Reisebericht: Auf den Spuren der Bernsteinstraße – Von der Ostsee bis zum Mittelmeer

19.09. – 30.09.2017, 12 Tage Rundreise durch 6 Länder – von der polnischen Ostsee über Tschechien, Ungarn, Österreich und Slowenien bis an die italienische Mittelmeerküste


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Von Danzig und der Marienburg über Biskupin, Gnesen und Swidnica nach Breslau. Über Olmütz nach Sopron, die Römerstadt Carnuntum und Neusiedler See in Österreich nach Ljubljana und über Adelsberger Grotten nach Italien mit Besuch von Aquileia und Venedig
Als „Gold des Nordens" hielt der vorzugsweise aus dem Baltikum stammende Bernstein, versteinertes Harz fossiler Urwälder, seinen Einzug in die griechisch-römische Antike. Wie aber gelangte er in den Mittelmerraum?Mehrere historische Handelswege bezeichnet man heute als „Bernsteinstraße", aber vor allem eine Route hat sich herauskristallisiert, auf der der „brennende Stein" zur Verwendung als Schmuck und Material zur Herstellung von rituellen und Gebrauchsgegenständen in den europäischen Süden und sogar nach Asien gelangte - durch Verbindung über das spätantike Handelszentrum Aquileia nahe der Adria und später über die aufstrebende Handelsmetropole Venedig. Unbestritten ist die Anbindung der Bernsteinstraße an die wesentlich bekanntere Seidenstraße.
Nach heutigen Grenzen durchquerte die aufregende Handelsstraße insgesamt zehn Länder und als echte „Europa-Straße" verbindet sie heute zahlreiche touristische Höhepunkte und bedeutende UNESCO-Weltkulturerbe-Stätten.
Unsere Reise führt von der Ostsee zum Mittelmeer, von Polen aus dem ehemaligen Staatsgebiet des Deutschen Ordens, wo der Bernsteinhandel ein bedeutendes Zentrum hatte, über Tschechien, Österreich, Ungarn und Slowenien bis nach Italien. Die alte Hansestadt Danzig, die Marienburg, einst Sitz des Deutschen Ordens, das prähistorische Dorf Biskupin und die Bischofsstadt Gnesen, aber auch die schlesischen Metropole Breslau, die alte Stadt Olmütz (Olomouc) und ehemalige Römische Stützpunkte wie das Militärlager Carnuntum und die ungarischen Städte Sopron und Szombathely sind dabei ebenso Besichtigungspunkte wie Städte im heutigen Slowenien und Italien, dessen historischer Ort Aquileia wie auch die malerische Lagunenstadt Venedig das Ende unserer aufregenden Europa-Rundreise bilden. Folgen Sie mir auf eine Reise entlang einer uralten trans-europäischen Handelsroute, die schon seit der Bronzezeit bestand und deren Verlauf bis heute nichts von ihrem Reiz verloren hat...
Ein Reisebericht von
Dr. Michael Krause
Dr. Michael Krause

Dresden – Danzig, erster Tag, 19. September 2017:

Morgens starteten wir von Chemnitz und später von Dresden zu einem langen Tag über die Autobahnen Deutschlands und die Landstraßen Nordpolens. Schon am Vormittag überquerten wir die deutsch-polnische Grenze bei Stettin und folgten der belebten Fernstraße 6 an Koszalin und Slupsk vorbei in Richtung Danzig. Wir kamen ziemlich gut durch an diesem Tag und konnten den Zeitgewinn noch recht gut nutzen: Eine gute Stunde vor Erreichen unseres Tagesziels machten wir einen Abstecher im Sinne der Eberhardt-„Richtig Reisen!"-.Philosophie.
Hier liegt das nach seinem Gründer., dem Adeligen Jakob von Weiher Mitte des 17. Jh. gegründete Stadt Wejherowo. Der heute etwa 50.000 Einwohner zählenden Gemeinde, die bereits kurz nach ihrer Entstehung Stadtrecht erhielt, machte die Gründerfamilie ein wertvolles Geschenk: auf den Hügeln der Umgebung des Ortes ließen sie zahlreiche Kapellen in barockem Stil errichten, die zusammen einen der größten heute noch vorhandenen Kalvarienberge bilden. Insgesamt 26 teilweise sehr eindrucksvolle und mit barockem Architekturschmuck versehene, teilweise recht einfache kleine Gebetshäuser im Fachwerkstil stellen zusammen auf mehreren Kilometern den Leidensweg Christi und die Stationen seiner Kreuzigung nach. Im streng katholischen Polen ist dies eine Andachtsstätte der besonderen Art, in der jedes Jahr in der Fastenzeit mehrfach aufwendige Passionsspiele mit vielen Mitwirkenden stattfinden und ein Ort, der zu den bedeutendsten Wallfahrtsstätten des Landes zählt. Wir hatten Zeit für einen Bummel auf dem Waldweg, der die Kapellen zu einer Nachbildung des Christus-Kreuzigungsweges verbindet und konnten ein paar der Kapellen anschauen.
Dann setzten wir unseren Weg nach Danzig fort und erreichten unser komfortables Hotel, das am Rand der Danziger Altstadt, nur wenige Gehminuten vom Markt entfernt, lag.

Oliwa – Danzig, zweiter Tag, 20. September 2017:

Morgens trafen wir nach dem Frühstück Stadtführerin Katarzyna, die mit uns zunächst in den Danziger Stadtteil Oliwa fuhr.
Ursprünglich und für Jahrhunderte bestand der einst selbständige Ort Oliva hauptsächlich aus einem bereits im 12. Jh. gegründeten Zisterzienserkloster, das später zum Deutschordensstaat und dach zu Danzig und Preußen gehörte. In der Geschichtsschreibung bekannt wurde er dann durch eine Seeschlacht im Schwedisch-Polnischen Krieg, die Polen 1627 gewann und durch den Frieden von Oliva, in dem 1660 der König von Polen-Litauen auf seinen Anspruch auf die schwedische Krone verzichtete.
Das Zisterzienserkloster, mehrfach im Laufe der Geschichte abgebrannt, erhielt im 14. Jh. eine phantastische dreischiffige Basilika, die heute mit ihren 107 Metern das längste Zisterziensergebäude der Welt ist. Später im Barock vollständig dem Zeitgeschmack angepasst und umgebaut, erhielt die Kirche eine Fassade, die von zwei schlanken Türmchen flankiert ist und wurde auch im Inneren komplett barockisiert. Nach der Säkularisierung 1831 zunächst bedeutungslos, richtete Papst Pius XI. 1925 das direkt dem Vatikan unterstellte Erzbistum Danzig ein - Bischofssitz wurde Oliwa und seine Klosterkirche damit zur Kathedrale erhoben.
Berühmt ist der Dom auch für seine im 18. Jh. in Ergänzung zur früher schon vorhandenen Chororgel errichtete große Orgel, die zu den berühmtesten und variationsreichsten Instrumenten dieser Art gehört und mit ihren 110 Registern und fast 8000 Pfeifen nach der in Passau die zweitgrößte Barockorgel der Welt ist. Wir konnten uns nach einer Führung in der Kathedrale bei einem kleinen Orgelkonzert von der Klangfülle und Vielseitigkeit des Kircheninstrumentes selbst überzeugen.

Danziger Altstadt

Dann ging es zurück nach Danzig, wo wir bei einem ausgedehnten Stadtrundgang die Schönheiten der alten Metropole, die in ihrer wechselvollen Geschichte von Ordensstadt über Hansestadt bis hin zur Freien Stadtrepublik fast alle Siedlungsformen erlebt hat.
Eines der bekanntesten Wahrzeichen Danzigs ist das Krantor, einst einer der zahlreichen stark befestigten Zugänge zur Altstadt. Das Tor mit zwei wuchtigen Flankentürmen, zwischen denen sich ein über 30 m hoher Mittelbau mit Holzkonstruktion befindet, liegt direkt am alten Hafen am Fluss Mottlau, wurde schon im 14. Jh. errichtet und diente von Anfang an auch als Hebewerk. Am vielfach durch mächtige Balkenlagen abgestützten Kranausleger wurden, angetrieben durch zwei gewaltige Laufräder, die man noch im Inneren des Bauwerkes bewundern kann, tonnenschwere Lasten nach oben gezogen und vom schwenkbaren Arm bis in die ausladenden Bäuchen der großen hölzernen Segelschiffe bugsiert. Ein hübscher Nachbau eines solchen alten Großseglers dient heute als Touristenattraktion.
Im Inneren der Altstadt sind die Straßen mit rekonstruierten und historisches Flair verbreitenden abgestuften Fassaden versehen, an bedeutende Städte wie Amsterdam oder Lübeck erinnernd. Interessant sind die ausladenden Danziger Beischläge, wie man hier die teilweise verzierten und mit Steinumrandungen oder Wasserspeiern versehenen vorgelagerten äußeren Treppenaufgänge nennt. Auf unserem Weg besuchten wir z.B. das berühmte Restaurant, in dessen Keller früher das Original-Danziger-Goldwasser hergestellt wurde, statteten der Marienkirche einen Besuch ab, die als eine der drei größten Backsteinkirchen nördlich der Alpen gilt und zu den größten Hallenkirchen der Welt gehört und flanierten dann die Lange Gasse und den Langen Markt hinunter.
Hier finden sich berühmte Gebäude wie das Rathaus, das im 14. Jh. eigentlich als Hansekontor erbaut worden war, das Grüne Tor, das im Stil prachtvoller flämischer Spätrenaissance erscheint oder der eigentlich gotische Artushof, in der Spätrenaissance umgestaltet und ab dem 18. Jh. Sitz der Danziger Börse.

Bernsteinmuseum

Nach unserem Stadtspaziergang gab es Freizeit, nach der wir uns erneut trafen, um das Bernsteinmuseum zu besuchen. Untergebracht im Stockturm, dem einstigen Stadtgefängnis, zeigt es heute mit herrlichen Exponaten Wissenswertes über die Entstehung, die Arten und die Gewinnung von Bernstein, über seine Bearbeitung und wartet mit prachtvollen Zeugnissen der Kunstfertigkeit Danziger Bernsteinbearbeitung auf. Schmuckstücke, Belag von Kleinmöbeln und Gebrauchsgegenstände aus Bernstein waren zu sehen.

Danzig – Malbork (Marienburg) – Sztum – Gniew, dritter Tag, 21. September 2017:

Unser erstes Tagesziel heute war einst die Hauptstadt des Deutschordensstaates. Der existierte prinzipiell zwischen 1230 und 1561, überwiegend auf dem Territorium des heutigen Polen und des Baltikums. Zwischen 1309 und 1454 fungierte die im 13. Jahrhundert erbaute Marienburg als Residenz der Hochmeister im Deutschordensstaat und war damit Hauptstadt und Regierungssitz. Auch später, als sie zu Polnisch-Preußen gehörte, nutzte man sie wieder als Residenz - diesmal für die polnischen Könige!
Auf Polnisch heißt sie Malbork und liegt am Fluss Nogat, einem Mündungsarm der Weichsel. Der Deutschen Orden wollte mit dem Bau der riesigen Burg seine Eroberungen im Gebiet der Pruzzen sichern und gleichzeitig die Herrscher umliegender Staaten abschrecken. Ende des 13. Jh. wurde der gewaltige Bau in Backsteingotik errichtet und gilt heute als größtes Backsteingebäude Europas Der älteste Teil der Burganlage heißt Hochschloss und beherbergte als Kernbau ursprünglich Kapelle, Versammlungsraum und Schlafsaal der Mönchskrieger, denn als Kreuzritterorden war der Deutsche Orden Ende des 12. Jh. im Heiligen Land gegründet worden. Beim späteren Ausbau wurde die Kapelle zu einer großen Kirche erweitert die heute die anderen umfangreichen Gebäudeteile überragt. Seit 1309 war die Burg das Zentrum des Ordensstaates, blieb bis zu ihrer Verpfändung 1454 Sitz der Hochmeister des Deutschen Ordens.

Höhepunkte der Marienburg

Wir hatten eine interessante und inhaltsreiche Gesamtführung in der Burg, die ein beeindruckendes, einheitliches und überaus malerisches Bild bietet, beherrscht vom wuchtigen Palast und der danebenliegenden Kirche. Zunächst durchquerten wir einen Teil der gewaltigen Befestigungsanlagen, überwiegend aus dem 15. Jahrhundert, die ein verschachteltes Verteidigungssystem aus Gräben, Mauern und Bastionen bilden - mit für Burgen sehr ungewöhnlichen Details wie beispielsweise einem teilweise vierfach gestaffelten Mauerring. Wir sahen nicht nur die furchteinflößenden Tore mit Fallgattern und Gußerkern, die die schönen Pforten und Innenhöfe, sondern konnten auch die im Inneren befindliche Klosteranlage, die Ordenskirche und sogar die Palastküche bewundern. Jedes neue Detail rief Staunen hervor und zeugte vom Einfallsreichtum der Erbauer, sogar der Dansker, ein nach außen gerichteter einzeln stehender Turm, durch einen langen Gang mit gewaltigen Außenmauern zu erreichen, der die Toilettenanlage enthielt - eine der größten, die je in eine Burg des Mittelalters eingebaut wurden.
Nach der Führung gab es Freizeit und wir konnten uns noch auf eigene Faust in der Burg umsehen oder den Turm mit seinen mehreren hundert Stufen besteigen, der eine grandiose Aussicht über die Umgebung bietet.
Am Nachmittag ging es in Richtung unseres Übernachtungsortes Gniew, aber wir legten noch eine Pause in Sztum ein, das unter dem deutschen Namen Stuhm zum Ordensstaat gehörte und wo wir uns die Reste des einstigen Ordensschlosses ansehen konnten.

Gniew

Dann überquerten wir die Weichsel, den mit 1047 km längsten Fluss in Polen und erreichten die Stadt Gniew, deutsch Mewe, im Tal der Unteren Weichsel. Schon von weitem bietet der Ort mit seiner hohen Stadtkirche und der weithin das Bild bestimmenden Burg des Deutschen Ordens einen malerischen Anblick. Unser Hotel lag in einem alten barocken Adelspalast, den im 17. Jh. der einstige Kronfeldherr des polnischen Reiches erbauen ließ, der als Johann III. Sobieski später die polnische Königswürde erlangte. Das Barockschloss Palac Marysienki bewohnte später seine Frau Maria Kazimiera Sobieska und heute ist es das Hotel, in dem auch wir wohnten.
Direkt daneben liegt die kastellartige Deutschordensburg, die als größte Burg der Kreuzritter westlich der Weichsel schon Ende des 13. Jh. erbaut wurde. Charakteristisch sind die den Zentralbau weit überragenden vier Ecktürme des annähernd auf quadratischem Grundriß errichteten riesigen Baues. Wir hatten vor dem Abendessen noch Zeit, die uns zum Hotelgelände gehörende Burg anzusehen oder in die danebenliegende recht kleine Altstadt zu gehen.

Gniew – Biskupin – Gniezno (Gnesen) – Trzemesno, vierter Tag, 22. September 2017:

Heute war unser erstes Ziel ein prähistorisches Dorf. Biskupin gilt als eines der interessantesten Freilichtmuseen in Europa und befindet sch an einer der ehemals größten Ausgrabungsstätten PolensHier wurden anhand der Funde gleich mehrere Siedlungen rekonstruiert. Das älteste Biskupin kann man heute auf etwa 700-400 v. Chr. datieren und befindet sich damit in der letzten Stufe der Bronze- und der ersten Stufe der älteren Eisenzeit, die man meist Hallstattzeit. Nennt. Oft allerdings liest man, Biskupin gehöre stilistisch in die spätbronzezeitliche Lausitzer Kultur. Seit den 30er Jahren des 20. Jh. wurde dieses ehemals befestigte Dorf systematisch untersucht und gilt heute als eines der Paradebeispiele eisenzeitlicher Dörfer und ihrer Rekonstrulktion.
Bis zu 1000 Bewohnern soll das Dorf an der damals bereits als Handelsweg regelmäßig genutzten Bernsteinstraße gehabt haben. Die Ackerbauern und Viehzüchter wohnten auf einber kleinen, von Wasser und Sumpf umgebenen Insel im Biskupiner See, ihr Dorf war auf Pfählen gebaut und nur über eine einzige Brücke oder durch Boote zu erreichen.
Durch den feuchten Untergrund hat sich ein großer Teil der hölzernen Bauten erhalten - Buhnenwerk, ein umlaufender Ringwall aus Holz und Erde sowie hölzerne Innenbauten und die einzige Torgasse sowie der mit Holz befestigte Damm. Über 100 in Blockhausbauweise errichtete Holzhäuser und die zwischen den Häuserzeilen verlaufenden mit Bohlen belegten Straßen hat man gefunden - eine Siedlung, die einheitliche Planung erkennen ließ.
Wir kamen gerade recht zum archäologischen Festival, das mit vielen Schülergruppen und nach verschiedenen Stilepochen kostümierten Darstellern die rekonstruierten Siedlungen der Eisenzeit und des Mittelalters belebten. So marschierten an uns eisenzeitlich und in Felle gekleidete Krieger ebenso vorbei wie römische Soldaten...

Gnesen und die Erzkathedrale

Weiter ging es dann nach Gnesen. Das polnische Gniezno gilt als eine der ältesten Städte Polens, seit der Steinzeit gab es hier menschliche Ansiedlungen. Dennoch wurde die Stadt erst Ende des 10. Jahrhunderts, kurz nach der Christianisierung Polens erstmals urkundlich erwähnt und ihr Gründer soll der Polanen- Herzog Lech gewsesen sein. Einer Legende nach baute er auf dem Lech-Hügel sein Nest wie ein weißer Adler über ihm - daher gehöre dieser Adler sowohl ins Wappen der Stadt Gniezno wie auch ins Wappen Polens. .
Das zweifellos bedeutendste Bauwerk in Gnesen und wichtigster Kirchenbau Polens ist die Erzkathedrale von Gniezno, die Primas-Basilika der Mariä Himmelfahrt. Die Reliquien des ersten Heiligen Polens, des heiligen Wojciech (Adalbert von Prag), werden hier aufbewahrt.
Die eigentlich gotische Kirche wirkt heute nach verschiedenen Umbauten barock.
Zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Kathedrale gehört das 1660 von Peter von der Rennen gefertigte silberne, frühbarocke Reliquiar des Hl. Wojciech, das auf dem Altaraufbau der Erzkathedrale zu sehen ist und neben dem Silberkatafalk in der Krakauer Wawel-Kathedrale das bedeutendste Werk des Danziger Künstlers darstellt.
Daneben ist die Gnesener Bronzetür, eine romanische Tür im Südportal der Erzkathedrale, die bedeutendste Sehenswürdigkeit des Domes. Die zweiflügelige Tür vom Ende des 12. Jh. stell in 18 Reliefs das Martyrium Wojciechs (Adalbert von Prag) dar und illustrieren in bemerkenswerter Weise die Legenden um Leben, Tod und Wirkung des ersten Heiligen Polens.
Nach der Kirche hatten wir noch eine kleine Führung in der Altstadt un d auch noch Zeit zur freien Verfügung, bevor wir zu unserem Hotel im nicht allzuweit entfernten Trzemeszno fuhren.

Gniezno – Trebnitz (Trzebnica)– Schweidnitz(Swidnica) – Breslau (Wroclaw), fünfter Tag, 23. September 2017:

Während wir heute weiter der historischen Route der Bernsteinstraße nach Süden folgten, war ein weiterer wichtiger Ort für den katholischen Glauben in Polen unser erstes Ziel, gleichzeitig ein Ort, der die historischen Gemeinsamkeiten des polnischen und des Deutschen Reichs im Mittelalter bezeugt: Das erste Frauenkloster Schlesiens, damals ein Herzogtum im Königreich Polen, wurde von der deutschen Gemahlin des schlesischen Herzogs gestiftet und mit Zisterzienser-Nonnen aus Bamberg besetzt. Die Stifterin Hedwig von Andechs gehört zu den im strenggläubig-katholischen Polen meistverehrten Heiligen, oft auch die Heilige Jadwiga von Schlesien genannt - wegen ihres Gerechtigkeitssinns, ihres sozialen Engagements und ihrer gottgefälligen Lebensweise, die sie auffällig von anderen Adeligen unterschied. Sie war ein Vorbild an christlicher Nächstenliebe, unterstützte die Kirche und half den Armen. Eine Legende besagt, dass sie - um den Armen näher zu sein - auch im Winter barfuß gegangen sei und, als ihr Beichtvater ihr empfahl, doch Schuhe zu tragen, hätte sie ihre Schuhe in die Hand genommen. Deswegen ist sie in alten Darstellungen oft mit Schuhen in den Händen oder einer Kirche in der Hand zu sehen.
Die Gebeine der schon im 13. Jahrhundert Heiliggesprochenen ruhen im von ihr gestifteten Kloster Trebnitz (Trzebnica). Wir suchten dieses Kloster, von dem nur noch die inzwischen barockisierte Kirche mit dem Hedwigsgrab steht, das die Reliquien der Heiligen enthält, auf, waren allerdings durch den dort gerade stattfindenden Gottesdienst etwas eingeschränkt.
Unser nächstes Ziel war wiederum eine Kirche, diesmal aber eine protestantische, die nicht nur eine ganz besondere Geschichte erzählt, sondern auch mit einem extravaganten Erscheinungsbild aufwarten kann. Schon seit dem Jahre 2001 steht die evangelische Friedenskirche von Schweidnitz (Swidnica) auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes. Der Ort war einst Residenz eines eigenen Herzogtums und hier wurde unter anderem einer der Beschlüsse des Westfälischen Friedens, der im Jahr 1648 den 30jährigen Krieg beendete, umgesetzt: die Erlaubnis für die schlesischen Protestanten, drei „Friedenskirchen" zu bauen. So entstanden diese Sakralbauwerke in Glogau, Schweidnitz und Jauer, aber unter sehr schwierigen und speziellen Bedingungen, die die Katholiken gestellt hatten. So durften weder Steine noch Ziegel als Baumaterial verwendet werden, nur Holz, Lehm und Stroh waren erlaubt. Türme oder Glocken durften die Kirchen nicht haben und sie mussten außerhalb der Stadtmauern stehen. Schließlich betrug die maximal erlaubte Bauzeit ein Jahr und die Gemeinde musste die Baukosten selbst aufbringen.
Dennoch wurden alle Bedingungen erfüllt und die Schweidnitzer Kirche, als Fachwerkbau ausgeführt, wurde zur weltgrößten Kirche in dieser Bauweise, entstanden nach einem Entwurf des Breslauer Architekten Albrecht von Saebisch in nur zehn Monaten Bauzeit. Die im Inneren prachtvoll barock augestattete Kirche bietet auf einer Grundfläche von über 1000 m² etwa 7.500 Gläubigen Platz.

Breslau

Nach der Besichtigung des eindrucksvollen Bauwerkes erreichten wir dann die einstige schlesische Hauptstadt Breslau (Wroclaw), die zweifellos zu den schönsten Städten Polens zählt. Stadtführer Norbert zeigte uns mit Begeisterung trotz des regnerischen Wetters und der beginnenden Abenddämmerung die schönsten Ecken seiner Heimatstadt. Den Anfang machte die Jahrhunderthalle, die Anfang des 20. Jh. als eine der ersten Großhallen unter Verwendung von Stahlbeton errichtet wurde. Die nach einem Entwurf des Architekten und Stadtbaurates Max Berg errichtete Veranstaltungshalle ist zusammen mit der 1948 vor dem Haupteingang aufgestellten Iglica, einer fast 100 m hohen Metallnadel, eines der Wahrzeichen der Stadt Breslau und gehört seit 2006 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Sie wird immer noch für Messen, Sportveranstaltungen und kulturelle Veranstaltungen genutzt und bietet inklusive Stehplätzen bis zu 20.000 Personen Platz.
Es folgte ein Besuch der Dominsel - bei der wir einen Laternenanzünder trafen, der aus kulturhistorischer Tradition in Breslau noch seinem ansonsten fast ausgestorbenen Beruf nachgeht - mit ihren prägenden Bauwerken. Dazu gehört vor allem der gotische Dom, Johannes dem Täufer geweiht und mit seinen fast 100 m hohen Türmen das höchste Bauwerk der Stadt.
Den Abschluss unserer Stadttour bildete ein kleiner Rundgang durch das malerische alte Zentrum der Stadt rund um den historischen Markt Rynek mit seinem tollen Rathaus, das wir etwas später prachtvoll illuminiert vorfanden. Den Abschluss des Tages bildete ein schlesisches Spezialitäten-Abendessen in der am Rathaus gelegenen Traditionsgaststätte „Spis".

Breslau – Olmütz (Olomouc) – Kremsier (Kromeriz) – Brünn (Brno), sechster Tag, 24. September 2017:

Heute verließen wir Polen, immer weiter in Richtung Süden der alten Bernsteinroute folgend. Wir passierten die bedeutende Stadt und Festung Glatz (Klodzko) und gelangten in ein weiteres Land auf unserer Rundreise: nach Tschechien. Im Mittelalter war es als Böhmen ein eigenes Königreich, gehörte aber lange Zeit zum Heiligen Römischen Reich (deutscher Nation). Eines seiner Landesteile war das ursprünglich eigenständige Mähren, dessen historische Hauptstadt Olmütz (Olomouc) einer der Handelsorte der früheren Bernsteinstraße war.
Bei einem Stadtrundgang lernten wir diese bedeutende und schöne Stadt kennen, den wir am Wenzelsplatz begannen. Hier steht die Kathedrale der Stadt, dem heiligen Wenzel geweiht, die man ursprünglich im 12. Jh. errichtete. Allerdings ist ihr heutiges Erscheinungsbild neogotisch, aber aus der Erbauungszeit der Kirche stammt noch der nebenan stehende Bischofspalast. Auch bei ihm sind überwiegend spätere Bauformen zu entdecken, aber ein besonderes architektonisches Kleinod sind die romanischen Reste, die man bei Umbauten im 19. Jh. gefunden hat - ein Fassade mit prächtigem romanischem Doppelfenster, von außen als Verbindungsteil zur Kathedrale zu bewundern.
Vorbei am Erzbischöflichen Palast gelangten wir über den Platz der Republik zur barocken „Maria-Schnee-Kirche", die einst die Jesuiten errichteten und nach einem Schneewunder benannten, dass sich in Rom bei der Einweihung einer Kirche ereignet haben soll und standen nach Passdieren einiger historischer Gassen auf dem äußeren oder Untermarkt. In Olmütz nennt man ihn den „Niederring", der eine kleinere Marien- oder Pestsäule, einige hhübsche Patrizierhäuser aus der Renaissancezeit und zwei der insgesamt sieben mythologischen Olmützer Brunnen zeigt.
Wenige Schritte daneben liegt der Hauptplatz des historischen Ölmütz, der innere oder Hauptmarkt. Obermarktes oder „Oberrings" genannt, bilden seinen Blickfang das wuchtige Rathaus sowie die phantastisch verzierte Pestsäule. Historisch gesehen einst ein Kauf- und Gewerbehaus, das die reichen Zünften der Stadt betrieben, wird der Rathausbau von seinem 75 m hohen Turm überragt. Vom gotischen Gebäude mit zahlreichen Verzierungen war aber gerade aufgrund von Bauarbeiten nicht viel zu sehen.
Das zweifellos bekannteste Olmützer Bauwerk und vielleicht auch sein schönstes ist die neben dem Rathaus stehende Dreifaltigkeitssäule des Architekten und Steinmetzen Wenzel Render. Das architektonische Juwel wurde 2001 in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen und ist für Europa mit seiner Kapelle im Sockel und seinem überreichen Figurenschmuck als Bauwerk einzigartig. Zudem hat es eine Höhe von 34 m und ist damit in dem an derartigen Gebäuden nicht gerade armen Europa die größte der erhaltenen Pestsäulen. Nach Überwindung der großen Pestepidemie 1716 in Mitteleuropa wurde sie als Dankesbau vom Olmützer Bildhauer Wenzel Render begonnen, der sie als Bildergalerie mit Sandsteinplastiken zum Dank für das Ende der Pestepidemie in Böhmen anlegte. Sein Lebenswerk förderte er über seinen Tod hinaus, denn er vermachte sein Privatvermögen der Stadt, damit diese für die Vollendung der Säule sorgen sollte.
Hier hatten wir dann auch Freizeit für einen Mittagsimbiss oder für einen Bummel in der Olmützer Innenstadt.

Kremsier

Nachmittags ging es dann in das hübsche Städtchen Kromeriž, jenen 30.000-Einwohner-Ort, der auf Deutsch „Kremsier" genannt wird. Er ist in die Geschichte eingegangen als Hauptresidenz der Olmützer Bischöfe und wurde nur vor ein paar Jahren zur schönsten Stadt Tschechiens gewählt. Schon seit 1998 zählt auch dieser Ort - d.h. sein Erzbischöfliches Schloss und der dazugehörige Park zum UNESCO-Weltkulturerbe. Bei einer Führung wurde uns die Bischofsresidenz etwas nähergebracht - wir sahen nicht nur den gewaltigen „Großen Stadtplatz", sondern das danebenliegende gewaltige Schloss - einen barocken Um- und Ausbau der im 30jährigen Krieg zerstörten alten Burg - mit seinem hübschen Innenhof. Bei einem Spaziergang verschafften wir uns auch einen Überblick über den nach französischem Vorbild angelegten gartenähnlichen Teil des Schlossparks. Später ging es dann in den heutigen Hauptort Mährens, nach Brünn, wo am Stadtrand unser Hotel für Übernachtung und Abendessen lag.


Brno - Stillfried - Carnuntum - Rust - Eisenstadt - Ödenburg (Sopron), siebter Tag, 25. September 2017:

Auf der Landstraße erreichten wir am heutigen Vormitttag Österreich. Spätestens ab hier ist die Bernsteinstraße auf alten römischen Plänen und bei Geschichtsschreibern belegt. Schon in der Antike haben sich im Zuge ihrer Eroberungen die Römer in den lukrativen Handel mit dem Gold der Ostsee, dem Bernstein, eingeschaltet. Gut ausgebaute Straßen und Transportwege, Militär-Stützpunkte zur Sicherung der wertvollen Waren und Ansiedlungen zur Versorgung und für Handwerker beförderten der Handel mit Bernstein einer- und römischen Luxusgütern anderseits. In großem Stil legte man hier Lager an und stellte die Verbindung her zu den Handelsposten auf nicht-römischem Gebiet, wo oft über Flüsse und auf schmalen Pfaden die aus dem Ostseeraum stammenden Handelsobjekte - insbesondere Bernstein - in Richtung Mittelmeerraum transportiert wurden. Zeugnisse dieses Handels, Objekte, die bis in Bronzezeit zurückreichen fanden wir z.B. bei einem Stopp in Stillfried. Der winzige Ort an der österreichischen Bundesstraße 49, die nahezu exakt dem Verlauf der historischen Bernsteinstraße folgt, verfügt über ein interessantes Archäologischen Museum. Hier hatten wir Gelegenheit zu einem sehr guten, von einer Archäologin geführten Museumsrundgang, bei dem wir mehr erfuhren zur bronzezeitlichen sogenannten „Stillfrieder Tasse", aber auch zum früher bedeutenden Bernsteinhandel in der Gegend. Als Höhepunkt gab es dann eine Verkostung von Gewürzweinen nach historischem römischem Rezept und zu einem „altrömischen" Imbiss, ebenfalls nach überlieferten antiken Rezepten.
Nach kurzer Weiterfahrt erreichten wir den Archäologischen Park der Römerstadt Carnuntum. Eine der bedeutendsten römischen Siedlungen im Norden des antiken Reiches wurde hier ausgegraben und auf den gefundenen Resten wurde eine Anzahl der Gebäude nahezu originalgetreu rekonstruiert. Diese Römersiedlung konnten wir während einer sachkundigen Führung genauer unter die Lupe nehmen. Eine Therme - eine öffentliche römische Badeanstalt - dann eine historische Toilettenanlage, eine prunkvolle Villa und ein bescheideneres Wohnhaus konnten wir besichtigen und so einen Eindruck von der Lebensweise in einer römischen Stadt an der Bernsteinstraße gewinnen.
Durch das österreichische Burgenland ging es weiter zum Neusiedler See, wo wir einen Stopp in der bekannten Stadt Rust einlegten und Gelegenheit zum Bummeln in der hübschen Innenstadt hatten und dann noch in Eisenstadt, der Hauptstadt des Burgenlandes, hielten, um einen Blick auf das prunkvolle Eszterhazy-Schloss in klassizistischem Stil zu werfen.
Danach fuhren wir zu Abendessen und Übernachtung ins ungarische Ödenburg (Sopron).


Sopron - Forchtenstein - Bernstein - Szombathely, achter Tag, 26. September 2017:

Den Vormittag verbrachten wir in Ungarn, wo uns eine Stadtführung die Stadt Ödenburg, auf Ungarisch Sopron, näherbrachte, die einst die Römer als Siedlung Scarbantia gründeten, einen befestigten Handelsplatz an der antiken Bernsteinstraße. Ein Teil des römischen Grundrisses ist hier bis heute erkennbar, denn auf den Resten der römischen Befestigung entstanden im Mittelalter die Stadtmauern da, wo der heutige Marktplatz zu finden ist, war schon zu Römerzeiten das Forum. Heute steht hier die Pestsäule, das Rathaus und daneben das Stadttor mit Feuerturm und auf der anderen Seite des Marktplatzes die Geißkirche, jene romanisch-gotisch-barocke Kirche, in der im 17. Jh. die ungarischen Vizekönige gekrönt wurden. Ihren ungewöhnlichen Namen hat sie von der Ziege auf dem Stifterwappen der Patrizierfamilie Gaissel, das die Fassade über dem Hauptportal der Kirche ziert.
Stadtführerin Katalina führte uns durch die Altstadt und ihre Geschichte - von den Stadtmauerresten mit ihren Bastionen bis zum Wahrzeichen der Stadt, dem Feuerturm mit Stadttor, dessen Grundmauern auch noch aus der römischen Epoche stammen. Ödenburg ist damit eine der ältesten Städte Ungarns. Auf dem Marktplatz ist tatsächlich in der Pflasterung ein Hinweis auf die alte Bernsteinstraße zu erkennen und im Eingangsbereich der Touristeninformation finden sich echte ergrabene Reste der historischen Bernsteinstraße aus Römerzeiten.

Burg Forchtenstein

Mittags verabschiedeten wir uns von Sopron und fuhren wieder ins Österreichische, wo wir schon recht bald die Burg Forchtenstein erreichten, die seit dem 17. Jh. im Besitz der unvorstellbar reichen Adelsfamilie Eszterhazy war. Diese bauten die Burg repräsentativ aus und nutzen sie zunächst als Festung und später als Schatz- und Waffenkammer. Auf einer exklusiven Führung durften wir dann dieses Kleinod und viele seiner Geheimnisse entdecken.
Da die Eszterhazys von Anfang an Wert auf künstlerische Gestaltung, Repräsentation und übertriebene Darstellung der eigenen - teilweise ausgedachten - Vorfahren legten, wurde Burg Forchtenstein bald von einer Festung wurde sie zum prachtvollen Aufbewahrungsort für Waffen, das fürstliche Archiv und die fürstlichen Sammlungen, die Möbel, Uhren, exotische Tierpräparate, Schmuckgegenstände und „Wunderdinge" umfassten. Die Schatz- und Wunderkammern waren z.B. über einen Geheimgang erreichbar; die Türen konnten nur mit mehreren verschiedenen Schlüsseln geöffnet werden. Wir drangen ein in eine wunderbare Welt, die mit Beutestücken wie einem original erhaltenen Fürstenzelt aus der Zeit der Türkenkriege und Gemälden begann und mit ausgeprägten Waffensammlungen - darunter Kanonen, hunderte Lunten- und Steinschlossgewehre und gläserne Handgranaten - endete. Es waren unterhaltsame anderthalb Stunden, die wie im Fluge vergingen, als wir dann zum Abschluss noch dem erstaunlich tiefen Burgbrunnen unsere Aufmerksamkeit widmeten.
Später am Nachmittag legten wir noch einen Stopp im Ort Bernstein ein, dessen Name sich von der hier vorbeiführenden Bernsteinstraße ableitet. Hier kann man auch Bernstein kaufen, aber bekannter ist der Ort für den hier gefundenen und abgebauten Edelserpentin, der hier in mehreren Edelsteinschleifereien verarbeitet wird.
Von Bernstein ging es zu unserem Übernachtungsort Szombathely, wiederum in Ungarn - auch er einst von den Römern unter dem Namen Colonia Claudia Savaria als Handelsort an der Bernsteinstraße gegründet. Doch bevor wir im Hotel eincheckten, hielten wir noch am Iseum, einem ganz besonderen ehemaligen, in Europa fast einmaligen, Heiligtum, das man ergraben, rekonstruiert und zum Museum gestaltet hat. Es diente dem in römischen Zeiten aus Ägypten eingeführten Kult der Göttin Isis.


Szombathely - Celje - Ljubljana, neunter Tag, 27. September 2017:

Wir verließen heute Ungarn endgültig und reisten in Slowenien ein, heute der drittkleinste EU-Staat. Nach einem kurzen Stopp am Schloss von Slovenska Bistrica erreichten wir Celje, eine der größten Städte des Landes und einst Sitz der einflussreichen Grafen von Cilli.In einer Traditionsgaststätte nahe der Burg von Cilli ließen wir uns ein typisch slowenisches Mittagessen schmecken, bevor wir dann noch Zeit für einen Bummel in der Stadt fanden. Zur Römerzeit schon längst als keltische Siedlung bekannt und nach der Eroberung der Provinz Noricum romanisiert, wurde die Stadt als reich und dicht besiedelt beschrieben, von mehrgeschossigen Marmorpalästen bestimmt und mit breiten Plätzen und Straßen versehen, gut befestigt mit Mauern und Türmen. Auch Celje lag an einer Römerstraße - jener, die von Aquileia in die Provinz Pannonien führte, wohl die Ostroute der Bernsteinstraße. Wir konnten während der Freizeit in Celje den Stadtplatz mit Mariensäule und die in Renovierung befindliche Burg sowie etliche alte Bürgerhäuser sehen.
Von Celje aus ging es in die slowenische Hauptstadt Ljubljana, wo uns schon der Stadtführer zu einem abendlichen Rundgang durch die hübsche, belebte Altstadt erwartete.
Vor allem die markante Szenerie am Flüßchen Ljubljanica, gesäumt von Cafes ist interessant, aber auch die Ausblicke auf die Burg, der Stadtplatz mit dem Rathaus oder das Hauptgebäude der 1919 gegründeten Universität Ljubljana, das bis 1918 noch Sitz des Landtages des Herzogtums Krain gewesen war, machen die auf Deutsch Laibach genannte Metropole Sloweniens zu einer attraktiven und besuchenswerten Stadt.
Später checkten wir in unser unweit von der Innenstadt gelegenes Hotel ein.


Ljubljana - Adelsberger Grotten - Palmanova - Aquileia - Mirano, zehnter Tag, 28. September 2017:

Heute Morgen waren wir schon unterwegs nach Italien, unterbrachen unsere Fahrt aber an einer weltbekannten Sehenswürdigkeit: den Adelsberger Grotten (Postojna Jama). Die unterirdischen Grotten- und Tropfsteinwelten würden wir bei einer Führung kennenlernen. Im Karstgebiet des riesigen Kalksteinplateaus um die slowenische Stadt Postojna gibt es das zweitgrößte für Touristen erschlossenen Tropfsteinhöhlensystem der Welt, denn der inzwischen erschlossene und ganzjährig geöffnete Teil der Grotten umfasst mehr als 20 km Höhlengänge. Um bis zum interessantesten Teil zu gelangen, wird die Höhle zum Teil mit einem Zug befahren. Das System der Adelsberger Grotten weist viele Höhenunterschiede auf und besteht im Wesentlichen aus drei Hauptebenen, auf deren unterster noch heute der Fluss Pivka fließt, der diese gewaltige Karsterscheinung im Laufe von Jahrzehntausenden geschaffen hat. In einer knappen Milion Jahre hat der Fluss den löslichen Kalkstein erodiert und damit eine Art Zauberwelt aus Tropfsteinen geschaffen. Über eine Stunde wanderten wir staunend durch die mit teilweise skurrilen Tropfsteinformen angefüllten Gänge, Kammern und Höhlungen, bevor wir - wie anfangs kilometerweit eingefahren - uns eine kleine Bahn wieder nach draußen ans Sonnenlicht brachte.

Palmanova

Wir fuhren weiter und überquerten bei Gorizia die Grenze nach Italien.
Wenig später hatten wir Palmanova erreicht, das Ende des 16. Jh. als Planstadt angelegt wurde und bis heute den exakt sternförmigen Grundriss beibehalten hat.
Der Idealstadttypus dieser Zeit weist ein radiales Straßennetz auf, das direkt auf den zentralen Platz zuläuft. Breite regelmäßige schnurgerade Straßen sorgten dafür, dass im Verteidigungsfall die Soldaten vom Exerzierplatz im Zentrum auf schnellstem Wege an die Bastionen der Stadtmauer und damit rasch zu inneren sowie äußeren Verteidigungsanlagen gelangen konnten. Auch der Besiedelungsplan war vorgegeben: Offiziere wohnten im Zentrum, ringsherum die regulären Soldaten und direkt an der Befestigung die Söldner.
Drei große Stadttore haben sich in Aquileia erhalten, auch ihre frühbarocken Vorwerke sind noch gt zu erkennen. Man behauptet, der unter anderem in Vicenza und Venedig tätige bekannte italienische Renaissancearchitekt Vincenzo Scamozzi habe Tore und Teile der Festung geschaffen. Die drei Festungsringe, von innen nach außen angelegt, bildeten einen neunzackigen Stern und wirkten über Jahrhunderte so modern, furchteinflößend und verteidigungsbereit, dass noch Napoleon Bonaparte mehr als zwei Jahrhunderte später die Festung nutzte und nur leicht erweitern ließ.

Aquileia

Unser nächstes Ziel war das nicht allzuweit entfernte Aquileia. In römischer, spätantiker und der Völkerwanderungszeit endeten hier zahlreiche Römerstraßen, wohl auch die Bernsteinstraße. Das war noch bevor sich die Stadt Venedig entwickelte. Aquileia war ein äußerst wichtiger Verkehrsknotenpunkt und hatte in der Kirchengeschichte immense Bedeutung, denn das Patriarchat von Aquileia, das erst im 18. Jh. aufgelöst wurde, als Aquileia schon seit Jahrhunderten kaum noch Bedetung besaß, soll von keinem Geringeren als dem heiligen Evangelisten Markus im Auftrag von Petrus eingerichtet worden sein. Dies erklärt die gewaltige, großartige frühchristliche Basilika hier, die schon lange zum Weltkulturerbe gehört. Hauptgrund dafür und Usprung der Berühmtheit des Ortes sind vor allem seine Mosaikböden. Sie stammen aus verschiedenen Zeitepochen, liegen teilweise in mehreren Schichten übereinander und bilden die größten frühchristlichen Mosaikflächen Italiens Aus der Zeit des Bischofs Theodorus um 300 n.Chr stammen die „theodorischen Mosaiken", über die spätere Bauten des 11. Jahrhunderts gesetzt wurde. Zum Teil auf Glasstegen laufend konnten wir die gewaltigen Ausdehnungen qualitätvoller Mosaiken bewundern, von denen allein nahe dem Glockenturm fast 650 m² zu besichtigen sind. Sie zeigen vor allem geometrische Formen und Tiere. Im Gegensatz zu den kämpferischen und Jagdszenen römischer Mosaike haben hier die Tieren betont ruhige Haltung - sollen sie doch den Charakter des friedlichen Zusammenlebens der neuen christlichen Religion versinnbildlichen.
Nach dem Besuch der Basilika und ihrer grandiosen Mosaike hatten wir Zeit, noch an den Ausgrabungen und den Resten der antiken Stadt und des römischen Forums vorbeizuschlendern, die die Bedeutung des vorchristlichen Handelsplatzes und Verkehrszentrums Aquileia verdeutlichten: ursprünglicher Endpunkt der Handelsrouten wie Bernsteinstraße am Mittelmeer bis mindestens zur Völkerwanderungszeit, vor dem Aufstieg Venedigs zur Handelsmetropole an der Adria und bedeutender Anknüpfungspunkt an den Asienhandel und die weltweit bekannte Seidenstraße.
Von Aquileia aus ging es zu unserem Hotel in Mirano, einige Kilometer nördlich von Venedig.


Venedig, elfter Tag, 29. September 2017:

Die weltbekannte Lagunenstadt, auch sie UNESCO-Weltkulturerbe, war unser heutiges Ziel. Nach dem Frühstück brachte uns der Bus zum nahe dem Hotel gelegenen Regionalbahnhof, von dem aus wir mit dem Zug nach Venedig fuhren. Am Bahnhof St. Lucia erwartete uns Stadtführer Massimo, der uns sogleich durch Alt-Venedig zu führen begann, in Richtung Rialto-Brücke und Markusplatz.
Auf 118 Inseln im Bereich der Lagune angelegt, ist Venedig eigentlich kaum zu beschreiben. Der als Stadtstaat entstandene Ort besaß auf dem Höhepunkt seiner Macht die größte Flotte des Mittelmeeres, hatte Handelsbeziehungen in alle Welt und zeitweilig das Monopol auf den Handel mit Seide und Gewürzen in Europa. Von Istrien bis Zypern reichten Territorium und Einflussbereich der Großmacht Venedig, und zwischen dem 8. Jh. bis zu ihrer Auflösung 1797 durch Napoleon wurde die Seerepublik Venedig als Großmacht wahrgenommen.
Unglaubliche Paläste - auch wenn man vielen von ihnen das Wirken des „Zahns der Zeit" ansieht - sind im Laufe der Zeit entstanden und prägen bis heute das Bild entlang der Kanäle, von denen sich der berühmte Canale Grande durch besonders prächtige Randbebauung abhebt. Auf unserem Weg durch die verschiedenen Viertel der Altstadt sahen wir historische Paläste und Kirchen, überquerten auf kleinen Brücken schmale Kanäle, erlebten den Fischmarkt und erreichten schließlich die Rialto-Brücke.
Die 48 m lange, 22 m breite und auf beiden Seiten bebaute Verbindung über den Canale Grande ist die wohl bekannteste Brücke der Lagunenstadt. Schneeweiß schimmernd überspannt sie seit über 420 Jahren den breitesten Kanal Venedigs. Interessant ist, dass in der Stadt buchstäblich JEDES Gebäude auf eingerammten Pfählen als Fundament errichtet werden musste - die Rialto-Brücke bildet da keine Ausnahme: auf jeweils etwa 6000 Pfählen ist jedes ihrer beiden Widerlager gegründet.

Markusplatz und Lido

Von hier aus ging es zum Herzen der Lagunenstadt, dem Markusplatz. Zwar gilt als sein Wahrzeichen wohl der weithin sichtbare, nachts mitunter früher als Leuchtturm verwendete Campanile. Aber er und die bedeutenden Bauten wie der aus dem 13. - 17. Jh. stammende Markusdom, das Staatsheiligtum der Republik Venedig bis zu ihrer Auflösung 1797 und der Dogenpalast aus dem 14./15. Jh. stehen eigenlich gar nicht am Markusplatz, sondern davor, zum Wasser der Lagune hin.
Nach Verabschiedung von Stadtführer Massimo gingen wir noch gemeinsam am Campanile und den Säulen mit den beiden Stadtheiligen Markus und Theodorus vorbei zur Wasserseite des Dogenpalastes, an dessen anderer Außenwand sich die berühmte Seufzerbrücke befindet, die die Verbindung vom Palast zum Gefängnis herstellt, die durch einen schmalen Seitenkanal getrennt sind. Hier wurden angeblich die von venezianischen Gerichten Verurteilten zur Haft oder zur Exekution vom Palast in die Gefängnisräume geleitet. Ihren heutigen Namen erhielt die zu Anfang des 17. Jh. gestaltete Brücke erst im Zeitalter der Romantik wo man sich vorstellte, dass die Gefangenen auf ihrem Weg ins Gefängnis von hier aus zum letzten Mal einen tränenreichen Blick in die Freiheit der Lagune werfen konnten. Von hier aus gab es dann für alle Freizeit - für eigene Unternehmungen, einen Besuch im Dom oder Dogenpalast vielleicht, für den man aber anstehen musste oder für typisch venezianische Pizza...
Nachmittags trafen wir uns dann wieder am Campanile und gingen gemeinsam zu einer Anlegestelle an der Lagune, wo uns ein gemietetes Boot erwartete, mit dem wir auf einer Bootsfahrt entlang des Canale Grande zum Bahnhof zurückkehrten. Hier ging es per Zug zum Bahnhof in Hotelnähe, wo uns Chauffeur Harald mit dem Bus ins Hotel zurückbrachte.


Mirano - Brennerpass - Österreich - Dresden, zwölfter Tag, 30. September 2017:

Früh brachen wir auf, denn der Weg war lang. Ohne größere Verzögerungen oder Aufenthalte gelangten wir über den Brennerpass nach Österreich und vorbei an München und Nürnberg zu unseren Ausgangspunkten.

Epilog

Eine außergewöhnliche Reise, die uns durch mehrere Länder und zu zahlreichen Weltkulturerbe-Stätten und nationalen Monumenten führte, war zu Ende gegangen. Der Bernsteinstraße und ihrem Verlauf konnten wir die ganze Zeit nahezu exakt treu bleiben und dabei vieles über die Geschichte und die Gewohnheiten anderswo entdecken.
Ich bin sicher, dass diese Reise bei allen, die dabei waren, noch lange nachwirken wird und viele bleibende Erinnerungen beschert hat. Und das ist es doch, was wir von einer solch interessanten und abwechslungsreichen Reise erwarten - das ist es, was beim Reisen zählt!
Bis bald!
Ihr Studienreiseleiter Dr.Michael Krause

Besonders bedanken möchte ich mich bei unserem Reisegast Frau Claudia Steyer, die für die Fotogalerie zu diesem Blog viele Bilder zur Verfügung gestellt hat!

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