Reisebericht: Wanderreise Dresden – Wien entlang Elbe und Donau

12.07. – 20.07.2014, 9 Tage Wanderreise Dresden – Melnik – Prag – Moldau– und Sazavatal – Telc – Nationalpark Podyji – Weinviertel – Wien (76 Wanderkilometer)


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J.G. Seume spazierte 1801 von Dresden über Prag nach Wien (und weiter nach Syrakus). Einige herausragende Wanderwege entlang der historisch interessanten Strecke wandern Sie an acht Wandertagen und über 100 Kilometern
Ein Reisebericht von
Dr. Jürgen Schmeißer

12.07.2014 Tisaer Wände, Lovos, Leitmeritz

Sechzehn Gäste starteten ab Dresden recht früh am Morgen, um bereits nach einer Fahrstunde einen Morgenspaziergang in den Tisaer Wänden zu unternehmen. Die Tisaer Wände stehen in ihrer Mannigfaltigkeit von Felsentürmen, Felswänden, Aussichten, Felsverformungen aus der Erosion, schmalen GGassen durch die Steine stellvertretend für das gesamte Elbsandsteingebirge. Auf drei Kilometer Rundweg kann man so einen guten Eindruck über Sandsteingebirge in Böhmen erhalten. Am Hang gewährten uns Tafeln einen historischen Rückblick in die Entwicklung des Ortes und seiner nicht immer komplikationslosen deutsch-tschechischen Beziehungen. Wir waren so zeitig gestartet, dass Zeit blieb für einen Aufstieg über die „Lange Fahrt" zum Deciner Schloss. Dies war natürlich eien Chance, um an der wechselvollen Geschichte des Deciner Schhlosses Aspekte der Entwicklung Böhmens  zu erklären. Nun ging es elbaufwärts mit dem Bus, an Usti und dem Schreckenstein vorbei, nach Lovosice.Im kleinen Weinort Male Zernosecky starteten wir unsere Wanderung durch das Oparno-Tal und dann im steilen Aufstieg auf den 570 Meter hohen Lovos. Es waren gut 40 Kilometer Fernsicht, wenn auch etwas trüb, aber das Böhmische Mittelgebirge mit seinen Vulkangipfeln gut zu erklären. Auf dem Gipfel dann auch die Möglichkeit, Utopenec, die saure Wurst zum Bier, kennenzulernen. Gegenüber erblicken wir bereits Leitmeritz, den Ort unserer Übernachtung, und in der Ferne den Rip, Gipfel des kommenden Tages.
Am späten Nachmittag dann noch ein gemeinsamer Bummel zum Marktplatz in Leitmeritz und, wer wollte, weiter zur Kathedrale und dem Bischofspalast.

13.07.2014 Rip, Melnik, Prag

Von Leitmeritz  ging es parallel zur Elbe nach Roudnice. Vom Marktplatz bummelten wir zurück zur Elbbrücke und genossen den Blick auf das Schloss, das noch seiner Rekonstruktion harrt. Nur wenige Fahrminuten von Roudnice entfernt liegt wie eine Blase auf flachem Land der Berg Rip. Der 470 Meter hohe Berg ist einerseits eine Magnetanomalie aber vor allem mit der Geschichte Böhmens eng verbunden. Hier soll der Urvater aller Tschechen, Czech, seinem Volk gewiesen haben zu siedeln.
Den leichten, aber durchaus steilen Weg absolvierten wir in knapp einer Stunde und genossen manchen Ausblick in die Runde. Auf dem Berg steht seit dem 11. Jahrhundert eine Rotunde und erinnert heute daran, dass der Berg über Jahrhunderte ein wichtiges Pilgerziel freiheitlich denkender Tschechen, auch unabhängig ihres Glaubens war.  Vom Rip ging es mit Bus nach Melnik, der Stadt über dem Zusammenfluss von Elbe und Moldau. Schön das wieder hergestellte Schloss der Lobkowitzer mit „Briefkuvertsgrafitto" und Sonnenuhr. Nach diesem Mittagsbummel ging - teilweise bei Starkregen  und mit Straßensperrung bei Nelahosevis - es nach dem Prager Stadtteil Holesovice.
In Holesovice wurde es am Hotel recht eng, aber wir fanden am naheliegenden Parkhotel einen Platz für den Bus. Nach dem Frischmachen trafen wir uns zunächst zur Metrofahrt zum Muzeum und bummelten über Wenzelsplatz, Altstädter Rathaus, Karlsbrücke nach Mala Strana, der Kleinseite unterhalb des Hradschin. An einem mittelalterlichen Rasthaus, das mit Kerzenlicht einen urigen Eindruck machte, klopften wir und baten um Einlass. Da dies gut vorbereitet war, war es uns recht, hier eine Entenkeule zu verspeisen und das hausgebraute Bier zu probieren. Gegen 20 Uhr verließen wir die gastliche Stätte doch recht zügig, wollten wir doch den Anstoß des Fußball-Weltmeisterschaftsfinales nicht verpassen.  Das 1:0 nach 120 Minuten erlebten wir dann im Team am Foyerfernseher oder individuell am Fernseher vom Bett aus.  In Prag blieb es ruhig wie an jedem beliebigen Tag.

14.07.2014 Sazavatal und Schloss Cesky Sternberk

Zu den Klängen von Visegrad, der ältesten Prager Burg,  aus Smetanas Zyklus „Mein Vaterland" verließen wir Prag. Im kleinen Ort Ledecko an der Sazava starteten wir unsere zehn Kilometer lange Wanderung. Zunächst entlang der hier eher träge fließenden Sazava stiegen wir auf nach Rataje. Das hiesige Schloss wird gerade rekonstruiert. Am Ortsausgang von Rataje dann noch die Reste der mittelalterlichen Burg Pinkstein bevor der Weg wieder hinab zur Sazava führt. Den mäandernden Flusslauf kreuzten wir durch den Wald und durch Dörfchen voller Hundekläffen. Nach knapp zwei Tagen erblickten wir vor uns die Burg Cesky Sternberk. Nach  der Mittagspause nahmen wir den kleinen Anstieg in Angriff und standen bald im Burghof mit Blick nach unten auf die Sazava. Der Rundgang führte uns durch zahlreiche öffentliche  Räume der Burg, die auch wieder durch die Sternberks bewohnt wird. Nach der Burgbesichtigung ging es nur wenige Kilometer weiter zum kleinen Städtchen Kacov, wo am Hang ein Schloss steht, das in der Bauzeit vom italienischen Barock geprägt wurde. Scheinfenster wurden hier bemalt, grad so, als ob Fürsten und Hofdamen aus dem Fenster schauen. Das Plätschern der Sazava noch im Ohr fuhren wir von den Klängen der Moldau begleitet nach Jihlava. Nur wenige Meter neben einem der größten Marktplätze Tschechiens logierten wir im Hotel Gustav Mahler ein, einem ehemaligen Kloster .
Nach dem klösterlichen Abendessen dann noch ein Bummel durch die Gassen der Stadt, deren Stadtmauer zum Teil noch erhalten ist. Auch Gustav Mahler selbst begegnete uns - als Denkmal im nach ihm benannten Park - Zeit, um auch über ihn und seine Frau Frida zu sprechen.

15.07.2014 Rostejn, Telc

Nach kurzer Zeit brachte uns der Bus nach Hodince, einem Dorf bei Trest, unserem Ausgangspunkt für die Wanderung über den Rostejn nach Telc. Zunächst durch Felder führte der Weg dann leicht aufwärts durch abwechslungsreiche Waldlandschaft: breite Waldwege wechselten mit schmalen grasigen Pfaden, 90-jährige Fischten mit Buschwald, dazwischen Bergwiesen voller Blüten und Aussichten. Gegen Mittag erreichten wir die guterhaltende Burg und besichtigten die Rundgänge sowie die kleine Kapelle; vom Turm schauten wir auf eine hügelige, grüne Landschaft. Ein Mittelgebirge hatten die die meisten Wanderer hier nicht erwartet; aber der Name des Bezirks deutet darauf hin: Vysocina - (böhmisch-mährisches) Hochland.
Durch dieses ging es dann in südöstlicher Richtung leicht abwärts. Gelbe oder rote Markierung? - auch wenn gelb kurzzeitig eine dörfliche Asphaltstraße nutzt, bleibt es der schönere und kürzere Weg. Durch Wiesen und an kleinen Teichen vorbei, auf halbem Weg die Burg Rostejn hinter uns und Telc vor uns sehend, erreichten wir den Marktplatz von Telc - Unesco Weltkulturerbe für eine einzigartige zusammenhängende Gebäudesubstanz von marktumgebenden Häusern aus Renaissance und Barock. Im nahen Hotel Anton, einst barocker Gutshof, später Fabrik, fanden wir ein gutes Wanderquartier. Am sommerlichen Abend bummelten viele nochmals hinüber zum Markt und zu den beliebten Fotostandorten von den Brückchen über die Teiche um die Altstadt.

16.07.2014 Vranov, Znojmo

Die Strecke mutet kurz an, aber eine reichliche Stunde fährt der Bus doch von Telc bis Vranov nad Dyji - oder wie es auf Österreichisch-Deutsch heißt:  Frain an der Thaya. Wer wie wir im Ort den Bus verlässt, steigt nochmals einen Kilometer nach oben zum prächtigen Schloss auf dem Felsen. Die Pause bis zum deutschsprachigen Führungsbeginn nutzten wir für das Suchen der besten Fotomotive. Der weißgelbe Barockbau glänzte in der heißen Sommersonne. Das barocke Schloss mit seinem bekannten Ahnensaal versprach nur wenig Abkühlung, aber das Erleben eines der schönsten Schlösser Mährens seiner Zeit. Von den Freiterrassen schauten wir hinab ins Thayatal, suchten bereits vorab unseren Wanderwegverlauf und besichtigten noch die großzügige Schlosskapelle. Nach der Mittagspause im Ort starteten wir zur vielleicht doch anspruchsvollsten Tour der Reise: zunächst entlang des Flusses ging es aufwärts und später im mittelhohen Bergland sogar über Felsgestein. Der sich unter uns windende Fluss war selten zu sehen, aber manche Waldöffnung gewährte Ausblick auf die nahe österreichische Seite des Nationalparks. Nach vierstündiger Wanderung erreichten wir in Lukov unseren wartenden Bus, der uns nach Znojmo brachte. Bevor wir das Hotel kennenlernten, bummelten wir über den Ober- und den Untermarkt des hübschen Städtchens am Hang bis hinüber zu St. Nikolai, dem markanten Dom der Stadt. Noch heute prägen vier Klostergebäude das Antlitz von Znojmo. Vom Ausblick am Dom zeichneten wir bereits gedanklich unseren Wanderweg für den kommenden Tag: hinab zur Thaya, hinauf durch Obstgärten auf ein Hochplateau am verkarsteten Ostrand des Nationalparks Podyji.

17.07.2014 Znojmo – Weinwanderweg ins Retzer Land – Wien

Schnell gelangten wir zum Startpunkt unserer Wanderung, den wir bereits am Vorabend besucht hatten. Nun also: hinab zur Thaya, hinauf durch Gartenanlagen, vorbei an Heiligenfiguren auf einem alten Pilgerpfad. Das Ostplateau des Thaya-Nationalparks wir als versteppt in der Literatur beschrieben und birgt zahlreiche typische Pflanzen von Trockenrasenflächen. Unser Weg führt weiter durch mährische Winzerorte - wir konnten einem - ja, leider wieder nur - Veltliner nicht widerstehen. Eine ganz andere Natur empfing uns, als wir mit kleinem Westschwenk nochmals tief unten im Thyatal in der Gegend einer alten Mühle stehen. Mittagspause dann in Hnanice in der Gaststätte der Winzergenossenschaft. Die Grenzen sind offen: mittlerweile kann man die Staatsgrenze zwischen Tschechien und Österreich auch auf Wanderwegen überqueren. Wir nutzten dies und wanderten über den Hühnerberg, weiter auf dem Pilgerpfad und erreichten das österreichische Oberretzbach im Retzer Land. Eine abwechslungsreiche Wanderung über fünfzehn Kilometer ging hier zu Ende. Mit dem Bus brauchten wir noch ein Weilchen und erreichten am späten Nachmittag unser Trend-Hotel in Wien. Die Hotelküche hielt Tomatensuppe, Wiener Schnitzel  und Apfelstrudel bereit - leistungsgerecht ok, aber donaubreit an Wiener Gourmetgastronomie vorbeigeschippert.

18.07.2014 Wien

Dieser Tag war derart geplant, dass jeder Gast interessenabhängig dies tun konnte, wonach ihm sei: Stadtbummel, Shoping, Wiener Kaffeehaus, Museenbesuch, Schloss Schönbrunn, Donaufahrt ...
Die meisten trafen sich dann doch zum fakultativen Reiseleiterangebot einer Stadtwanderung  von Klosterneuburg nach Wien-Nussdorf. Mit Wiener U- und S-Bahn fuhren wir nach Klosterneuburg und steigen auf zum weithin erkennbaren Stift. Auf der Gasse nach Weidling sahen wir erstmals was es an Winzerhöfen heißt: „ausg'steckt ist". Noch war es aber zu zeitig für ein Viertel; also stiegen wir auf zum Leopold- und Kahlenberg. Die Berge begrenzen im Westen Wien und sind die nördlichsten Ausläufer des Wienerwaldes. Hier oben, in der unmittelbaren Nähe eines großen Hochseilgartens, rasteten wir bei all den gastronomischen Freundlichkeiten der schnellen Wiener Küche: Leberknödelsuppe, Sacherwürstchen, Marillenknödel usw. Nach einer Aussicht auf Wien im trüben Hitzelicht, folgten wir dem Rat des Kneipers beim Abstieg. Durch schattiges Holz erreichten wir bei dreißig Grad Kahlenbergerdorf gerad pünktlich zum Kirchturmglockenschlag und der Öffnung einer Heurigenwirtschaft. Kellerwarm kann doch recht warm sein, aber nett war es doch im Innenhof der Winzerei. Der Abstieg führte uns dann schneller als gewollt an die Donaustraße, weiter nach Nussdorf und - wegen des ÖPNV-Tarifs - nach Heiligenstadt. Dreizehn Kilometer waren es dann auch, die wir auf der Stadtwanderung hinauf und hinab wanderten.

19.07.2014 Wienerwald

Mancher hatte sich wohl den Wienerwald flach wie die Dresdner oder Dübener Heide vorgestellt - aber der Gebirgszug ist der Ostrand der österreichischen Kalkalpen. Der Bus brachte uns nach Mödling, wenige Kilometer südlich von Wien. Vorbei am hübschen Rathaus und alten Bürgerhäusern erreichten wir den Rand der Altstadt. Von hier ging es steil in Kehren den Weg hinauf. Mehrfach konnten wir kleine Kalksteinkoppen besteigen und Aussicht auf den Wienerwald und die östliche Ebene bis ins Burgenland genießen. Als mittlerer Höhenweg führt der Beethovensteig nach Süden. Wir nutzten ihn, um an der Rudolphshütte nach dem bekannten Winzerort Gumpoldskirchen abzusteigen. In einer Nebengasse am Ortsrand öffnete 12 Uhr die erste Heurigenwirtschaft. Unter schattenspendenden Bäumen war ein halber Liter G´spritzter (weiß oder rot) ein durstlöschender Augenblick. Anschließend stiegen wir nochmals auf, um im Schatten auf dem Beethovensteig weiter Richtung Baden zu wandern. Irgendwo einmal etwas unaufmerksam, gelangten wir recht bald hinab durch die Rebflächen auf den Wasserleitungspfad und ließen uns am Ortsrand von Pfaffstätten vom Bus abholen. Dieser brachte uns in wenigen Minuten nach Sooß, wo wir uns beim Riedinger-Winzer angemeldet hatten. Unter schattigen Pergolen kam der Wein - ganz nach Geschmack der Besteller - zügig und jeder könnte sich an der Theke mit kalten und warmen Gerichten das Passende aussuchen: Backhendel, Blunz, Sülze, Käsecremes, Schweinsbraten, Wurstsalat. Nach zweieinhalb Stunden war zwar die Weinkarte noch nicht durchprobiert, aber Zeit zum Aufbruch, um gegebenenfalls am Abend noch individuell von Wien Abschied zu nehmen.

20.07.2014 Heimfahrt durch Niederösterreich, Mähren, Böhmen

440 Kilometer weist das Navi für die Heimfahrt nach Dresden aus. Will man diesen Weg auf Wanderwegen gehen, so benötigt man ca. 500 km und ist 26 Tage unterwegs. Unsere Wandergruppe realisierte - bis Baden, südlich von Wien, 101 Wanderkilometer und überwand in der Summe 2300 Höhenmeter.
Nun ging es zurück mit dem Bus in neun Stunden: die meisten Wanderziele sahen wir nochmals vom Bus: den Wienerwald mit dem Kahlenberg, das Retzer Weinland, Znojmo und den Nationalpark Thya, Jihlava, Vysocina, die Sazava, Prag, den Rip, Leitmeritz,  den Lovos, das Böhmische Mittelgebirge, das Elbsandsteingebirge mit den Tisaer Wänden.
Wir waren gut in der Zeit, so blieb uns Zeit für einen Abstecher über Kralupy nach Nelahozeves, wo sich unterhalb des prächtigen Renaissanceschlosses das Geburtshaus von Dvorak befindet.
Also zum Start noch den 1. Satz seiner 9. Sinfonie aufgelegt und zurück geht es  in die Alte Welt".
Bis zum nächsten Mal bei Wandern oder bei einer anderen Reise mit Eberhardt Travel.

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