Reisebericht: Rundreise Türkei – geheimnisvolles Morgenland

11.04. – 26.04.2015, 16 Tage Rundreise mit Ankara – Hattuscha – Trabzon – Sumela Kloster – Ani – Berg Ararat – Van See mit Akdamar – Nemrud Dag – Atatürk–Staudamm – Göbekli Tepe – Sanliurfa – Kappadokien


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Zwölftausend Jahre Menschheitsgeschichte erwarten Sie auf dieser Reise im größten Museum der Welt mit den bedeutenden Ausgrabungsstätten von Göbekli Tepe, Hattuscha, Cavustepe und den Mosaiken von Zeugma sowie Landschaften zwischen Tigris und Euphrat
Ein Reisebericht von
Dr. Jürgen Schmeißer

11.04.2015 Flug nach Ankara

Ganz nach den Flugwünschen der Gäste reisten 13 Gäste aus Dresden, Leipzig und Stuttgart nach München, wo wir 18:25 Uhr mit Lufthansa nach Ankara starteten. Noch über Österreich holte uns die Dunkelheit ein, so dass wir auf unserer Flugstrecke über Belgrad, Sofia und das Schwarze Meer nur Lichtpunkte der Städte unter uns sahen. Landeanflug dann auf ein leuchtendes Ankara: das Atatürk-Mausoleum und eine teilweise bunt illuminierte Neustadt unter uns. Unser türkischer Reiseleiter Hassan begrüßte uns am Flughafen und gegen Mitternacht waren wir im Hotel Sergah, nicht weit von der Altstadt Ankaras. Später Start am Folgetag war angesagt... Gute Nacht.

12.04.2015 Ankara

Durch die zunehmend abgerissene Altstadt fuhren wir auf den Hügel inmitten der Satdt, wo sich die Reste der Festung und das Museum der anatolischen Zivilisation befinden. Das Museum in einer Gebäude, das im 15. Jahrhundert Karawanserei und Basar war, wurde neu geordnet. Nunmehr findet man die Zeugnisse anatolischer Geschichte in historischer Zeitlinie von der Steinzeit und von Göbeklitepe (vor fast 12.000 Jahren) über die Bronzezeit zu den Hethithern, Phrygern, Urarträern in den oberen Sälen und darunter die antiken Ausstellungsräume mit den Hinterlassenschaften der Römer. Die Ausstellungsstücke der Assyrer fehlen nun bei dieser konkret auf Anatolien konzentrierten Darstellung. Wirkungsstätten dieser Kulturen werden wir in den kommenden Tagen sehen.
Mittagspause dann individuell rund um den Atatürkplatz im Zentrum Ankaras. Davor noch schneller Geldtausch beim „mobilen Wechselbüro" oder am Bankomaten.
Nach der Kaffee- oder Dönerzeit fuhren wir zum Atatürk-Mausoleum und Unabhängigkeitsmuseum auf einem Hügel in der Stadt. Es war der deutsche Architekt Thaut, der den Vorsitz der Auswahlkommission für Entwürfe zum Memorialkomplex innehatte. Folglich ist manches Architekturdetail der Großzügigkeit dem damaligen Zeitgeist entsprungen und findet sich in Berlin, Nürnberg oder auch Moskau wieder. Wir sollten Atatürk hier aber nicht als Menschen verstehen, um den ein Personenkult betrieben wurde, sondern als den Staatsgründer der modernen Türkei mit zahlreichen demokratischen Regeln. Die Ausstellung im Befreiungsmuseum zeigt zwar auf arg martialischen Großbildern viel nationalen Heroismus, vermittelt aber auch ein Bild eines uns Deutschen eher wenig bekannten Bildes des 1. Weltkrieges sowie der Nachkriegsentwicklung.
Eine kleine Stadtrundfahrt führte uns dann vorrangig zum Regierungsviertel und in Richtung des neuen Präsidentenpalastes, über den die internationalen Medien in den vergangenen Monaten wegen seines Gigantismus häufig kritisch berichteten.
Zum späten Nachmittag war dann noch Zeit zum individuellen Bummeln, zumal es vom Hotel nur fünf Minuten bis zum zentralen Atatürkplatz ist, in dessen Nähe sich ein typisch türkischer Markt befindet.

13.04.2015 Hattuscha und Amasya

Mit einem Mercedes-Sprinter für 19 Gäste wollten wir die Fahrt nach Hatuscha und Amasja wirklich im Sprint angehen. Da hatte aber der Busfahrer bei der Platzplanung nicht mit der Größe deutscher Koffer gerechnet. In der Zeit des Busumbaus schauten wir bei einem morgendlichen Bummel noch zu den Resten des Augustus-Tempels von Ankara.
Die Reise führte zunächst nach Hattuscha zur ehemaligen Hauptstadt der Hethiter. Hier befand sich vor 3500 Jahren die Residenz einer der bedeutendsten Hochkulturen Kleinasiens. Die großflächige Ausdehnung der Dorf-, Palast- und Tempelanlagen, teilweise eingefasst durch einen riesigen Wall mit beindruckenden Toren (Löwen-, Soldaten- und Königstor, Sphinxtor) faszinierte alle; dazu ein Blick in die hügelige Nachwinterlandschaft. Gderade so vier Grad im Plus ließen uns wohl alle zittern. Nach einem extra für uns bereiteten typisch türkischen Mittagessen entdeckten wir das hethitische Felsheiligtum Yazilikaya mit seinen in den Felsen gemeißelten Reliefs von Göttern und Göttinnen. Am Nachmittag ging es weiter nach Amasya, einer Stadt mit malerischen Gebäuden am Yesilirmak Fluss. Über den Gebäuden erhebt sich steil eine Felswand mit Felsengräbern pontischer Herrscher. Fast alle stiegen über Treppen im Bauzustand und glatten Felsen nach oben, um auch hier auf den Ort zu schauen. Eine umsatzbestrebte Wirtin am Hang legte schnell deutschsprachige Lieder auf - das war wohl weniger unser Fall. Also fuhren wir hinauf zu unserem Hotel Apfelpalast und hatten einen guten Tagesabschluss mit Blicken auf die gegenüberliegenden Gräbern und bald auf das nun beleuchtete Amasya und seine seldschukische Festungsanlage oben in den Felsen.
14.04.2015 Samsun und die Küste des Schwarzen Meeres
Die Fahrstrecke führte uns durch das Pontische Gebirge hinab nach Samsun am Schwarzen Meer. Hier machten wir einen Stopp an jener Stelle, an der 1919 Atatürk an Land ging, um für einen türkischen Nationalstaat zu kämpfen. Weiter fuhren wir entlang des grünen, aber steinigen Küstenstreifens des Schwarzen Meeres. Bereits vor Ordu zweigten wir auf die einstige Küstenstraße ab und genossen immer wieder Blicke auf die Buchten des Schwarzen Meeres. An unserem Mittagsrastort war leider die erwartete Sicht ein wenig verbaut. In dieser Region prägen Haselnusssträucher die Landschaft und tragen mit Ihren Früchten dazu bei, dass die Türkei die welthöchste Ernte an Haselnüssen einbringt. Nach fast zehn Stunden Fahr- und Pausenzeit bei sonnigem Wetter trafen wir in Trabzon, dem antiken Trapezunt, ein. Wir verschoben den Besuch der Hagia Sophie und einen kleinen Altstadtbummel auf den kommenden Tag. So war Zeit noch zu einem Bummel zum nur dreihundert Meter dem Hotel gegenüberliegenden Schwarzen Meer. Wir waren wohl fast allein im Hotel mit einem überreichlichen und köstlichen Büffet.

15.04.2015 Trabzon, Sumela Kloster

Das Klima an der Schwarzmeerküste ist oft feucht und trüb: wir hatten nur vormittags Glück, am Nachmittag regnet es. Die Lage am Endpunkt einer Handelsstraße verschaffte Trabzon, der drittgrößten Stadt der Schwarzmeerküste in der Antike große Bedeutung. In Trabzon besichtigten wir die Hagia-Sophia-Kirche, eine byzantinische Kirche mit bunten Fresken in drei Längsschiffen und einem Querschiff, die von einer Kuppel gekrönt werden. Im Kampf der Religionen siegte vor zwei Jahren erneut der Islam, so dass aus der Museumskirche wieder eine Moschee wurde. Der Kuppelbau mit jahrhundertealter christlicher Malerei nun verhangen durch Tuch - nicht viel anders als Bilderstürmmerei. Danach noch eine kurze Stippvisite i, Zentrum von Trabzon. Bereits bei unserer Ankunft am Vormittag im Talkessel unterhalb des Sumela-Klosters konnten wir das Klostergebäude hoch oben in der Wand erkennen. In gleicher Berghöhe auch immer wieder einige Schneereste. Das Sumala-Kloster ist einer der bedeutendsten Orte der orthodoxen Kirche in Anatolien und einer der ältesten Sakralbauten der Schwarzmeerregion. Besonders beindruckend war die Grottenkapelle mit reichverzierten Fresken.
Entlang des Schwarzmeerufers fuhren wir weiter über Rize Richtung Hopa-Artvin. Unterwegs hielten wir an einem Haus eines Großgrundbesitzers, das nun als Restaurant dient und besichtigten die großzügige Raumgestaltung des Polygamen. Eigentlich wollten wir im Anblick der Teesträucher mehr über den Teeanbau in der Region erfahren. Aber die erste Pflückung - hier wohl eher der erste Schnitt - hatte noch nicht begonnen, so dass uns auch bei den Teeherstellern der Zutritt verwehrt wurde. Durch Regen und tiefe Wolken ging es dann über Hopa, 20 Kilometer vor der georgischen Grenze, durch die Berge nach Artvin. Hoch oben über dem Coruh-Tal nächtigten wir in einem kleinen Hotel und hatten bis 22 Uhr noch musikalische Untermalung durch eine Feier hiesiger Juristen...

16.04.2015 Coruh–Tal, georgische Kirchen Ishan und Ösk, Erzurum

Eine atemberaubende Fahrt führte uns durch das Coruh Tal gen Süden. Noch 2011 fuhren wir unmittelbar neben dem Fluss; das Tal sollte seinerzeit noch durch einen Staudamm abgeriegelt werden. Nun war dies mittlerweile geschehen, eine 250 Meter hohe Staumauer blockierte den Strom, um Energie und Wasser für Ostanatolien zu liefern. Mit unserem kleinen Bus unternahmen wir einen Abstecher zur, in den Bergen, auf 1100 Meter Höhe, gelegenen georgischen Kirche Ishan. Einerseits freuten wir uns, dass dieses Kleinod rekonstruiert wird, andererseits waren wir natürlich traurig, dass wir nicht in die Kirche konnten. Aber unser türkischer Reiseleiter Hassan ließ den Bus zunachst demonstrativ auf das Baustellengelände lenken. So waren wir am alten Gemäuer wenigstens nahe für gute Fotos der Kirche von außen. Ein traditionelles Picknick Rindswurst, Käse und verschiedenen Gemüsen sowie Rotwein krönte den Ausflug in die Gebirgswelt. Noch 2013 hatten uns Straßenbauarbeiten die Zufahrt zur georgischen Kirche von Ösk verwehrt; in diesm Jahr gelangten wir bis zur mächtigen Kirche aus der othodoxen Kirchengeschichte Georgiens. Manch Riss wird jedoch immer größer und mancher Stein schwebte recht locker zwanzig Meter über unseren Köpfen. Ob wohl die kommende Eberhardt-Gruppe diese Kirche noch betreten kann? Nach einer weiteren Fahrstunde aus dem Gebirge heraus in die Ebene erhoben sich dann die schneebedeckten Berge hinter Erzurum. Erzurum ist seldschukisch geprägt mit Medresen und alten Moscheen. Die Cifte - Medrese war auch hier in einer Erneuerungsphase, dafür traten wir in die mächtige Ulu-Moschee ein und ließen uns durch den Prediger die baulichen Besonderheiten der Moschee erklären. Über der Stadt in einem Wintersportkomplex befand sich unser Palan-Hotel: prächtiger Ausblick auf die erleuchtete Stadt Erzurum in fast zweitausend Metern Höhe und ein sehr gutes Abendessen beendeten den Tag.

17.04.2015: Kars – Ani – Berg Ararat

Von Erzurum fährt man länger als drei Stunden bis nach Kars. Auf den Bergen entlang der Fahrstrecke lag noch jede Menge Schnee. Dort, wo der Schnee neben der Straße und auf den Feldern weggetaut war, flatterten unzählige Plasttüten und lagerten tausende Plastflaschen.
Die Provinzstadt Kars im türkisch-armenischen Grenzgebiet ist russisch geprägt und hatte historische Bedeutung als russische Garnisionsstadt nach Beendigung der osmanisch-russischen Kriege 1878. Zahlreiche Gebäude künden noch immer von der russischen Zeit. Wir machten unsere Mittagspause hier und mancher kostete vom Karser-Waagerecht-Kebap-Spieß. Nach der Mittagspause fuhren wir bis unmittelbar an die türkisch-armenische Grenze nach Ani, der ehemaligen armenischen Hauptstadt am Fluss Harpasus. Im 11. Jahrhundert wurde die an der nördlichen Seidenstraße gelegene Stadt weithin als "Stadt der 1001 Kirchen" bezeichnet. Auf weiter Fläche sind noch heute zahlreiche Kirchen und Fragmente anderer Bauwerke zu bewundern, während direkt unter uns der Grenzfluss glitzerte und Wachtürme vom gegenüberliegenden Ufer grüßten. Durch welliges Land mit mannigfaltigen Gesteinsfärbungen in ca. 1600 Meter Höhe ging es dann zielgerichtet Richtung Großer Ararat. Der Große Ararat erhob sich mit seiner weißen, nur wenig wolkenverhangenen Kuppe fast eine Fahrstunde vor uns und wurde von der langsam untergehenden Sonne angestrahlt. Das Hotel Imperator in Igdis empfing uns fast als erste Gäste der Saison. Zum Abendessen fuhren wir jedoch in den Ort und speisten eben, wie man zu Hause sagt „beim Türken", Linsensuppe, frischer Lavash und Adana-Spieß, Lammspieß oder Hähnchenspieß nach Wahl.

8. Tag: Ishak–Pascha–Palast – Wasserfälle bei Muradiye – Van – Festung Tuschpa

Frühes Aufstehen sicherte einen ersten Blick auf den schneebedeckten Ararat. Auf unserer Fahrt an der Westseite des Ararat machten wir dann noch zwei Stopps um, um den Berg fotografisch einzufangen. Bei meist Sonnen standen wir dann am Eingangstor des Ishak Pascha Palastes und hatten schon tolle Fotomotive gefunden. Die burgähnliche Palastanlage geht auf eine urartäische Befestigungsanlage zurück, vereint armenische, georgische, persische, seldschukische und osmanische Architekturstile und wurde Ende des 17. errichtet. Beeindruckend erhebt sich der Palastbau im warmen Gelbton über der Landschaft. Bei blauem Himmel boten sich immer wieder auch Blicke und Fotomotive in die Ebene und zu den verschneiten Bergen der Umgebung an. Auf der landschaftlich reizvollen Fahrstrecke, vorbei am erkalteten, aber schneebedecktem Lavastrom eines Vulkans ging es von Dogubeyazit nach Van. An den Bendimahi-Wasserfällen bei Muradiye stoppten wir für eine Pause mit gebratener Forelle bei herrlichstem Frühlingswetter gegenüber der Wasserfälle. Zur rechten Zeit für einen Aufstieg auf die alte Festung Tuschpa gelangten wir nach Van. Als antikes Tuschpa war Van seit dem 9. Jahrhundert v. Chr. die Hauptstadt des Königreiches von Urartu. Nach der Besichtigung der Festung und Zitadelle suchten wir noch einige Blöcke mit alter Keilschriften auf; die Felsengräber an der Südseite waren allerdings verschlossen. Schöner Blick vom Festungshügel immer wieder auf die Stadt Van, die Berge und den in der Sonne glitzernden Van-See.
Ein schönes Hotel mit bestem Essen entschädigte uns für ostanatolische Authentizität am Vorabend.

9. Tag: Teppiche – Cavustepe – Bootsfahrt auf dem Van–See – Akdamar Kirche

In einer regionalen Kelim-Kooperative erfuhren wir am Vormittag mehr über die Besonderheiten der orientalischen Kelims - gewebt - und der traditionellen Teppichknüpferei. Eindrucksvoll waren insbesondere die ultiethnischen Vielfalt der Motive und Farbauswahl für die Teppiche. In einer fruchtbaren Ebene vor schneebedeckten Bergen im iranischen und irakischen Grenzgebiet erhebt sich der Felsrücken von Cavustepe. Hier besichtigten wir nach schmalgratiger Busauffahrt die Überreste einer urartäischen Festung und genossen einen beeindruckenden Blick in die Steppe. Mit Hilfe eines der wenigen Sprachkundigen der urartäischen Schriftsprache - „des letzten Urarträers" - ließen wir uns die Keilschrift erklären. Mittags starteten wir auf dem Van-See zu einer Bootsfahrt zur Klosterinsel Akdamar. Es hatte sich abgekühlt, so dass sich Fleece und Outdoorjacke als sinnvoll erwiesen. Die beeindruckenden Reliefs auf den Fassaden der altarmenischen Kirche beschreiben neben religiösen Themen auch irdische Themen wie das Palastleben, Jagdszenen, Mensch- oder Tierfiguren. Für Kenner von armenischen Kirchen auch in Armenien ist dies vielleicht die schönste Kirche der armenisch - apostolischen Kirche, einer christlichen Kirche. Im Inneren der seit 2005 renovierten und nun wohl fertig renovierten Anlage sind die Wände voller christlicher Motive. An unserem Reisetag auf die Insel - einem Sonntag - hatte sich auch der Innenminister der Türkei angesagt. Erst sah es nach gemütlich reserviertem Tisch gleich neben unserem Tisch im Freiluftcafe aus. Als wir aber gegen 15 Uhr die Insel verließen, kam das Gefolge mit bestimmt einem Dutzend Begleiter mit MPi im Anschlag. Als wir mit dem Bus dann an der Landungsstelle der Prominenz vorbeifuhren, standen da noch vier leichte Schützenpanzerwagen, Mannschaftswagen etc. Auf den nun folgenden achtzig Buskilometern bis Tatvan wurden wir zwei Mal durch Gendarmerie freundlich kontrolliert. Wir waren also nun endlich im Wilden Kurdistan...

10. Tag: Hasankeyf am Tigris – Midyat – Deyrulzafaran Kloster – Mardin

Am Vormittag erreichten wir den Tigris - Traum manches eifrigen Schülers im deutschen Geschichtsunterricht. Von der Brücke konnten wir bei recht grauem Wetter kaum die üblichen Touristenfotos auf die gewaltigen Brückenreste, den Burgberg und das schiefe Minarett von Hasankeyf schießen. Einst war auf dem Burgberg eine ganze Stadt, nun ist er gesperrt, weil wohl durch ehemalige Felsenwohnungen und Burgreste Einsturzgefahr für Besichtiger wäre. In wenigen Jahren wird hier die Landschaft in Flussnähe in den Fluten eines mehr als einhundert Kilometer langen Stausees versunken sein; Reste einer zweitausend Jahre alten Kultur...
Danach reisten wir nach Midyat, einer ursprünglich überwiegend von christlichen Aramäern bewohnten Stadt. Leider war es uns nicht vergönnt, der wohl ersten Eberhardt-Reisegruppe im Jahre 2013 zu folgen und abseits der Hauptstraße eine aramäische - also syrisch-orthodoxe Kirche zu besuchen: ein dickes Schloss hing davor. Architektonisch ist Midyat zweigeteilt: in einen westlichen islamischen Stadtteil und den östlichen, christlichen Teil mit rekonstruierten Kirchen und feinverzierten Stadthäusern. Nach dem mittäglichen Kebab, Linsensüppchen oder nur Sesamkringel führte uns die Fahrt weiter zum Deyrulzafaran Kloster, einem Kloster der syrischen Orthodoxie am Zugang zu Mesopotamien. Über der syrischen Ebene unter uns lag graue Schwere, so dass wir die Nähe des Nachbarstaates im Bürgerkrieg kaum erahnen konnten. Ein Bummel am Nachmittag führte uns durch die auch arabisch geprägte Altstadt von Mardin mit kleinen Gässchen, Moscheen und einer Medrese am Zitadellenberg mit Blick über die Landschaft Richtung Süden. Das gewaltige Hotel Yay Grand am Rande von Mardin erinnerte den einen oder anderen an Hotels an der türkischen Mittelmeerküste... und es hatte wohl eines der besten Bufetts unserer Reise zum Abendessen aber keinen Tropfen Alkohol.

11. Tag: Diyarbakir – Götterberg Nemrud Dag – Karakus

Bereits vor neun Uhr erreichten wir die Kurdenhochburg Diyarbakir, heute wohl eine Millionenstadt am Tigris. Hier starteten wir auch unsere kleine Stadttour an einer bestens rekonstruierten Römerbrücke. Von hier hatten wir auch einen ersten Blick auf die gewaltige Stadtmauer, die wir später auf einem südlichen Ausläufer erklommen. Mit dem Bus ging es einige hndert Meter durch die alte Innenstadt und dann über das Urfa-Tor hinaus in die moderne Stadt. Der Bus brachte uns mit Navisystem zur Euphratfähre Richtung Kahta. Unvergesslich wird allen sicher das recht knackige Beladen der Fähre durch Busse, Transportfahrzeuge und PKW sein, so dass auch wir mit offener Ladebordwand noch Platz fanden. Träge flossen die Wasser des Euphrat dann unter der Fähre hindurch. Schon wenige Kilometer nach der Überfahrt stiegen wir auf Kleinbusse um und machten auf unserer Auffahrt zum Nemrud Dag erst einmal Picknickpause. In zweitausend Meter Höhe wurde es empfindlich kalt, bald hüllten die Wolken den Gipfelaufbau ein und es graupelte. Über die Ostterrasse war der Weg frei zu den Götterfiguren auf der Nordseite, die fast im Nebel zu verschwinden drohten. Die Westterrasse war noch wegen Schnees gesperrt. Wir waren wohl die erste Touristengruppe dieses Jahres auf dem Nemrud Dag. Auf der Rückfahrt stoppten wir unterhalb einer ehemaligen Mamelukenburg bei Yenikaya und dann bei einer Römerbrücke mit grausiger Familiengeschichte, weshalb nur noch drei Säulen an der Brücke stehen. Auf unserer Weiterfahrt nach Kahta besichtigten noch den 30 Meter hohen Grabhügel Karakus, wieder bei recht kaltem Wind und einigen Tropfen. Unser Rundreisebus brachte uns dann nach Adyaman zum Hotel.

12. Tag: Atatürk–Staudamm –Göbekli Tepe – Sanliurfa – Harran

Am Vormittag ging es zu einem Aussichtspunkt auf den größten Staudamm der Türkei, den Atatürk-Staudamm. Der nach Mustafa Kemal Atatürk benannte Stausee ist etwa 1,5 mal so groß wie der Bodensee. Durch die bewässerte Landschaft des GAP-Projektes mit Feldern, wo insbesondere Obstbäume stehen und Baumwolle angebaut wird, ging es dann nach Göbekli Tepe, einem bedeutenden Ausgrabungsort der Türkei, wo mit Geldern der EU und der Deutschen Forschungsgemeinschaft - einst unter Prof. Klaus Schmidt - Ausgrabungen von zwölftausend Jahre alten Tempeln erfolgen. Gegen Mittag fuhren wir nach Sanliurfa, als Urfa eine der ältesten Städte der Welt. In der "Abraham-Stadt" besichtigten wir einen der authentischsten Basare der Türkei, den Abrahamteich mit heiligen Karpfen und die Moschee mit der Abraham-Gruft. Mancher stieg auch hinauf auf die Zitadelle und genoss den Blick über die Stadt mit deutlichem arabischen Einfluss. Am Nachmittag ging es noch nach Harran, Gründungsort einer der ältesten Bildungsanstalten (Universitäten?) der Welt und bekannt für seine pyramidenförmigen Häuser. Auf dem Weg dahin stoppten wir noch an einer Moschee, in deren Nachbarschaft sich der Legende nach das Grab des Propheten Hiob befindet.
Auf der Rückfahrt nach Sanliurfa zum Hotel Harran wertschätzten wir den friedlichen Rahmen unserer Reise, denn wir befanden uns an diesem Nachmittag nur fünfzehn Kilometer von der syrischen Grenze entfernt.

13. Tag: Halfeti am Euphrat – Gaziantep – Zeugma–Mosaike

Das Frühstück war diesmal auch eines der „NATO-Waffenbrüderschaft": ein ganzer Zug Militärs frühstückten mit uns im Hotel, bevor sie wohl in Richtung syrischer Grenze aufbrachen. Nach dem Frühstück ging es über Biricek nach Halfeti, am Euphrat-Ufer. Der bedeutsamste Vogel Biriceks ist der Ibis, weshalb wir bei einer Forschungsstation direkt am Euphrat Halt machten und dem Flug der Ibise zuschauten. Aufgrund des Baus der südostanatolischen Staudammprojekte verschwanden 2/3 des alten Dorfes Halfeti unter den Fluten. Heute zieht die Kulisse der verlassenen Stadt im Sommer viele Besucher an; am heutigen Feiertag - dem Jahrestag des Zusammentretens der ersten türkischen Nationalversammlung - waren so zahlreiche türkische Gruppen hier. Wir nutzten die Möglichkeit mit einem kleinen Motorschiff auf dem angestauten Euphrat zu fahren, um die Landschaft vom Wasser aus kennen zu lernen und eine mehr als 2500 Jahre alte Burganlage Rom Kali aus assyrischer Zeit zu bestaunen. Nach einer Mittagspause in Biricek besuchten wir das Zeugma-Museum in Gaziantep, wo mittlerweile 1700 m² überwiegend bei Zeugma gerettete Fresken und Mosaike aus dem 2. und 3. Jahrhundert bestaunt werden können. Die großflächigen Mosaike finden in dem Museumsbau eine großzügige Präsentation. Seit der Eröffnung dieses Museumskomplexes im Jahre 2011 wird beständig die Fläche der ausgestellten Mosaike erweitert, teilweise auch aus anderen Bergungsstellen. Den Nachmittag nutzte noch mancher für einen individuellen Bummel in der Millionenstadt Gazantep.
Zum Abendessen trafen wir uns und fuhren die wenigen Hundert Meter in ein nahe gelegenes Restaurant - zu Hause würden wir sagen „zum Döner"- aber es war viel umfangreicher und wohl auch trubliger, da es zum Feiertag stark besucht war..

14. Tag: Doliche – Tarsus – Bahnfahrt auf der Bagdadbahn – Kappadokien

Zum Start in den Tag besichtigten wir am Rande von Gaziantep die Gräber von Doliche. Dann reisten wir vorbei an der Kreuzritterfestung Yilanlikale (Schlangenburg) nach Tarsus. Hier besichtigten wir zunächst den Paulus-Brunnen und die Mauerreste eines Hauses, in dem Paulus gewohnt haben soll. Zeit, um am Brunnen nochmals die bedeutende Rolle von Saulus - Paulus für die Globalisierung des Christentums anzusprechen. Dann ging es zur römischen Straße zur Besichtigung und auf türkischen Straßen zur Nahrungssuche. In Yenice fanden wir jenen Salonwagen, in dem sich 1943 der britische Premier Churchill mit dem türkischen Ministerpräsidenten Önonu zu Verhandlungen traf. Interessant war dabei für uns, das die Fahrgestelle aus Görlitz und der Wagon aus Kassel kamen. Dies war dann auch der gedankliche Einstieg für die Fahrt auf der Strecke der Bagdadbahn durch die Kylikische Pforte. Die Bagdadbahn ist eine 1.600 Kilometer lange, in den Jahren 1903 bis 1940 im Osmanischen Reich und dessen Nachfolgestaaten errichtete Eisenbahnstrecke von Konya (Türkei) nach Bagdad (Irak). Die Bahnstrecke ist eine ingenieurtechnische Meisterleistung und eines der aufwendigsten Infrastrukturprojekte jener Zeit. Die Bahn hatte den Fahrplan alternativlos so veränderte, das wir erst 17:10 Uhr die Fahrt antreten konnten. Das bot bei herrlicher Aprilsonne zunächst schöne grüne Landschaftsbilder und bald warmes auf den Felsen des Taurusgebirges. Nach der Zugfahrt brachte uns der Reisebus sehr geschwind in die dunkle Tuffsteinlandschaft von Kappadokien. Der Besuch der tanzenden Dervische war jedoch so spät am Abend nicht mehr möglich; es reichte gerade noch zum Abendessen im Buruk Kaya Höhlen Hotel.

15. Tag: Kappadokien

Die Erosionslandschaft der bizarr geformten Kegel, der unzähligen Felsenkirchen, die unterirdischen Städte und der Täler bieten den Besuchern Kappadokiens ein spektakuläres Naturschauspiel, noch dazu wenn strahlender Sonnenschein herrscht und im Osten einer jener Vulkane, die Verursacher der kappadokischen Landschaft waren, in schneeweiß strahlt. Zu Beginn unserer Besichtigungen im zentralen Gebiet Kappadokiens besuchten wir das Göreme-Freiluftmuseums mit zahlreichen christlichen Höhlenkirchen und Bemalungen insbesondere aus dem 11. Jahrhundert. Bei einer kleinen Rundfahrt um Göreme schauten wir in die Felsenwelt am Paschabag und im Kameltal, in das Jägertal und das Taubental. Nach dem Mittagessen bummelten wir noch am imposanten Felsen von Uchisar mit seinen ehemaligen Höhlenwohnungen. nach dieser letzten großen Besichtigung auf der Reise verließen wir Kappadokien und fuhren mit einem Fotostopp am Salzsee, zurück nach Ankara. Viertausendfünfhundert Kilometer Busfahrt an vierzehn Tagen durch Anatolien lagen nun hinter uns.

16. Tag: Heimreise nach Deutschland

Am Vormittag hatten alle Gäste noch Zeit in Ankaras Innenstadt zu bummeln und vielleicht auch letzte Lira auszugeben. Am Nachmittag ging es mit Lufthansa über München nach Stuttgart, Leipzig und Dresden. Für die Leipziger Fluggäste war dies ein funfundzwanzig-Minuten-Lauf gegen die Uhr, aber noch zehn Minuten vor Abflug wurde der Flieger erreicht.
Die Erlebnisse einer großartigen Reise über 4500 km durch den türkischen Mittelmeerraum durch Ost- und Südanatolien mit Zeitzeugen einer zwölftausendjährigen Geschichte von Hethitern, Phrygern, Urartäern, Römern, Byzantinern, Seldschuken und Osmanen bleiben in der Erinnerung an ein aufstrebendes und gastfreundliches Land - das größte Museum der Welt.

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