Reisebericht: Rundreise Schottland – Highlands und Inseln

14.07. – 25.07.2023, 12 Tage Rundreise Schottland mit den Highlands – Loch Lomond – Insel Mull & Iona – Insel Skye – Insel Harris & Lewis – Orkney–Inseln – Dunrobin Castle – Grampian Mountains – Edinburgh


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Schottland richtig erleben? Auf dieser Reise kommen sowohl Neulinge wie auch eingefleischte Kenner auf ihre Kosten: die wildromantische Natur der Highlands mit ihren tiefgrünen Tälern und Seen, Heimat sagenumwobener Burgen und Schlösser, kombiniert mit den dramatischen Küstenlandschaften der schönsten Inseln der Hebriden und Orkneys. Wir zeigen Ihnen Schottland von den schönsten Seiten.
Ein Reisebericht von
Sinah Witzig
Sinah Witzig

14.07.2023 Tag 1 Anreise nach IJmuiden

Unsere Reise startet schon früh morgens am Dresdner Flughafen, denn das Tagesziel ist der Hafen von IJmuiden bei Amsterdam. Entlang der A4 geht es zunächst in Richtung Süden durch Sachsen, dann durch Thüringen weiter bis nach Erfurt. Kurz nach Eisenach verlassen wir die Autobahn und fahren über verschlafene hessische Dörfer, bis wir den neuen Teil der A44 erreichen. Von hier ist es nun nur noch eine kurze Fahrt bis nach Kassel. Über A44, A2 und A3 geht es nun durch Nordrhein-Westfalen. Am frühen Vormittag ist unsere Reisegruppe fürs Erste komplett, morgen werden noch drei weitere Gäste in Glasgow zur Gruppe stoßen.
Ohne größere Zwischenfälle erreichen wir gegen Mittag die Grenze zu den Niederlanden. Nach der Mittagspause lassen wir dann auch den Verkehrsknotenpunkt Utrecht staufrei hinter uns und erreichen pünktlich den Hafen von IJmuiden. Auch das Check In-Prozedere geht heute schnell von statten und so dauert es nicht lange, bis wir es uns auf der Princess Seaways gemütlich machen können. Noch bevor wir das großartige Abendbuffet eröffnen dürfen, legt unser Schiff schon überpünktlich ab – Schottland wir kommen! Beim Abendessen werden nun schon allerlei Reiseerfahrungen ausgetauscht und man lernt die Mitreisenden so langsam kennen. Alle sind sich sicher: tolle Tage stehen uns bevor.

15.07.2023 Tag 2 Durch Nordengland nach Gretna Green, über Glasgow und Loch Lomond nach Oban

Am nächsten Morgen ist schon früh Land in Sicht. Das Frühstück nehmen wir ein mit Kurs auf Newcastle Upon Tyne und bald haben wir auch schon den Hafen der nordenglischen Stadt erreicht. Relativ zügig bringen wir die Einreiseformalitäten hinter uns und wenig später sitzen wir im Bus. Entlang des römischen Hadrianswall geht es nun nach Westen in die Provinz Cumbria. Gegen Mittag erreichen wir Carlisle, das während der Jakobitenaufstände eine der wichtigsten Bastionen der Engländer gewesen ist und wo zahlreiche junge Schotten ihren Tod gefunden haben. Heute sind die Borderlands zum Glück relativ friedlich und feierlich können wir die Grenze zu Schottland überqueren. Unseren ersten Stopp machen wir ganz traditionell in Gretna Green, einst Zufluchtsort heiratswilliger junger Engländer, die ohne Zustimmung ihrer Eltern nicht unter 21 Jahren heiraten durften – was es genau damit auf sich hat, das lernen wir bei einer live Demonstration des ehemaligen Hochzeitsrituals, das von jedem offiziell Werkstätigen durchgeführt werden durfte. In Gretna war das der Schmied – so werden feierlich die Hände auf den Amboss gelegt und mit dem Hammer... natürlich daneben geschlagen. Ein bisschen Nervenkitzel ist aber definitiv dabei.
Wir kommen auch gleich in den Genuss echter schottischer Dudelsackmusik und auch sonst mit allerhand Klischees. Ein schöner Einstand ist es jedoch auf alle Fälle.
Am frühen Nachmittag geht es dann weiter nach Glasgow, wo wir ja noch unsere letzten drei Reisegäste aufsammeln müssen. Unfreiwillig werden wir noch Teil einer Pride-Veranstaltung, schaffen es jedoch glücklicherweise zügiger als erwartet wieder aus das Großstadt hinaus. Nun kann Schottland also richtig beginnen.

Schon wenige Kilometer nördlich erreichen wir die südlichste Spitze des Loch Lomond, dem größten See Schottlands und Großbritanniens. Am Westufer stehen heute noch die zahlreichen Villen, der in Glasgow reich gewordenen Industriellen und Kaufleuten, die es sich dann zu Ende des 19. Jahrhunderts leisten konnten, zur Sommerfrische herzukommen. Wir legen einen kleinen Stopp ein in dem pittoresken Örtchen Luss, das etwa in der Mitte des 39 Kilometer langen Sees liegt. Trotz des typischen schottischen Wetters ist auch der 974 Meter hohe Ben Lomond gut zu sehen, einer der 282 Munros in Schottland. Munros sind Berge, die über 3000 Fuß hoch sind und sie alle zu besteigen ist schottischer Nationalgeist schlechthin.
Am nördlichen Ende des Sees geht es dann weiter nach Westen, nun durch die historische Grafschaft Argyll, Sitz des mächtigen Campbell Clans. Das Wetter könnte klischeehafter nicht sein – von Nebel über strömenden Regen bis zu strahlendem Sonnenschein erleben wir auf unserer Fahrt alles, manchmal auch gleichzeitig. Am späten Nachmittag erreichen wir dann Inveraray, einst Hauptsitz der Campbells, wovon das beeindruckende Inveraray Castle heute noch zeugt.
Von hier aus fahren wir nun nach oben – oder nach Oban? In diesem Fall bedeutet das zunächst einmal das gleiche. Einen weiteren kleinen Stopp gibt es dann am Loch Awe mit Blick auf die Ruine des Kilchurn Castle. Das ehemals fünfstöckige Towerhouse gehörte ebenfalls dem Clan Campbell, bevor es 1760 vom Blitz getroffen und daraufhin niedergebrannt ist. Während wir entlang des Nordufers des Loch Awe die letzten Kilometer des Tages bestreiten, sprechen wir weiter über schottische Eigenheiten und Clans – um dann in unserem Hotel in Oban angekommen, prompt mit dem Besprochenen konfrontiert zu werden. Hier findet eine riesige Hochzeit statt und die Männer sind natürlich alle wunderbar im traditionellen Prinz Charlie Dress mit Kilt, Jackett und Sporan (Das ist keine Handtasche!) zu bestaunen.
Trotz des großen Aufruhrs schaffen wir es doch recht zügig unsere Zimmer zu beziehen und dann auch pünktlich unser Abendessen serviert zu bekommen. Ein erster ereignisreicher Tag in Schottland geht zu Ende und wir freuen uns auf das, was uns erwartet.


16.07.2023 Tag 3 Die ersten beiden Inseln: Mull und Iona und weiter bis nach Fort William

Der nächste Tag beginnt zunächst natürlich mit einem ordentlichen schottischen Frühstück, bei dem Haggis, Black Pudding und Porridge nicht fehlen dürfen. Für die Einen ist das noch ein wenig ungewohnt, die Anderen haben sich schon darauf gefreut. Was auch immer noch sehr typisch ist, ist das Wetter: Regen. Wir hoffen auf Besserung, denn schließlich stehen heute unsere ersten beiden Inseln auf dem Programm: Mull und Iona. Die beiden gehören zu den südlichen Gruppe der Inneren Hebriden. Insgesamt zählen über 500 Inseln und Inselchen zu den Hebriden, die sich über 200 Kilometer vor der Westküste Schottlands erstrecken. Bewohnt sind davon zwischen 50 und 70, je nachdem welche Quelle man dazu befragt. Wir werden lernen welch bewegte Geschichte die Inseln zwischen keltischer, norwegischer und schottischer Herrschaft hinter sich haben und wie bedeutend einst der Clan der MacDonalds als Lords of the Isles gewesen ist – jedoch auch wie drastisch der Niedergang war, nach dem Verlust der schottischen Unabhängigkeit.

Mit der Fähre von Oban erreichen wir die 875,35 km² große Insel Mull in einer knappen Stunde. Wir sind heute wahrlich nicht alleine unterwegs und so beginnt mit Ankunft auf der Insel zunächst der Wettlauf, welcher Bus zuerst voll ist und aufbrechen kann. Zunächst überqueren wir nämlich die Insel einmal komplett bis an ihr Westende, um von dort auf die kleinere vorgelagerte Insel Iona zu erlangen. Die Fahrt auf den einspurigen Straßen durch das mystisch nebelverhangene Gebirge ist durchaus abenteuerlich. Torfmoore und durch den Regen entstandene Wasserfälle dominieren den Eindruck. Als wir den winzigen Hafen von Fionnphort erreichen, liegt glücklicherweise gerade die kleine Fähre im Hafen – also nichts wie rauf da, und rüber nach Iona.
Die nur knapp 9 km² große Insel bildete jahrhundertelang das geistliche Zentrum Schottlands. Im Jahre 563 kam der Heilige Columban mit zwölf Männern von Irland nach Iona und gründete hier ein Kloster. Von Iona verbreitete sich das Christentum zunächst in Schottland und Nordengland und schließlich bis nach Mitteleuropa.
Die ursprüngliche Klosteranlage wurde durch mehrere Überfälle der Wikinger zerstört, übrig sind jedoch noch einige der ältesten keltischen Kreuze des Christentums. Im 12. Jahrhundert wurde dann ein neues Kloster gebaut, das bis zur Reformation bestand und dann langsam zur Ruine zerfiel. Ab 1939 wurde es schließlich wiederaufgebaut und ist heute als Museum zugänglich.
Die besondere Bedeutung von Iona machte durch die Jahrhunderte auf die verschiedensten Herrscher Eindruck, so sollen hier seit dem ersten schottischen König Kenneth McAlpin bis zu 46 schottische Könige sowie weitere Könige aus Irland, Norwegen und Frankreich bestattet worden sein.
Auch wir bekommen die Magie der Insel zu spüren: nach unserem Besuch der Abtei klart der Himmel so langsam auf uns der ein oder andere Sonnenstrahl schafft es durch die Wolken zu dringen. Herrlich türkis-blau schimmert nun das Wasser am kleinen Sandstrand – hier könnte man doch noch ein wenig bleiben. Doch wir müssen nun wieder zurück nach Mull, denn wir haben heute noch eine ganz schöne Strecke vor uns. Es geht auf demselben Weg wieder zurück, auf dem wir morgens gekommen sind, nun haben wir jedoch zumindest ein wenig besseres Wetter und Zeit für den ein oder anderen Fotostopp, auch eine späte Mittagspause gibt es noch, bevor wir am Hafen von Craignure vorbei, und zum winzigen Anleger von Fishnish kommen.
Von hier aus bringt uns eine kleinere Autofähre über den Sound of Mull nach Lochaline auf der Halbinsel Morvern. Wir fahren entlang des Fjords Loch Aline nach Norden und überqueren die Halbinsel in Richtung Osten bis wir am westlichen Ufer des Loch Linnhe ankommen. Der Meeresarm ist das südlichste Ende des sogenannten Great Glen, ein tektonischer Grabenbruch, der Schottland von Nordosten nach Südwesten durchzieht. An der schmalsten Stelle des etwa 50 Kilometer langen Lochs verkehrt eine winzige Autofähre von Ardgour im Westen nach Corran im Osten – eigentlich kein Problem, die größere der ohnehin schon nicht sehr großen Fähren ist jedoch leider schon seit Monaten auf der Werft und die kleinere MV Maid of Glencoul nimmt offiziell keine Fahrzeuge über 12 Meter Länge mit – unser Bus ist 12,30 Meter lang... Wir evaluieren unsere Chancen und überlegen ob wir freundlich Betteln, oder uns dreist dumm stellen sollen. Im Endeffekt erübrigt sich die Überlegung, denn als die Fähre angelegt und alle Fahrzeuge hinuntergefahren sind, steht plötzlich kein Mitarbeiter mehr da – also nichts wie rauf! Gekonnt manövriert uns Jan auf die winzige Fähre und da wir nun schon drauf sind, kommt auch niemand mehr auf die Idee uns nicht mitzunehmen. Glück gehabt! In weniger als fünf Minuten sind wir am anderen Ufer und unser Ziel, Fort William, liegt in greifbarer Nähe.
Unser Hotel für die Nacht liegt direkt am Fuße des höchsten Bergs Großbritanniens, dem Ben Nevis. Meistens ist sein Gipfel von dichten Wolken verhangen, doch wir haben heute Abend noch Glück und die leichten Nebelschleier geben den Blick für einige Minuten frei.
Beim Abendessen werden die Ereignisse des Tages und die Erwartungen für den nächsten besprochen, und nach einem letzten Drink an der Bar wird es dann auch schon Zeit ins Bett zu fallen.


17.07.2023 Tag 4 Von Fort William nach Mallaig und weiter auf die Isle of Skye

Unsere Route führt uns am nächsten Morgen noch ein kleines Stück weiter Richtung Norden, entlang des Great Glen. Das Tal teilt die schottischen Highlands in die Northwest Highlands und die Grampian Mountains und wird durchzogen von den Seen Loch Lochy, Loch Oich und Loch Ness. Ebendiese Seen hat man zu Beginn des 19. Jahrhunderts unter der Leitung Thomas Telfords zum Kaledonischen Kanal verbunden. Nur ein Drittel des 97 Kilometer langen Kanals mussten so künstlich geschaffen werden. Nichtsdestotrotz ist er ein technisches Meisterwerk, denn man musste eine Scheitelhöhe von 42 Metern mit insgesamt 29 Schleusen überwinden. Die erste und längste der entstandenen Schleusentreppen befinden sich ganz in der Nähe und so machen wir noch einen kleinen Abstecher zum sogenannten „Neptune's Staircase“. Wir haben Glück, denn es schiebt sich gerade ein Schiff in eine der insgesamt acht Schleusen.

Nach diesem technischen Highlight geht es für uns auf eine der schönsten Panoramastraßen Schottlands, die sogenannte Route to the Isles. Die A830 verläuft etwa 70 Kilometer fast parallel zur Trasse der West Highland Line und führt von Fort William, vorbei an Loch Eil, Loch Shiel und Locht Eilt bis nach Mallaig.
Bekannt geworden ist die Strecke vor allem aufgrund der Harry Potter-Verfilmungen, denn auf der Bahnstrecke verkehrt im Sommer auch der Jacobite Steam Train, besser bekannt als Hogwarts Express. Herstück der Bahnstrecke ist das 30 Meter hohe und 380 Meter lange Glenfinnan-Viadukt, das zwischen 1897-98 erbaut wurde.
Glenfinnan ist allerdings auch historisch sehr spannend, denn hier soll Bonnie Prince Charlie, der Thronpretendent der Steward-Dynastie, während des letzten Jakobiten-Aufstandes 1745 angeblich das schottische Festland erreicht haben. Vermutlich auf selber Strecke floh er auch, nicht einmal ein Jahr später, nach seiner Niederlage in Culloden und wurde von Flora MacDonald nach Skye gebracht. Daher hat der Zug auch seinen aktuellen Namen.
Als wir Glenfinnan, das passend zur tragischen Geschichte von dramatischen Nebelschwaden durchzogen wird, Richtung Westen verlassen, reißt wenig später sprichwörtlich der Himmel auf.
Angekommen in Mallaig können wir am Horizont die Südküste der Isle of Skye sehen, die fast zum Greifen nah erscheint. Es bleibt noch ein wenig Zeit für einen kleinen Spaziergang durch das kleine Fischerörtchen, bevor es für uns dann auf die nächste Fähre und auf unsere nächste Insel geht.

Nach etwa 45-minütiger Überfahrt erreichen wir Armadale im Süden der Halbinsel Sleat. Bei herrlichem Wetter folgen wir zunächst dem Küstenverlauf und erreichen dann das Torfmoor im Hochland. Viel zu früh blüht dieses Jahr schon die Heide, was zwar auf der einen Seite ein herrliches Bild abgibt, auf der anderen Seite aber auch zeigt, dass der Frühsommer schon viel zu warm und trocken gewesen ist. Wir erreichen Broadford an der Nordküste und folgen der A87 entlang der Cullin Hills. Zwar werden wir morgen noch einmal dieselbe Strecke in Richtung Norden fahren, nehmen uns aber heute Zeit für ausführliche Fotostopps am Wasserfall Eas a' Bhradain und der alten Brücke von Sligachan. Es wird erzählt, dass diese einst mit Hilfe von Feen erbaut worden sein soll. Alte Mythen und Legenden haben bis heute große Präsenz auf Skye, genau wie die gälische Sprache, die hier auch im Alltag noch von vielen Einwohnern genutzt wird.
Die Mittagspause verbringen wir am Loch Harport mit herrlicher Aussicht und in direkter Nachbarschaft zur weltberühmten Talisker Distillery. Whisky darf auf einer Reise nach Schottland natürlich nicht fehlen.

Am Nachmittag verlassen wir die Isle of Skye dann noch einmal Richtung Norden. Seit 1995 sind die Orte Kyleakin auf Skye und Kyle of Lochalsh mit einer Brücke verbunden und die Fährüberfahrt über den engen Sund nicht mehr nötig. Ein kleines Stück entfernt liegt eines der berühmtesten Castles Schottlands, das Eilean Donan Castle. Bekannt wurde die Burg aus dem 13. Jahrhundert vor allem durch ihre pittoreske Lage auf einer kleinen Landzunge im Loch Duich, die bei Flut zu einer Gezeiteninsel wird und dann nur noch über eine steinerne Brücke zu erreichen ist. Eilean Donan Castle war einst der Stammsitz des Clan Mackenzie sowie der Macrae. Während der Jakobiten-Aufstände wurde die Burg zerstört und erst im 20. Jahrhundert restauriert und in den vermeintlichen Originalzustand des 18. Jahrhunderts zurückversetzt. Seit 1955 ist Eilean Donan Castle auch von innen als Museum zu besichtigen – doch wir sind uns einig, dass es von außen doch deutlich reizvoller ist. Auch das wechselhafte Wetter spielt uns hier ein wenig in die Karten, denn das Spiel aus Wolken und Lichteinfall sorgt für herrliche Fotomotive.

Am Abend erreichen wir dann unser Hotel in Kyleakin, direkt an der Skye Bridge. Nach dem Abendessen kämpft sich sogar noch einmal die Sonne durch den Regen und sorgt erst für einen wunderbaren Regenbogen und danach für herrlich goldenes Abendlicht – perfekte Konditionen für einen Abendspaziergang.


18.07.2023 Tag 5 Isle of Skye und weiter auf die Äußeren Hebriden

Die neblige Insel, wie Skye auch gerne genannt wird, macht ihrem Namen am nächsten Morgen alle Ehre, denn als wir nach dem Frühstück Kyleakin in Richtung Broadford verlassen, sieht das Wetter mal wieder sehr schottisch aus. Wir sind froh, dass wir die Fotostopps auf der Strecke schon gestern erledigt haben und fahren weiter direkt in die Insel „Hauptstadt“ Portree. Immerhin etwa 2000 Einwohner zählt das Hafenörtchen mit den bunt angemalten Fassaden. Es bleibt genügend Zeit für einen kleinen Bummel und so langsam klart auch der Himmel etwas auf.
Am späten Vormittag geht es dann weiter auf der Panoramastraße A855 entlang der Ostküste der Trotternish Halbinsel. Schon von weitem zeigt sich uns das wohl bekannteste Bergpanorama der Insel: das Storr Gebirge mit seiner 30 Meter hohen Felsnadel – the Old Man of Storr. Zur besten Reisezeit sind wir natürlich nicht alleine unterwegs und so wird das Parken eines 12,30 Meter langen Reisebusses hier zur Herausforderung. Schließlich sind wir jedoch erfolgreich und können zu einem Spaziergang am Fuße des Gebirges aufbrechen – einige wären am liebsten ganz nach oben gestiegen, wo man in der Ferne die Wanderer sehen kann, doch dafür müssen wir wohl ein anderes mal mit mehr Zeit wiederkommen.
Es geht also weiter mit Stopps an den Wasserfällen von Lealt und Mealt und am berühmten Kilt Rock. Die Steilküste lässt hier durch Einlagerung verschiedener Gesteinsschichten – mit etwas Fantasie – das Karomuster eines Tartans erkennen. Zu unserer Freude gibt es auch einen neuen Parkplatz, auf dem genügend Platz für uns und unseren Bus ist.
Wir erreichen nun die zerklüftete Nordspitze der Insel und Stoppen für einen Spaziergang zu den Ruinen des Duntulm Castle. Von hier aus hat man auch das erste Mal einen tollen Ausblick über die Minch, die Meerenge, die zwischen den Inneren und den Äußeren Hebriden liegt, bis nach Lewis and Harris – unser nächstes Ziel. Zunächst geht es aber weiter zu einem Besuch des Skye Museum of Island Life. In dem Freilichtmuseum kann man sich ansehen, wie das Leben auf den Hebriden noch bis in die 1960er Jahre ausgesehen hat. Mit bis zu drei Generationen lebte man auf engstem Raum in einem Steincottage. Das Dach wurde traditionell mit Reet oder Stroh gedeckt, geheizt wurde mit Torf. Meist waren die Frauen für Haushalt und Hof zuständig, während die Männer entweder einem Handwerk nachgingen, oder als Fischer oder Walfänger Geld verdienten, um die hohe Pachtzahlung an den Landbesitzer finanzieren zu können. Das Museum ist interessant, doch wie so oft sind meist die Vierbeiner am Interessantesten: in diesem Fall die beiden langhaarigen Highland-Rinder, die gegenüber auf der Weide stehen und sich so gar nicht für die Touristen interessieren, die gerne das perfekte Postkartenfoto schießen möchten.

Mit der Abendfähre verlassen wir die Isle of Skye dann von Uig aus in Richtung Westen. Bei strahlender Abendsonne genießen wir die wunderbare Aussicht an Deck und erreichen schließlich den Hafen von Tarbert. Offiziell ist Lewis and Harris eine Insel und damit auch die drittgrößte britische Insel nach Großbritannien und Irland – fragt man jedoch die Einwohner, sieht die Meinung jedoch ganz anders aus. In Tarbert, wo die Insel nicht einmal einen Kilometer breit ist, und wo man erwarten könnte, dass hier eine Grenze ist, begrüßt uns ein Schild mit der Aufschrift: „Welcome to the Isle of Harris“. Erst etwa zwanzig Kilometer weiter nördlich, wo das gebirgige Land abflacht, steht das entsprechende Schild für die Insel Lewis. Es ist also nicht ganz so einfach. Pauschal kann man sagen, dass sich Lewis und Harris geologisch unterscheiden: der nördliche, flachere und hauptsächlich von Hochmoor überzogene Inselteil nennt sich Lewis, der südliche und gebirgige Teil dagegen ist Harris. Die gemeinsame Verwaltungshauptstadt ist Stornoway an der Nordostküste und dort befindet sich auch unser Hotel für die Nächsten beiden Nächte. Aufgrund der späten Ankunftszeit haben wir unser Abendessen bereits unterwegs eingenommen und können nun, erledigt von dem langen und ereignisreichen Tag, direkt nach der Ankunft in die Betten fallen.


19.07.2023 Tag 6 Eine Insel mit zwei Identitäten: Lewis and Harris

Wir starten unsere Erkundung der Äußeren Hebriden von Stornoway aus zunächst auf Lewis. Durch das scheinbar unendliche Torfmoor überqueren wir die Insel von Osten nach Westen und erreichen das Örtchen Bragar. Hier finden wir in einem Vorgarten ein recht ungewöhnliches Gartentor vor: der mächtige Kieferknochen eines Blauwals ragt hier über sieben Meter empor und ist geschmückt mit der Harpune, mit der man das gestrandete Tier 1920 erlegt hat. Heute ist die Waljagd ein umstrittenes und sicherlich aus der Zeit gefallenes Thema, vor über hundert Jahren jedoch, war sie eine der wenigen Einnahmequellen und Versorgungsmöglichkeiten auf den Inseln und ein gestrandeter Wal war ein absoluter Glücksfall.
Wenig später besuchen wir die kleine Siedlung Gearrannan. Hier kann man sich, ähnlich wie auf Skye, ansehen, wie die Menschen bis in die 1960er Jahre in ihren sogenannten Blackhouses gelebt haben. Außerdem lernen wir von Weber John, wie Harris Tweed hergestellt wird und genießen die herrliche Lage direkt an einer kleinen Bucht.
Unsere Zeitreise führt uns nun zurück in die Eisenzeit. In dieser Zeit, ungefähr im 1. Jahrhundert v. Chr. entstanden überall an den Küsten runde Steintürme, die vermutlich sowohl als Wohnraum sowie als Verteidungungsstruktur erbaut wurden. Diese sogenannten Brochs zeichnen sich vor allem durch ihre meterdicken doppelten Außenwände aus, in deren Inneres, ein Treppenhaus in die oberen Stockwerke führt. Einer der besterhaltenen Brochs in ganz Schottland ist der Dun Carloway Broch. Eine Seite des Trockenmauerwerks ist noch neun Meter hoch und man vermutet, das dies auch die ungefähre Gesamthöhe des Gebäudes gewesen sein muss. Nach langen Sicherungsarbeiten, darf man nun wieder in den Broch hineingehen, so können wir uns mit den Dimensionen vertraut machen und auch die winzigen Stufen der noch erhaltenen Treppen ansehen – hochklettern dürfen wir natürlich nicht, aber dennoch ist das Erlebnis sehr beeindruckend.
Bis ins 16. Jahrhundert soll der Broch dem Morrison Clan als Wehrturm gedient haben.
Wir reisen nun noch ein wenig weiter zurück in der Zeit, nämlich in die Steinzeit. In dieser Epoche der Megalithkulturen sind im gesamten britischen Raum, sowie an der Atlantikküste in Skandinavien, Frankreich und Nordspanien unzählige Steinsetzungen entstanden. Ihre tatsächliche Funktion ist bis heute ungeklärt. Experten halten es für am wahrscheinlichsten, dass es sich dabei um rituelle oder spirituelle Plätze handelt, und dass mithilfe der Anlagen astronomische Phänomene und Jahreszeiten berechnet werden konnten. Die bekannteste davon ist natürlich Stonehenge in Südengland, weitaus mehr gibt es jedoch in Schottland und Irland. Eine der beeindruckendsten Anlagen sind die Standing Stones of Callanish. Die Menhire sind zwar kleiner und unbearbeitet um Gegensatz zu Stonehenge, allerdings sind alle 13 Steine bis heute erhalten. Aufgebaut wurde Callanish etwa um 3000 v. Chr. und geriet nach der Plünderung in der Bronzezeit in Vergessenheit. Das Torfmoor bedeckte bei der Wiederentdeckung 1857 bis zu 1,5 Meter der Steinstehlen und so ist man sich sicher, dass neben den zwölf bereits ausgegrabenen archäologischen Stätten rund um Callanish, vermutlich noch acht weitere existieren.
Wir sind vor allem beeindruckt davon, dass man hier ganz ungehindert an die Steine heran und durch den Kreis hindurch gehen kann. Das liegt natürlich an der Abgeschiedenheit der Lage – so viele Menschen verirren sich nicht hierher.

Das Geschichtsprogramm für heute ist nun absolviert und wir fahren nun wieder langsam Richtung Süden. In den Aline Community Woodlands legen wir einen kleinen Stopp für einen Spaziergang ein. Mithilfe freiwilliger Mitarbeiter aus der Bevölkerung ist hier ein wunderschöner Rundweg durch den Wald und das Sumpfland entstanden. Zurück am Bus gibt es dann zur Überraschung ein kleines Picknick zur Stärkung für den Nachmittag.
Unsere Fahrt führt uns nun wieder in die bergige Landschaft von Harris. Unterwegs werden natürlich ordentlich viele Fotostopps eingelegt. Zurück in Tarbert ist für Inselverhältnisse ziemlich viel los, also beschließen wir erst einmal weiter zu fahren, um noch etwas vom südlichen Teil Harris zu sehen. Von hier an geht es nun hauptsächlich auf einer Single Track Road weiter. Wir in den letzten Tagen hat sich nun auch zum Nachmittag hin die Sonne wieder durch die Wolken gekämpft und wir haben traumhaftes Wetter. Mitten in der Steinwüste treffen wir auf einem Parkplatz noch einen deutschen Camper, der vollkommen überwältigt davon ist, dass wir „Mit dem Bus von Deutschland bis hierher gefahren“ sind.
Unsere Fahrt geht nun hinunter ins Tal und schon von weitem ist der weiße Sandstrand von Luskentyre am Horizont zu erkennen. Mit dem Bus dorthin zu fahren erweist sich nicht als die beste Idee, aber Jan meistert die Herausforderung bravourös und dieses Abenteuer wird sicherlich niemand von uns so schnell wieder vergessen – vor allem nicht die Parkplatzwächterin.
Zurück in Tarbert legen wir einen kurzen Stopp ein, um die Harris Distillery zu besuchen, doch wie leider schon befürchtet, gibt es auch nach acht Jahren immer noch keinen Whisky zu kaufen.

In unserem Hotel in Stornoway gibt es dann für das Abendessen ein gigantisches Buffet. Vor allem die Dessert-Theke hat es den meisten angetan – eine willkommene Abwechslung zu den Menüs der letzten Tage. Dann heißt es auch früh schlafen gehen, denn die Nacht ist schnell zu Ende...


20.07.2023 Tag 7 Auf der NC500 Richtung Norden

… denn schon um fünf Uhr heißt es wieder aufstehen und den wahnsinnig weiten Weg von nicht einmal einem Kilometer zum Hafen bestreiten. Wer nicht pünktlich da ist, der wird nicht mitgenommen, so heißt es. Also sind wir noch vor sechs Uhr am Terminal, um dort zu erfahren, dass unsere Fähre nach Ullapool entgegen aller offiziellen Informationen doch zu spät dran ist. Wir fügen uns unserem Schicksal und warten geduldig, während wir doch ganz froh sind, dass wir Frühstück vom Hotel mitbekommen haben. Mit etwa 40 Minuten Verspätung verlassen wir schließlich die Isle of Lewis in Richtung schottischer Hauptinsel. Immerhin ist die Fähre nicht, wie in den letzten Tagen, über zwei Stunden im Zeitverzug. Nach einer etwas unruhigen Überfahrt erreichen wir am späten Vormittag mit etwa einer Stunde Verspätung den Hafen von Ullapool.
Das Wetter lässt noch auf Besserung hoffen, denn auf dem Programm steht heute ein großer Teil einer der schönsten Panoramastraßen Schottlands: die North Coast 500. Sie führt von Inverness über Ullapool bis an die Nordküste und von dort entlang der Ostküste wieder nach Inverness. Insgesamt genau 516 Meilen oder etwa 830 Kilometer. Die Straße existiert natürlich schon sehr viel länger als der marketingstrategische Name der 2015 vom Tourism Project Board erfunden wurde, aber ein Erfolg war das Projekt tatsächlich. Heute ist die Straße, die aus vielen einspurigen Abschnitten besteht, zum Teil überlastet und das Vorankommen kann sehr mühsam werden.
Nördlich von Ullapool durchfahren wir im mythischen Nebel und Nieselregen das Knockan Craig Naturreservat. Das etwa 2000 km² große Gebiet ist seit 2005 als Geopark geschützt und beliebtes Wandergebiet im Moine Thrust, dem äußersten Rand des Caledonian-Gebirgsgürtels. Weiter geht es dann entlang des Ufers des Loch Assynt, wo sich die Ruine des Ardvreck Castle befindet. Das Towerhouse war einst im Besitz der Macleods of Assynt und ist wie jedes ordentliche Castle natürlich belegt mit allerlei Grusel- und Geistergeschichten belegt. So soll sich die Tochter des Clanchiefs aus Kummer aus dem Turmfenster gestürzt haben, weil sie einen Mann heiraten sollte, den sie nicht heiraten wollte und auch heute noch in den Ruinen spuken. Wenig später erreichen wir die Brücke von Kylesku, die den schmalen Sund Caolas Cumhann, zwischen den mächtigen, an Fjorde erinnernden, Meeresarme Loch a'Chàirn Bhàin, Loch Glendhu und Loch Glencoul verbindet. Die Natur hier lässt schon ein wenig an Norwegen denken. So langsam kommt nun gegen Mittag auch die Sonne zum Vorschein und versüßt uns die Ausblicke auf der Weiterfahrt.
Am Nachmittag erreichen wir Durness an der Nordküste und nehmen uns Zeit die Karsthöhle Smoo Cave zu besuchen. Der Eingang der Höhle direkt an einer Bucht, so ist sie sowohl Meeres- als auch Süßwasserhöhle. Besonders beeindruckend ist nämlich der Wasserfall, der von der Landseite durch ein Loch in der Decke in die Höhle fällt.

Der kleine Spaziergang tut allen sehr gut und so sind wir vorbereitet für die letzten Kilometer bis zu unserem Tagesziel Thurso. Die Straße führt von hier an einspurig um den mächtigen Meeresarm Loch Eriboll herum – eine wunderschöne, aber auch sehr lange Fahrt. Dann kreuzt die A838 das Hinterland bis zur herrlichen Bucht von Tongue. Unterwegs wechseln dramatische Küstenabschnitte sich mit wunderschönen Sandstränden ab, sodass man tatsächlich am liebsten ständig anhalten und fotografieren würde.
Am Abend erreichen wir Thurso, die nördlichste Stadt der schottischen Hauptinsel. Wir beziehen unsere Zimmer im gemütlichen Station Hotel und lassen den langen Tag gemütlich beim Abendessen im Salon ausklingen.


21.07.2023 Tag 8 Die Orkney Inseln

Heute steht die letzte Inselgruppe unserer Reise auf dem Programm: die Orkneys. Insgesamt besteht das Archipel aus über 70 kleinen und größeren Inseln. So viele können wir natürlich nicht an einem Tag besuchen, aber wir werden uns zumindest einen guten Überblick verschaffen.
Von Thurso aus fahren wir mit unseren Bus bis zur nordöstlichsten Ortschaft Großbritanniens, John O'Groats. Von hier aus nehmen wir ein kleines Schiff, das uns in einer knappen Stunde über den Pentland Firth nach Burwick auf der Insel South Ronaldsay bringt.
Hier erwartet uns schon unser Fahrer Sigi, der uns heute in seinem Bus über die Orkneys chauffieren wird. Zunächst fahren wir über die Inseln Burray, Glimps Holm und Lambholm, die jeweils durch Autodämme verbunden sind. Diese wurden gegen Ende des 2. Weltkriegs von italienischen Kriegsgefangenen errichtet, um die Durchfahrt der Bucht von Scarpa Flow von Osten her zu verhindern. Mit der Überquerung der Churchill Barriers erreichen wir die größte der Orkneys, Mainland. Etwa 40 Kilometer lang und an der breitesten stelle 26 Kilometer breit ist die Hauptinsel des Archipels und weißt auch die meisten Sehenswürdigkeiten auf. An der Hauptstadt Kirkwall fahren wir zunächst vorbei und widmen uns den steinzeitlichen Ausgrabungsstätten. Ähnlich wie auf Lewis sind auch hier Steinsetzungen zu finden. Den ersten Stopp machen wir bei den Standing Stones of Stenness. Man geht davon aus, das sich hier eine rituelle Opferstelle befunden hat, denn in der Mitte der vier mächtigen Stehlen hat man eine Feuerstelle gefunden.
Anschließend besuchen wir den größten Steinkreis der britischen Inseln, den Ring of Brodgar. Er hat einen Durchmesser von 200 Metern und etwa 27 der ehemals 60 Menhiren sind heute noch erhalten geblieben.
Der Weg führt uns nun weiter zur jungsteinzeitlichen Siedlung Skara Brae, die in die Zeit zwischen 3100 und 2500 v. Chr. datiert wird. Die Anlage hat über Jahrtausende unter Sand verborgen gelegen, bis nach einem gewaltigen Sturm 1850 erste Teile freigelegt wurden. Der Landeigner Graham Watt, 7. Laird of Skaill begann mit ersten Untersuchungen, die jedoch erst seit 1924 weitergeführt wurden. Skara Brae wird auch das Pompeji Schottlands genannt und gilt als die besterhaltene Siedlung der Jungsteinzeit in Europa. Bei einem Rundgang können wir uns sowohl die Ausgrabungsstätte als auch eine Ausstellung zum Leben vor über 5000 Jahren ansehen.
Die Mittagspause verbringen wir in dem kleinen Fischerort Stromness, bevor wir dann weiter nach Kirkwall fahren. Die Besichtigung der St. Magnus Kathedrale aus dem 12. Jahrhundert wird leider durch eine Hochzeit vereitelt, eine kleine Shoppingtour durch die vielen kleinen Boutiquen und Geschäfte ist aber auch nicht schlecht. An allen Ecken Orkneys ist der jahrhundertelange Einfluss der norwegischen Kultur gegenwärtig. Im 9. Jahrhundert eroberten Wikinger unter dem König Haralds I. die Inseln und erst 1469 wurden die Orkneys als Mitgift der Tochter des dänischen Königs Christian I. Teil des schottischen Königreichts unter James III. Dieser Kulturaustausch zwischen Kelten, Norwegern und Schotten ist heute noch deutlich spürbar und unterscheidet das Archipel von den Hebriden.
Auf dem Rückweg nach Burwick haben wir noch Zeit, die sogenannte italienische Kapelle zu besichtigen. Sie wurde von den italienischen Kriegsgefangenen aus zwei ihnen zur Verfügung gestellten Baracken gebaut und ist durchaus beeindruckend.
Am späten Nachmittag geht es dann mit dem Schiff zurück nach John O'Groats und mit unserem Bus weiter nach Thurso, wo schon bald das wohlverdiente Abendessen auf uns wartet.


22.07.2023 Tag 9 An der Nordseeküste nach Süden: Dunrobin Castle, Inverness und Loch Ness

Bei strahlendem Sonnenschein verlassen wir am Morgen Thurso Richtung Osten. Nach einem kurzen Fotostopp am Strand geht es dann an die Nordseeküste. An der Burgruine von Wick machen wir Halt an der Steilküste und genießen bei einem kleinen Spaziergang die herrliche Aussicht und die Meeresluft, dann geht es weiter entlang der North Coast 500 Richtung Süden durch die alte Grafschaft Sutherland.
Während in ganz Schottland sowieso mehr Schafe als Menschen leben, ist das Verhältnis hier noch etwas deutlicher ausgeprägt. Hier leben nur 2,5 Menschen auf einem Quadratkilometer. Zurückzuführen ist dies auf die sogenannten Highland Clearances. Im ausgehenden 18. und 19. Jahrhundert wurde die ansässige Bevölkerung durch die meist englischen Gutsherren vertrieben, um im großen Stil und flächendeckend die Schafzucht zu begründen. Dies hat dazu geführt, dass viele Schotten ausgewandert sind, vor allem nach Nordamerika und Australien, aber auch nach Argentinien. Mit dafür verantwortlich war der erste Graf von Sutherland, George Leveson-Gower, der heute von seinem 30 Meter hohen Monument auf die Nordseeküste hinabschaut und bei der lokalen Bevölkerung alles andere als beliebt ist.
Er war es auch, der unser eigentliches Ziel, das Dunrobin Castle, den Stammsitz des Clan Sutherland nach deren Vertreibung übernahm. Seine Nachfahren haben es dann zu dem heutigen Märchenschloss umgebaut, das irgendwo zwischen französischer Renaissance, Disneyland und Schloss Neuschwanstein changiert. Interessant ist die Besichtigung des Schlosses allemal, denn die Wohnräume spiegeln die Lebensrealität des Adels im 19. und frühen 20. Jahrhundert wirklich gut wider. Auch die Gärten und die Falknerei-Vorführung sind wirklich sehenswert.

Nach der Mittagspause geht es dann auf den letzten Kilometern der North Coast 500 in Richtung Süden, dann überqueren wir den Moray Firth, und erreichen die „Hauptstadt der Highlands“, Inverness. Inverness ist vor allem auch Hochburg der Kiltmaker und so lässt sich bei einem Bummel durch die Innenstadt auch eine ganze Menge entdecken.
Während unserer gesamten Reise haben wir schon von Geistern, Feen und zahlreichen anderen mythischen Gestalten gesprochen, da liegt es nur nahe am Nachmittag noch einen kleinen Abstecher zum sagenumwobenen Loch Ness zu machen und nach Nessie Ausschau zu halten.
Die Geschichten über das Monster im See sind jahrhundertealt. Aufgrund der bis heute unbekannten Tiefe des Sees und des trüben und kalten Wassers sind um Loch Ness schon zu keltischen Zeiten Mythen um Kelpies und andere Wesen entstanden. Frühchristliche Missionare wollen dann im 8. Jahrhundert ein Seeungeheuer gesichtet haben und seit dem ersten Foto von „Nessie“ aus den 1930er Jahren versuchen immer wieder neue Glücksritter es hier zu Ehre und Reichtum zu bringen – bisher vergeblich. Leider sind auch wir nicht erfolgreich.

Nach einer schönen Panoramafahrt durchs Hinterland erreichen wir am Abend schließlich Strathpeffer, einen typischen kleinen Highlandort, der vor allem im 19. Jahrhundert als Kurort bekannt wurde. Im imposant am Hügel liegenden Ben Wyvis Hotel beziehen wir unser Quartier für die Nacht.


23.07.2023 Tag 10 Durch den Cairngorms Nationalpark zum Blair Castle, Glenturret Distillery und weiter in die Lowlands

Nach dem herrschaftlichen Frühstück im Ben Wyvis Hotel verlassen wir bei wieder einmal typisch schottischem Wetter Strathpeffer und fahren, vorbei an Inverness, in Richtung Süden. Nach einer guten Stunde erreichen wir den nördlichen Teil des Cairngorms-Nationalparks. Der zweitjüngste ist mit seinen 3800 km² auch gleichzeitig der größte Nationalpark des Vereinigten Königreichs und wurde 2003 gegründet. Der Nationalpark wird geprägt vom Gebirgszug der Cairngorms, einem Teil der Grampian Mountains, heidebewachsenen Hochmooren und zahlreichen Seen. Neben etwa 20.000 Rothirschen lebt auch eine halbwilde Rentierherde im Nationalpark.
Wir legen einen Stopp ein im Örtchen Carrbridge. Hier befindet sich die vermutlich älteste Steinbrücke Schottlands. Erbaut wurde sie 1717, um Trauerzüge zur Kirche in Duthil zu ermöglichen.
Unser nächstes Ziel ist ein weiteres der berühmten Schlösser Schottlands, Blair Castle am südlichen Rand der Cairngorms. Das Herrenhaus ist seit dem 13. Jahrhundert Stammsitz des Earl of Atholl und seit dem 17. Jahrhundert im Familienbesitz des Clan Murray. Seit 1777 ist hier außerdem das Regiment der Atholl Highlanders stationiert. Das Infanterieregiment ist kein Teil der britischen Armee, erhielt aber 1845 von Königin Victoria eine Regimentsfahne und gilt daher als einzige legale Privatarmee in Europa. Nach einer kleinen offiziellen Einführung dürfen wir uns das Castle und seine Gärten auf eigene Faust ansehen.
Später geht es dann auf Spuren Queen Victorias weiter. 1842 war die noch sehr junge Königin, frisch verheiratet mit Albert von Sachsen-Coburg und Gotha, zum ersten Mal nach Schottland gekommen und hatte sich Hals über Kopf verliebt. Das junge Königspaar beschloss, sich in den Highlands einen Familienwohnsitz einzurichten und kaufte das Balmoral Estate im Jahre 1848 ohne es vorher besichtigt zu haben. Schnell realisierte man, dass das £31.500 (heute etwa vier Millionen) teure Anwesen für royale Zwecke zu klein sei und ließ unter der Leitung Alberts einen Neubau mit 70 Zimmern errichten. Auch Jahre später nach Alberts frühem Tod kam die Königin häufig nach Schottland, um ihre Trauer zu bewältigen. Dabei soll sie ganz in der Nähe, oberhalb von Loch Tummel einen ihrer Lieblingsplätze, den sogenannten „Queen's View“ entdeckt haben. Andere Legenden besagen, dass der Ort schon seit vielen Jahrhunderten den Namen zu Ehren der Ehefrau Robert the Bruce's trug. Wir genießen jedenfalls die schöne Aussicht, bevor es dann weiter zum nächsten Programmpunkt geht.

Eine Schottlandreise ist natürlich nicht komplett ohne Whisky, desher geht es nun für uns zur Glenturret Distillery, die von sich selbst behauptet, die älteste noch produzierende Destillerie Schottlands zu sein. Seit 1765 wird hier legal Whisky hergestellt. Unser Guide Stuart nimmt uns mit auf eine Führung durch Geschichte und Produktion des schottischen Lebenswassers und am Ende darf natürlich auch eine Kostprobe nicht fehlen.

Auf dem Weg zu unserem letzten Hotel in der Nähe von Peebles in den Borderlands wollen wir eigentlich den von der M9 aus sichtbaren 30 Meter hohen Kelpies noch einen Besuch abstatten, diesem Plan wird allerdings von einer Aktion von Klimaaktivisten durchkreuzt – irgendwie scheinen wir kein Glück zu haben mit mythologischen Wesen...
Wir machen uns also auf zum Barony Castle, wo wir die letzte gemeinsame Nacht verbringen werden. Kurz vor der Ankunft erfolgt dann schon der kleine Abschied, wenn unsere Fluggäste werden ja schon am nächsten Morgen eigene Wege einschlagen. Uns wird also schmerzlich bewusst, dass sich die Reise so langsam dem Ende nähert...


24.07.2023 Tag 11 Durch die Borderlands nach Newcastle

Mit dezimierter Passagierzahl verlassen wir das Barony Castle und fahren entlang des River Tweed nach Osten. Auf der alten Hauptverkehrsstraße in nach Edinburgh durchqueren wir mehrere Kleinstädte mit der Auszeichnung Royal Burgh. Sie waren einst die Zwischenstationen, wo Reisende eine Mahlzeit und einen Schlafplatz finden konnten. Eine davon ist Melrose, bekannt vor allem wegen seiner Abtei, die im 12. Jahrhundert auf Wunsch des Königs David I. durch den Orden der Zisterzienser errichtet wurde. Die Reformation überlebte das Kloster jedoch nicht, es wurde zunächst enteignet, dann geschliffen und schlussendlich dem Verfall überlassen. Noch heute zeugen die erhaltenen Ruinen von der einstigen, für ein Zisterzienserkloster untypischen, Pracht des Klosters. Auch das Zentrum des kleinen Städtchens ist einen Besuch wert.
Mit einem Zwischenstopp am beeindruckenden Leaderfootviaduct wandeln wir weiter auf den Spuren des Nationaldichters Sir Walter Scott. Der in Edinburgh geborene Schriftsteller wählte die Borderlands um Melrose herum als seine Heimat und ließ sich in Abbotsford ein prächtiges Herrenhaus erbauen. In die umliegenden Hügel des Tweed-Tals kam er um sich inspirieren zu lassen.

Gegen Mittag müssen wir uns von Schottland verabschieden. Am Grenzstein an der Carter Bar legen wir den letzten Stopp ein und hören den Dudelsackspieler Alan auf der anderen Straßenseite für die Neuankömmlinge spielen. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge und einem Rucksack voller Erinnerungen geht es nun durch die Hügellandschaft Northumberlands in Richtung Newcastle. Auf dem Weg bleibt noch Zeit für einen kurzen Stopp an einem gut erhaltenen Teil des Hadrianswalls – mit Kühen die eigentlich Pferde sind – und dann sind wir schon fast am Hafen. Der Check In verläuft wieder relativ zügig und problemlos und so können wir schon bald unsere Kabinen auf der King Seaways beziehen. Beim letzten gemeinsamen Abendessen lassen wir noch einmal die Reise Revue passieren und es werden schon die ein oder anderen Pläne für das nächste Jahr geschmiedet. Nicht ganz so sanft schaukelt uns dann später die Nordsee in den Schlaf.


25.07.2023 Tag 12 Rückreise nach Deutschland

Am nächsten Morgen erreichen wir beinahe pünktlich den Hafen von IJmuiden. Das Verlassen des Schiffes und das Einreisen in die EU dauert deutlich länger als das Prozedere bei der Ankunft in Newcastle, was uns etwas verwundert – doch schlussendlich erreichen wir alle vollzählig den Bus und schnell geht es in Richtung Autobahn. Wir durchqueren die Niederlande in einem Rutsch und schon vor dem Mittag erreichen wir die Grenze zu Deutschland. Es dauert nicht lange, da müssen wir schon die erste Vollsperrung auf der A3 umfahren, doch danach läuft alles nach Plan. Schon am Nachmittag heißt es dann endgültig Abschied nehmen, denn die ersten Reisegäste verlassen die Gruppe schon in Paderborn. Für den Rest geht es weiter über Kassel und Erfurt und weiter bis nach Sachsen. Die Ersten sehnen sich schon zurück nach Schottland, denn gegen Abend wird auch hier der Himmel zunehmend bewölkter und es beginnt zu Regnen. Wie heißt es so schön? Nach der Reise ist vor der Reise – und mit schönen Erinnerungen lässt sich doch wunderbar der nächste Urlaub planen.

Schlusswort

Liebe Reisegäste,
es hat uns sehr viel Spaß gemacht, mit Euch Schottland endlich mal wieder richtig zu erkunden. Wir möchten uns ganz herzlich für die gute Stimmung in der Gruppe und natürlich auch das (meistens) tolle Wetter bedanken, für das Ihr gesorgt hat.
Wir hoffen, Ihr werdet noch lange schöne Erinnerungen an Schottland mit Euch tragen und würden uns freuen, den ein oder anderen auf einer nächsten Reise (nach Irland oder Shetland ;-) , oder ganz woanders hin) wiederzusehen.

Sláinte und beannachd leat,
Sinah & Jan

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