Reisebericht: Romantisches Schwaben – Rundreise in Bayern

13.05. – 17.05.2013, 5 Tage Busreise mit Ulm – Ehingen – Blaubeuren – Buchau – Schwäbische Alb – Kürnbach – Riedlingen – Kloster Zwiefalten – Schloss Lichtenstein – Wolframs–Eschenbach – Honau


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Mit einer exklusiven Kleingruppe bereisten wir die schwäbische Alb und begaben uns gleichzeitig auf eine Reise in die Kulturgeschichte der Menschheit.....
Ein Reisebericht von
Peter Rudolph

1. Tag: Anreise über Wolframs–Eschenbach

Morgens um 8 .00 Uhr geht es los. Unser Reisebus wird die exklusive Kleingruppe von 11 Gästen ins romantische Schwaben zu befördern, wo wir buchstäblich eine Reise durch Jahrtausende erleben wollen.
Gegen Mittag sind wir noch in Franken und treffen in Wolframs Eschenbach ein. Die Stadt des Minnesängers und Parzivaldichters Wolfram von Eschenbach ist ein mittelalterliches Schmuckstück. Das winzige Städtchen ist noch komplett von einer vieltürmigen Stadtmauer umgeben. Auch die restliche Bebauung führt uns gleich am ersten Programmpunkt in die Vergangenheit. Wir bestaunen die mächtigen Kaufmannshäuser aus dem frühen 15. Jh., wie auch ein seltenes von Reichtum kündendes Haus mit Sgrafittoverzierung, genannt die Fürstenherberge aus dem Jahr 1609.
Am anderen Ende der Altstadt wartet schon unser Bus auf uns und weiter geht es zu unserem Ziel nach Ehingen ins Hotel. Das liegt mitten in der kleinen Stadt, die durch ihr Wahrzeichen, drei Kirchtürme schon von weitem auf der Albhochebene sichtbar ist. Zudem wird dort eigenes Bier gebraut. Bei einem mächtigen Essen beschließen wir den ersten Tag.

2. Tag: Ulm – Blaubeuren

Das Frühstück vom Buffet lässt keine Wünsche offen. Heute wollen wir die schwäbische Metropole Ulm entdecken. Unseren Gästeführer treffen wir am Stadthaus. Wir schlendern durch das Fischer und Gerberviertel mit Abstecher zum Schwörhaus und Rathaus. Beginn und Ende ist am Münsterplatz. Die Führung ist engagiert und begeistert uns alle. Ein Stück geht es auch auf der Stadtmauer an der Donau entlang, die hier die Grenze zwischen Baden-Württemberg und Bayern bildet. Im Rathaus ist auch ein Nachbau des Flugapparates vom Schneider von Ulm ausgestellt, einem Flugpionier, der seiner Zeit weit voraus war und 1811 vor König Friederich I. Augen kläglich in die Donau fiel.
Nun ist etwas Freizeit um den Hunger zu stillen, oder andere Besorgungen zu machen. Nun reisen wir ins idyllische Blaubeuren. Dort ist zunächst die Besichtigung einer historischen Hammerschmiede angesagt. Als alle wieder draußen sind umrunden wir den idyllischen Blautopf. Wegen ihrer blauen Farbe macht eine der größten Karstquellen der schwäbischen Alb ihrem Namen alle Ehre. Zu guten Zeiten schüttet sie gut 36.000 Liter Wasser pro Minute aus. Kein Wunder, dass sich alte Gewerke die Kraft der hier entspringenden Blau zunutze machten. Nach der Besichtigung des einzigen, im Original erhaltenen Mönchsbadehauses Deutschlands, bekommen wir am Nachmittag eine fundierte Führung durch das Benediktinerkloster Blaubeuren. Das 1082 gegründete Benediktinerkloster eines der wenigen Benediktinerklöster Schwabens, das noch zu großen Teilen im gotischen Stil erhalten ist. Es geht durch den Kreuzgang, die Kirche mit dem berühmten Hochalter und dem Chorgestühl von Meistern der Ulmer Schule. Beeindruckend sind die Deckenfresken, die nur Blumen zeigen, die in der Umgebung wachsen oder wuchsen, denn einige der dargestellten Arten sind mittlerweile hier nicht mehr zu finden.
Weil noch etwas Zeit ist, unternehmen wir vor dem Abendessen noch einen Spaziergang durch die Altstadt Ehingen. Die Stadt war Jahrhunderte lang österreichisch. Deshalb ist der hl. Theodul auch der Stadtpatron, den man auf einem Brunnen verewigt hat. Er steht vis a vis des Ständehauses, in dem seit 1746 die Vorarlberger Landstände tagten. Nach einem Besuch der Stadtkirche muss ein Gang zum alten Spital aus dem Jahr 1410 erfolgen. Es ist ein riesiger Fachwerkbau mit angeschlossener Kapelle. Zurück im Hotel, beschließen wir den Tag echt schwäbisch mit Maultaschen und Kartoffelsalat schwäbischer Art.

3. Tag:  Kürnbach – Steinhausen – Bad Buchau – Kanzach –  Neufra – Obermarchtal

Auch heute wollen wir viel anschauen. Wir reisen nach Kürnbach zum oberschwäbischen Freilichtmuseum. Nach der Führung haben wir haben eine Stunde Zeit uns auf dem gut ausgeschilderten Gelände umzuschauen. Viele fühlen sich noch in ihre Kindheit zurückversetzt. Das Museum lohnt sich. Vorhanden sind auch ein Cafe und ein Shop mit Literatur, und regionalen Produkten (Seife, Honig, Schnäpse etc.) Es wurde Ende der 60er Jahre auf Initiative des Landkreises Biberach eingerichtet, weil man die letzten uralten Bauernhäuser retten wollte, die sonst der Vergessenheit anheim gefallen wären. Das älteste stammt aus dem Jahre 1499.
Das Museum kultiviert auch über 200 alte Apfelsorten und brennt Schnaps daraus. Mich beeindruckt immer ein Friseurladen aus den 40er/50er Jahren. Manche Trockenhauben sehen aus, als könne man mit ihnen auch Geständnisse erpressen. Im Restaurant gibt es schwäbische Küche und alle lassen es sich schmecken.
Weil etwas Zeit ist, habe ich mir sozusagen als „Überraschungsei" einen Besuch der Wallfahrtskirche in Steinhausen vorgenommen. Der kommt an. Es handelt sich um reinstes Rokkoko was soooooo schön ist, dass die Kirche als schönste Dorfkirche Deutschlands gilt. Johann Baptist und sein Bruder Domenicus Zimmermann schufen hier eine Pracht in Fresco und Architektur, die sie für immer in den Olymp des Architektenhimmels des Spätbarock heben. Architektonisch konservativen Auftraggebern verpflichtet, die dem Gedanken einer Vierungskirche anhingen, beeinflusst von Bernini und Boromini aus Rom mit dem barocken Zentralbau im Stil der Zeit (Mitte 18. Jh.) haben sie quasi die Quadratur des Kreises, also beides unter einen Hut gebracht.
Weiter geht es zum Federseemuseum nach Bad Buchau. Hier tauchen wir in die Jungsteinzeit und die Bronzezeit ein. Der verlandende Federsee, ein Relikt der letzten Eiszeit, war schon von Beginn seines Bestehens an immer wieder Ziel menschlicher Ansiedlungen. Auf dem Freigelände sind liebevoll die Nachbauten der dort meist auf Pfählen gebauten Häuser zu bestaunen. Im Museum selbst sind viele der Hinterlassenschaften aus den Siedlungen als Exponate zu besichtigen. So z. B. das mit 5000 Jahren älteste Rad der Welt und Schädel von Menschenopfern, die gut 3000 Jahre alt sind.
Mit der Bachritterburg Kanzach reisen wir ins Hochmittelalter. Während der Hügel der Turmhügelburg, also einer so genannten Motte aus dem 13./14. Jh. noch im Gelände zu erkennen ist, hat man nach den archäologischen Befunden die kleine Niederungsburg des schwäbischen Landadels sehr gut rekonstruiert. Es ist wie eine Zeitreise, denn alles ist so gestaltet und ohne Vitrinen, als währen die damaligen  Menschen gerade aufgestanden und weggegangen.
Mit dem Schloß Neufra machen wir einen großen Sprung in die Renaissance, also ins 16. Jh. Zunächst geht  in die Kirche, danach durch den historischen Hängegarten und danach in die Gewölbe unter dem Garten. In mühevoller Einzelleistung wurde dieser einzige hängende Garten Deutschlands wieder hergerichtet, und zieht nun Menschen aus Nah und Fern an. Wir stoßen mit einem Glas Wein zwischen kniehohen Buchsbaumhecken an, und stehen dabei auf Gewölben die diesen Garten tragen. Das abwechslungsreiche Programm hat uns hungrig gemacht und wir genießen das gute Abendmenu in dem  gemütlichen Restaurant unseres Hotels, bei hauseigenem Bier

4. Tag: Zwiefalten – Wimser Höhle – Heuneburg – Vehringenstadt –Schloss Lichtenstein

Nach dem guten Frühstücksbuffet begeben wir uns auf die schwäbische Barockstrasse ins Münster Zwiefalten. Es ist die schönste und am prächtigsten ausgestattete Kirche weit und breit. Sie stammt aus dem Spätbarock, bzw. dem Rokkoko und die Pracht lässt alle fast verstummen. Vor allem, als wir das prächtige Gestühl im Chor besichtigen, das nahezu einzigartig ist. Rokkoko, also Spätbarock der 2. Hälfte 18. Jh.  in Nussbaum mit unendlich vielen Intarsien; wo gibt es so etwas schon zu sehen? Fast nirgends.
Nun möchten wir etwas Natur genießen und begeben uns zur Wimser Höhle und Mühle. Rauschend plätschert hier die Zwiefalter Aach über Travertinkaskaden und die Wasseramsel lässt sich vortrefflich bei ihren Tauchgängen beobachten. Die einzige Höhle Deutschlands, welche nur mit einem Boot zu befahren ist, liegt in einer sehr idyllischen  Landschaft. Bei schönem Wetter lädt der gasthof an der alten Mühle zum draußen sitzen ein. Fette Forellen stehen im glasklaren Wasser.
Am Mormittag steht die Besichtigung der Heuneburg an. Wie gehen in das 1. Jahrtausend v. Chr. zurück zu den Kelten, die den Landstrich maßgeblich besiedelt hatten. Von der Heuneburg sagt man, es sei die erste stadtartige Siedlung nördlich der Alpen gewesen. Zwischen 5-10tausend Menschen sollen in und vor der Burg gelebt haben. Als Freilichtmuseum hat man einige Gebäude rekonstruiert, und auch die Stadtmauer, welche aus luftgetrockneten Lehmziegeln bestand, die weiß gekalkt war. Nicht nur diese Mauertechnik, sondern auch das Fundmaterial weißt starke Handelskontakte in den mediterranen Raum nach.
Vor der Führung unternahmen wir noch einen kurzen Photostop an den riesigen Grabhügeln unterhalb der Burg. Hier lagen Angehörige der keltischen Oberschicht. Bis man die Gräber entweder schon zu antiker Zeit plünderte, oder sie ihren goldbeladenen Inhalt bei Ausgrabungen in der Gegenwart preisgaben. Vieles ist im Heuneburgmuseum davon ausgestellt, aber wir geben uns mit dem Freilichtmuseum zufrieden und reisen weiter in der Zeit zurück.
Es geht nach Vehringenstadt. Das kleine Städtchen im Laucherttal weist nicht nur das älteste kontinuierlich als solches genutzte Rathaus Hohenzollerns auf (seit 1415), sondern neben einer Burg und einer Kirche auch in der Umgebung an die 25 Höhlen, die der Regen im Lauf von Jahrzehntausenden in den karstigen Jura der Alb gewaschen hat. Und diese wurden immer wieder während der letzten Eiszeit von unserem Verwandten, dem Neandertaler sporadisch aufgesucht. Das war im großen Zeitraum vor 40000 Jahren. Er ging hier auf die Jagd und hinterließ Werkzeuge und die Knochen der erlegten Beute. Auf der Brücke in die Stadt, die seinen Namen trägt, hat man ihm ein Denkmal gesetzt.
Danach ist es soweit, dass wir zur Perle der schwäbischen Alb reisen -  zum Schloß Lichtenstein. Ein reines Märchenschloss, das wie ein Schwalbennest hoch auf einem kleinen Felsen über dem Ezachtal thront. Nach einem Roman von Wilhelm Hauff, ließ es sich Herzog Wilhelm von Württemberg im historisierenden Stil um 1840 errichten. Romantik pur! Da schmeckt das Abendessen umso besser.

5. Tag: Rückreise durch das Ulmer Münster

Am Morgen unseres letzten Reisetages  haben wir eine Führung im Ulmer Münster. Die höchste Kirche der Welt hat einen Turm von mehr als 161m Höhe. Wer möchte, darf auch gerne die 768 Stufen hinauf steigen. Wir schauen uns den Turm aber lieber von unten an.....Auch hier haben wir eine sehr kundige und engagierte Gästeführerin, die uns sogar auf die Fledermäuse aufmerksam macht, die sich trotz allen Trubels, wohl in die gotischen Säulen verliebt haben. Bei der höchsten Kirche der Welt handelt es sich um eine reine Bürgerkirche! Kein Bischof und kein weltlicher Herr (Ulm war freie Reichsstadt!) gab Geld für diesen Bau. Alles haben die Ulmer Bürger aus eigener Tasche bezahlt.
Deswegen sind im Chorgestühl auch keine Geistlichen zu sehen, sondern die reichen Kaufleute, die als Sponsoren auftraten. Einzigartig. Den Bombenangriff 1945 überlebte das Münster  nur, weil die Dachkonstruktion seit dem Mittelalter aus Metall bestand. Und so ist es heute Identifikationspunkt für alle Bürger. Nach diesen gewaltigen Eindrücken aus dem Münster treten wir endgültig die Heimreise an. Alle Transfers kamen pünktlich zu den vereinbarten Plätzen oder standen schon bereit, so dass niemand mehr zusätzlich warten musste. Eine Reise durch die Kulturgeschichte Schwabens ist zu Ende gegangen und wird mir und meinen netten und lieben Reisegästen noch sehr lange in schöner Erinnerung bleiben.

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