Reisebericht: Rundreise Äthiopien – wundervolles Afrika

24.10. – 07.11.2015, 14 Tage Rundreise durch Ostafrika mit Addis Abeba – Mekele – Axum – Semien–Mountains–Nationalpark – Palastanlagen Gondar –Tana–See – Felsenkirchen Lalibela


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Die klassische Nordroute steht im Mittelpunkt dieser Rundreise: Tana-See, Gondar, Simien-Gebirge, Axum, Lalibela. Busrundreise durch das orthodoxe Äthiopien, Naturerlebnisse im äthiopischen Hochland und viel Eindrücke vom Diesseits einer armen Welt
Ein Reisebericht von
Dr. Jürgen Schmeißer

24.10.2015 Flug nach Addis Ababa

Mittendrin in einer Zeit, in der hunderttausende Flüchtlinge die deutschen Grenzen überqueren, fliegen vierzehn Eberhardt Gäste nach Äthiopien, aus dem und aus dessen Nachbarland Eritrea auch tausende Menschen nach Deutschland kommen. Es sind schon einige Jahre her, dass die letzte Eberhardt-Gruppe in Äthiopien weilte; umso mehr sind natürlich alle gespannt.
Via Frankfurt flogen wir mit einem A 330 der Lufthansa über die österreichsichen Alpen, über Slowenien, Kroatien, Albanien, an einigen griechischen Inseln vorbei über das Mittelmeer und erreichten im Westen Ägyptens den afrikanischen Kontinent. Über die Weiße Wüste, ein Stück entlang des Nils und dann schwenkte der Pilot die Maschine über das Rote Meer Richtung Dschidda in Saudi-Arabien. Hier erfolgte ein technischer Stopp zum Auftanken und Mannschaftswechsel, bevor es in weiteren zwei Flugstunden nach Äthiopien ging. Wir waren nicht die einzigen Einreisenden aber nach maßvoller Kontrolle begrüßte uns Haile unser äthiopischer Reiseleiter. Kurz nach 22 Uhr waren dann alle mit Zimmern versorgt und viele hatten die ersten getauschten Birr in ihren Händen. Zeit nun, einfach schlafen zu gehen.

25.10.2015 Debre Libanos , Debre Makros

Reiseratgeber empfehlen Äthiopienreisenden unbedingt vor Einbruch der Dunkelheit das Hotel zu erreichen. Die Ursachen liegen in der Zeit bürgerkriegsartiger Auseinandersetzungen begründet aber auch im Straßenzustand. Also entschieden wir uns bereits sieben Uhr aus Addis abzureisen. Bald erreichten wir aus der Hochlandlage der Hauptstadt in 2400 Meter Höhe den ersten Berghang in über 2800 Meter Höhe und hatten die ersten Blicke über die Flächen des äthiopischen Hochlandes.
Nur wenige Eukalypthusbäume begrenzen den Blick in eine landwirtschaftlich genutzte Fläche. Kleine lehmverputzte Rundhütten mit Strohdach aber auch quaderförmige Bauten prägen die dörfliche Gestaltung. Dazwischen und auf den Weideflächen unzählige Rinder, Schafe, Ziegen, auch ein paar Esel und am heutigen Sonntag tausende Menschen, die zu Dorffesten oder Märkten im Nachbardorf zogen. Das ländliche Leben veranlasste uns immer wieder zu Fotostopps. Am späten Vormittag erreichten wir das Kloster Debre Libanos, das vorrangig durch eine 1961 erbaute Kirche mit Buntglasfenstern repräsentiert wird. Zum Mittagessen probierten die meisten Fladenbrot aus saurem Teffteig, was eher die Struktur von Flecke erinnerte, mit Schafsfleischwürfeln - etwas gewöhnungsbedürftig.
Am Nachmittag Weiterfahrt durch das Hochland, erste Überquerung des Blauen Nils und nach langer Fahrt Erreichen von Debre Markos kurz vor Einbruch der Dunkelheit.

26.10.2015 Wasserfälle des Blauen Nils, Baha Dar

Wir starteten wiederum um sieben Uhr. In einer fast fünfstündigen Fahrt ging es über das Hochland mit agrarischen Strukturen. Teff, Mais, Gerste werden angebaut und immer wieder sieht man Herden zumeist von Rindern, die auf gemeinsamem Weideland grasen. Bei einigen recht einfachen Bauten hielten wir, eigentlich für einen Fotostopp, wurden dann aber eingeladen zur Hausbesichtigung und zu einem Kosten von frischem Fladenbrot aus Sauerteig. 60 m² „Wohnfläche" auf gestampfter Erde, kein Wasser, „Abgang" auf dem Acker nebenan, Licht: ein in Petroleum getauchter Docht in einer Bierflache, wobei der Kronkorken als Dochthalter fungiert; Feuerstelle offen hinterm Haus. Auf zweihundert Buskilometern begegnete uns kein PKW - nicht, weil es die asphaltierte Straße nicht zulassen würde, sondern weil ein privater PKW einfach unerschwinglicher Luxus für die Bevölkerung hier ist. Nach dem Mittagessen und check in im Hotel in Bahar Tar, bestiegen wir unseren Bus, um auf staubiger Straße eine Stunde zu den Wasserfällen des Blauen Nil zu fahren. Immer wieder begleitet von Kindern und Frauen, die Souvenirs anbieten, erreichte wir nach fünfminütiger Bootsfahrt und einer halben Stunde Fußweg durch die Savannenlandschaft den Aussichtspunkt gegenüber den Wasserfällen. Hier stürzt der Nil mehr als vierzig Meter mit großer Gischt in die Tiefe.
Für den Rückweg teilten wir uns nach aktueller Fitness in eine Gruppe, die auf gleichem Weg den Rückweg antrat und eine Gruppe, die über eine Hängebrücke, einen leichten Bergweg mit Ausblick auf die Wasserfälle und mit Überquerung einer alten portugiesischen Brücke einen leicht längeren Weg nutzte. Auf dem Rückweg zum Hotel in Baha Dar stoppten wir noch in der Nähe des ehemaligen kaiserlichen Sommerpalastes Bezawit zu einem Ausblick auf den Blauen Nil und den Tana-See unserem morgigen Seefahrtsziel.

27.10.2015 Tanasee und seine Klöster

Bereits am zeitigen Morgen fuhren wir zur Anlegestelle des kleinen Katamarans in Baha Dar, um unsere Fahrt auf dem Tanasee zu beginnen. Zunächst fuhren wir an jene Stelle, wo der Blaue Nil den See verlässt und tatsächlich sahen wir im leichten Morgendunst über dem See zwei Nilpferde im Wasser. Nach einer Stunde hatten wir dann die Zeghe Halbinsel erreicht, wo wir zunächst das Kloster Ura Kidane Meheret besichtigten, das wohl das älteste und bekannteste der Halbinsel ist. Nach einem kleinen steinigen Spaziergang aufwärts unter Kaffeesträuchern erreichten wir die Rundkirche mit farbenfrohen Darstellungen aus der Bibel und von äthiopischen Heiligen, die auf Leinwand gemalt, allerdings oftmals neueren Datums sind. Nach kurzer Bootsfahrt landeten wir am Vormittag bei der Kirche Batra Maryam an. Einige Bauelemente dieser Kirche, beneso mit reichlich Bemalung, stammen aus der Gondarzeit, der Zeit des Kaiserreichs des 18. Jahrhunderts. Immer wieder auf den Wegen werden wir von Kindern und Verkäufern von Souvenirs, insbesondere Webwaren, angesprochen; natürlich immer best-price und I gave you a discount . Das Boot bringt uns gegen Mittag weiter zur Insel Dek und dem Kloster Debre Selassie, also dem Dreifaltigkeitskloster. Zwei Tore, die zum Kloster führen stammen auch aus der Gondarzeit und sind baulich portugiesisch beeinflusst. Über den See sind fast zeitgleich mit uns zahlreiche Mönche angekommen, die dem Kloster ein buntes Bild verleihen.
Der Tanasee mit einer siebenfachen Größe des Bodensees ist der größte See Äthiopiens und einer der höchstgelegenen großen Süßwasserseen der Erde. Auf unserer Fahrt durch den Nordteil des Tanaseees nach Gorgara sehen wir kaum noch die entfernten Ufer. Hier besuchten wir unsere vierte religiöse Stätte am Tanasee : Debre Sina. Von Gorgora waren es dann noch knapp zwei Busstunden bis nach Gondar, die alte Kaiserstadt.

28.10.2015 Gondar

Direkt vom Hotel bummelten wir zur Palastanlage, dem ersten steinernen Palast Afrikas, dessen Bau in der ersten Hälfte des 17.Jahrhunderts begann. Wehrgänge, Zinnen, Wehrtürme, Palastgebäude , Zisterne und Innenhof erinnern an mitteleuropäische Burganlagen. So erfuhren wir, dass die Repräsentationsgebäude afrikanischer Kaiserreiche sich gar nicht so sehr von der Architektur und Hofhaltung von europäischen Höfen unterschieden haben. Als Kaiser Fasilides an die Macht kam, leiß er sich das „Bad des Fasilides" bauen, ein Wasserschloss, dass durchaus auch mit Wasserschlössern in Europa vergleichbar ist. Am 19.Januar, dem Tag der Taufe Jesus, wird noch heute das Bassin mit heiligen Wasser gefüllt und ein orthodoxes Ritual findet statt. Besonders beeindruckend die vielwurzligen Ficus-Bäume, die das alte Mauerwerk umgarnen. Unseren dritten Besichtigungspunkt in Gondar erreichten wir bald: die Kirche Debre Berhan Selassie, die für ihre Ikonografie und die Deckenbemalung mit lauter Engelköpfen bekannt ist.
Das fast wichtigte einer Auslandsreise erledigten wir noch vor dem Mittagessen: Briefmarkenkauf auf der Post - kontrollierten Zutritt nur ohne Fotoapparat. (???)
Abweichend von der üblichen Essensvariabilität Steak - Fisch - Chicken - Pizza - Pasta hielten wir heute bei einem äthiopischen Straßenrestaurant und aßen vom vegetarischen Buffet (Mittwoch ist Fastentag) äußerst schmackhaft.
Am Nachmittag erreichten wir nach drei und einer halben Stunde Busfahrt die Simien Lodge, nicht ohne vorher nach einem heftigen Aufsetzen, doch lieber den Bus verlassen zu haben. Aber nach hundert Metern ging es weiter. Bevor wir unsere Lodgehüttenräume in 3260 Meter Höhe bezogen, genossen wir noch einen Blick auf die Berge des Simien Nationalparks und auf die in das Tal ziehenden Paviane. Ob sie morgen wieder im direkten Kontakt zu sehen sein werden?

29.10.2015 Simien–Nationalpark

Bei Sonne bestiegen wir unseren Toyota-Midibus und es ging weiter leicht aufwärts. Unser erster Stopp galt den Pavianen, die sich von uns Fotografen kaum beeindrucken ließen. Hunderte Paviane sitzen auf der Wiese und rupfen Gras und kleine Blättchen - scheinbar fressen sie den ganzen Tag. Die Alternativbeschäftigung ist oft ein gegenseitiges Flöhesuchen. Bei einem weiteren Stopp unternahmen wir einen kleinen Spaziergang - kaum eine Stunde - durch die Hochebene, teilweise direkt am eintausendfünfhundert Meter tieferen Erosionskessel entlang. Als wir nach einigen Fotostopps die 3600 Meter Höhenmarke überwunden hatten und nach Hailes Aussagen die Viertausend erreicht hätten, war Nebel aufgezogen. Auf den Wiesen im Umkreis konnten wir die riesigen Lobelien noch recht gut erkennen, ein Steinbock zeigte sich hier indes nicht. Mehrfach konnten wir in der Höhe jedoch riesige Lämmergeier und die deutlich kleineren Habichte beim Flug bewundern. Dann auf der Rückfahrt hatten wir noch Glück: ein Steinbock ruhte auf einer Klippe; unser Guide schreckte ihn moderat auf, so dass wir den Steinbock wenigstens aus etwa zweihundert Meter Entfernung sehen konnten. Etwas später zeigte uns sich dann noch ein Schakal. Gegen 16 Uhr trafen wir an der Lodge ein - Kühle und feuchte Wolken luden indes nicht dazu ein, vor der Lodge zu sitzen oder auf den Sonnenuntergang zu warten.

30.10.2015 Fahrt nach Axum

Bis in die Mittagsstunden fuhren wir zunächst noch im Banne des Simiengebirges, über Pässe, hinein in Schluchten auf Straßen, die die Italiener während des Besatzung erbauten. Ab Mittag änderte sich die Landschaftsform in Hügelland und weite Flächen, die sich dennoch in einer Höhe von etwa zweitausend Meter befanden. Wir erreichten Tigray, die nördliche Provinz Äthiopiens an der Grenze zu Eritrea. Die Landschaft ist karger, steiniger; landwirtschaftliche Flächen werden weniger, die Dörfer eher noch ärmlicher. Am Wegesrand Baobabs und Weihrauchbäume. I n Tigray mehren sich die Flüchtlingscamps für Flüchtlinge aus Eritrea. In dieser Gegend finden wir kein halbwegs sauber anmutendes „Wirtshaus" zum Mittagessen oder wenigstens einen Kaffee trinken. Was uns blieb, sind Bananen von Straßenhändler. Nach über acht Stunden Busfahrt erreichen wir Axum. Als Tageseindruck bleiben leider insbesondere die Schlagworte der Gegenwart: Flüchtlinge, Armut, Hunger, Bevölkerungsexplosion, Überweidung, Bodenerosion, Abholzung ....

31.10.2015 Axum

Axum gilt als einstiges Zentrum des Axumitischen Reiches, das zwischen 1. Jahrhundert v.C. bis etwa zu 5. Jahrhundert n.C. existierte aber auch der Legende nach jener Ort sein könnte wo sich im 9. Jahrhundert v.C. der Palast der Königin von Saba befunden haben soll und folglich auch jener Ort, wo sich in einem eigens dafür eingerichteten Haus die Bundeslade befinden soll. Zwischen Legende und Wahrheit stand uns ein langer Tag in Axum bevor, den wir kurz nach acht Uhr am Stelenpark, riesigen Grabstelen aus der Zeit des 4. Jahrhunderts begannen. Wenige hundert Meter gegenüber befindet sich das Kirchenareal mit zahlreichen Kirchen, insbesondere der unter dem letzten äthiopischen Kaiser errichteten Marienkirche, und dem Haus der Bundeslade. Mittendrin befindet sich das seit Jahren provisorische Kirchenmuseum, dessen Schätze arg verstauben und eher gerümplig angeordnet sind. Anschließend durften die Männer die Arbate Ensessa- Kirche mit vierhundert Jahren alter Wandmalerei besichtigen. In der Mittagszeit machten wir noch einen Stopp auf dem Sonnabendmarkt: Getreide, Gemüse, Gewürze, lebende Tiere, einfachste Haushaltartikel und Berge von Plastschuhen, die der dritten Generation angeboten werden, bestimmen das Angebotsspektrum, das sich zumeist auf dem staubigen Boden darbietet; daneben hunderte Menschen, Dromedare und Esel - Afrika live.Nach dem Mittag dann Halt am Bad der Königin von Saba - einem brauen Schlammpfuhl und später an den Gräbern von König Laled und Gebre Maskal. Hier auf den Hügeln der Stadt erklärte uns Haile den Konflikt zwischen Äthiopien und Eritrea und seine historischen Wurzeln. Auf dem Weg in die Stadt hielten wir an der Schriftstele des Ezanes, einem bedeutenden Zeugnis alter Schriftsprachen. Das sich diese Seltenheit der Schriftgeschichte in einer unscheinbaren Holzhütte befindet, ist schon verwunderlich. Unseren letzten Besichtigungsaufenthalt legten wir an des Resten des Dongur-Palastes ein, der oft auch der Königin von Saba zugeschrieben wird, aber wohl tausendfünfhundert Jahre jünger ist. Ohne lange Fahrtstrecken war auch dies ein sehr intensiver Tag mit viel Geschichte über ein Reich, das in Europa kaum bekannt ist aber seinerzeit zu den Hochkulturen der Welt zählte.

01.11.2015 Fahrt von Axum nach Mekelle

Der lange Tag mit vier Besichtigungen an der Fahrstrecke von Axum nach Mekele begann bereits um sieben Uhr. Bereits in der Nacht hatten manchen Gast die rituellen Kirchengesänge kaum schlafen gelassen. An diesem Sonntag war auch noch ein orthodoxer Feiertag, was uns veranlasste zunächst bei der Marienkirche gegenüber dem Stelenpark vorbeizuschauen, wo tausende Gläubige vor der Kirche dem Gottesdienst folgten. So bereits etwas verzögert fuhren wir nach Yeha. Mit dem Tempel, einem kleinen Museum und ausgegrabenen Steinen - Grat Beal Gebri - befinden sich in Yeha die bekanntesten Zeitzeugen aus voraxumitischer Zeit, wahrscheinlich aus dem 7. Jahrhundert v.C.
Unser Mittagshalt dann in Adigrat, nur 30 Kilometer von der Grenze zu Eritrea entfernt.
Einige Kilometer vor Wukro besichtigten wir ein im Bau befindliches muslimisches Mausoleum, das darin erinnert, dass hier die ersten Muslime einst siedelten, die nun ca. 35 % der Einwohner Äthiopien ausmachen. In Wukro dann die erste Felsenkirche und wir hörten in Vorbereitung auf Lalibela vom Unterschied zwischen monolithischen, semimonolithischen und Höhlenkirchen der Orthodoxie. Als die Sonne schon sehr tief stand, hielten wir noch südlich von Wukro an neuen archäologischen Ausgrabungen bei denen Reste eines Tempels mit Opferstätte zum Vorschein kamen. Es war schon dunkel als wir in Mekelle einfuhren, aber das ist in Äquatornähe bereits wenige Minuten nach 18 Uhr.

02.11.2015 Mekelle – Lalibela

Haile unser Reiseleiter hatte bereits am Vorabend auf die lange und anstrengende Fahrstrecke aufmerksam gemacht. Bereits 6 Uhr starteten wir in Anbetracht von 150 Asphalt- und 250 Pistenkilometern. Selbst für die Asphaltstrecke benötigten wir vier Stunden. Dann ging es in Korum auf staubiger Piste in das Hochland. Mehrfach wurden die dreitausend Meter überschritten und auf der anderen Seite der Bergkette ging es in Serpentinen einige hundert Meter nach unten. So wand sich die Straße durch das Hochland, immer wieder Dörfer und vereinzelte Gehöfte mit Feldern, aktiven Dreschplätzen und scheinbar tausenden Kindern, die bei jedem Busstop den Bus stürmten.
Selbst P-Pausen waren kaum ungestört. Bei allem Mitleid, aber leere Plastflaschen, Kugelschreiber etc. werden Afrika nicht retten. Die Kühlung im Toyota - Midibus reichte nicht, um unter 34 Grad im Bus zu kommen und für manchen war es wohl doch ein Kreislauftest. Auch der Kraftstoffverbrauch war wohl ungewohnt hoch auf dieser Strecke - aber wir schafften es besser und verlustlos als einst der reitende Erlkönig („Erreichte den Hof mit Mühe und Not, ...). So schnell - in 11,5 Stunden - hatte es Haile wohl noch nie geschafft. Dies ermöglichte uns von der Terrasse des Hotels den Sonnenuntergang zu beobachten. Am abendlichen Feuer vor dem Hotel saßen dann nur wenige - der Tag war ermattend.

03.11.2015 Lalibela

Für manchen war dieser Tag sicher der Höhepunkt der Reise: die Felsenkirchen von Lalibela, Unesco-Welterbe. Im 12. Jahrhundert sollen mehrerer Kirchen in nur 24 Jahren in den Tuffstein gehauen worden sein. Die beeindruckendsten sind sicher jene, die wie St. Georg, quaderförmig aus einem Block gehauen in der Erde stehen. Am Vormittag widmeten wir uns der westlichen Gruppe der Felsenkirchen mit Welterlöserkirche, Marienkirche, Kreuzkapelle, Jungfrauenkapelle, Berg-Sinai-Kirche und Adams Grab sowie der von Fotos bekannten Kirche des Heiligen Georg. Nach dem Mittagessen im Hotel stiegen wir durch Naturrinnen und Felsengänge hinauf zur Merkurios-Kirche, der großen Emmanuel-Kirche und der an Petra erinnernden Abba - Libanos - Kirche.
Abschiedsszenario mit Blick auf Lalibela vom Tabor-Berg.
Den Sonnenuntergang erlebten wir bei einer Kaffeezeremonie. Kaffee aus pads geht natürlich schneller, aber Geschmack und Atmosphäre vor der untergehenden Sonne waren toll.

04.11.2015 und 05.11.2015 Fahrt von Lalibella über Dessie nach Addis Ababa

„Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet Ihr merken, dass man Geld nicht essen kann." - gilt als Weissagung der Indianer.
Meine äthiopische Fassung: Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss versiegt, die Abermillionen Weidetiere Euch die Flächen erodierend hinterlassen haben, werdet Ihr merken, dass Eure zahlreichen großen Brauereien nichts zum Essen produzieren."
Fazit für zwei Tage Busfahrt von Lalibela nach Dessie am ersten Tag und von Dessie nach Addies Ababa über annähernd achthundert Kilometer?: Das mag brutal klingen und vielleicht auch manchen Fortschritt im Land und die chinesischen Investitionen im Land negieren, aber hier werden die Ursachen für kommende Flüchtlingsströme gelegt - dies war zumindest der summarische Eindruck für den Berichtenden, der irgendwann nicht mehr lachende oder bettelnde Kinder, schwere Lasten tragende Frauen oder kleine Lehmhütten als nostalgisches Amüsement fotografieren wollte.
Kleiner kulturgeschichtlicher Höhepunkt auf dieser Fahrt: einige Kilometer vor Dessie erreichten wir den Layk Hayk, auf dessen Halbinsel sich das Kloster Istefanos befindet. Zahlreiche religiöse Manuskripte befinden sich noch immer im kleinen Klostermuseum. Leider konnten nur die Männer der Reisegruppe den Klosterkomplex inmitten von Kaffeepflanzungen besuchen. Die Frauen schauten indess in eine kleine Weberei und genossen Blicke auf den See. Unser Busfahrer wechselte schnell einen der Zwillingsreifen - übrigens die einzige technische Panne auf der Reise - so dass wir am Abend wohlbehalten aber müde Dessie erreichten.
Am kommenden Tag benötigten wir abermals mehr als zehn Stunden, um nach Addis Ababa zu gelangen.

06. und 07.11.2015 Addis Ababa und Heimflug

Bereits seit Tagen wussten wir, das die Gewerkschaft der Flugbegleiter UFO ab Freitag zum Streik des Kabinenpersonals aufrufen wird. So war der letzte Tag etwas vom Gedanken kontaminiert, wie wir nach Deutschland und in unsere Heimatorte kommen.
Wir starteten am Morgen mit dem Bus zum Hausberg Mt. Entoto. Der Blick auf die Stadt war kein Panoramablick und arg trüb. Zur Öffnungszeit besuchten wir das Nationalmuseum, in dem eine Replik von Lucy, einem der ältesten Knochenfunde der Menschheit, gezeigt wird. Hier konnten wir nochmals die wesentlichen Stationen unserer Reise gedanklich-historisch einbinden. Der Bus brachte uns am späten Vormittag zur erst 1943 eingeweihten Kirche St. Georg, in der sich auch die Särge des letzten Kaiserpaares befinden. Nach so viel Geschichte widmeten wir uns dem Leben, indem wir fotografierend und achtsam über den größten offenen Markt Afrikas schritten - da kann man nicht schlendern oder bummeln. Später dann noch individuelles Bummeln am Plazza, ein Gebiet, wo einst der Markt war und durch die Italiener umbenannt wurde - aber kein italienisches Flair hat.
Zum Vorbereiten und Vorschlafen für den nächtlichen Heimflug zogen wir uns am Nachmittag in unser Hotel zurück.
Der Reiseabschluss fand dann in einem Lokal der Hauptstadt mit äthiopischen Essen, einigen Schluck äthiopischen Weins und einem netten kleinen Kulturprogramm statt.
Gegen 21:30 Uhr erreichten wir den Flughafen; nach allerhand recht intensiven Kontrollen waren die Barrieren überwunden und alle hielten eine Bordkarte, zumindest bis Frankfurt, in der Hand.
Frankfurt empfing uns mit den Wirrnissen einer Streiksituation und recht schlechter Organisation dieser Situation durch die Lufthansa. Warum Gäste, die nur noch innerdeutsch ein Bahnticket - quasi vom Abrissblock - benötigen, mehr als zwei Stunden zwischen gestrandeten internationalen Problemfällen ausharren müssen, warum durchgecheckte Koffer für fliegende Flugzeuge herausgesetzt werden und warum nur die Hälfte der Serviceschalter bei 120 fragenden Wartenden besetzt sind, erklärt sich keinem. Zum Glück fanden wir ohne Reservierung doch Platz im ICE nach Dresden und waren mit nur acht Stunden Verspätung in unseren Heimatorten.
Nun ist es an uns, die so mannigfaltigen Eindrücke zwischen einstiger Hochkultur und Armut zu verarbeiten und .....

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