Eine Liebeserklärung an Belgien und Flanderns schönste Städte
Reisebericht: 08.10. – 13.10.2024
Wir haben sechs Monate im Jahr kein Tageslicht,
Wir haben weder Beaubourg noch die Seine,
Wir sind nicht die Stadt der Liebe, aber gut, das seht ihr ja,
Und sicherlich wird der Himmel heute Abend von einem Sturm bedeckt,
Aber nach dem Gewitter wird mit Bier gefeiert!
Brüssel, ich liebe dich,
Ich habe dich vermisst,
Brüssel, ich liebe dich,
Du bist mein Favorit!
Bruxelles je t’aime, Angèle Van Laeken (geb. 1995)
Ein Reisebericht von
G. Adamietz
Fahrt nach Belgien
Noch vor Tagesanbruch beginnt unsere belgisches Traumreise. Frühmorgens bricht unser großer blauer Bus zur großen Fahrt auf. Quer durch Deutschland versammelt sich eine noch etwas müde, aber bald schon muntere und sehr fröhliche Reisegruppe.
In Chemnitz begrüßt uns bald ein herrlicher Sonnenaufgang und schließlich haben wir fast ganz Deutschland durchquert. Ein letzter Halt im eigenen Land noch in Köln und wir reisen weiter westwärts. Einen Teil der Strecke fahren wir sogar über Deutschlands älteste Autobahn, die wir übrigens Konrad Adenauer verdanken, das muss einmal deutlich gesagt werden.
Die erste Grenze, die wir heute überqueren, ist die deutsch-niederländische. Ein kurzer Halt quasi in Holland (die Definition wird vor Ort genau erläutert) wird für einen Toilettenstopp genutzt. Als wir schließlich dann Belgien erreicht haben, lernen wir bei Löwen bald schon die belgische Staukultur kennen. Nicht weiter schlimm, alle Reisenden können sich bequem zurücklehnen, unsere Fahrer Heiko bringt uns souverän und entspannt an unser Ziel. Im sehr angenehmen und freundlichen Hotel Serwir in Sint-Niklaas angekommen, fühlen wir uns sofort willkommen. Das erste einer Reihe köstlicher Abendessen erwartet uns, bald danach schon sinken alle in ihre bequemen und gemütlichen Betten und träumen den kommenden Abenteuern entgegen.
Brüssel
Angèle Van Laeken ist eine der erfolgreichsten belgischen Musikerinnen der letzten Jahre. Unsere heutige Fahrt nach Brüssel macht ihre eingangs zitierte Liebesserklärung an die Hauptstadt Belgiens für uns mehr als nur verständlich.
Unser Besuch beginnt mit einer Reise in die Vergangenheit und in die Zukunft zugleich. Die gesamte Gruppe nutzt die Gelegenheit, das Atomium, das Wahrzeichen Brüssels und Belgiens, am Morgen von innen zu besichtigen. Dieser monumentale Bau aus dem Jahre 1958 ist auch heute noch ein Symbol für den Glauben an eine friedliche Zukunft, getragen von Technologie und Innovation.
Hier auf dem Heysel-Plateau stößt nun auch Sascha zu uns. Als Stadtführer nimmt er uns auf eine packende und interessante Reise durch seine Stadt Brüssel, die man einfach lieben muss, auch wenn das manchmal nicht so einfach ist. Unser Besuch beginnt zwischen königlichen Parks, Schlössern und Gewächshäusern. Welche interessanten Gemüse hier gezüchtet wurden ist erstaunlich – wir werden am Ende der Reise die bekanntesten davon serviert bekommen. Nun aber geht es ins Zentrum der lebendigen Europastadt. Was die Schwierigkeit des Verkehrs betrifft, können wir uns entspannen – Heiko unser Fahrer bringt uns sicher durch das Labyrinth der Metropole.
Kompetent und unterhaltsam bringt uns unser lokaler Experte Sascha nun Brüssel näher. So erfahren wir, dass wir eigentlich nicht eine Stadt besichtigen, sondern ganze 19 Städte, die gemeinsam eigentlich ein Bundesland bilden – regiert von ihren eigenen Bürgermeistern, nicht ohne Grund Barone genannt. Wir erfahren, was Brüsselisierung bedeutet, und dass das nicht unbedingt etwas Gutes sein muss. Dieser Begriff bezeichnet einen relativ zerstörerischen Ansatz des Städtebaus.
Der zweite Teil unserer Besichtigung wird jedoch architektonisch anmutiger. In einem entspannten Spaziergang, dem berüchtigten Brüsseler Wetter zum Trotz, spazieren wir nun durch die wunderschöne erhaltene Altstadt Brüssels. Wie bei allen folgenden Spaziergängen durch die Stadt, wird unsere Gruppe nun zweigeteilt. Heute führt Sascha weiter eine Hälfte, zusätzlich stößt auch Christophe zu uns. Beide Halbgruppen treffen sich schließlich wieder an einem Ort, der Genuss mit Information verbindet, dem Schokolademuseum!
Immer wieder wird das schlechte Wetter auch von Trockenpausen unterbrochen wie auch immer ist es uns egal, wir erleben einen spannenden und schönen Tag in Brüssel! Nach ausgiebiger Freizeit, mit Gelegenheit außer Schokolade auch Spezialitäten wie Waffeln, Pommes Frites, Pralinen und vieles mehr zu genießen, geht es schließlich wieder zurück in unser entspanntes Hotel in Sint-Niklaas, wo ein nicht minder köstliches Abendessen auf uns wartet. Wir sind nun ganz angekommen in Belgien.
Antwerpen
Gestern hatten wir in Brüssel noch erfahren, wie Belgier mit Staus leben und umgehen. Auf der Fahrt nach Antwerpen verschont uns das Geschick unseres Fahrers Heiko vor ungeplanten Verzögerungen. Auf Schleichwegen kommen wir ohne Verzögerungen direkt nach Antwerpen. Unsere Besichtigung läuft ähnlich ab wie in Brüssel. Höhepunkt unserer Rundfahrt mit unserem lokalen Stadtführe Ludo im Bus ist ein Besuch des spektakulären Hauptbahnhofs der Stadt. Es folgt ein Spaziergang durch die Stadt, auch hier wieder in zwei Teilgruppen. Unser Experte Ludo übernimmt eine, und seine ebenso kompetente und äußerst sympathische Kollegin Sabine die andere.
Nach der Besichtigung der Liebfrauenkirche gibt es etwas Freizeit, bevor wir das erstaunliche Plantin-Moretus-Museum besichtigen. Hier scheint die Zeit seit Jahrhunderten stillzustehen. Wir erleben die Welt eines frühen Verlagshauses, einer Druckerei und auch das alltägliche Leben einer wohlhabenden Familie in früheren Zeiten. Noch etwas Freizeit, dann treffen wir wieder Heiko an unserem großen blauen Bus. Trotz Sonnenschein es ist es inzwischen etwas kühl geworden und so freuen wir uns auf die zügige Heimfahrt in unser Hotel, dass inzwischen unser zweites Zuhause in Belgien geworden ist. Ein weiteres köstliches Abendessen schließt den Tag würdig ab und noch so mancher lässt den Tag auch noch an der Hotelbar mit neu gewonnenen Freunden ausklingen.
(Im Videolink wird die Geschichte von Nello und Patrasche erzählt, die deutsche Version hieß "Niklaas, ein Junge aus Flandern")
Gent und Ostende
Heute Morgen haben wir nach unserer Ankunft in Gent noch kurz Gelegenheit, den traditionellen Freitagsmarkt zu besuchen, einen Flohmarkt auf dem es allerlei zur entdecken gibt, er findet hier wöchentlich statt, doch nun zum offiziellen Programm!
Wie gehabt in zwei Gruppen führen uns Helga und Annelies durch ihre Stadt Gent. Es wird der Jahreszeit entsprechend restwarm und vor allem aber sonnig. Nun kann die Stadt noch mehr glänzen als sie es ohnehin tut! Nach Freizeit und Mittagspause treffen wir uns zum kulturellen Höhepunkt des Tages und unserer Reise: der Besichtigung des Genter Altars. Eine faszinierende moderne Präsentation mit Virtual Reality lässt uns ins Mittelalter eintauchen.
Als wir schließlich vor dem Genter Altar stehen, ist es fast so, als wären wir in der damaligen Zeit dabei gewesen!
Dieses Erlebnis lässt sich kaum noch übertreffen, wir brechen dennoch unerschrocken auf zu neuen Ufern – diesmal wörtlich. Unsere Fahrt führt uns zum Abschluss des heutigen Tages in das legendäre Seebad Ostende. Dass die Saison dieses kleinen aber feudalen Städtchens bereits für dieses Jahr vorbei ist, ist für uns das kleinste Problem. Spontan eröffnen wir am berühmten Kursaal unsere eigene Strandbar im allerschönsten Sonnenschein. Wir mixen uns einen urbelgischen Cocktail, Picon Royal, und erheben die Gläser, auf uns! Hier gibt es noch etwas Zeit um am Strand zu feiern oder zu spazieren bevor wir in unser Hotel in Sint-Niklaas zu einem weiteren ganz hervorragenden Abendessen zurückfahren – und schließlich glücklich und zufrieden in unsere Betten fallen.
Brügge
Unsere Reise durch das Herz von Belgiens ist noch lange nicht zu Ende, auch wenn heute schon unser letzter ganzer Tag in diesem wunderschönen Land angebrochen ist. Kaum zu glauben wie schnell die Zeit verging.
Ein wahrer Höhepunkt erwartet uns heute: Brügge. Die Anreise beschert uns auch das Erlebnis einer großen Straßenverkehrskontrolle der königlichen belgischen Polizei, des Arbeitsschutzes und einiger anderer Behörden. Ihre Arbeit ist wichtig es geht um die Verhinderung von Schwarzarbeit und Schlimmerem. Mit etwas Verzögerung erreichen wir dann doch bald die Grenzen der historischen Altstadt von Brügge. Das Stadtzentrum ist weitgehend autofrei und so führt uns ein kurzer Fußweg in die vollständig erhaltene historische Innenstadt. Hier gibt es nur noch wenige motorisierte Fahrzeuge, jedoch zahlreiche Kutschen, die sich den Weg durch die Wurzeln der Fußgängermenge bahnen. Es ist tatsächlich recht einfach sich mit geschlossenen Augen ins Mittelalter versetzt zu fühlen.
Unsere Besichtigung beginnt mit einem Perspektivwechsel. Ein kleines offenes Boot, ganz allein für unsere Reisegruppe, fährt uns durch die Kanäle der Stadt, die hier Reien heißen. Der kurzweilige Kommentar unseres Kapitäns lässt uns den leichten Nieselregen und fast vergessen. Nun folgt der detaillierte Stadtrundgang. Schon am Bootssteg warten Inge und ihr Kollege Chris, die uns wieder in zwei Gruppen ihre faszinierende, bunte Heimatstadt Brügge näherbringen.
In der freien Zeit im Anschluss werden neue Versionen belgischer Waffeln, Pommes Frites und andere Delikatessen probiert, es ist Zeit zum Bummeln zum Fotografieren und einkaufen. Regen hatten wir ja nur kurz, während unserer Bootsfahrt, dennoch merken wir, dass auch in Belgien inzwischen Oktober ist. Unser warmer Reisebus erwartet uns. Geht es nun direkt nach Hause? Nein, auf dem Weg nach Sint-Niklaas erwartet uns noch eine kleine Überraschung.
Erst vor kurzem wurde an einem alten Grenzstein zwischen Belgien und den Niederlanden der neue Aussichtsturm Niemandsland richtet. Nur wenige hundert Meter von unserer Route entfernt lassen wir uns diesen faszinierenden Ort nicht entgehen. Kaum zu glauben, dass vor einigen Jahrhunderten hier blutige Kämpfe während des 80-jährigen Krieges ihre Opfer forderten. Hier erleben wir einen ganz anderen Umgang mit Grenzen, die Länder nicht nur trennen, sondern auch in Freundschaft verbinden können.
Eine weitere kleine Überraschung ist noch ein Umtrunk bei dem wir wohlverdient auf unsere gelungene Reise anstoßen können. Die belgische Landwirtschaft bietet nicht nur Maisfelder, die direkt an der Staatsgrenze liegen, sondern auch Getreideprodukte, die in jahrhundertealter Tradition zu köstlichen Getränken wie Genever verarbeitet werden…
Unser Abendessen heute ist ein weiterer kulinarischer Höhepunkt. Tatsächlich haben wir hier regelmäßig belgische Spezialitäten aufgetischt bekommen, fast ohne es zu merken, so sehr ist die belgische Küche zur Weltküche geworden. Heute gibt es unter anderem Chicorée, ein Gemüse, das ebenso wie Rosenkohl in Belgien erfunden und gezüchtet wurde, von Pommes Frites gar nicht zu reden! Wenn wir diese Köstlichkeiten in Zukunft essen werden, werden wir wohl immer an Belgien denken, an unsere wunderschöne Zeit und das gemeinsam Erlebte.
Heimreise
Ein letztes köstliches Frühstück mit belgischen Spezialitäten wie Spekulatiuscreme und Schokohagel stärkt uns für die Heimreise. Wir verabschieden uns von unseren, mit dem Auto angereisten, Freunden und nun fährt uns Heiko in unserem Bus Richtung Heimat. Wir durchqueren die Niederlande, für einen kurzen Augenblick, und sind bald schon wieder in Deutschland. Ein erster Halt in Köln, weitere werden folgen und schließlich erreichen wir den Osten der Bundesrepublik Hier verabschieden wir uns von Heiko, Rest der Strecke bringt uns sein Kollege Mathias sicher nach Hause. Es ist schön zu verreisen, es ist auch schön sicher und erholt wieder zu Hause anzukommen und die Erlebnisse Revue passieren zu lassen. Heute fallen wir sicher wieder alle ins Bett voller Träume und denken an Flandern und unsere Erlebnisse, diesmal nicht mehr in unserem Hotel sondern in unseren eigenen Betten zu Hause.
Wer hätte das gedacht, es ist schon erstaunlich, dass so ein kleines Land direkt in unserer Nachbarschaft so viel für uns Unentdecktes zu bieten hat und wir, die wir auch ans andere Ende der Welt reisen können, haben gut daran getan uns in unserer unmittelbaren Umgebung umzusehen und die unglaubliche Geschichte, Vielfalt und Schönheit, den künstlerischen Reichtum und die eindrucksvolle Vielfalt unseres Nachbarn Belgien, und insbesondere Flandern kennenzulernen. Unsere unvergesslichen Eindrücke kann uns niemand mehr nehmen. Unsere Erinnerungen können niemals weniger werden, sie können sich nur vervielfachen, indem wir sie teilen – und das ist, was die Faszination des Reisens ausmacht.
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