Reisebericht: Silvesterreise Belgien – Jahreswechsel in Brüssel

29.12. – 02.01.2011, 5 Tage Rundreise zu Silvester in Belgien mit Brüssel – Brügge – Antwerpen


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Seit vielen Jahren, sozusagen „traditionell“ leite ich die Reise über Silvester nach Brüssel, eine Fünf-Tages-Reise mit tollem Programm, die einen Jahreswechsel in toller Atmosphäre mit netten Leuten in einer der schönsten Städte Europas vers
Ein Reisebericht von
Dr. Michael Krause
Dr. Michael Krause

Reisebericht

Es ist ein Land, das viele nur vom Durchfahren kennen. Ein Land, das touristisch nicht in aller Munde ist und das dennoch unendlich viel zu bieten hat. Die Rede ist von Belgien, dem kleinen benachbarten Königreich, in dem die reiche historische Kultur Flanderns zusammen mit den bezaubernden Landschaften der Ardennen eine Reihe von Höhepunkten versprechen.
Jedes Jahr freue ich mich auf unsere Belgienreisen, weil ich schon vorher das Erstaunen genieße, das sich auf den Gesichtern der Reisegäste abzeichnet, wenn sie feststellen: „So viel hat Belgien zu bieten...?!"
So ist vielleicht auch nicht verwunderlich, dass ich schon seit vielen Jahren, sozusagen „traditionell" die Reise über den Jahreswechsel nach Brüssel leite, denn obwohl es „nur" eine Fünf-Tages-Reise ist, hat sie ein tolles Programm und verspricht einen Jahreswechsel in angenehmer und freundlicher Atmosphäre in einer Stadt, die manche für die schönster des Kontinentshalten. Aber das ist natürlich Ansichtssache, denn Orte lassen fast nie eins zu eins vergleichen.
Auch dieses Jahr war es am Morgen des 30. Dezember soweit - wir trafen uns an den Eberhardt-Bus-Sonderfahrtenständen am Dresdner Flughafen um in westlicher Richtung davonzufahren. Aber was war das für ein Morgen! Klirrende Kälte von minus elf Grad trieb uns geradezu in den schönen warmen Bus. Während sonst immer noch alle ein bisschen draußen stehen, plaudern und ein paar Fragen an Reiseleiter, Busfahrer oder Eberhardt-Mitarbeiter haben, sah man an diesem Morgen alles in die Wärme streben.
Aber es kam noch schlimmer. Von Kilometer zu Kilometer, von Abholstelle zu Abholstelle zu Abholstelle sank die Temperatur, die an der Raststätte Teufelstal bereits die 20-Grad-minus-Marke unterschritten hatte „Wird denn das denn noch schlimmer?", war bei vielen die bange Frage, aber ich konnte ein wenig beruhigen, denn die Voraussage für das am Meer gelegene Belgien ging - bis auf die südlichen Ardennen - von Temperaturen im Plusbereich aus.
So erklärte ich dann, als alle vollzählig waren, ein wenig über die zu erwartende Tagesstrecke, zu belgischen Besonderheiten und dazu, dass die 700 km nach Westen bis Brüssel immerhin dafür sorgen, dass die Sonne eine Dreiviertelstunde später auf - und später untergeht als bei uns zu Hause.
Unter Streckenkommentaren, organisatorischen Erläuterungen und ein bisschen Geplauder über diese gerade begonnene Silvesterreise verging die Zeit wie im Fluge. Wie immer bei unseren Busreisen gab es ausreichend Pausen und schon zu Mittag hatten wir nicht nur bereits das "Bergische Land" kurz vor Köln erreicht, sondern auch die Temperaturen waren merklich gestiegen. Wir passierten die Domstadt Köln, überquerten den Rhein und hatten recht früh bereits die belgische Grenze erreicht - und hier, als sei es verabredet, wechselte das Thermometer in den Plusbereich.
Ich erzählte nun meinen Reisegästen ein bisschen was zum Königreich Belgien und was es so zu bieten hätte, auch was wir zu Silvester erwarten könnten - und fast schien es mir, als sei mein kleine Vortrag über die belgischen Biere, insbesondere die nach alter Tradition von Mönchen gebrauten, derjenige, der am besten ankam. Und ehrlich: nirgendwo ist die Vielfalt leckeren Gebräues so groß wie in Belgien, und wann sollte man eher darüber reden als zum Anlass Silvester...
Recht früh erreichten wir, sicher dank des geringen Verkehrsaufkommens, die belgische Hauptstadt. Unser Hotel „Crowne Plaza" ist nicht nur ein sehr gutes Haus, sondern bietet mit seiner verkehrsgünstigen Lage direkt am Rand des Stadtzentrums einen hervorragenden Ausgangspunkt sowohl für geführte Rundgänge als auch für Unternehmungen auf eigene Faust. Die konnte ich meinen Gästen nur anraten, denn ein Spaziergang zum „Großen Markt" von Brüssel ist immer ein Erlebnis, zumal dieser Platz nur zehn bis fünfzehn Minuten zu Fuß von unserem Hotel lag.
Vorher jedoch zogen wir für vier Übernachtungen ins Hotel ein und trafen uns dann zum Abendessen. Das war für viele bereits eine Überraschung - gab es doch, neben köstlichem Nachtisch, ein Hauptgericht, dass viele noch nie gegessen hatten - hervorragend zubereiteten Stachelrochen.
Der zweite Reisetag begann - nach ausgiebigem hervorragendem Frühstück - mit der großen Stadtrundfahrt in Brüssel. Schön ist es, dass wir in Brüssel Zeit haben, denn es gibt viel zu sehen. Da die Innenstadt von Brüssel so verwinkelt ist, dass man mit dem Bus nicht hereinfahren kann, haben wir die Stadtbesichtigung einfach zweigeteilt: eine ausführliche Rundfahrt per Bus mit immer wieder Aussteigen zeigt alles Sehenswerte, das per Bus erreichbar ist und ein anschließender RundGANG führt durch die engen Gassen der Altstadt und zeigt dann die ganz besonderen Highlights. Zunächst ging es auf den Boulevardring, jene rings um die Altstadt herumführende breite, mehrspurige Prachtstraße, die 1905 auf Wunsch des Königs anläßlich des 75jährigen Staatsjubiläums angelegt worden war. Bürgermeister Anspach hatte dazu fast alle Reste der alten Stadtbefestigung niederreißen lassen und auf bzw. aus diesen alten Wehranlagen war die Ringstraße entstanden. Ein paar Befestigungsreste gibt es aber noch und so war die „Porte des Halles", das Hallische Tor, der erste Besichtigungspunkt. Dann folgten wir dem Verlauf des Boulevardringes und bogen schließlich zum Polaert-Platz ab. Hier stiegen wir erst einmal aus und ich informierte die Gruppe über den Platz, den danebenliegenden Justizpalast, Ende des 19.Jh. das größte Profangebäude Europas, und über die Kriegerdenkmäler auf dem Platz. Vom Justizpalast ging es durch die Regentschaftsstraße weiter, aufs Regierungsviertel zu, nicht ohne an der Sandkirche zu halten. Diese gotische Kirche mit ihren herrlichen spätgotischen Fenstern liegt an einem früheren Friedhof, heute ein interessanter Platz mit Grünanlagen, dem Denkmal für die Grafen Egmont und Hoorn sowie einem interessanten Zünfte-Denkmal. Ein Stück weiter liegt links nicht nur das Museum der schönen Künste mit einer bemerkenswerten Gemäldesammlung von Weltrang. Sondern auch der von der großen Bronzestatue Gottfrieds von Bouillon beherrschte Regierungsplatz. Wir fuhren daran vorbei, um kurz danach vor dem Stadtschloss, dem offiziellen Amtssitz des Königs von Belgien zu parken. Zu Fuß gingen wir zurück zum Regierungsplatz um Außenministerium und Krönungskirche zu bewundern und die Geschichte von Gottfried von Bouillon zu hören, der im 11. Jahrhundert den ersten Kreuzzug angeführt und Jerusalem für die Christen erobert hatte. Bis heute sind die sehr katholischen Belgier stolz auf ihn.
Dicht neben dem Regierungsplatz liegt der Kunstberg. Er hat seinen Namen einmal von der Vielzahl von Museen und Kultureinrichtungen um ihn herum, zum anderen davon, dass er teilweise künstlich auf Schutt angelegt wurde. Von hier kann man die historische Altstadt, überragt vom Rathausturm, überblicken. Auch lassen sich von hier gut Orientierungshilfen für die spätere Freizeit geben. Zurück im Bus fuhren wir zum „Jubelpark", eingerichtet zum 50jährigen Geburtstag des Staates Belgien 1880. Der Park wird dominiert durch einen großen Triumphbogen, der sich zwischen zwei riesigen Ausstellungshallen spannt, in denen heute ein Automobilmuseum sowie ein Militärmuseum untergebracht sind. Hier ist nicht nur Gelegenheit zum Fotostop, sondern hier kann man auch auf die Toilette gehen!
Die weitere Busfahrt führte sodann durch das moderne EU-Viertel mit seinem restaurierten x-förmigen Hauptgebäude, dann ein Stück durch die Innenstadt, am Parlamentsgebäude und der Kongresssäule vorbei, um dann die Brüsseler Innenstadt in nördlicher Richtung zu verlassen. Am alten Hafen vorbei zeigte sich bald die neogotische Kirche von Laeken, die für den König wichtige Kirche, denn sein Wohnschloß liegt gleich nebenan. Hier fährt man natürlich langsam und mit einem kleinen Umweg vorbei, denn es gibt viel zu sehen: Das Königsschloss, in dem schon Napoléon residiert hatte, die königlichen Gewächshäuser sowie ein chinesisches Teehaus und eine japanische Pagode, alles Geschenke ausländischer Potentaten an die Könige von Belgien. Dann endete die Stadtrundfahrt am Wahrzeichen Brüssels, dem Atomium. Die 165-millardenfache Vergrößerung eines Eisenatoms ist über 100 m hoch und wurde 1958 anlässlich der Weltausstellung in Brüssel errichtet.
Hier machten wir einen längeren Fotostop und anschließend Mittagspause mit Versorgung aus der Bordküche
Nach der Rückfahrt in die Brüsseler Innenstadt begannen wir unseren Rundgang zu Fuß - natürlich mit einem weiteren Wahrzeichen Brüssels, mit Manneken Pis. Im Gegensatz zu seiner Bekanntheit steht seine Größe - das bronzene Kerlchen, um das sich zahlreiche Legenden und inzwischen auch Brüsseler Bräuche ranken, ist bloß etwas über 40 cm hoch. Enttäuscht ist man aber eigentlich nicht, denn am Manneken trifft sich die halbe (touristische) Welt, Fotos werden gemacht und hier beginnt auch die nach Waffeln und Schokolade duftende und von Souvenir- und Pralinengeschäften gesäumte Gasse, die auf dem Marktplatz endet. Langsam schlenderten wir also zum Marktplatz, der stets ein Staunen auf die Gesichter zaubert. Mit Sicherheit ist er einer der schönsten Plätze Europas, der noch dazu ein geschlossenes Gesamtbild bunter und reichverzierter Häuserfassaden bildet. Dominiert vom gotischen Rathaus auf der einen und dem spätgotischen „Broodhaus" auf der anderen Längsseite des Platzes, säumen zahlreiche Patrizierhäuser mit wundervollen Fassaden den Platz. Der ganze Ort atmet Geschichte, hier wurde jahrhundertelang Politik gemacht und man braucht definitiv ein paar Minuten, um alles zu erfassen und zu fotografieren.
Wir schlenderten weiter, durch die älteste Einkaufspassage Europas und durch die berühmten „Fress-Gassen", in denen mehr als hundert hervorragende Restaurants direkt nebeneinander liegen. Hier würden wir morgen Silvesterfeiern - zünftiger geht es nicht in Brüssel!.
Eine kleine Besonderheit hatte ich mir für die Gäste noch aufgehoben: Was wenige wissen - es gibt seit ein paar Jahren das weibliche Gegenstück zu „Manneken Pis". Seine Freundin „Jeanneke Pis" liegt versteckt in einer Nebengasse und sorgte bei meinen Gästen für erhebliche Heiterkeit.
Ja, dann war der Abschluss der Tour fast erreicht. Ich ging mit den Gästen noch zum Münzplatz, an dem de facto die Geschichte des modernen Belgien begonnen hatte, doch der war eine Baustelle, so dass ich nur kurz die Geschichte vom Aufstand der Belgier erzählte, der genau hier 1830 durch eine Theateraufführung ausgelöst wurde.
Dann war die mehrstündige Führung durch Brüssel vorbei. Ich gab den Gästen noch verschiedene Tipps zur Gestaltung des freien Nachmittags und Abends und verabschiedete mich bis zum nächsten Tag.
Der heutige Tag begann wieder mit reichhaltigem Frühstück - bis vor kurzem in Belgien auch in sehr guten Hotels nicht immer selbstverständlich. Die zweitgrößte Stadt des Landes, das nur eine Autostunde entfernte Antwerpen, stand auf dem Programm. Es liegt im flämisch-sprachigen Gebiet Belgiens und so habe ich mit meinen Gästen ein paar Worte dieser mit dem Deutschen sehr eng verwandten Sprache gelernt. Unversehens waren wir in Antwerpen - um zu meiner Überraschung festzustellen, dass der bekannte (und einzige) Busparkplatz wegen abendlichen Feuerwerkes gesperrt war. Aber zumindest Aussteigen durften wir hier,, machten mit dem Busfahrer eine Treffzeit aus und begannen unseren Rundgang durch eine der schönsten alten belgischen Städte. Zunächst einmal fuhren wir eine Rolltreppe hinunter zum Eingang des berühmten Antwerpener Fußgänger- und Fahrradtunnels, der mehr als einen halben Kilometer lang, kachelverziert die Schelde unterquert - ein interessantes Industriedenkmal, das viele gar nicht kennen und das die einheimischen Reiseleiter meist nicht zeigen. Dann wanderten wir zum Museum für Druckerei im Plantin-Moretus-Haus. Hier gibt es einen herrlichen original erhaltenen Renaissance-Innenhof und man kann auf die Toilette gehen - immer wichtig bei Reisegruppen und ganz besonders bei kühlen Temperaturen. Die lagen auch heute knapp über null Grad, aber im Gegensatz zu gestern war es ungemütlich nasskalt.
Der weitere Gang durch Antwerpen führte durch die alte Pilgerstraße bis zur Kathedrale,, die wir aber erst später besuchen wollten.
Markt und Rathaus rechts von uns gelangten wir zum Scheldeufer und ein Stück am Fluss entlang zum „Steen". Die alte Burg aus dem zwölften Jahrhundert wurde von Karl IV., dem habsburgischen Kaiser zur Bewachung der Hafenanlagen an der Schelde ausgebaut und beherbergt heute ein Schifffahrtsmuseum. Vor dem historischen Gemäuer steht der „Wapper", die Gestalt eines bösen Dämonen der Antwerpener Sagenwelt. Wenige Schritte daneben, nun wieder stadteinwärts vom Scheldeufer , steht das vielleicht schönste Profangebäude der Stadt: Fast wie eine Kirche sieht das im spätgotischen Stil von den Gebrüdern Wagemakere errichtete „Vleeshuis" aus, das einstige Zunfthaus der Fleischergilde. Man sagt, die ungewöhnliche Steinschichtung seiner Wände - weißer Kalkstein und roter Backstein, solle an Fleisch und Speck erinnern, mit denen die Gilde, für die der Bau errichtet wurde, ja ständig umging.
Von hier ging es dann zum „Großen Markt", der ganz ähnlich aufgebaut ist wie der in Brüssel, allerdings nicht ganz so geschlossen wirkt. Auch hier herrliche Patrizier- und Zunfthaus-Fassaden, die den Markt säumen und auch hier die Dominanz des Rathauses - dieses allerdings nicht gotisch wie das Brüsseler, sondern der erste geschlossene Renaissancebau nördlich der Alpen, Ende des15.Jh. errichtet von Cornelis de Vriendt.
In der Mitte des Marktplatzes von Antwerpen steht der Brabo-Brunnen, der an die alte Gründungslegende der Stadt erinnert, nach der ein mutiger Soldat namens Silvius Brabo die Stadt aus der Herrschaft eines bösen Riesen befreite. Nach diesem Helden soll übrigens die ganze Gegend in „Brabant" benannt worden sein.
Nach Verweilen auf dem Marktplatz ging es dann endlich in die Kathedrale. Und die hat es in sich! Nicht nur der herrliche Bau von Belgiens größter Kirche an sich, vor allem die kostbaren Gemälde, die der Sakralbau beherbergt, machen Ihn einzigartig. Mehrere Originalgemälde des großen Sohnes von Antwerpen, Peter Paul Rubens, machen die Kirche zu einem Kleinod! Kreuzaufrichtung und Kreuzabnahme, in kräftigen Farben und Farbspielen zwischen blutrot, schneeweiß und blauem Kontrastpunkt gehalten, wühlen die Sinne auf und geben einen Eindruck von der Wirkung von Kunst.
Wie immer endete auch diesmal meine offizielle Führung hier, um den besonders interessierten Gästen die Möglichkeit zu geben, länger „bei Rubens" zu verweilen. Mit allen anderen, die Lust dazu verspürten, setzte ich den Rundgang noch bis zum Rubenshaus fort - dem Museum im Wohnhaus des Malers und Staatsmannes.
Hier gab es dann Freizeit zum Mittagessen und Bummeln, denn alle Geschäfte in Antwerpen waren offen.
Am Nachmittag trafen wir am Scheldeufer mit dem Bus. Unser Busfahrer, Andreas Marx, hatte Gutes vorbereitet für uns: heißen Kaffee und sogar Glühwein - ein Segen bei dem nasskalten Wetter. Rasch ging es dann zurück nach Brüssel zum Hotel, wo noch etwa vier Stunden blieben, bevor es zur Silvesterfeier ging.
Traditionell wird in Belgien und vor allem in Brüssel wesentlich verhaltener gefeiert als bei uns - ein gutes Abendessen, Treffen mit Freunden, ein Glas Sekt - oder auch Bier! - zum Anstoßen und dann geht man hinaus, möglichst auf den Großen Markt, um jedermann, dem man begegnet, ein frohes neues Jahr zu wünschen.
Wir saßen in einem gemütlichen Lokal an der "Freßgasse" hatten eine Etage für uns und genossen ein Viergang-Menü, nachdem wir mit einem „Kir Royal" begrüßt worden waren. Da Andreas und ich Tischfeuerwerk, Knallbonbons und Wunderkerzen mitgebracht hatten , konnten wir durchaus Silvesterstimmung aufkommen lassen. Neben dem guten Essen waren Wein und belgisches Abteibier im Angebot und obwohl es nicht ganz zum Erscheinungsbild des Oktoberfestes reichte, haben wir doch einen schönen und angenehmen Abend verbracht. Pünktlich kurz vor zwölf bekamen alle ein Glas Sekt und nach dem Anstoßen und „Prosit Neujahr!-Wünschen" sind die meisten von uns im Trubel des nahegelegenen Großen Marktes verschwunden, um mit den Belgiern Neujahrswünsche auszutauschen.
Auch der vierte Reisetag sollte recht aktiv werden! Nach dem Frühstück führte unser Weg nach Brügge, der „Stadt aus dem Mittelalter". Vorher hatte ich aber - ganz im Sinne des "Richtig Reisen!"-Gedankens von Eberhardt, noch einer kleine Überraschung. Wir bogen vorzeitig von der Autobahn ab, um Brügge über die kleinen idyllischen flämischen Dörfer zu erreichen. Dann sind wir nicht gleich nach Brügge eingeschwenkt, sondern einen kleinen Umweg gefahren, um Damme zu erreichen. Das Städtchen hatte im Mittelalter große Bedeutung als Hafen von Brügge. Im Mittelalter war es so groß wie Erfurt oder Magdeburg in Deutschland. Von einstiger Pracht zeugt noch die Ruine der gewaltigen Kirche - viel zu groß für ein kleines Städtchen - und das herrliche Rathaus in Brabanter Gotik. Nach der Rückkehr zum Bus bot Andreas wieder Kaffee und Glühwein an - das Richtige zum Aufwärmen, denn auch dieser Tag war wieder recht nasskalt.
Nach der Kaffeepause ging es nun aber wirklich nach Brügge. Auf einem ausgedehnten Spaziergang widmeten wir uns der Stadt, die im Mittelalter stehengeblieben scheint. Zunächst besichtigten wir den Beginenhof, eine klosterähnliche Einrichtung und danach durchstreiften wir auf verschlungenen Wegen die Stadt. Einer der Höhepunkte ist die Salvatorkirche mit ihrem 123 m hohen Kirchturm. Im Inneren beherbergt sie einen einmaligen Kunstschatz: eine wundervolle Marmor-Madonna von Michelangelo, in Auftrag gegeben und gestiftet von einem Brügger Kaufmann. Nach etwas Zeit für dieses Kunstwerk sahen wir uns die herrliche Grachtenszenerie im Kirchhof an, auf dem auch das kleinste gotische Fenster der Welt zu bewundern ist. Danach ging es zum Hof des Palastes der Herren von Gruthuuse, einer reichen Patrizierfamilie die auch als Politiker von sich reden machte. Der Hof in Formen der Spätgotik und Frührenaissance ist sehr sehenswert.
Weiter ging es - an den Grachten entlang zum schönsten Aussichtspunkt von Brügge - der Rozengracht. Hier soll die meistfotografierte Stelle Brügges sein. Unmittelbar daneben liegt der alte Gerbermarkt, Paradebeispiel eines mittelalterlichen Handwerkermarktes.
Nur wenige Schritte und man steht auf dem prächtigsten Marktplatz von Brügge - der Burg. Das gotische Rathaus wirkt wie eine geschnitzte Truhe - nur alles aus Sandstein. Die danebenliegende Heiligblutkapelle - nach einer Reliquie aus den Kreuzzügen benannt - ist ein wichtiger Wallfahrtsort, der jedes Jahr zum Heiligblut-Umzug im Mai tausende Besucher anlockt. Leider war dieses Mal das sonst so prächtige Bild gestört, nicht nur wegen des einsetzenden Regens, sondern weil sich die Buden und Utensilien verschiedener Schausteller auf dem Platz befanden.
So zog unsere Reisegruppe noch weiter, zum letzten Höhepunkt Brügges: dem Großen Markt. Fast jede Stadt in Belgien hat einen, aber der von Brügge gehört - wie auch die von Brüssel und Antwerpen - zu den schönsten. Dominiert wird er vom 83 m hohen Belfried, einer burgartigen turmgekrönten Anlage, die einst Reichtum und Macht der Stadt Brügge symbolisierte. In der Mitte des Marktes, leider verdeckt von den Buden des noch geöffneten Weihnachtsmarktes, steht das Denkmal von Jan Breydel und Pieter de Koninck. Diese beiden Anführer der Zünfte von Gent bzw. Brügge hatten es im Jahre 1302 geschafft, die traditionell verfeindeten Städte im Kampf gegen eine angreifende französische Ritterarmee zu vereinen und die Angreifer zu besiegen. Diese gewonnene „Schlacht der Goldenen Sporen" sicherte die Unabhängigkeit Flanderns und war eine der Grundlagen für Macht und Reichtum der flämischen Städte.
An diesem historischen Ort verabschiedeten wir uns zur Freizeit, die leider von Regen überschattet wurde, und trafen uns am späten Nachmittag am Bus mit Kaffee und Glühwein, bevor wir nach Brüssel zurückfuhren und das letzte Abendessen dieser Reise im Hotel genossen.
Viel zu kurz war diese Belgienreise - so empfanden es auch die Gäste, als wir am fünften Reisetag nach opulentem Frühstück das gastliche Brüssel verließen. EIN kleines Extra konnte ich allerdings noch einbauen - mit nur kleinem Umweg ließ sich Waterloo erreichen. Hier gab es noch einen Fotostop am Schlachtfeld, das heute überragt wird von der „butte di Lion", dem Löwenhügel.
Ungehindert ging es dann in östlicher Richtung zurück nach Hause und wir erreichten Dresden am Abend.
Vielleicht hat diese Reise den einen oder anderen Reisegast zu der Überlegung veranlasst, noch mal in das kleine Königreich zu fahren. Vielleicht auch, dass wir wieder einmal zusammen reisen?
Ich würde mich freuen! Bis bald!
Ihr Studienreiseleiter
Dr. Michael Krause

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