Reisebericht: Single–Weihnacht in Tallinn – Estland

21.12. – 27.12.2019, 6 Tage Weihnachten für Singles & Alleinreisende mit Tallinn – Kurort Haapsalu – Nationalpark Lahemaa


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Weihnachten in Estland - ein Erlebnis der besonderen Art für 14 Singles in der mittelalterlichen Stadt Tallinn und der wunderschönen estnischen Landschaft an der Ostsee.
Ein Reisebericht von
Martina Häselbarth

1. Tag: Samstag, 21.12.2019: Anreise nach Tallinn


13 Gäste und eine Reisebegleitung hatten sich bei unfreundlichem Nieselwetter von Berlin, München, Frankfurt und Hamburg aus auf den Weg nach Tallinn gemacht, um in der wunderschönen mittelalterlichen Hauptstadt Estlands das Weihnachtsfest in geselliger Runde zusammen zu verbringen.
Nachdem auch der letzte Transfer mit einiger Verspätung Tegel erreicht hatte, starteten wir alle wohlbehalten und pünktlich mit Air Baltic in Richtung Riga und erreichten nach einem mehrstündigen Zwischenstopp Tallinn. Schon am Flughafen wurden die Damen von unserem örtlichen Reiseleiter Adrian sehr charmant mit einer roten Rose in Empfang genommen. Nach kurzer Fahrt erreichten wir unser Hotel Sankt Barbara, ein schmuckes historisches Gebäude aus Kalkstein am Rande der Altstadt, das einmal als Krankenhaus gedient hat.
Am Abend trafen erstmals alle Gäste zusammen und nach kurzer Erholungspause im Zimmer machten wir uns auf den Weg zum Weihnachtsmarkt auf dem historischen Rathausplatz, um den ersten Glühwein auf estnische Art mit Heidelbeeren und schwarzen Johannisbeeren zu genießen. Nach einem Rundgang auf dem stimmungsvollen Weihnachtsmarkt, der als einer der Schönsten Europas gilt, schlenderten wir zu einem gemütlichen Restaurant, das übersetzt „bei der Oma" heißt. In dem kleinen Raum in einem Gewölbekeller fühlt man sich tatsächlich wie bei Oma in der guten Stube und wird mit sehr authentischer estnischer Hausmannskost verwöhnt.
Für die meisten Gäste war es ein sehr langer Tag gewesen und so machten wir uns nicht allzu spät auf zum Hotel und zogen uns etwas erschöpft in unsere Zimmer zurück.

2. Tag: Sonntag, 22.12.2019: Tallinn – eine alte hanseatische Stadt


Am heutigen Vormittag unternahmen wir mit unserer örtlichen Reiseleiterin Küllike einen ausgedehnten Spaziergang durch die Altstadt von Tallinn.
Tallinn beherbergt heute 400 000 Einwohner, rund ein Drittel der Gesamtbevölkerung des Landes. Der perfekt restaurierte historische Stadtkern aus dem Mittelalter mit der Burg, den gotischen Kirchen und Häusern, malerischen Gässchen und verwinkelten Treppen ist umgeben von der Stadtmauer mit ihren zahlreichen Wehrtürmen. Die einst wohlhabende Hansestadt ist UNESCO-Welterbe und war 2011 Kulturhauptstadt Europas. Lange wurde sie von Deutschen regiert, so dass Deutsch noch bis zum Ende des 19. Jh. Amtssprache war.
Auf dem Domberg genossen wir das spektakuläre Panorama von den Aussichtsterrassen über die Unterstadt bis zum Hafen, der leider etwas im Nebel lag. Vorbei ging es am Dom St. Marien, der ältesten Kirche Estlands und am Burgturm „Langer Hermann", einem der Wahrzeichen Tallinns. Das ehemalige Schloss ist heute Sitz des Parlaments. Der Schlossplatz wird dominiert von der protzigen, Ende des 19. Jh. unter Zar Nikolaus II erbauten russisch-orthodoxen Alexander-Newski-Kathedrale. Weiter ging es in die Unterstadt, dem ehemaligen Viertel der Kaufleute und Handwerker. Mit ihren prachtvollen gotischen Handelshäusern ist sie das besterhaltene mittelalterliche Stadtensemble in Nordeuropa. In den gemütlichen Restaurants, Kneipen und Cafés herrscht bis spät in die Nacht reges Treiben. Zentrum ist der Rathausplatz mit seinen zahlreichen gotischen Gebäuden und der Alten Ratsapotheke aus dem 15. Jh., einer der ältesten Europas. In der im 2. Weltkrieg zerstörten, aber wiederaufgebauten Nikolaikirche bewunderten wir einen der wichtigsten Kunstschätze Tallinns, den Totentanz des Lübecker Bildhauers Bernt Notke.
Am Nachmittag erkundeten wir den gutbürgerlichen Stadtteil Katharinental. Wir fuhren vorbei an den schön renovierten Villen aus dem 19. u. 20. Jh., sahen den Amtssitz der estnischen Staatspräsidentin und warfen einen Blick auf Schloss Kadriorg, das Zar Peter I. im Barockstil als seine Sommerresidenz errichten ließ.
Im Estnischen Kunstmuseum KUMU erhielten wir einen sehr interessanten Einblick hinter den Kulissen in die Restaurationswerkstatt für alte Rahmen. Durch die fachkundigen Erklärungen und Demonstrationen der Restauratorin bekamen wir eine Idee von der immensen Bedeutung des richtigen Rahmens für ein Bild. Im Anschluss genossen wir eine fachkundige Führung von Küllike durch die umfangreiche Sammlung estnischer Kunst vom 18. Jh. bis zur Moderne.
Auf dem Weg zu unserem Restaurant fuhren wir durch das ehemalige Olympische Dorf (in Tallinn wurden 1980 die olympischen Segelwettbewerbe ausgetragen) und hielten kurz am Birgitta-Kloster und an der Bühne des Sängerfestes. Hier wird alle 5 Jahre ein beeindruckendes Liederfest zelebriert, an dem um die 33.000 Sänger teilnehmen. Das estnische Liederfest ist damit eine der weltweit größten Veranstaltungen für Laienchöre.
Wir beschlossen den ereignisreichen Tag mit einem schmackhaften Abendessen in einem typischen Restaurant am Ostseestrand.

3. Tag: Montag, 23.12.2019: Moorwanderung, Strandspaziergang und Gutshäuser im Lahemaa–Nationalpark


Heute ging es ca. 70 Km entlang der Küste in Richtung Osten, zum Lahemaa-Nationalpark, der vor fast 50 Jahren der erste NP der Sowjetunion war und heute der größte Estlands ist. Dieses Naherholungsgebiet der Tallinner besticht durch einsame Wälder, Sümpfe, unzählige Seen und malerische Küstengebiete. Holzstege führten uns auf unserer Wanderung durch ein Hochmoor, Kiefernwälder und zu idyllischen Seen.
Anschließend fuhren wir zum beliebten Urlaubsort Käsmu, auch als „Kapitänsdorf" bekannt, da es hier früher eine Seemannsschule und fast in jeder Familie einen Kapitän oder Steuermann gab. Bei einem Strandspaziergang bestaunten wir die für diese Küste charakteristischen Findlinge aus Granit.
Unseren Mittagsimbiss nahmen wir im Restaurant des über 500 Jahre alten historischen Gutshofs Sagadi ein. Der Komplex umfasst eine große Anzahl von Gebäuden mit instandgesetzten Wegen, Alleen, Teichen, den Park und ein naturkundliches Museum. Inzwischen hatte es leicht zu nieseln begonnen und die Gebäude lagen weitgehend im Nebel.
Nach der Mittagspause ging es zum Gutsschloss Palmse, einem der architektonischen Höhenpunkte des Nationalparks. Hier erfuhren wir unter der fachkundigen Führung von Adrian viel Interessantes über dieses lebendige Zeugnis deutsch-baltischer Geschichte. Seit dem 17. Jh. in Besitz der deutschbaltischen Familie von der Pahlen, wurde es zu einem kleinen barocken Juwel ausgebaut, bevor es nach der Enteignung am Ende des 2. Weltkriegs zunächst verwahrloste. Inzwischen wurde es prachtvoll restauriert und neben dem Herrenhaus mit seiner authentischen Einrichtung können heute die Orangerie, die Schnapsbrennerei und die Stallungen besichtigt werden. Der herrlich gepflegte Park lädt - entsprechende Wetterverhältnisse vorausgesetzt - zu ausgedehnten Spaziergängen ein.
Der Jahreszeit entsprechend dämmerte es nach unserem Besuch bereits und wir machten uns auf den Weg zum Hotel, wo wir heute auch unser Abendessen einnahmen.

4. Tag: Dienstag, 24.12.2019: Frohe Weihnacht inmitten einer alten Hansestadt


Der heutige Vormittag stand für eigene Unternehmungen zur freien Verfügung. Da es den ganzen Tag über leicht regnete, entschied sich keiner der Gäste für die Schlittschuhpartie auf der Eisbahn am Rande der Altstadt. Alternative Unternehmungen waren Bummeln und Shoppen in der Altstadt, ein Besuch des stimmungsvollen Weihnachtsmarktes oder ein besonderes Mittagessen in einem der traditionellen Lokale.
Um 15.00h trafen wir uns mit Adrian, der uns zu einer Führung in den Tallinner Dom einlud. Die Kirche wurde im 13. Jh. erbaut, immer wieder umgestaltet und ist heute eine Mischung verschiedener architektonischer Stile. Sie wurde besonders vom deutschen Adel in Estland besucht, die zahlreichen Wappenepitaphe und Grabsteine aus vielen Jahrhunderten legen davon Zeugnis ab. Im Anschluss erlebten wir in diesem wunderschönen Rahmen ein weihnachtliches Konzert mit Sologesang, Chor, Instrumentalbegleitung und Orgel. Danach gab es noch die Möglichkeit zum Besuch des Weihnachtsgottesdienstes, der zwar in estnischer Sprache abgehalten wurde, aber viele der inbrünstig von der Gemeinde gesungenen Lieder waren auch uns bekannt und jeder konnte in seiner Sprache mitsingen. Der Höhepunkt war eine feierlich vorgetragene „Stille Nacht, Heilige Nacht" auf Estnisch.
Nach dem Besuch der Domkirche genossen wir noch einmal den speziellen Bio-Glühwein aus einheimischen Beeren am Weihnachtsmarkt und einige machten mit Adrian einen kleinen Spaziergang durch versteckte Ecken der Altstadt oder kehrten ins Hotel zurück, um sich für den Abend umzukleiden.
Zum weihnachtlichen Festmahl erwartete man uns in der weithin bekannten Gaststätte „Olde Hansa". Hier hieß es Eintauchen in die Welt der alten Hanse. In dem historischen Gebäude wird Gastronomie gelebt, wie sie im 15. Jh. üblich war. Hier werden die Speisen im mittelalterlichen Ambiente von zeitgemäß gekleideten Mitarbeitern nach hanseatischen Bräuchen aufgetragen. Das opulente Mahl hielt als Vorspeisen u.a. Wildschweinpastete, Geflügelleberpastete mit Zwiebel-Marmelade und „Oliven von einem heiligen Baum" für uns bereit. Zur Hauptspeise gab es Köstlichkeiten wie gegrillten Lachs in Haselnusssauce, Blutwurst "nach Art des reichen Händlers", Würste vom Elch, Bären und Wildschwein und deftige Schweinshaxe. Zum Dessert wurden süßer Christmas Pudding und andere Leckereien serviert. Auch die Getränke entsprachen den mittelalterlichen Gebräuchen, besonders die zahlreichen Biersorten hielten allerhand Ungewöhnliches bereit.
Bei unserer Rückkehr ins Hotel erwartete uns eine Weihnachtsüberraschung in Form einer sehr geschmackvoll zusammengestellten Auswahl an typisch estnischen Produkten, die der Weihnachtsmann inzwischen in unseren Zimmern deponiert hatte. Etliche Gäste ließen den schönen Tag in der Hotelbar im urigen Gewölbekeller ausklingen.

5. Tag: Mittwoch, 25.12.2019: Die Steilküste im Norden und das Zarenbad Haapsalu


Heute erkundeten wir mit Küllike die Küstenlandschaft westlich von Tallinn. Wir fuhren am Finnischen Meerbusen entlang durch idyllische Wälder, unternahmen einen Spaziergang am goldgelben Sandstrand und machten einen Fotostopp hoch über einer der hier so zahlreich vertretenen Steilklippen.
Der Wasserfall Keila-Joa ist ein beliebtes Ausflugsziel und auch wir machten eine kleine Rundwanderung, die uns unterschiedliche Ausblicke bot auf den 6 m hohen und 60 m breiten Wasserfall, der sich hier am Rande einer schönen Parklandschaft in die Tiefe stürzt. Am anderen Flussufer erhebt sich der neugotische Gutshofkomplex Schloss Fall, der in herrlicher Lage nahe den Stromschnellen und dem Wasserfall errichtet wurde.
Unsere Mittagspause machten wir nahe dem wenig einladenden Ort Paldiski, zu Deutsch Baltischport. Seit der Zarenzeit Flottenstützpunkt, wurde der Ort in der Sowjetzeit zum Sperrgebiet der sowjetischen Marine mit einem Ausbildungszentrum für die Besatzung von Atom-U-Booten und war somit hermetisch abgeriegelt von seinem Umland. An der Spitze der Halbinsel befindet sich Estlands höchster Leuchtturm. Von dort hat man eine spektakuläre Aussicht von der Steilklippe auf das offene Meer. Im rustikalen Lokal am Leuchtturm wurde uns eine schmackhafte Suppe serviert.
Der letzte Programmpunkt des Tages war das verträumte Kurstädtchen Haapsalu. Die Stadt entwickelte sich seit dem 13. Jh. rund um die Bischofsburg, von der heute nur noch Ruinen zu sehen sind. Erhalten sind noch Teile der romanisch/frühgotischen Bischofskirche, die schon P. I. Tschaikowsky zu einem Klavierstück inspirierte. Seit Jahrhunderten spukt in diesen Gemäuern die „Weiße Dame", die der Legende nach einen Domherren verführte und zur Strafe in die Wand der Taufkapelle eingemauert wurde. Wenn man genau hinhört, vernimmt man noch immer ihr Wehklagen. Im 19. Jh. wurde die Heilwirkung des Schlamms der Gegend entdeckt und dies war der Beginn des Aufstiegs des Städtchens zum eleganten Kur- und Badeort, der sogar vom russischen Zaren besucht wurde und bis heute bekannt ist für seine Kurkliniken. An der Kurpromenade erstrahlt der aufwändig restaurierte Kursaal inzwischen wieder in alter Pracht und auch der Bahnhof von 1906, der heute zum Teil ein Eisenbahnmuseum ist, ist einen Besuch wert.
Zurück in Tallinn, nahmen wir das Abendessen heute wieder im Restaurant unseres Hotels ein.

6. Tag: Donnerstag, 26.12.2019: Ausflug ins winterliche Moor


Das für heute vorgesehene Langlauf-Abenteuer an einem estnischen Wintersportort musste leider aufgrund der mangelnden Schneelage entfallen. In der Nacht hatte es zwar ein wenig geschneit, aber die Landschaft präsentierte sich gerade mal ein wenig „angezuckert", was natürlich nicht reichte.
Adrians „Plan B" sah eine 6 km lange Moorwanderung im Naturschutzgebiet Kakerdaja vor. Einige Gäste nutzten den Tag für eigene Unternehmungen, wie z. B. eine Tagesfahrt in die nahe gelegene Hauptstadt Finnlands, Helsinki.
Das 1000 Hektar große Hochmoor Kakerdaja liegt im Naturschutzgebiet Kõrvemaa, etwa eine Stunde Autofahrt von Tallinn entfernt. Auf einem erhöhten Holzplankenweg durchwanderten wir die wunderschöne Landschaft, vorbei an malerischen Moorteichen und einer Moorinsel. Diese dienen im Frühling und Herbst tausenden Wasservögeln als Zwischenlandung auf ihrem Zug. Adrian erklärte uns als studierter Biologe viel Interessantes über die Entstehung der Moore, die Besonderheiten von Hoch- und Tiefmooren und auch beim Pflanzenbestand kannte er sich bestens aus.
Die Mittagspause im Restaurant der Skistation bestand wieder aus einer schmackhaften Soljanka und jeder Menge Kuchen als Nachtisch.
Auf dem Heimweg machten wir noch einen Abstecher zum Wasserfall Jägala. Auf einem kurzen Spaziergang erkundeten wir den fast 8 m hohen und mit über 50 m breitesten natürlichen Wasserfall in Estland. Im Unterlauf des Flusses Jägala vom Wasserfall bis zur Mündung gibt es große Forellen- und Lachsbestände.
Den letzten gemeinsamen Abend verbrachten wir im Restaurant SPOT in Tallinn. Das Restaurant hat ein besonderes Flair, nach eigener Aussage wollten die Gründer „den langjährigen Traum guter Freunde, ein Esslokal mit eigener Seele zu gründen, verwirklichen". Serviert wird moderne europäische Küche, bereichert mit Besonderheiten aus Estland und Skandinavien.

7. Tag: Freitag, 27.12.2019: Abschied und Heimreise


Der heutige Vormittag stand noch einmal für letzte Unternehmungen zur Verfügung, bevor die meisten Gäste im Hotel abgeholt und zum Flughafen gebracht wurden. Der angedrohte Streik der Lufthansa betraf zum Glück keinen unserer Gäste und die Flüge erreichten ohne große Verzögerungen die diversen Heimatflughäfen. Wir blicken zurück auf eine schöne und mit vielen liebevollen Details gestaltete Reise, die den meisten Gästen in positiver Erinnerung bleiben wird.

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