Reisebericht: Singlereise: Moskau und das Naturwunder Baikalsee

28.08. – 11.09.2016, 11 Tage Russland–Singlereise mit Moskau – Irkutsk – Listwjanka – Baikalbahn – Insel Olchon – Insel Ogoj – Ust Orda


  Bildergalerie   Druckversion (PDF)   Kommentare
 
Einmal im Leben an den schönsten See der Welt reisen - dieser Traum ging für eine kleine Gruppe abenteuerhungriger Eberhardt Gäste in Erfüllung. Mehr als einaml sagten wir GUTEN MORGEN VÄTERCHEN BAIKAL...
Ein Reisebericht von
Sabine Letzybyll
Sabine Letzybyll

1. Tag: Sonntag, 28.08.2016 Berlin – Moskau

Kurz vor acht trifft sich unsere kleine Reisegruppe am Flughafen Schönefeld. Wir müssen unsere Koffer durch die Sicherheitsschleuse schicken bevor wir einchecken können. Die Plätze für die Gruppe sind reserviert, dadurch sitzen wir alle recht dicht beieinander. Nach gut zwei Stunden sind wir bereits in Moskau. Am Einreiseschalter werden wir kurz kontrolliert, bekommen unser Einreiseformular, fertig. Am Ausgang wartet Valentina, unsere örtliche Reiseleiterin für die nächsten zwei Tage. Das Transferauto ist relativ klein, trotzdem passen wir zusammen mit unseren Koffern hinein. Valentina beginnt bereits auf dem Transfer uns ihre Stadt vorzustellen. Wir sind neugierig auf Moskau. Zunächst aber bringen wir unsere Koffer ins Hotel, dann geht es zu Fuß durch die Stadt. Ziel ist u.a. die Christi Erlöserkirche. Ein weißes Gotteshaus mit glänzenden goldenen Kuppelchen. Mit einer Höhe von 103 Metern ist die Christi Erlöserkirche eines der höchsten sakralen Bauwerke der Welt. Ein besonderes Erlebnis erwartet uns. Da heute ein kirchlicher Feiertag ist, hält der höchste Patriarch der russisch-orthodoxen Kirche, Kyrill I. hier einen Gottesdienst. Wie in einem russischen Märchen sind der Patriarch und seine Priester gekleidet. Hellblaue Mäntelchen mit silbernen Muster. Und singen können die! Fantastisch. Kein Wunder, dass so viele Leute hier sind. Bald aber müssen wir zurück zum Hotel, kurzes Händewaschen und schon geht es weiter zum Abendessen. Jetzt ist unsere Gruppe vollständig, denn Toni aus München ist ebenfalls im Hotel angekommen. Wir laufen zum Quartier Nr. 44. In einem echten russischen Wohnzimmer sind wir zu einem Gala-Dinner eingeladen. Immer wieder werden Speisen gereicht, obwohl der Tisch schon voll war als wir kamen. Salate, Pasteten, Lachs, Schaschlik und wieder Salat. Wir sind kurz vorm Platzen. Ein Gläschen Wodka gibt's von Eberhardt zur Verdauung und für die Vorstellungsrunde. Anschließend müssen wir uns unbedingt noch die Füße vertreten. Wir laufen zum Roten Platz und erleben die wundervoll beleuchteten Gebäude. Moskau verabschiedet sich von uns in dieser Nacht mit einem Feuerwerk. Was für ein Auftakt für unsere abenteuerliche Reise.

2. Tag: Montag, 29.08.2016 Moskau – Irkutsk

Der Tag beginnt mit einem gemütlichen Frühstück, gefolgt von einem Spaziergang zum Neuen Arbat. Wir erobern Moskau zu Fuß. Vorbei an hohen Wohnhäusern zwischen denen sich eine kleine Kirche mit grünen Zwiebelchen duckt, geht es bei schönstem Sonnenschein durch die Stadt. Hier eine bemalte Wand, dort ein blumengeschmückter Bogen, ein Souvenirgeschäft am anderen lockt uns, aber Valentina treibt uns an. Sie hat viel vor mit uns. Nun geht es in den Untergrund. Valentina hat die Fahrkarten gekauft und schleust uns durch die Schranke. Mit der Rolltreppe geht es steil Berg ab. Valentina ruft uns laut zu, wieviele Stationen wir fahren und wann wir wieder aussteigen müssen. Ein U-Bahnhof ist schöner als der andere. Ein Traum für jedes Fotografenherz. Irgendwann fahren wir wieder mit der Rolltreppe steil bergauf und sind in der Nähe vom Roten Platz. Wir spazieren durch das GUM, das allseits bekannte Kaufhaus Moskaus. Selbst die Toilette lädt zum Fotografieren ein. Der Rote Platz ist gesperrt. Es findet derzeit ein Musikfestival statt und große Tribühnen sind aufgebaut. So können wir Kreml und Basiliuskathedrale nur von Weitem bewundern. Valentina scheucht uns durch das Auferstehungstor Richtung Wachablösung, die wir auch pünktlich erreichen. Weiter geht es zum Pferdespringbrunnen am Alexandergarten und zum Mittagessen in einem ukrainischen Restaurant. Das Essen schmeckt hervorragend, wenn auch der schmucke Kellner nicht bereit ist, sich für unsere Fotoalben ablichten zu lassen. Am Nachmittag bewundern wir die Stadt noch einmal von der Wasserseite aus. Eine Schifffahrt auf der Moskwa rundet den Tag ab. Noch einmal wird der Tisch für uns reichlich gedeckt und dann fahren wir mit der Bahn zum Flughafen. So vermeiden wir es, in den Feierabendstau zu geraten und gemütlich ist es auch. Am Flughafen verabschieden wir uns von Valentina. Über Nacht fliegen wir nach Irkutsk. Baikalsee - wir kommen.  

3. Tag: Dienstag, 30.8.2016 Irkutsk

Frühmorgens kommen wir in Irkutsk an. Nach 5 Stunden plus 10 Minuten Flug etwas müde. Tanja erwartet uns bereits am Ausgang. Sie ist unternehmungslustig und freut sich auf einen schönen Tag mit uns. Gemeinsam holen wir das Gepäck (Achtung! Abschnitt aufheben!) und verstauen es im Gepäckbus. Wir Gäste quetschen uns in einen zweiten Bus, der ist so klein, trotzdem sind zwei Plätze frei. Zunächst bringen wir das Gepäck ins Hotel. Da wir kein Frühstück hatten, bringt uns Tanja zunächst in ein überraschend modernes Kaffee. Wer ahnt denn schon, dass es geschlagene zwei Stunden dauert, bis der letzte sinen Kaffee hat? Mit unserem Bus fahren wir nun durch Irkutsk. Erste Station: das Ewige Feuer. In 21 Städten Russlands brennt das Ewige Feuer, das an die Gefallenen des 2. Weltkriegs erinnert. Hier wurde es am 9. Mai 1975 entfacht. An besonderen Tagen halten irkutsker Schüler hier eine Ehrenwache. Auf den Granitplatten liegen (immer) frische Blumen. Wir besuchen die Erlöserkirche, die 1672 zum ersten Mal an diesem Platz errichtet wurde. Während der Sowjetzeit war die Kirche geschlossen, aber das Gebäude blieb erhalten. Von 1970 bis 1980 wurde die Kirche restauriert. Anschließend besuchen wir die polnische Kirche. Der Name kommt daher, dass polnische Verbannte die Kirche von ihren Spenden errichten ließen. In Polen gilt dies Kirche als polnisches Kulturerbe. Am Denkmal für den Kosakenführer Jakow Pochabow berichtet uns Tanja von der Geschichte Irkutsks. Das Land, auf dem sich die heutige Stadt befindet, wurde 1661 von eben genanntem Kosakenführer entdeckt und besiedelt. Etwa einhundert Jahre später enststand die erste Straße nach Moskau. Über diese wurde der Handel mit den Schätzen Sibiriens und Chinas abgewickelt, wodurch sich die Stadt elementar veränderte. Die nach Irkutsk verbannten Politischen trugen dazu bei, dass sich die Stadt zu einem kulturellen und wissenschaftlichen Zentrum entwickelte. Von der Geschichte der Stadt erfahren wir dann noch einiges bei einer ausgiebigen Führung durch das Heimatmuseum. Den Abend verbringen wir mit einem romantischen Spaziergang bei Sonnenuntergang an der Angara. Hier lassen wir uns auch das leckere russische Eis schmecken.

4. Tag: Mittwoch, 31.08.2016 Baikalbahn

Oh Gott! Fünf Uhr Aufstehen. Das ist definitiv zu früh. Frühstück gibts auch nicht, aber Verpflegungsbeutel. Um sechs fahren wir zum Bahnhof, 6.48 Uhr fährt der Zug los. Wir fahren mit der Baikalbahn. 1. Klasse. Außer uns noch gefühlte eine Million Chinesen. Diese fahren allerdings in den Wagen der 2. oder 3. Klasse. Leider gibt es keine russischen Mütterchen mit flügelschlagenden Hühnern, die man in ein Freundschaftsgespräch verwickeln könnte. (So hatte ich mir das irgenwie vorgestellt). Es ist eben heute ein Touristenzug. Nun dann muss Elena dran glauben, denn sie verantwortet die zugansässige MITROPA oder wie auch immer heutzutage die Gastwirtschaft in einem russischen Zug heißt. Elena versorgt uns mit Kaffee und geräuchertem Omul und bekommt dafür ein freundliches Spassibo von uns. Gegen Mittag erreichen wir Sludjanka. Auf dem Bahnsteig befindet sich eine Büste von Michail Iwanowitsch Chilkow. Hinter dem Bahnhof eine kleine Kirche. Der Zug setzt jetzt seine Fahrt fort, immer am Ufer des Baikalsees entlang. Abenteuerlich sind die Ausstiege an den Fotostopps. Über eine Trittleiter, die vom Zugpersonal vor dem Umkippen geschützt wird, klettern wir mehr oder weniger geschickt aus dem Zug. Einen Stopp legen wir zum Beispiel in Kirkirei am Tunnel Nummer 18 ein. Hier wurden 1904 der östliche und westliche Streckenabschnitt der Transsibirischen Eisenbahn verbunden. Im Zug ist jetzt ein junger Mann unterwegs, der Zedernmilch verkauft. Diese wurde aus den Kernen der Zedernzapfen hergestellt, ist in Sibirien beliebt und auch sehr gesund. Ich bestelle drei Flaschen, so dass jeder einmal kosten kann. Schmeckt wie mit Wasser gekochter Kakao mit Nebengeschmack. An der Station Polowinaja gibt es Mittagessen. Unsere Gastgeberin ist sehr bemüht, alle Zugreisenden schnell zu bedienen. Als wir sie darauf aufmerksam machen, dass an einem Tisch noch ein Tellerchen Suppe fehlt, reagiert sie recht unwirsch, so nach dem Motto - ja ja, wartet doch mal ab, ich komme ja schon. Zum Glück habe ich ein kleines Souvenir dabei, das ich ihr gebe und schon lächelt sie wieder ganz versöhnlich und schenkt mir ihrerseits drei Zedernzapfen. Und schon ist die deutsch-russische Freundschaft wieder hergestellt. Nach einer Stunde fahren wir weiter. Am Bahnof Port Baikal erwartet eine kleine Musikgruppe in traditioneller Kleidung die Zuggäste. Sofort sind sie von Chinesen umringt. Kaum gelingt es uns, mitzumischen. Nur Chris und Christine lassen sich nicht abhalten und tanzen fröhlich mit. Dann geht es weiter zur Fähre, wir sind noch immer nicht da. Ab Listwjanka sind es noch ca. 1,5 Kilometer zu Fuß bis zu unserem Quartier. Müde, aber glücklich erreichen wir Krestowaja Pad. Ein schönes Hotel mit vielen Treppen.

5. Tag: Donnerstag, 01.09.2016 Listwjanka


Am Vormittag besuchen wir als erstes die Swjato-Nikolski-Kirche. Kaufmann Xenofont Serebrjakow war im 19. Jahrhundert mit einem Schiff auf dem Baikalsee unterwegs als er in ein großes Unwetter geriet. Voller Inbrunst begann er zum Heiligen Nikolaus zu beten und diesen um seine Rettung anzuflehen. Das Wunder geschah. Der Kaufmann gelobte, zu Ehren des Heiligen Nikolaus eine Kirche zu errichten. Heute ist die Kirche wieder aus Holz, jedoch war sie viele Jahre aus Stein. Als der oberste Patriarch der russisch-orthodoxen Kirche Listwjanka besuchte, gab er den Gläubigen den Auftrag, die Kirche wieder mit Holz zu gestalten, denn so entspricht es den Traditionen der Russisch-Orthodoxen. Im Innern sind wunderschöne Ikonen des 18. Jahrhunderts zu sehen. Ein Mütterchen beäugt unsere Tanja argwöhnig, ob sie uns denn alles richtig erzähle. Kurzerhand übernimmt sie das selbst und fordert Tanja auf, eine weitere Geschichte zu erzählen. Diese handelt von Reliquien (in Form von sterblichen Überresten, die nach einem Brand in Irkutsk, in die Kirche von Listwjanka verbracht wurden. Sie zaubert aus einem hinteren Räumchen ein Foto hervor, auf dem deutlich zu sehen ist, wie der Geist des Verstorbenen über der Kirche schwebt (wissenschaftlich bewiesen natürlich). Wir bedanken uns bei Mütterchen Nina für die Erzählungen und verabschieden uns. Leider können wir ihre Einladung, in einer Stunde am Gottesdienst teilzunehmen, nicht annehmen. Uns erwartet das Freilichtmuseum Talzy. Hier besichtigen wir alte Bauernhäuser, die aus der gesamten Umgebung zusammengetragen wurden. In einem kleinen Museumsraum sind Kleidungsstücke (Ritterrüstungen), Waffen, Münzen und andere historische Gegenstände ausgestellt. Das Besondere aber, was wir erleben, sind zwei Männer, die uns mit großartigen Kosakenliedern erfreuen. Anschließend schauen wir weitere Gebäude von Innen und Außen an. Ziemlich klein sind die Häuschen, mit traditionellem Bett auf der Ofenbank und schönem Samowar. Dem Verwalter, der die Steuern eintrieb, ging es besser. Das können wir an der Ausstattung seines Hauses sehen. Vor dem Mittagessen bleibt Zeit, Souvenire einzukaufen. Mit uns kann man gute Geschäfte machen. Im Garten der Tschainaja - Teestube, sind wir zu einem Mittagessen mit russischen Spezialitäten eingeladen. Zur Vorspeise gibt es einen Weißkrautsalat mit Preiselbeeren und eine Pelmenisuppe. Das Hauptgericht ist ein gebackener Omul und zum Nachtisch gibt es Blini mit süßer Milchsoße. Als Getränke werden warmer Sanddornsaft (hmmm, ein Gedicht!) und Tee gereicht. Rundum gesättigt besichtigen wir den letzten Teil des Museums, die burjatische Abteilung. Diese befindet sich in einer Jurte, wo allerlei Zauberzeug käuflich erworben werden kann. Dazu gehören verschiedene Kräutertees, Metallschalen, deren Klang alle Weh-Wehchen heilen kann und vieles mehr. Außerdem kann man sich als burjatische Heldin verkleiden und sich in dieser Tracht fotografieren lassen. Wir haben unseren Spaß. Gleich um die Ecke haben wir ein anderes Kunstwerk entdeckt. Das Häuschen von Babajaga ist hier aus Metall erbaut. Wir nutzen die Gelegenheit, um unser Gruppenfoto zu schießen. Nun müssen wir aber weiter, denn wir wollen noch das Limnologische Museum besichtigen. Unser Fahrer Alexander ist so nett und setzt uns nicht auf dem Parkplatz ab, sondern fährt uns zu einem kleinen Trampelpfad, der steil, aber direkt zum Eingang führt. Im Baikal-Museum, einer Abteilung des Limnologischen Museums, erzählt uns Tanja, wie der Baikalsee geologisch entstanden ist. Außerdem gibt es Aquarien, in denen alle Lebewesen des Baikalsee zu sehen sind. Besonders putzig sind die Baikalrobben, die unermüdlich ihre Runden drehen. Von artgerechter Haltung hat man hier wahrscheinlich noch nichts gehört, trotzdem macht es uns Vergnügen, den Robben zuzuschauen. Unser letztes Abenteuer für heute ist die Fahrt mit dem Sessellift auf einen Aussichtspunkt, von dem wir eine hervorragende Sicht über den Baikalsee haben. Während wir nach oben rauschen, kommen uns auf der anderen Seite Chinesen entgegen. Irgendwann fangen wir an, sie mit Ni Hau zu grüßen und können dann gar nicht mehr aufhören. Was für ein Spaß! Für beide Seiten. Danke, Tanja, das war eine gute Idee. Das Abendessen nehmen wir in einem Restaurant in der Nähe des Hotels ein. Es gibt nur drei Gänge und keinen Omul. Nein, satt geworden sind wir trotzdem. Als Geschenk bekommen wir jeder einen Zedernzapfen, den man auseinanderrupfen muss, um an die leckeren Kerne zu kommen. Unser voller Bauch schreit nach einem Abendspaziergang. Außerdem wollen wir Wodka für die Lieben daheim einkaufen. Wie wäre es also mit einem Spaziergang zum Magasin Kopeka? Gesagt getan. An allen Regalen im Magasin stehen Schilder mit der Aufschrift - nicht zu verkaufen -. Wir lachen, ein Laden, in dem man nichts kaufen darf? Des Rätsels Lösung heißt: Schulanfang. Am 1. September darf kein Alkohol verkauft werden. Schade. Also gehen wir zurück ins Hotel, verabschieden uns, von denen, die schlafen gehen und nehmen noch ein Bierchen, heute für 190 Rubel und gezapft. Gute Nacht.

6. Tag: Freitag, 02.09.2016 Fischmarkt und andere Abenteuer

Wer will mit zum Fischmarkt? Fragt Tanja. Fast alle sind dabei. Erwartet wird ein kleiner Spaziergang endend in einem großen Erlebnis. Der Nieselregen ist fies. Bald sind wir durchnässt. Nach einer halben Stunde regt sich der erste Protest. Tanja, wie weit noch? Noch zehn Minuten... Tanjas zehn Minuten. Wir kommen am Fischmarkt an. Kaum jemand ist dort. Kein Wetter für Markt. Nur ein paar wenige Frau bieten Fisch an, ein Mann beschäftigt sich damit, einen eisernen Ofen anzufeuern. Tanja ruft Taxis für den Rückweg. Ein bisschen Zeit, sich frisch zu machen und unser Gepäck wird vom Zimmer abgeholt. Mit dem Taxi fahren wir zum Hafen. Über eine Leiter müssen wir unser Gepäck balancieren, die Männer übernehmen das bravourös. Die EISBERG, so heißt unser Schiff, wird uns in fünf Stunden über den Baikalsee nach Bolschoje Goloustnoje bringen. Kaum sind alle Passagiere und alle Koffer an Bord, beginnt unsere abenteuerliche Seefahrt. Die Wellen sind recht hoch und unser Schiffchen wackelt bedenklich. Jeder muss eine Rettungsweste anziehen, anschließend bekommen wir Decken, denn es ist doch recht kalt. Der Tisch wird gedeckt. Schwarzbrot und Brötchen, Butter und Käse, Wurst, Sardinen in Tomatensoße. Dazu Tee. Tanja kocht und deckt unermüdlich den Tisch. Wir lassen es uns schmecken. Den ersten Stopp legen wir an der Bucht der Großen Katze bzw. Fischfalle ein. Tanja erklärt uns die einheimische Tierwelt. Nach zehn Minuten Fußweg ist ein Dorf zu sehen. Zwischen uns und dem Dorf ein Fluss. Zu breit und zu kalt, um ihn ohne Brücke zu überqueren, denn die ist kaputt. Wir laufen am Flussbett entlang und finden eine richtige steinerne Brücke. So gelangen wir ins Dorf. Freilaufende Pferde erwecken unsere Aufmerksamkeit. Sie sind zutraulich und erwarten Futter. Im Konsum kaufen wir Brot und Wodka. Das Brot für die Pferde, den Wodka für uns. Zurück an Bord gibt es den warm geräucherten Omul, den Tanja für uns auf dem Fischmarkt eingekauft hat. Im Pribalski Naturreservat legen wir den zweiten Stopp ein. Eine Stunde haben wir Zeit, zu wandern, die Natur zu genießen und uns an den Blümchen zu erfreuen. Aber erst will der Rancher die Erlaubnis sehen, die wir haben, um den Park zu besuchen. Auf dem Rückweg fordert der Baikalsee uns alles ab. Das Wasser klatscht in hohem Bogen ins Schiff. Rucksäcke, Hosen und viele Füße sind nass. Es stürmt und unser Schiff ist dem Willen der Natur ausgeliefert und wir damit auch. Trotzdem wird niemand seekrank. Wir sind froh als wir pünktlich in Bolschoje Golustnoje ankommen. Soja erwartet uns mit einem Auto, in das das ganze Gepäck passen soll. Wir bezweifeln das, werden aber eines Besseren belehrt. Das Gepäck fährt, wir laufen. In zwanzig Minuten erreichen wir Gasthaus Nummer 1. Galina ist die Gastgeberin. Sechs Gäste und Tanja bleiben hier. Die anderen laufen zehn Minuten weiter zum Gasthaus Nummer 2. Dieses gehört Soja, das Nachbarhaus ihrer Tochter Anna. Die Banja ist geheizt. Wir nehmen uns die Zeit, uns mit Birkenzweigen zu malträtieren und lernen, wie entspannend das ist. Wolodja, der Sohn von Anna bringt die Gäste von Haus Nummer 2 nach Haus Nummer 1, denn dort gibt es Abendessen. Bei einem Stopp am Magasin kaufen wir Wodka, um uns den Abend zu versüßen. Zum Abendessen gibt es Krautsalat, Reisbrei und einen Fleischklops. Und viel Wodka. Später fährt Wolodja die Gäste von Haus Nummer 2 zurück. Gute Nacht.

7. Tag: Sonnabend, 03.09.2016 Wanderung zum Aussichtspunkt

Am Abend haben wir festgelegt, wer wann das Bad benutzen darf. Das klappt prima. Frühstück gibt's um acht. Rührei mit Brokkoli, Brot, Honig mit Preiselbeeren. Um zehn treffen die Bewohner von Gasthaus 1 in Gasthaus 2 ein. Gemeinsam wandern wir zum Weisheitsfelsen. Eine Zeit lang geht es die Straße entlang, dann den Berg hinauf. Steil. Nach einer Stunde erreichen wir ein Fleckchen unterhalb des Gipfels. Weiter höher hinauf trauen sich nur Peter und Christine, es ist noch steiler und vor allem rutschig. Soja und Tanja erzählen Geschichten von der Entstehung des Dorfes. Dann geht es wieder bergab. Wir spazieren durch das Dorf, vorbei am Magasin und am Bäcker. Mittagessen gibt es in den Gasthäusern. Borstsch, Omul, Gurke und Tomate. Den Nachmittag verbringen wir mit einem Spaziergang am Baikalsee. Bei Michail kehren wir ein, hier gibt es WIFI und leckeren Kräutertee. Galina bereitet das Abendessen vor. Pelmeni, Omul und Wodka.

8. Tag: Sonntag, 04.09.2016 Ingrid hat Geburtstag

Wir singen für sie und haben den Frühstückstisch geschmückt. In Haus 1 wird Ingrid mit einem Geburtstagslied auf Russisch überrascht. Wir spazieren zur Kirche. Hier gibt es eine Ikone als Statue, einzigartig auf der Welt. Den Gottesdienst haben wir verpasst. Es ist der Tag der Maria Erscheinung, deshalb begann der Gottesdienst früher, was nicht einmal unsere Gastgeberinnen wussten. Es regnet. Trotzdem machen wir uns frohen Mutes auf die Wanderung zum ausgetrockneten See auf, der in diesem Jahr (Schaltjahr) nicht ausgetrocknet ist. Drei Kilometer geht es am Baikalsee entlang. Dann nochmal 500 Meter in den Wald hinein, kleine Hügelchen sind zu bewältigen. Als wir am See ankommen, hat es aufgehört zu regnen. Soja entschließt sich ein Bad zu nehmen. Als sie wieder bei uns ist, fordert sie uns auf, uns das Gesicht mit dem Seewasser zu waschen, denn das mache die Haut jung und schön. Nachdem wir einen vorübergehenden Wanderer gebeten haben, unser Gruppenfoto aufzunehmen und dabei viel Spaß haben, machen wir uns auf den Rückweg. Wir wollen noch bei Michail und damit bei Ljudmilla einkehren, Tee trinken und das WIFI nutzen. Außerdem lädt Ingrid alle auf einen Wodka ein. Sa Sdarowje Ingrid, alles Gute zum Geburtstag. Der Rest des Nachmittags steht zur freien Verfügung. Schlafen, Kofferpacken oder Banja. Jeder wie er will. Zum Abendessen treffen wir uns wieder in Haus 1. Diesmal gibt es Kartoffeln und Hühnchen und einen Geburtstagskuchen.

9. Tag: Montag, 05.09.2016 Wir müssen uns von unseren Gasteltern verabschieden

Warme Worte und viele Umarmungen werden gewechselt. Dann stehen die Autos vor der Tür. Irgendjemand hat beschlossen, dass wir nicht zusammen in einem Auto fahren, sondern uns auf beide Autos aufteilen. Gesagt, getan. Die Gruppen von Haus 1 und Haus 2 fahren jetzt also getrennt weiter. Drei Stunden sind es bis Irkutsk. Davon ca. vierzig Kilometer Huckelpiste, also unbefestigte Straße. Wir werden ordentlich durchgerüttelt. In Irkutsk wird ein Auto ausgetauscht. Tanja lässt uns wieder alle zusammen in ein Auto einsteigen. Nun aber haben wir uns schon an die Bequemlichkeit des anderen Autos gewöhnt, außerdem sitzt es sich auf der letzten Reihe wirklich schlecht. Nach kurzer Rücksprache, teilen wir uns wieder auf beide Autos auf. An einer Bank muss Tanja Geld abholen. Das dauert sehr lange, weil es nur einen Automaten gibt. Anschließend starten wir einen Großeinkauf. Morgen wollen wir Picknick machen und wir müssen alles mitnehmen. Der russische Supermarkt macht einen hervorragenden Umsatz an zusätzlich gekauftem Wodka und Süßigkeiten. Noch zwei Stunden Autofahrt und wir kommen am Restaurant an. In einem gemütlichen burjatischen Ambiente gibt es Nudelsuppe, Posy und Kuchen. Bald darauf erreichen wir das Museum in Ust Orda. Wir gehen hinein und kurz darauf wieder hinaus. Unsere Gastgeber sind noch nicht so weit. Ein Mann und eine Frau in burjatischer Tracht zünden vor dem Museum ein kleines Feuer an. Mit einem traditionellen burjatischem Lied werden wir begrüßt. Die Männer müssen ihre Beine und die Frauen ihre Arme über dem Feuer kreisen lassen. Das bringt Glück. Die burjatische Frau hat auch eine Schüssel mit Milch in der Hand. So weiß wie die Milch soll der weitere Weg unserer Reise sein. Das wünscht sie uns. Danke schön. Wir werden durch das Museum geführt. Es besteht schon seit 1938 und wurde während der Sowjetzeit mit Orden ausgezeichnet. Da es ein Geschichtsmuseum ist, beginnt die Ausstellung mit einem 2500jahre altem Jägerzelt und Mammutknochen. Wir erfahren einiges über das harte burjatische Leben, über Handwerkskunst und Schamanen. Nach der Besichtigung erwartet uns das einzige staatliche Folkloreensemble des Burjatischen Bezirke "Steppen-Melodie". Eine Gruppe von zwanzig Sängern und Tänzern, die für uns eine großartige Vorstellung bringen. Der Chef der Gruppe stellt uns seine Mannschaft und die Musikinstrumente vor. Er erklärt vor jedem Lied und vor jedem Tanz, worum es geht. Er fragt auch nach unserem woher und wohin. Da die Männer im burjatischem Leben das Sagen haben, dürfen unsere Männer auch zum Tanz antreten. Auch zu einem Ringkampf werden sie aufgefordert. Hier stellt sich heraus, dass Toni ein ehemaliger Ringer ist. Und er schlägt sich tatsächlich nicht schlecht. Der junge Burjate hat kaum eine Chance. Alles natürlich nur Spiel und Spaß. Zum Abschluss tanzen wir alle den Reigen der Freundschaft. Wir lernen wie man sich burjatisch begrüßt und werden dann verabschiedet. Das war ein einmaliges Erlebnis und definitiv ein Höhepunkt dieser Reise. Wir haben noch drei Stunden Fahrt vor uns. Ziel ist die Krestovaja Bucht. Noch gibt es eine glatte Straße, die zwar bergauf bergab führt, aber eben eine Straße ist. Zwanzig Kilometer vor unserem Ziel biegen wir von der Straße ab. Jetzt sind wir auf einem modrigen Waldboden unterwegs. Immer wieder müssen die Fahrer aussteigen und abschätzen, ob sie durch diese oder jene Pfütze durchfahren können. Langsam wird es dunkel und Tanja mahnt zur Eile. Auf dieser Piste will niemand im Dunkeln unterwegs sein. Aber wir schaffen es. Nur noch ein Stückchen und wir sind am Krestovaja Resort, unserer heutigen Unterkunft. Unsere Gastgeberin begrüßt uns freundlich und kommt unserer dringenden Bitte nach, uns Zimmer mit Dusche und Toilette zur Verfügung zu stellen. Davon gibt es nur vier. Zwei davon mit Innen-WC, bei den anderen beiden befindet sich die Nasszelle direkt neben dem Zimmer. Trotzdem, für hiesige Verhältnisse äußerst komfortabel. Die Glücklichen, die diese Zimmer erwischt haben, laden die anderen ein, Dusche und WC mit zu benutzen. Danke, Ihr Lieben! Denn ansonsten gibt es nur ein Plumpsklo (was entsprechend riecht) und Duschen mit eisigkaltem Wasser. Das Abendessen ist fertig. Aufgetischt werden warmer Kartoffelstampf, kalte Frikadellen, Gemüsesalate mit viel Knoblauch und geröstete Brotkrumen zum Knabbern. Irgendjemand entdeckt, dass die Fahrer Suppe essen und bekommt Appetit darauf. Eine Nachfrage ergibt, dass die Suppe das Abendessen der Familie ist und nur noch wenig übrig ist. Dieses Wenige würden sie uns aber gerne geben, was sie auch tun. Der Dank gilt unseren herzlichen Gastgebern. Nach dem Abendessen sitzen wir in gemütlicher Wodka-Runde mit unseren Fahrern Sergej und Alexander zusammen und erfahren nun auch persönliches von ihnen. Sogar unser spröder Alexander taut auf und kommuniziert mit uns. Gegen halb elf löst sich die Runde auf, denn um elf wird der Generator abgestellt und es gibt keinen Strom und kein Licht mehr.

10. Tag: Dienstag, 06.09.2016 Picknick am Baikalsee

Früh ist es hell, wir brauchen keinen Strom für das Licht. Ein Morgenspaziergang am Baikalsee weckt die müden Glieder. Frühstück gibt es ab um neun. Hm, wie die Quarkkeulchen duften! Dazu Spiegelei auf sibirische Art, Brot, Marmelade, Tee. Kurz vor zehn laden wir die Koffer ein und verabschieden uns von Adel, unserer Gastgeberin. Wieder geht es auf und ab, wieder werden wir ordentlich durchgerüttelt. Doch es ist nicht so matschig wie gestern. Der Weg führt uns durch die traumhafte Landschaft der Tageransteppe. Wir halten an schönen Aussichtspunkten und um nach dem Weg zu schauen. Die Straße, die wir nehmen wollen, ist von Geröll überschüttet. Wir fahren zum Sagan-Saba und legen dort unser Picknick ein. Die Zutaten haben wir gestern im Magasin gekauft. Nun soll es zum Jeche-Jordo gehen. Unsere Tanja vertut sich etwas und hält am falschen Berg. Dafür bekommen wir hier ein Schauspiel der besonderen Art. Eine Gruppe Kühe und Bullen ist gerade dabei, Nachwuchs zu zeugen. Unseren nächsten Stopp legen wir am Adler-Totem ein - auch ein schamanischer Ort.

11. Tag: Mittwoch, 07.09.2016 Sonnenuntergang mit Russischem Champagner am Schamanenfelsen auf der Insel Olchon

Wir können ausschlafen. Frühstück gibt es um neun. Im kleinen Magasin kaufen wir wieder für unser Picknick ein. Die Fähre zur Insel Olchon fährt um halb zwölf. In einer viertel Stunde sind wir schon da. Da es in den letzten Tagen auch hier geregnet hat, können wir nicht, wie geplant am Ostufer spazieren gehen. Wir suchen uns einen schönen Platz fürs Picknick und machen es uns gemütlich. Schnell haben die Männer Tisch und Stühle aufgebaut und Frauenhände das Obst, Gemüse und die Wurst aufgeschnitten. An frischer Luft schmeckts doch am besten. Nachmittags erreichen wir Nikita Bencharwos Camp, unsere Unterkunft für die nächsten Tage. Das Camp erinnert an ein Fort. Viele kleine Holzhäuser sind in bunter Reihenfolge auf einem Areal erbaut. Jedes hat eine andere Form und ist mit Bildern aus russischen Märchen geschmückt oder von verschiedenen Künstlern mit Blumenbildern verziert. Es gibt ein paar Räume, die sich Restaurant nennen, das französische Restaurant ist eher eine gemütliche Kneipe und die anderen eher Speiseräume, alles geschmückt mit russischen Utensilien. Nachdem die Zimmer verteilt sind, schnappt sich jeder ein Trinkgefäß, vom Zahnputzbecher über Gläser jeglicher Form bis zu russischen Teetassen ist alles dabei. Wir spazieren zum Schamanka, dem berühmten Schamanenfelsen, dessen Abbildung neben der Baikalrobbe auf keinem Souvenir fehlen darf. Die Felszeichnung wurden 2003 fast vollständig von Touristen übersprüht, die hier ihr eigenes Signum hinterlassen wollten. Ein halbnackter Pilger verkauft allerlei selbstgeschnitzten Schmuck aus Holz und neben ihm trällert ein russisches Mädchen unermüdlich Lieder zur Gitarre. Wir suchen uns einen Platz mit schöner Aussicht auf Schamanka und stoßen mit russichem Champagner auf Sibirien, den Baikalsee und das großartige Leben an.

12.Tag: Donnerstag, 08.09.2016 – Mit dem Geländewagen unterwegs

Nach einem gemeinsamen Frühstück steigen wir um zehn in zwei echte russische Geländewagen. Ein Tag voller Abenteuer erwartet uns. Über Stock und Stein geht die Fahrt, bei der wir wieder richtig durchgeschüttelt werden. Den ersten Stopp legen wir am sogenannten Krokodilfelsen ein, was dem Ort die Bezeichnung Natursteinzoo verleiht (es gibt auch noch einen Nilpferdfelsen). Unser Blick fällt auf eine schöne Sandbucht und auf eine Gruppe Chinesen. Diese sind gerade dabei eine Drohne zu starten. Neugierig beobachten wir das Treiben. Sie haben auch nichts dagegen, dass wir uns die ganze Sache aus der Nähe betrachten. Die Drohne startet, die Chinesen und Ingrid lassen sich von oben fotografieren und weg ist das Ding. Zeit, wieder in die Jeeps einzusteigen und weiter zu fahren. Nach ca. zwei Stunden haben wir das Hauptziel des heutigen Tages erreicht. Es ist das Kap Choboi (burjatisch „der Hauer" oder „der Eckzahn"). Von einer Seite aus betrachtet, könnte man meinen, ein Frauenprofil aus Stein zu sehen. Entsprechend gibt es auch eine Legende von einer Frau, die auf ihren Mann neidisch war, trotzdem sie alles hatte und von den Göttern zu Stein verwandelt wurde. Wir marschieren bis zum nördlichsten Ende und schließen dort Freundschaft mit Chinesen, die sich nicht von unserem Foto verscheuchen lassen und auf die Frage, wie sie denn heißen, immer „Cheina" antworten, weil sie denken, wir fragen sie nach ihrer Herkunft. Nachdem wir die Aussicht genossen und uns satt fotografiert haben, kehren wir zu unseren Bussen zurück. Hier erwarten uns unsere Fahrer bereits mit einer leckeren Omul-Fischsuppe, Weißbrot, Tomaten und Gurken und heißem Tee. Ein Falkenpaar jagen wir mit unseren Fotoapparaten und auch einige Möwen müssen daran glauben. Am Liebesfelsen klettern wir entweder in die eine oder andere Richtung, je nachdem, ob der Wunsch nach Nachwuchs ein Junge oder Mädchen ist. Die drei versteinerten Brüder erwarten uns beim nächsten Stopp. Die Legende besagt, dass ein Vater drei Söhne und eine Tochter hatte. Die Tochter rannte mit ihrem Freund davon, die Brüder sollten das Mädchen zurückbringen. Sie hielten jedoch zu ihrer Schwester und verrieten sie nicht. Der Vater, ein Schamane, sah alles und wütend verwandelte er seine Söhne zu Stein. Die meteorologische Station zu der wir als nächstes fahren, ist bereits geschlossen, die Saison ist vorbei. Weiter geht es über Stock und Stein und Sandboden, bis an einem Fahrzeug ein Rad seinen Geist aufgibt. Aber unsere wackeren Russen kennen das und flott ist das Rad ausgewechselt. Ein paar Meter weiter haben sich zwei nicht mehr ganz nüchterne Russen mit ihrem Pkw festgefahren. Auch diesen helfen unsere Fahrer aus ihrer misslichen Lage. Unseren letzten Halt legen wir an einer Stelle mit einer traurigen Geschichte ein. Hier gab es bis 1953 einen Gulag, das heißt ein russisches Lager mit Verbannten. Diese mussten für die Fischindustrie arbeiten, selbst im Winter bei minus 20 Grad. Heute sind nur noch ein paar Holzbohlen zu sehen, die damals eine Straße bildeten, auf der die Holzkarren Fisch transportierten. Nun ist der Ausflug zu Ende, aber Tanja hat noch für uns den Besuch der kleinen Kirche auf dem Programm. Dann ist es endlich Zeit, die Füße hochzulegen und aufs Abendessen zu warten.

13. Tag: Freitag, 09.09.2016 Stupa auf Ogoj und heilige Quellen

Fröhlich begrüßt uns Nikita beim Frühstück. Gut gesättigt begeben wir uns zum Strand am Baikalsee, wo ein kleines Boot mit einer seltsamen Mannschaft auf uns wartet. Der Kapitän sieht aus als wäre er hundert Jahre alt (Chris bekommt später heraus, dass er erst 64 ist), der eine Bootsmann ist total betrunken und für das leibliche Wohl sorgt eine russische Frau, die ihre 16jährige Tochter dabei hat. Wir erklimmen das Schiff und versuchen, es uns gemütlich zu machen. Das ist nicht so einfach, denn hinten sind nur 4 Plätze, vorne zieht es wie verrückt und drinnen ist es zwar warm, aber stickig, es riecht nach Kerosin, Nikotin und Fisch. Irgendwann haben wir uns eingerichtet und schippern über den Baikalsee. Nach ein paar Stunden erreichen wir die unbewohnte Insel Ogoj, wo wir aussteigen und zur tibetischen Stupa laufen. Diese barfuß zu umrunden, befreit von allen Sünden. Allerdings muss man es mindestens drei mal oder sieben mal oder über einhundert mal machen, für letzteres reicht die Zeit nicht. Zum Schiff zurück gekehrt, erwartet uns der gedeckte Tisch. Es gibt Suppe aus der uns ein lustiger Fischkopf angrinst. Hm... Die Suppe schmeckt, man muss ja den Fischkopf nicht mit essen. Jetzt hat unser Kapitän seine Musikanlage entdeckt. Fröhlich klingen russiche Lieder scheppernd aus dem Lautsprecher. Zum Ententanz und Letkiss hält es uns nicht mehr auf den Bänken und wir legen ein wackeres Tänzchen hin. Noch einmal legt unser Schiffchen an. Inzwischen haben sich dicke Wolken am Himmel breit gemacht und unser Kapitän hält uns an, uns zu beeilen, da er unruhige See erwartet. Wir wandern zu berühmten Heilquellen querfeldein und einen steilen Berg hinauf. In matschiger Modderpampe läuft aus zwei nicht sehr Vertrauen erweckenden Rohren Wasser auf den Waldboden. Es ist nicht ganz klar, ob die rechte Leitung für Frauen ist und die linke für Männer oder umgekehrt. Nach müßiger Diskussion kehren wir zum Schiff zurück. Die Wolken haben sich verzogen und es ist noch Zeit für einen leckeren Posy. Bier ist aus. Die nächste Lieferung kommt erst in einer halben Stunde, da sind wir schon weg. Unser Rückweg wird weiterhin von lauter Musik begleitet. Zum Abendessen sind wir wieder zurück. Nikita lädt uns zu einem Musikabend ein, aber wir sind zu erschöpft und können uns nicht dazu aufraffen.

14. Tag: Sonnabend, 10.09.2016  Ein letztes Frühstück bei Nikita

Noch einmal die leckeren Blinis, hmm. Alexander und Sergej verladen die Koffer. Heute verlassen wir Olchon. Am Fährhafen russische Verhältnisse. Eine Fähre ist kaputt. Die Autos stehen in langer Reihe an der anderen Fähre an. Tanja schlägt vor, dass wir als Fußgänger mit der nächsten (in einer halben Stunde) Fähre fahren und auf der anderen Seite auf die Autos warten. Dort sind die Souvenirläden besser bestückt. Gesagt getan. Bis Alexander und Sergej kommen, mischen wir die Souvenirgeschäfte auf. Kalender und ein Buch über die Insel Olchon sind bald ausverkauft. Um den Weg nach Irkutsk nicht langweilig werden zu lassen, steht der Besuch weiterer Felszeichnungen auf dem Programm. Doch zuerst gibt es Mittagessen im Restaurant Jurta. In Plastikschüsseln werden Salat, Soljanka und Posy serviert. Der Besuch des WCs entwickelt sich zu einem Abenteuer, da der entsprechende Schlüssel entweder weg ist und verzweifelt gesucht wird oder abgebrochen im Schloss hängen geblieben ist oder die Türen einfach nicht aufgehen wollen. Aber auch diese Hürde wird gemeistert und wir setzen unseren Rückweg fort. Kurz vor drei biegen wir von der asphaltierten Straße ab. Nur ein paar Meter weiter bleibt Alexander mit seinem Bus in einer Schlammpfütze stecken. Wir Sergej-Mitfahrer steigen aus und beobachten, wie er verzweifelt hin und her fährt und versucht, aus der Misere herauszukommen. Na hoffentlich wird da drin keinem schlecht. Es nutzt alles nichts. Auch Alexanders Fahrgäste müssen aussteigen. Nur drei sollen ganz hinten als Gewicht sitzen bleiben. Langsam macht sich Unmut breit. Müssen wir wirklich noch wandern? Können wir nicht weiterfahren. Tanja ist auch schon unruhig. Die Zeit rennt. Ich frage rum und die Meinung ist geteilt. Die einen wollen nach Irkutsk, die anderen (die wandern würden) verhalten sich neutral. Also entscheiden wir mit der Vernunft. Als es Sergej endlich gelungen ist, Alexanders Bus aus dem Matsch zu ziehen, fahren wir nach Irkutsk. Am Abend kommen wir im Hotel Imperia an. Was für ein Luxus. Bäder und Duschen! Nicht lange bleibt Zeit zum Ausruhen, denn unser Abendessen im russischen Ambiente wartet. Tanja hält eine kleine Abschiedsrede und spendiert Wodka, wir bedanken uns und haben auch für Tanja noch Überraschungsgeschenke dabei. Nach dem Essen spazieren wir durch das beleuchtete Irkutsk und begeben uns zu unserer letzten Nachtruhe auf russischem Boden.

15. Tag:Sonntag, 11.09.2016 Abschied

Im gemütlichen Hotelrestaurant frühstücken wir. In aller Ruhe fahren wir um zehn zum Flughafen, der nur acht Kilometer von unserem Quartier entfernt ist. Vorher verabschieden wir uns noch von Brubbelkopf Alexander und seinem Kollegen Sergej. Kann ja nichts los sein auf so einem kleinen Flughafen. Weit gefehlt. Es ist rappelvoll. Schalter drei, vier und fünf sind zum Einchecken bereit. Eine dicke Menschentraube ballt sich davor zusammen. Ingrid lässt noch ihren Koffer einschweißen, es geht eh nicht vorwärts. 11.20 Uhr soll der Check-In-Schalter schließen. Gegen elf sind wir so weit vor gerückt, dass wir nacheinander als Gruppe einchecken können. Denken wir. Ha,ha, da haben wir die Rechnung aber ohne den Wirt gemacht und dieser ist in unserem Fall eine sibirische Flughafenangestellte, die ihre eigenen Regeln hat, denen wir uns beugen müssen. So kommt es , dass 11.20 Uhr alle außer Christine und mir eingecheckt sind. Tanja steht blass neben uns und versucht Christine, die schrecklich aufgeregt ist, zu beruhigen. Aber wie soll man sich beruhigen, wenn der eigene Koffer immer wieder vom Gepäckband gehievt werden muss, weil andere bevorzugt werden? Tanja schickt die anderen zur Sicherheitskontrolle. Als alle anderen Fluggäste weg sind, werden auch Christine und ich endlich abgefertigt. Lautstark werden wir angewiesen, unsere Koffer auf- und unsere Pässe abzugeben. Dabei geraten auch noch die Gepäckstücke durcheinander. Jetzt ist Christines Koffer auf meinen Namen eingecheckt und meiner auf ihren. Na hoffentlich geht das gut. Jetzt treibt Tanja uns an. Im Laufschritt jagen wir den anderen nach. Mitten durch zwei Russen die sich gerade die Hand geben. Iswinitje! kann ich nur rufen, dann sind wir schon davon gestürmt. Oben stehen die anderen noch an. Immer mit der Ruhe. Wie Tanja schon sagte: alles wird gut. Jetzt müssen wir uns von Tanja verabschieden. In fünfeinhalb Stunden sind wir in Moskau. Hier werden die letzten Rubel für Schokolade und Kaffee ausgegeben, bevor wir ins nächste Flugzeug steigen und nach Hause fliegen. Berlin erwartet uns mit 30 Grad und Sonnenschein.
Liebe Gäste, vielen Dank, dass Ihr Euch getraut habt, mit Eberhardt TRAVEL und mir diese Reise zu unternehmen. Ich weiß, wieviel Komfortabstriche ihr machen musstet, ich war ja dabei. Aber denkt nur daran, was wir alles erlebt haben! Das wird Euch für ewig in Erinnerung bleiben, da bin ich sicher. Danke an Chris, mit der ich nicht nur einmal das Bad geteilt habe. Danke für Deine Lebensfreude, die sich auf jedem Foto wiederspiegelt. Danke an Christine, die gern als Bergziege wiedergeboren werden möchte, das kann ich schon verstehen . Danke an die Männer, die uns ohne Klage immermal wieder die Koffer geschleppt haben, über wackelige Leitern, auf Schiffe rauf und wieder runter. Danke an Peter, der ohne zu murren unser russisches Liedgut im Auto ertragen hat. Danke an die fleißigen Hände, die unermüdlich das Picknick bereiteten. Danke an Euch alle, die Ihr dieses Abenteuer mit mir geteilt habt. Ich wünsche Euch alles Gute, bleibt schön gesund und reisefreudig. Eure Reisebegleiterin Sabine

Bildergalerie zur Reise

Kommentare zum Reisebericht

Liebe Sabine, es scheint, als ob Du wirklich hättest nicht schlafen können, nach unserer Urlaubszeit war es ja auch schon früh am Morgen, aber nach all den Flug- und Taxistunden wäre ich nicht mehr fähig gewesen, so einen Reisebericht in die Tasten zu knallen, lach. Vielen lieben Dank auch an Dich Sabine für Deine tollen Dankesworte an mich. Ich habe mich sehr darüber gefreut. Auch mit Dir war es sehr angenehm zu verreisen und ich bin froh, dass ich mit meiner guten Laune zumindest ein paar Reisegäste anstecken konnte. Mir hat diese Reise nach Moskau und um den Baikalsee sehr gefallen. Es war auch eine Reise zurück zu den einfachen Dingen des Lebens, ohne Stress und Hektik (bis auf Moskau) und dem alltäglichen Wahnsinn, der uns hier tagein und tagaus begegnet. Natürlich waren auch für mich die Außentoiletten (im Programm erwähnt) ein Problem, mit dem ich mich dann aber doch irgendwie arrangierte, außerdem gab es liebe Reisegäste, die diese Örtlichkeit mit denen teilten, die keine hatten. Höhepunkt dieser Reise waren für mich Land und Leute, denen wir ziemlich nahe kamen. Ich würde diese Reise jederzeit wiedermachen, auch gerade wegen den Erlebnissen auf dem Schiff oder der Havarien mit dem Auto. Also kurz gesagt, für mich war es genau die richtige Reise, auch wenn ich gerne mehr Zeit in der Krestowaja Bucht verbracht hätte, die wie von Schamanen beschrieben, der beste Ort auf der ganzen Welt wäre....:)
Chrisie S.

Chris Skolzen
15.09.2016