28 Männer kamen bei der unvermeidbaren Explosion ums Leben.
Auf der anderen Seite der vierspurigen Friedhofsstraße lag das Grab der Milagrosa (der Wunderbaren, wobei die Betonung hier auf Wunder liegt). Es handelte sich dabei um eine junge Frau, die zusammen mit ihrem Kind bei der Geburt verstarb. Angeblich soll man der jungen Mutter das Kind zu Füßen gelegt haben, als man aber dreizehn Jahre später die Gruft öffnete, um die Knochen zu sortieren, sollen der unverweste Körper des Babys in den Armen seiner unverwesten Mutter gelegen haben, man schloss das Grab wieder und hat es bis heute nicht geöffnet.
Heute ist das Grab ein Zentrum der Pilgerschaft junger Kubanerinnen, die La Milagrosa um Beistand beim Kindkriegen erbitten wollen. Dabei drehen sie der "Heiligen" niemals den Rücken zu, sondern entfernen sich vom Grab diesem zugewandt rückwärts. Dies soll auf den Witwer zurückgehen, der bei seinen täglichen Besuchen am Grab seiner verstorbenen Ehefrau niemals den Rücken zuwandte. Bis heute ist das Grab der Milagrosa aufgrund der Pilgerschaft dorthin immer mit Blumen geschmückt.
Auf die Frage hin, ob man in Havanna die Gräber der Veteranen der Bewegung des 26. Juli nicht kennzeichne, weil man doch in Santiago recht häufig die mit den Flaggen der Bewegung und Kubas geschmückten Gräber sehe, hier in Havanna aber nicht, bemerkte Kay, dass das wohl eher an der Größe des Friedhofes liege, hier in Havanna würden sich die Gräber der Veteranen eher verteilen.


La Habana Vieja - Alt-Havanna


Wir fuhren jetzt weiter nach Alt-Havanna, zunächst zum Barcadi-Turm, wo Rebekka von Senses of Cuba sitzt. Rebekka ist eine ehemalige Mitarbeiterin von Eberhardt-Travel und war unsere Ansprechpartnerin bei dieser Tour, gewissermaßen Kays Chefin. Wie der Zufall so wollte, waren Knut und Elke mit Rebekka auf deren letzter Tour für Eberhardt Travel auf Island gewesen. Die im Barcadi-Turm residierende Rebekka brachte uns nun Flaschen von Havana Club (Añejo Especial), die wir im Bus verteilten.
Dann fuhren wir direkt weiter zum Franz von Assisi-Platz bei dem gleichnamigen Konvent, der heute als Konzerthalle (die ehem. Kirche) bzw. Museum (die Wohngebäude des Konvents) benutzt wird. Von hier aus liefen wir weiter zum Humboldt-Platz, wo sich auch der deutsche Club befindet, sinnigerweise in einem Haus, in dem auch der Forschungsreisende Alexander von Humboldt, der "zweite Entdecker Kubas", vor gut 200 Jahren residierte.
Kay erhielt hier einen Anruf, dass ich im Hotel benötigt würde, und so riefen wir den Bus heran, der mich ins Hotel brachte, wohingegen Kay mit dem Rest der Truppe weiter die Altstadt Havannas unsicher machte. Ca. 45 Minuten oder eine Stunde später trafen wir uns an der Plaza de Armas wieder. Gemeinsam besuchten wir das Stadtmuseum mit einer Kolumbus-Statue aus echtem Carrara-Marmor. Kolumbus' Mutterland Italien hatte Kuba diese Statue geschenkt, als man feststellte, dass es auf Kuba keine einzige Darstellung seines Entdeckers gab.
Das Stadtmuseum befindet sich im kolonialen Palast der Generalkapitäne von Kuba. Dieses Amt an der Spitze einer kolonialen Provinz entsprach den Vollmachten eines Vizekönigs, allerdings nicht dem Rang. Anschließend besuchten wir die Kathedrale, in der sich auch eine zeitlang die sterblichen Überreste von Kolumbus befunden hatten, der zunächst in Valladolid, dann in Sevilla (beides in Spanien), dann in Santo Domingo und schließlich bis 1898 in der Kathedrale von Havanna (un)ruhte; zumindest Teile des Entdeckers wurden dann, als Kuba unabhängig wurde, nach Spanien transferiert, wo sie heute unter einem großen Katafalk in der Kathedrale von Sevilla aufbewahrt werden.
In der Bodega del Medio taten wir es Hemingway nach und genehmigten uns einen Mojito, bevor wir unser Mittagessen in der Casa de la Moneda einnahmen.


Oldtimerrundfahrt


Nach dem Mittagessen wechselten wir das Verkehrsmittel und begannen unsere Oldtimertour durch Havanna. Wir umrundeten die Altstadt in südöstlicher Richtung, um dann zum Revolutionsplatz zu fahren.
Hier am Revolutionsplatz steht ein im Fundament sternförmiger Turm zu Ehren von José Martí, dessen Statue in nachdenklicher Pose vor dem Bauwerk kniet. Auf der anderen Seite des Platzes hängen an den Fassaden des kubanischen Innenministeriums und des Informationsministeriums die Konterfeis von Ernesto Guevara ("Hasta la victoria siempre") und Camilo Cienfuegos ("Vas bien, Fidel"). Besonderes Augenmerk bei unserer Gruppe erfuhr allerdings eine propere Dame, die sich mutig gekleidet hatte. Immerhin längsgestreift.
Noch mal vorbei am Friedhof erreichten wir das Denkmal des 1919 ermordeten mexikanischen Bauernführers Emiliano Zapata, danach fuhren wir in den Wald von Havanna (Bosque de la Habana), den Parque Metropolitano am Río Almendares. Die Bäume hier sind mit Vorhängen aus Pflanzen behangen, die dem Wald eine mystische Aura verleihen.
Wir statteten noch John Lennon einen Besuch ab; der Musiker sitzt dort jeden Tag auf einer Bank in einem Park, in dem sich die Rockmusikfans Havannas gerne treffen. Er machte zwar Platz, war aber nicht besonders gesprächig. Da er regelmäßig seine Brille verliert, springt hier mittlerweile eine staatlich vergütete Dame herum, deren Aufgabe es ist, wenn John Lennon Besucher bekommt, ihm diskret seine Brille zu reichen.


Tropicana


Nach ein wenig Pause zum Frischmachen im Hotel, fuhren wir zunächst zum Abendessen und anschließend mit 11/15 Personen zur Tanz- und Akrobatikshow Tropicana. Wir waren mit eine der ersten Gruppen, die dort eintrafen und bekamen einen Platz seitlich der Bühne. Ein Kammermusikkreis spielte ein wenig Musik und allmählich füllte sich der Garten, in dem die Revue seit 1939 stattfindet.
Dann begann das Spektakel: Tanz, Akrobatik, Erotik und Gesang. Und man muss wirklich sagen: Die Tänzerinnen und Tänzer hatten wirklich keinen Gramm Fett zuviel am Leib! Teilweise erzählten sie mit ihren Tänzen eine Geschichte, wie die der nach Kuba entführten afrikanischen Sklaven, einer Liebe zwischen einem Sklaven und einer Sklavin und dem Kampf zwischen dem Liebhaber und dem Vergewaltiger.
Wir verließen den Ort mit als eine der letzten Gruppen und spät in der Nacht kamen wir zurück ins Hotel, wo wir uns noch einen Cuba Libre genehmigten.


Donnerstag/Freitag, 6./7. Februar - Abschied von Kuba


Der letzte Tag unserer Reise stand uns weitgehend zur freien Verfügung. Während einige in die Altstadt liefen - entweder am Malecón entlang oder aber quer durch, dabei die wirklich heruntergekommenen Viertel Havannas sehend - fuhren andere mit dem Hop on-hop off-Bus, um noch mal die eine oder andere Sehenswürdigkeit zu sehen, die wir am Vortag vielleicht noch nicht gesehen hatten oder der wir uns vielleicht noch intensiver widmen wollten. Ich z.B. bestieg den Turm zu Ehren José Martís am Revolutionsplatz und fuhr danach mit dem Umweg über die Hotelroute (also weit weg vom Stadtzentrum!) noch mal ins Stadtzentrum.
Abends holte Kay uns im Hotel ab - außer die beiden, die sich nach Varadero verabschiedet hatten - und brachte uns zum Flughafen. Nach weitgehend ruhigem Flug erreichten wir Frankfurt und zerstreuten uns von hier aus auf die Anschlussflüge nach Dresden und Leipzig bzw. ans Kofferband.

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