Reisebericht: Radreise Belgien – Durch die Schatzkammer Flandern

14.06. – 21.06.2010, 8 Tage Rundreise Brüssel – Gent – Brügge – Nordsee – Burgenrundfahrt – Ypern (245 Radkilometer)


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Belgien: Brügge, Belfriede, Beginenhöfe und belgisches Bier sind nur einige der Höhepunkte unserer Radreise durch die flache Landschaft Flanderns bis zur Nordseeküste
Ein Reisebericht von
Jana Maria Kleibert

Reisebericht

Unsere Radreise führt uns in das ausgesprochen radfreundliche Flandern, die niederländischsprachige Provinz Belgiens. Wir übernachten in der wohl schönsten Stadt Belgiens, in Brügge, sehen mittelalterliche Städte mit Belfrieden und Beginenhöfen, probieren einige der 400 verschiedenen Biersorten und fahren an der Nordseeküste, durch die Polderlandschaft, entlang von Schlössern und Villen und durch beschauliche Orte. Doch lesen Sie selbst...
 
Anreise in die Geneverstadt Hasselt
Früh am morgen starten wir von Dresden aus unsere Reise gen Westen, in das kleine Land Belgien. Einige Gäste nutzen den kostenlosen Fun-Hotel-Service und reisen schon bequem am Vortag an und übernachten im Hotel in Kesselsdorf, bevor die Reise beginnt. So können Sie stressfrei etwas länger schlafen.

Mit einer kleinen Gruppe von nur 12 Reisegästen fahren wir zuerst in die flämische Stadt Hasselt, bekannt für die Tradition des Geneverbrennens. Am Abend erreichen wir unser Hotel am Ring der Stadt und nach einer kurzen Pause zum Frischmachen, erkunden wir die Stadt bei einem kleinen Rundgang, der im „Borrelhuis“ endet. Hier, gegenüber von dem Jenevermuseum steht alles ganz im Zeichen des Jenever. Alle drei Gänge unseres reichhaltigen Abendessens wurden mit Jenever hergestellt, von der Suppe, über das Haupgericht bis hin zum Nachtisch, wurde das „Lebenswasser“ verwendet. Sehr schmackhaft, wie wir einstimmig finden.
 
 
Brüssel, Atomium und erste Radtour entlang der Leie
Nach der Übernachtung in Hasselt, fahren wir am nächsten Morgen in die Hauptstadt Belgiens nach Brüssel. Hier empfängt uns der Stadtführer Luc auf dem beeindruckenden Grote Markt. Er zeigt uns die schönsten Ecken von Brüssel und erklärt wissenswertes zu der Stadt während unserem Stadtrundgang.
 

 
 
 


 
 
 
Natürlich kommen wir auch am Wahrzeichen „Manneken Pis“ vorbei. Der Geruch der frischgebackenen belgischen Waffeln ist zu verlockend für die meisten Gäste und so gönnen wir uns etwas von der Leckerei bevor es weitergeht zum Atomium, das für die Weltausstellung von 1958 gebaute 165-milliardenfach vergrößerte Eisenmolekül.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
Nach einem Fotostop fahren wir weiter in Richtung Gent, wo wir nahe der Stadt zum ersten Mal die Räder besteigen.
 

An der geschwungenen Leie fahren wir bis ins Künstlerdorf Deurle, entlang von wunderschönen Landschaften, Feldern und gepflegten Wohnhäusern und Villen. Die Radwege sind gut ausgebaut und leicht zu bewältigen, das schöne Wetter tut sein übriges um diese erste Radtour von etwa 20 Kilometern zu einem schönen Erlebnis werden zu lassen. Unser Bus mit Radhänger holt uns aus Deurle wieder ab und wir fahren nach Brügge, unser Hotel für die gesamte Radreise. Nachdem wir eingecheckt haben geht es auch schon zum Abendessen. Sehr idyllisch an einer Gracht mit Gänsen und in direkter Nähe zum Beginenhof essen wir zu Abend und lassen diesen Tag voller Eindrück ausklingen.
 
 
Brügge, Radtour in der Umgebung von Brügge und "Brugse Zot"
Nach dem Frühstück am nächsten Tag gehen wir zusammen durch das Smeedenpoort, das Stadttor der Schmiede in die Innenstadt, wo wir unsere Stadtführerin Rosa treffen.
 

 
 
 
 
 
 
 
Zu Fuß erkunden wir die wohl schönste Stadt Flanderns, durch mittelalterlichen Gassen und entlang von Grachten. Wir sehen den Beginenhof,  das alte Sint-Jansspitaal und erreichen schließlich den Grote Markt mit dem beeindruckenden Belfried. Es ist Markttag und so ist der Platz voller Menschen. Wir haben die Gelegenheit frische belgische Erdbeeren kaufen zu können und genießen noch ein wenig das Flair der Stadt bei einer kurzen Mittagspause. Am Nachmittag dann erkunden wir die Umgebung von Brügge mit dem Fahrrad während einer 20 Kilometer langen Radtour. Den äußeren, begrünten Ring herum, an Windmühlen und Hängebrücken entlang fahren wir aus der Stadt hinaus und gelangen über Felder zu einer Abtei. Wir für uns bereitgestellt, können wir die Sonne im Klostergarten auf bequemen Stühlen und Bänken genießen. Eine Nonne schließt die Tür auf und verkauft uns ein paar Postkarten und wir lassen ein wenig die Seele baumeln, bevor es wieder auf die Räder geht. Durch von Rotbuchen gesäumte Wege gelangen wir wieder nach Brügge, wo für uns am späten Nachmittag eine Brauereiführung auf dem Programm steht. Das einzige echte Brügger Bier „Brugse Zot“ wird hier gebraut und wir können während der Führung sehen, wie ursprünglicherweise das Bier hergestellt wurde. Von dem Dach des Gebäudes erstreckt sich ein schöner Blick über die Stadt. Und natürlich darf eine Kostprobe des hellen, ungefilterten Biers nicht fehlen! Anschließend haben wir noch ein Abendessen in der Brauerei, es gibt eine Art Gulasch in Biersoße (sehr lecker!), dazu Kartoffeln und Apfelmus. Die ungewöhnliche Kombination schmeckt allen hervorragend und einige überlegen schon, dieses Gericht auch mal zu Hause auszuprobieren.
 
Von Brügge bis zur Nordseeküste und Vogelpark "Het Zwin"
Eine lange Tour steht uns am heutigen Tag bevor, mehr als 60 Kilometer wollen wir bis an die Nordseeküste zurücklegen. Wir starten mit den Rädern direkt ab dem Hotel und fahren nach Norden, in den beschaulichen Ort Damme.
 

 
Hier ist die fiktive Romanfigur Till Eulenspiegel, erfunden von Charles de Koster, beheimatet und es gibt auch ein eigens für den Narr eingerichtetes Museum zu bestaunen. Nach einer Kaffeepause fahren wir weiter durch die Polderlandschaft bis nach Knokke-Heist.
 
 
 
Am Alberstrand machen wir unsere Mittagsrast. Es ist sehr windig, wie so oft an der Küste sodass wir nicht direkt an der Strandpromenade sondern durch die kleinen Ortschaften weiter gen Osten radeln. Knokke, einst boomender Badeort, leidet heute an seinem frühen Erfolg, denn die vielen hohen Bettenburgen direkt am Meer sind weniger idyllisch. Ein wenig weiter entlang des Strandes kommen wir nach Het Zout, einer Villengegend, in der die alten, niedrigen Häuser noch erhalten geblieben sind. Schließlich gelangen wir zu dem Naturschutzgebiet „Het Zwin“, benannt nach dem Meeresarm, der hier nach einer Sturmflut bis Brügge reichte und die Stadt als Handelsstadt am Meer reich machte. Heute ist Het Zwin versandet und es wurde ein Naturschutzgebiet errichtet.
 

 
Auch gibt es einen Vogelpark, den wir besichtigen, vor allem frei fliegende Störche sind zu sehen, viele andere Vögel sieht man in Käfigen. Wer möchte, kann von hier aus mit dem Reisebus zurück zum Hotel gelangen und sich so einige Kilometer sparen, doch bis auf einen Gast entscheiden sich alle für eine Weiterfahrt.
 
 
 
Es geht über die holländische Grenze in den Ort Sluis, der als Grenzsstadt eine wichtige Rolle im Handel gespielt hat und noch heute zollfreie Waren anbietet. Die Stadt ist ein wahres Einkaufsparadies. Wir genießen bei dem schönen Sonnenschein allerdings erstmal ein Eis. Entlang eines Kanals gelangen wir von den Niederlanden zurück nach Belgien und über Damme nach Brügge. Ganze 66 Kilometer hat die Gruppe an diesem Tag zurückgelegt. Etwas müde aber glücklich sitzen wir abends alle im Restaurant und stoßen auf unsere Leistung an.
Von Burgen und Schlössern 
Eine weitere lange Radtour, allerdings durch eine ganz andere Landschaft, machen wir am nächsten Tag. Wir folgen der markierten Themenroute „Schlösserrundfahrt“ und fahren vom Hotel keine 15 Minuten bis zum ersten Schloss, dem Schloss Tillegem. Heute sind viele der ehemaligen Herrschaftssitze und Schlösser in staatlicher Hand und deswegen freigegeben für Besucher, zusammen mit den oftmals sehr großen Schlossparks sind sie beliebte Ausflugsziele. Viele Schlösser auf dieser Route sind jedoch auch noch in privater Hand, von großen Hecken umgeben, kann man oftmals nur einen kurzen Blick auf sie erhaschen.
 

In dem Ort Veldegem machen wir eine Kaffeepause in einem kleinen Café. Hier gibt es nicht nur heiße Milch mit Honig, heiße Schokolade, Pfannkuchen und Waffeln, zu allen Getränken gibt es gratis noch einen kleinen Eierlikör dazu. Frisch gestärkt entschließen wir uns die längere der möglichen Routen zu bestreiten: 68 Kilometer legen wir insgesamt heute zurück! Durch Waldstücke und über Felder, auf denen oftmals Mohnblumen blühen, fahren wir einen großen Bogen zum Schloss d'Aertrycke, wo wir unsere Mittagspause machen. Es gibt frisch belegte Baguettes, eine belgische Tradition, oder auch Würstchen. Wer die Tour heute hier beenden möchte, kann mit dem Reisebus zurück zum Hotel gelangen, der Rest der Gruppe fährt trotz relativ starken Windes weiter zum Schloss Tudor. Zuerst gelangen wir jedoch zur Sternwarte Beisbroek. Hier gibt es einen toll gestalteten Planetenweg, auf dem die verschiedenen Planten in Relation zu ihrer Position im Weltall und ihrer realen Größe als Statuen dargestellt werden. Mit dem Rad fahren wir diesen Weg ab und begutachten die einzelnen Planeten etwas näher. Dann geht es zum Tudor Schloss, dessen Schlosspark über einen schönen Kräutergarten verfügt, den wir besichtigen. Das Schlosscafé „Mary Tudor“ ist zu verlockend und obwohl es sehr voll ist, bekommen wir alle noch ein Plätzchen und können bei heißer Schokolade und Waffeln die Atmosphäre genießen.
 
Ein langer aber auch sehr schöner Tag, an dem wir die meisten Radkilometer zurückgelegt haben.
 
Entlang der Nordseeküste

Für den nächsten Tag ist Regen angesagt und am Morgen schauert es auch. Wir fahren erstmal nach Veurne, von wo aus wir eigentlich beginnen wollten. Mit Regenschirmen bewaffnet machen wir einen kleinen Stadtrundgang und fahren anschließend mit dem Bus zum nächsten Etappenpunkt nach Nieuwpoort, wo wir das gewaltige Denkmal für König Albert I, den „Ritterkönig“ wie ihn die Belgier nennen, sehen. Nach einer weiteren kurzen Strecke im Bus, klart das Wetter  bei Westerkerke deutlich auf und wir steigen dort auf die Räder. Entlang der Strandpromenade, wo gerade ein „Bierfest“ aufgebaut ist, gelangen wir bis nach Middelkerke, wo wir eine Mittagspause machen. Der Regen hat sich nun komplett verzogen, doch es windet sehr stark, teilweise wird der Sand vom Strand richtiggehend auf den Weg geschleudert. Statt uns durch diesen Sandsturm zu kämpfen, entscheide ich durch die Dünen zu fahren. Hier ist es zwar etwas hügeliger, aber es ist weniger Wind zu spüren und wir werden mit schönen Ausblicken entlohnt. Entlang der Domäne Ravesijde, einem Freilichtmuseum mit den Stelbunkern des Atlantikwalls, fahren wir nach Oostende. Hier gibt es endlich den ersehnten fangfrischen Fisch und Meerestiere in bunten kleinen Buden zu kaufen. Doch auch die Möwen sind sehr darauf erpicht, hier am Visserkaai ihren Hunger zu stillen...
Nach einer Mittagspause in Oostende, radeln wir weiter entlang der Küste und durch die Orte nach de Haan. Nach einer letzten Rast am Meer fahren wir nach Blankenberge, wo uns unser Bus mit Radanhänger auch schon erwartet. Wir fahren direkt zum Restaurant zum Abendessen, dass nach den absolvierten 40 Kilometern - gefühlt natürlich wegen des Winds deutlich mehr - sehr gut schmeckt.
Am Sonntag ist das Wetter wieder regnerisch. Wir fahren zuerst mit dem Bus in Richtung der flämischen Ardennen, ein etwas hügeligeres Gebiet, in die Stadt Oudenaarde. Hier entlang geht auch die berühmte Radsporttour „Ronde van Vlaanderen“ oder zu deutsch „Flandern-Rundfahrt“. Ein Museum zeigt die Anfänge des Radsports und berichtet natürlich auch über den belgischen Nationalheld Eddy Merckx, der vier Mal nacheinander bei der Tour de France siegte. Erneut lassen wir uns frische Baguettes in einer Fleischerei belegen und machen einen kleinen Rundgang. Als wir zurück kommen, ist es immer noch regnerisch, es weht ein recht starker Wind und es ist ziemlich kühl. Das Interesse der Gruppe ist definitiv stärker heute noch Brügge auf eigene Faust zu erkunden als jetzt auf die Räder zu steigen. Auch wenn die Radrouten alle vorher feststehen, so sind wir doch sehr flexibel in der Durchführung und so entscheiden wir uns mit dem Bus nach Kortrijk zu fahren. Während eines Rundgangs durch die Stadt, die berühmt wurde durch die Sporenschlacht von 1302. Hier besiegte am 11. Juli 1302 flämische Fußsoldaten ein französisches Ritterheer, der Tag ist heute noch Nationalfeiertag der Flamen. Die Sporen der Verlierer der Schlacht wurden eingesammelt und in die Unsere Liebfrauenkirche gehangen. Diese Kirche besichtigen wir, auch wenn seit 1382 die Sporen wieder von den Franzosen entfernt wurden. Außerdem laufen wir über den wohl schönsten Beginenhof Flanderns, sehen den Grote Markt und den Belfried sowie die Broel-Türme der ehemaligen Stadtverteidigung. Anschließend fahren wir zurück und erreichen am Nachmittag Brügge. So ist noch genug Zeit für einen Bummel durch die Stadt und das Kaufen von Pralinen und anderen Souvenirs.
Bei letzten gemeinsamen Abendessen überreiche ich feierlich die Radreise-Diplome - 215 Kilometer sind die Teilnehmer der Flandern-Radreise gestrampelt! Darauf wird natürlich nochmal angestoßen.
 
Heimfahrt nach Deutschland
Am nächsten Tag geht es bequem über Antwerpen, Eindhoven und das Ruhrgebiet zurück in die Heimat. Wir haben Glück und kommen staufrei und pünktlich wieder an den Ausgangsorten an. Einige Radler überlegen schon, wo es nächstes Jahr hingehen soll... ich freue mich auf ein Wiedersehen! Tot ziens!

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