Reisebericht: Wanderreise auf den Ostsee–Inseln Rügen & Hiddensee

21.05. – 28.05.2022, 8 Tage Wandern an der Ostsee auf der Insel Rügen mit Binz –Halbinsel Jasmund – Baaber Beek– Halbinsel Mönchgut – Insel Hiddensee (56 Wanderkilometer)


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„Von Hühnergöttern, grünen Gräten und Sanddorntorte“
Ein Reisebericht von
Thomas Hahn
Thomas Hahn

Von Chemnitz über Dresden und Berlin auf die Insel Rügen

Von Chemnitz aus starten wir mit dem grossartigen Busfahrer über Dresden, Lübbenau und Berlin gen Rügen. Warum grossartig? Heiko erklärt uns während der Fahrt nicht nur die Höhepunkte an der Strecke wie z.B. den Spreewald oder die neue Tesla-Fabrik, sondern hat auch einen sehr gut schmeckenden Capuccino und erstklassige Wiener Würstchen für die Mittagspause an Bord. Gegen 14.00 Uhr erreichen wir Deutschlands grösste Schrägseilbrücke, die uns bei Stralsund den Weg auf die Insel weist. Nachdem wir andere Eberhardt-Gäste in Sellin an ihr Urlaubsziel gebracht haben, erreicht die Wandergruppe den IFA-Ferienpark, unser Domizil in dieser Woche.

Prora – was ist aus der nationalsozialistischen Architekturruine geworden?

Am Strand von Binz gehen wir zu Fuss durch den Sand in Richtung der monumentalen Siedlung am Meer - Prora. Diese von den Nazis bis 1937 im Rohbau errichteten Hochhäuser am Strand sollten einmal 20.000 Urlauber gleichzeitig aufnehmen. Grosse Speisesäle waren geplant, eine Empfangshalle, in die Reisebusse direkt hineinfahren konnten, Theater und Cabarets, eine riesige Versammlungshalle, Sportstätten und vieles mehr. Doch dazu kam es aufgrund des begonnenen 2. Weltkrieges nicht mehr. Dies alles erklärt uns im Dokumentationszentrum PRORA der dortige Leiter in einer sehr anschaulichen Innen- und Außenführung. Heute sind die meisten Blöcke in moderne Ferienappartements oder Wohnungen umgebaut worden. Anschliessend teilt sich die Gruppe, ein Teil fährt mit dem Bus zurück ins Hotel, ein Teil geniesst die schöne Strandpromenade zurück nach Binz und wieder andere Teilnehmer lassen es sich nicht nehmen, den Baumwipfelpfad in Prora zu besuchen.

Mit dem „Rasenden Roland“ unterwegs

Nach einem vielseitigen Frühstück im IFA-Ferienpark starten wir zunächst auf eine kleine Rundfahrt mit der Binzer Bäderbahn durch das Zentrum der Rügener Bademetropole. Wie gut, dass in der Kurkarte sowohl die Bäderbahn als auch der Ortsbus inklusive sind! Die Bäderbahn bringt uns schlussendlich zum Kleinbahnhof, dem Domizil des berühmten „Rasenden Rolands“, einem Nostalgiezug, der noch von einer richtigen schnaufenden Lokomotive unter Dampf gezogen wird. Am Bahnhof lernen wir unsere Wanderführerin Sabine kennen, die uns mit dem „Rasenden Roland“ nach Graftitz begleitet, wo wir unsere Tageswanderung bei strahlendem Sonnenschein beginnen.
Auf einer traumhaften Ahornallee geht es auf Kopfsteinpflaster durch den uralten Ort Lancken-Granitz zum Naturschutzgebiet Neuensiener See. Im Fischerdörfchen Seedorf, das einst sogar mal einen Hafen für Hochseeschiffe beherbergte, gönnt sich die Gruppe natürlich ein Fischbrötchen. Hier gibt es als besondere Spezialität den Hornfisch, der durch seine grünen Gräten sich von allen anderen Fischen unterscheidet. Heute liegen im Hafen nur noch die Segelschiffe betuchter Freizeitkapitäne. Frisch gestärkt genießen wir den wildromantischen Hochuferweg am Bodden entlang nach Moritzdorf. Wer will, kann noch die „Himmelsleiter“ zu den Ruinen der Moritzburg erklimmen und den Weitblick geniessen. Die nach wie vor stark frequentierte Ruderfähre bringt uns Wanderer auf die andere Seite, wo wir auf dem alten Damm die letzten Kilometer nach Baabe laufen. Wer will, fährt nun mit dem „Rasenden Roland“ wieder zurück nach Binz, die anderen genießen in Sellin einen Eisbecher und machen Fotos von der legendären Seebrücke.

Wanderung im Nationalpark Jasmund

Ein Kleinbus bringt uns am Morgen zum Grossparkplatz Hagen, dem Tor zum berühmten Königsstuhl. Weil wir so früh dran sind, sind wir die einzigen Wanderer, die sich auf den Weg durch den wundervollen Buchenwald des Nationalparks Jasmund zum Herthasee aufmachen. Der Sage nach badete im Herthasee die Göttin Hertha und liess danach die zuständigen Sklaven köpfen, damit diese den Ort des Bades nicht verraten konnten. An der gleichen Stelle bricht über uns ein Wolkenbruch herein und wir sind in kürzester Zeit durchnässt. Das gehört zu einer Wanderreise manchmal dazu. Zum Glück erreichen wir kurz darauf das Dokumentationszentrum Königsstuhl und können uns trocknen. Dort sehen wir u.a. einen interessanten Film des bekannten Journalisten Dirk Steffens über die Buchenwälder des Nationalparks.
Nach dem Besuch des Dokumentationszentrums betreten wir den Königsstuhl selbst und sehen die Baufortschritte für die neue freischwebende Plattform, die nächstes Jahr schon fertig sein soll. Anschliessend wandern wir den herrlichen Weg vom Königsstuhl über die Victoriasicht gen Sassnitz über zahlreiche Holztreppen und durch dichten Buchenwald mit immer wieder grossartigen Ausblicken wie z.B. der Ernst-Moritz-Arndt-Sicht. In Sassnitz checken wir auf der MS Cap Arkona ein und genießen die Rundfahrt zurück zum Königsstuhl, auf der natürlich die Handies gezückt wurden, um zahlreiche Fotos von der Seeseite zu machen. Vom Königsstuhl geht es dann mit dem Schiff via Sassnitz wieder zurück nach Binz.

Über das Schloss Spyker Wanderung nach Glowe

Unser Busfahrer bringt uns an diesem Tag zum Tempelberg, mit 60 Metern eine der höchsten Erhebungen auf Rügen. Hier hat man einen sehr schönen Rundblick über den Jasmunder Bodden und fast bis zum Kap Arkona. Im nahegelegenen Ort Bobbin besichtigen wir die St. Pauli – Kirche, die nichts mit dem Hamburger Fussballverein zu tun hat, aber die einzige Feldsteinkirche auf Rügen ist. Weiter geht es zum dunkelrot strahlenden Schloss Spyker, das die schwedische Königin im Mittelalter dem verdienten General Carl Gustav von Wrangel für seine Verdienste 1648 am Ende des 30jährigen Krieges schenkte. Das Schloss ist heute ein Hotel und der Rezeptionist erlaubt uns, die einmaligen Stuckdecken aus dem Jahre 1652, die die 4 Elemente und die 4 Jahreszeiten verbildlichen, zu bewundern. Am Jasmunder Bodden vorbei gelangen wir zum Glower Kurpark. Von dort steigen wir die steile Stiege hinunter an den Strand und über den schicken kleinen Yachthafen an der neugestalteten Promenade entlang zur Ostseeperle, einem Imbisszentrum inmitten des Ortes. Dort verpflegt sich jeder mit Köstlichkeiten seiner Wahl wie meditarrane Vorspeisen, Fischbrötchen oder griechische Grillspieße.

Halbinsel Bug und Kap Arkona

Der Tag bringt uns zwei Höhepunkte. Vormittags sind wir mit einem ehemaligen NVA-Angehörigen auf der unter Naturschutz stehenden Halbinsel Bug verabredet. Hinein dürfen wir nur mit besonderer Genehmigung und der ehemalige Soldat zeigt uns noch die Reste dieses Militärstützpunktes, die immer mehr von der Natur überlagert werden. Immer wieder wurden in den letzten Jahrzehnten dort Hotelkomplexe geplant, aber umgesetzt wurde bisher nichts. So steht die Hälfte der 9 km langen Halbinsel gänzlich unter Naturschutz und keiner darf diesen Teil betreten, so dass es dort sogar die sehr seltenen Seeadler gibt sowie Rehe, Füchse und Wildschweine. Wir suchen auf dem vereinsamten Strand der Halbinsel nach Hühnergöttern. Auf Rügen werden so Steine mit einem natürlichen Loch bezeichnet, die dem Finder ewiges Glück versprechen.
Mittags kehren wir zu einem typisch Rügener Mittagessen im ältesten Restaurant der Insel im alten Seekrug in Kuhle ein, ehe es nach Putgarten dem Tor zum Kap Arkona geht. Die Wanderung führt uns zum Leuchtturm, der nach Plänen des berühmten Architekten Karl Friedrich Schinkel erbaut wurde. Fast die ganze Gruppe erklimmt den Turm, von dem man einen phantastischen Ausblick über diesen nördlichsten Teil von Rügen hat. Wer von einem Turm am Kap Arkona noch nicht genug hat, der klettert kurz darauf noch auf den modernen Peilturm, auf dem man in einer modernen Glaskuppel vor Wind und Wetter geschützt, ebenfalls einen wundervollen Blick hat.
Am Strand entlang wandern wir über das romantische Fischerdorf Vitt zurück nach Putgarten und unser Busfahrer bringt uns wieder nach Binz.

Hiddensee

Um 10.00 Uhr legt pünktlich unsere Hiddensee – Fähre ab und bei strahlendem Wetter betreten wir knapp eine Stunde später in Vitt den Boden der berühmten Insel, die schon Gerhart Hauptmann oder Albert Einstein fasziniert hat. Hiddensee kommt ohne Autoverkehr aus und so sieht man am Hafen viele Fahrradverleihe bzw. Pferdekutschen. Beim ersten Teil der Wanderung an den Dünen entlang von Vitt nach Kloster, dem Hauptort der Insel, erleben wir, was es heisst auf so einer kleinen recht flachen Insel zu leben – starker Wind, der uns den Sand teilweise ins Gesicht bläst. In Kloster sehen wir das Heimatmuseum und das Haus, in dem Gerhart Hauptmann wohnte und in dem jetzt ein nach ihm benanntes Museum beherbergt ist.
Unsere Wanderung führt uns aus Kloster hinaus zum berühmten Leuchtturm auf dem Dornbusch. Dort angekommen können wir allerdings wegen des stürmischen Wetters nicht auf den Turm hinauf. So geht es wieder zurück in den Ort und wir lassen uns typisch Hiddenseer Sanddorntorte schmecken. Am Nachmittag kehren wir mit der Fähre wieder an den Ausgangspunkt Schaprode auf Rügen zurück und feiern im Restaurant am Hafen den Abschied dieser unvergesslichen Wanderreise.

Heimfahrt nach Chemnitz

Am Vormittag verlassen wir mit dem Bus wieder die Insel und mit zahlreichen Erinnerungen und neuen Bekanntschaften treten wir den Heimweg an.

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