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Flandern, die stille Schönheit nebenan...

Reisebericht: 10.10. – 15.10.2023

„Eine Reise durch Belgien ist wie die Lektüre eines Geschichtsbuchs über Europa, dessen Seiten den Kampf der Menschheit um Freiheit dokumentieren. Weil Belgien so oft verwundet, unterdrückt und verletzt wurde, hat es vor dem Hintergrund seiner Landschaft die Erinnerungen an seine Vergangenheit platziert: die Glockentürme, die an seine Kämpfe erinnern; die Kirchen, der Geist ihres Glaubens; die Burgen, die Wächter ihrer Pracht.“





Doré Ogrizek, französische Reiseschriftstellerin

Ein Reisebericht von
G. Adamietz


Anreise

Aus ganz Deutschland trifft heute eine exklusive kleine Reisegruppe zusammen. Für manche geht es im Norden schon am Vortag los. Der erste Treffpunkt an unserem Bus ist frühmorgens der Flughafen Dresden, um diese Jahreszeit noch finster. Umso schöner ist der Sonnenaufgang, den wir unterwegs erleben. In Thüringen fährt uns unser treuer Busfahrer Heiko schon durch den schönsten Sonnenschein. Alle Sorgen um das Wetter auf dieser Städtereise im Oktober verfliegen. Zu Recht, denn das sei schon vorab gesagt: Auch wenn dieser Tage Unwetter in ganz Europa umgehen, unsere positive Einstellung wird belohnt werden. In fast einer ganzen Reisewoche werden wir nur fünfzehn Minuten nass werden, und auch was Staus auf dieser Reise betrifft, werden wir auf dieser Reise recht glücklich, was bei Städten wie Brüssel soviel heißt, dass es sich im Rahmen hielt.

Nach einer Würstchenpause erreichen wir gut gestärkt bald schon Nordrhein-Westfalen und schließlich auch die belgische Grenze bei Aachen. Schon sind wir im Land unserer Wünsche! Die Umgewöhnung erscheint zuerst nicht allzu groß zu sein. Schilder und Ortsnamen sind noch in Deutsch, da wir im Bereich der deutschsprachigen Gemeinschaft im französischen Teil Belgiens sind. Über solche Besonderheiten des Landes gibt es im Lauf der nächsten Tage noch viel Interessantes zuhören. Nun werden die Schilder bald Französisch, wir durchfahren Wallonien und erreichen schließlich unser Ziel: Flandern. Mit einer Punktlandung im Zeitplan treffen wir in unserem Hotel Serwir in Sinkt-Niklaas bei Antwerpen ein.

Nach einem sehr freundlichen Empfang beziehen wir unsere sehr sauberen und modernen Zimmer und werden schließlich beim ersten unserer fünf Abendessen hier im schlichten, aber eleganten Restaurant unseres Hotels verwöhnt, danach endet für alle ein, für manche doch recht langer Tag, im gemütlichen Bett und mit schönen Träumen.

Brüssel

Heute beginnen wir unsere Abenteuer mit einer Fahrt nach Brüssel, der Hauptstadt Belgiens, die eigentlich auch gleich die untypischste Stadt des Landes ist, nicht wegen Ihrer Eigenständigkeit in Belgien, die so wie Flandern und Wallonien mit der eines Bundeslandes verglichen werden kann. Hier spricht man überwiegend französisch obwohl man ringsum von Flandern umgeben ist. Unser großartiger Stadtführer Sascha erklärt uns äußerst interessant, wie es kam, dass hier allerdings auch schon auf deutsch, spanisch und sogar englisch regiert wurde und führt uns kompetent durch das Wirrwarr der Metropole.

Eigentlich beginnt unser Besuch vorher noch, im Jahre 1958, in der Zukunft der Vergangenheit, da alle Reiseteilnehmer zuerst die Gelegenheit nutzen, das Wahrzeichen der Stadt, das Atomium zu besuchen. Der Panoramablick aus der obersten Kugel ist spektakulär, die Ausstellungsräume erzählen von der Zuversicht der Menschen in Technik und Moderne im ersten Nachkriegsjahrzehnt. Passend zum Gestaltungswillen dieser Zeit bietet sich nebenan auch noch ein kurzer Besuch des Designmuseums von Brüssel an, in dem noch ein gutes Drittel von uns die besondere Sammlung von Kunststoffobjekten besichtigt.

Während uns Heiko, dirigiert von Sascha, sicher durch den wirklich abenteuerlichen Verkehr von Brüssel lenkt, erfahren wir viel über die generelle Geschichte Belgiens, die Staatsgründung und über den öfters etwas schlechten Umgang der Brüsseler mit ihrer Baugeschichte. Betonburgen entstanden anstelle historischer Bauten, die zuvor alle Kriege überstanden hatten, Brüsselisierung wurde das genannt oder auch die Zerstörung einer Stadt in Friedenszeiten, wie es ein bekannter Architekt beschrieb. Der erhaltene, aber seit 27 Jahren eingerüstete Justizpalast beeindruckt damit selbst Berliner und am Kriegerdenkmal gibt es Jahrmarktsrummel. Dennoch ist die Stadt noch immer voll wunderschöner Blicke in erhaltene alte Straßen und auf feudale Plätze wie unsere Rundfahrt zeigt.

Nun folgt Teil zwei der Stadtbesichtigung zu Fuß, im ältesten Teil der Stadt um den Großen Markt. Hier gibt es einen 96 Meter hohen Belfried aus dem 15. Jahrhundert zu sehen – und auch das berühmte Manneken Pis, einen kleinen Kerl mit nur 61 Zentimetern aus dem 17. Jahrhundert, der bis 2019 genau vierhundert Jahre Tag und Nacht frisches Trinkwasser pinkelte, ca. 2.000 Liter am Tag. Dann wurde der Brunnen auf ein geschlossenes Wassersystem umgestellt, obwohl die Brüsseler sicher auch frisches Bier als Wassersparmaßnahme akzeptiert hätten.

Zum Abschluss unserer Besichtigung gibt es einen Besuch des Schokoladenmuseums von Brüssel und anschließend freie Zeit um sich nach Lust und Laune mit anderen Leckereien zu versorgen. Es gibt köstliche Waffeln ebenso wie Pommes Frites in hunderten Varianten, genauso wie Kaffeehäuser, die nicht zufällig an Paris erinnern.

Schließlich treffen wir Heiko wieder, und voll neuer Eindrücke kehren wir nach Sint-Niklaas zurück. Eine feste Basis auf einer Städtereise zu haben, gehört zu den großen Annehmlichkeiten eines kleinen Landes. Eine mit köstlichem Essen und gemütlichen Zimmern ganz besonders!

Antwerpen

Heute steht die größte Stadt Belgiens auf dem Programm, die ist nämlich entgegen der meisten Vermutungen nicht die Hauptstadt, sondern eine Hafenstadt mit klangvollem Namen: Antwerpen.

Der Legende nach trug sich dort am Fluss Schelde Sagenhaftes zu: Hier soll sich die berühmte Schwanenszene aus Richard Wagners Lohengrin abgespielt haben, der der Ausruf „Mein lieber Schwan!“ entstammt. Nun aber zu Fakten: Immer noch lebt und wächst der gewaltige Hafen, der einst den legendären Reichturm der Stadt begründete. Das spektakuläre Hafenhaus zeugt davon ebenso wie die Blicke, die noch in kilometerweiter Ferne Containerkräne erahnen lassen. Hier wuchsen eine zweite Stadt und eigentlich auch eine dritte, denn die alten Hafengebiet in Stadtnähe wurden zu einer eindrucksvollen modernen Neustadt, was den alten Kern Antwerpens fast unberührt ließ. Hier machte man es klüger als in Brüssel, denkt nicht nur der Verfasser dieses Berichtes.

Unser lokaler Stadtführer Hermann zeigt uns das alles vom Bus aus, bevor er die Besichtigung zu Fuß weiterführt. Sein Rundgang durch die historische Innenstadt endet in der Liebfrauenkirche, die mit ihrer Architektur und unschätzbaren Innenausstattung beeindruckt. Im Anschluss endet das offizielle Programm im Plantin-Moretus-Museum, einer ehemaligen Druck- und Verlagsanstalt in der ganz besonders auch das feudale Leben einer alten flämischen Unternehmerfamilie nacherlebt werden kann.

In der anschließenden Freizeit gibt es wieder sehr viel Gelegenheit, Waffeln und Fritten zu vergleichen, zu shoppen oder weiter Kultur zu erleben. Für die Jahreszeit meint es auch hier das Wetter wieder sehr gut mit uns und schließlich endet ein weiterer Tag in Flandern mit einem geselligen Abendessen in unserem Hotel, das inzwischen unser zweites Zuhause geworden ist.

Gent, Ostende

Heute stehen gleich zwei Städte auf dem Programm, die kaum gegensätzlicher sein könnten, die erste davon ist Gent. Unsere Stadtführerin Beatrice reißt mit ihrer spannenden Art zu erzählen alle mit und die Liebe zu ihrer Heimatstadt ist mehr als offensichtlich. Sie führt uns zu Fuß durch Gent, fast alles im Zentrum ist hier für Fußgänger und Radfahrer reserviert. Ihre Tour endet in der Kirche, die durch den Genter Altar bekannt wurde von dem sie uns noch lebhaft vieles erzählt.

Nach etwas freier Zeit für einen Bummel auf eigene Faust, einen Snack oder noch mehr Waffeln und Fritten ist es nun Zeit, uns noch einmal in der Kirche Sint-Bavo zu treffen, nun erwartet uns einer der absoluten Höhepunkte der Reise, die Besichtigung des fast 600 Jahre alten Altars der Brüder van Eyck. Seine Entstehung war voll Leidenschaft und Hingabe. Seine spätere Geschichte ein einziger Krimi. In einer völlig neuen Ausstellung erfahren wir davon, mit 3D-Brillen mit virtuellen Darstellungen, die sich mit dem historischen Ort zu Augmented Reality verbinden. Schließlich aber der feierliche Moment: Wir sehen den Altar im Original, von allen Seiten und in unfassbarer Farbenpracht. Ein Wunder, dass er so schön wurde, ein Wunder, dass er aus verlorenen Teilen hier an seinem Bestimmungsort wieder zusammenfand.

Nach diesem Erlebnis gibt es eigentlich nichts Adäquates hinzuzufügen. Wir erleben nun auch einen relativen Bruch in der Wahrnehmung, als wir noch einen Abstecher in den Nordseeort Ostende unternehmen. Hier entstand aus sehr viel Beton ein Seebad mit fast unendlicher Strandpromenade. Berühmte Menschen aus aller Welt kehren hier ein und aus, heute sind wenige da, wir also schon die fast die Wichtigsten! Marvin Gaye schrieb hier Sexual Healing als er in Ostende nach Ruhe suchte. Uns findet schließlich der Regen, nur kurz aber dafür ordentlich! Im gemütlichen Bus bringt Heiko uns zurück in unser warmes Hotel. Heute ist Freitag, passend zu all dem Wasser gibt es heute köstlichen Fisch.

Brügge

Eine Reise ins Mittelalter erwartet uns als weiteres großes Erlebnis auf unserer Reise, die noch lange nicht zu Ende ist. An blühenden Landschaften vorbei, und das im Oktober, geht es heute nach Brügge. Kaum zu glauben, dass ein Buch und eine Oper über diesen wunderbaren Ort geschrieben wurden, die „Die tote Stadt“ betitelt wurden. Tatsächlich war das wohl einige Zeit so, nachdem die einst sehr reiche Stadt in der Bedeutungslosigkeit versank. Unser Glück, denn dadurch blieb auch ihr das Schicksal Brüssels erspart. Hier wurde jedoch auch nicht viel am Stadtrand gebaut wie in Antwerpen, Brügge blieb einfach klein und erstrahlte nach einem Dornröschenschlaf wieder in neuer Pracht.

In der Stadt, die auch das belgische Venedig genannt wird, beginnen wir stilgerecht unsere Besichtigung zu Wasser. In einem offenen Boot erfahren wir schon auf sehr unterhaltsame Weise viel über diese magische Stadt. Vor allem aber sehen wir so eine Perspektive, die nur wenige Städte bieten, und das in einem sehr angenehmen Tempo.

Am Ende der Bootsfahrt erwartet uns schon Joseph, unser einheimischer Stadtführer. Er führt uns durch eine Welt, die fast ohne Autoverkehr, dafür mit Kutschen und abertausend Besuchern wirklich sehr an das Gewusel des Mittelalters erinnert. Joseph kennt die Geschichte all der prächtigen Bauten aus vergangenen Jahrhunderten und führt uns auf unterhaltsame und informative Weise durch die Stadt, die voll Leben und Schönheit ist.

Wir hören von reichen Menschen aus vergangenen Zeiten und bestaunen Kirch- und Stadttürme, die wahre Wolkenkratzer aus dem Mittelalter sind. Bei all dem Altertum muss die Stadt aber auch sehr jung halten, kaum zu glauben, dass unser Stadtführer schon 80 Jahre alt ist. Auch hier legen wir, wie durchschnittlich an allen Tagen fast zehn Kilometer zu Fuß zurück, allerdings ohne es zu merken, so interessant ist alles. Fleißiger müssen nur die Marathonläufer sein, für die vor unseren Augen der Marathon von Brügge aufgebaut wird, sie müssen ja über 40 Kilometer laufen.

Obwohl: Wir waren ja vier Tage unterwegs, ein wahrer Marathon, allerdings so wohlverteilt, dass er ohne Anstrengung und Blasen an den Füßen leicht zu absolvieren war. Und vor allem: Es hat sich zweifellos gelohnt!

Zur Belohnung gibt es noch ein weiteres Abendessen in unserem Stammlokal, bevor die meisten noch eine ganze Weile zusammensitzen und sich über neue Bekanntschaften und Freunde freuen.

Heimreise

Nach einer Reise kommt die Rückkehr manchmal zu früh, nach wunderschönen Tagen ohne Hektik allerdings kann man auch beruhigt nach Hause fahren. Die nächste spannende Fahrt wartet sicher schon in absehbarer Zeit.

Wir kennen schon die Stationen unserer Strecke und kommen sicher und ohne Verzögerungen wieder zurück nach Deutschland. Sogar ein paar Kilometer der Niederlande haben wir heute in der Nähe von Maastricht durchquert. Ist das vielleicht schon das nächste Reiseland auf der Wunschliste?


Nach einer Reise ist man wieder an denselben Orten wie zuvor. Man ist aber ein anderer Mensch. Reicher und voller Erfahrungen. Namen von Orten und Ländern sind nun mit Erinnerungen verbunden. Mit Kenntnis und Wissen. Mit Gerüchen und Klängen. Mit Reichtümern, die uns niemand mehr nehmen kann, von denen wir erzählen können und die wir immer wieder teilen können ohne, dass sie weniger werden.

Wir haben neue Orte kennengelernt und an diesen Orten haben zuvor fremde Menschen uns kenngelernt, auch sie sind nun voller guter Eindrücke. Nur Begegnungen zwischen Menschen können uns zeigen, wie viel wir gemeinsam haben – und wie interessant die Besonderheiten anderer sind.

Die Geschichte und Kultur Belgiens ist sicher auch ein besonders gutes Beispiel, wie aus schweren Zeiten, aus Kriegen und Umstürzen eine Welt der friedlichen Gemeinsamkeit werden kann, über die Grenzen von Sprachen, Religionen und Ständen hinweg.

Gerade in Zeiten, in denen manche wieder die Gegensätze zwischen Völkern zu deren Schaden instrumentalisieren wollen, ist Reisen wichtiger denn je.

Freuen wir uns auf neue Erlebnisse und Begegnungen, es gibt noch viel zu entdecken!

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