Reisebericht: 6 Tage Paris mit der Seniorenakademie

25.05. – 30.05.2011, 6 Tage Paris mit der Seniorenakademie


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Das Geheimnis der Kunst liegt darin, daß man nicht sucht, sondern findet.(Pablo Picasso). Und wo sollte man mehr von den Schöpfungen der Künstler aller Bereiche finden als in Paris ? Die Wege zur Kunst führen nicht an dieser Stadt vorbei.
Ein Reisebericht von
Peter Großer

Reisebericht



Mittwoch, 25.05.2011

 


Es ist schon etwas Besonderes, mit Gästen der Seniorenakademie in Paris auf Erkundungen zu gehen. Als ich noch jung war, erschienen mir die planmäßig mit 65 Lebensjahren aus dem Arbeitsprozess ausgeschiedenen Menschen sehr, sehr alt, verbraucht, mitunter sogar etwas einfältig. Heute ist es eine Generation von Menschen, die sich nicht nur vielseitig für weiteres Lernen, Beschäftigung mit der Kunst oder der Gesellschaft interessieren, sondern auch im zweiten Lebensalter körperlich so leistungsfähig sind, dass sie wissbegierig und unternehmenslustig eine solche Reise nach dem „Carpe-diem“-Prinzip erleben. Dieses selbst  (auch nicht mehr so ganz jung) miterleben zu können und auch einen Beitrag zum Gelingen einer Reise leisten zu dürfen,  war auch für mich eine schöne Erfahrung.
 
Wir fuhren am ersten Tag nicht nur einfach nach Reims in ein sehr gutes Hotel. Wir fuhren vor allem auch dahin, um eine der schönsten der etwa 80 gotischen Kathedralen Frankreichs zu erleben, die Harmonie des großem Raumes, seine Portal mit dem reichen Figurenschmuck und die Farben der Chorfenster Chagalls. Auch Geschichte gab es genug am Weg nach Reims: Metz, Verdun, St. Menehould, Valmy  - deutsche Literaten wie Goethe oder Kästner haben berichtet.    
 
 
 
Donnerstag, 26.05.2011
Paris aux cents villages - die Stadt aus einhundert Dörfern. Jedes „Dorf“ hat seinen eigenen Charakter, seine eigene Architektur, seine eigenen Menschen. Aber viele dieser „quartiers“ verlieren ihren alten Charakter. Der riesige Güterbahnhof und die Weinlager sind verschwunden und haben Perraults Nationalbibliothek - ein Denkmal Mitterands aus vier aufgeschlagenen Büchern - oder dem Finanzministerium Platz gemacht. Am dem traditionsreichen Bastilleplatz steht an Stelle eines Bahnhofes die neue Oper des Kanadiers Ott, ein weiteres Denkmal Mitterands und des 200. Jahrestages der Revolution 1789.


Hier beginnt unsere Busfahrt durch die Stadt Paris mit ihrer 2000-jährigen Geschichte.
Für manche ist der erste Kontakt mit der Stadt sicher ein großes Erlebnis, für andere ein glückliches Wiedersehen. Ich schau ebenso gespannt durch die Scheiben des modernen Reisebusses und versuche herauszufinden, was im letzten Jahr dazugekommen ist und was inzwischen schon wieder fehlt. Matthias lenkt den Bus souverän durch das Gewimmel des Verkehrs, umschwärmt von Motorrädern, die eine blitzschnelle Reaktion erfordern. Michael Papst hat den Kommentar übernommen, mit hoher Sachkenntnis und viel Witz. Nach einer Unterbrechung in einem Elsass-Traditionslokal wird die Erkundung vom Bus aus fortgesetzt.
Aber in die Dörfer des alten Paris um die Notre-Dame oder das Marais kann der Bus nicht eindringen. Sie blieben von den breiten Schneisen des Baron Haussmann weitgehend verschont und erwarten uns aber an den nächsten Tagen.   
Paris - das ist natürlich auch die Welt des Kabaretts, der schöne Glitzerwelt der Kostüme und Bühnenbilder, der Artistik, des Gesangs und des Tanzes. Paradis Latin - das feine Revuetheater im lateinischen Viertel. Das ist schon etwas für das Auge, natürlich auch mit einem  Schuss ästhetischer Erotik. Die Reisegruppen aus aller Welt werden namentlich begrüßt, natürlich auch die Gruppe Eberhardt. Zurück in unser modernes Hotel geht es mit der schnellsten Verbindung in Paris - der Metro.
 
Freitag, 27.05.2011
Wie Rom ist Paris auf sieben Hügeln erbaut. Der bekannteste ist sicher der Montmarte. 100 m über der Stadt ist er der Ort viele historischer Ereignisse vom Martyriums des ersten Bischofs von Paris bis zum Zündfunken der Kommune 1871 und in unsere moderne Zeit.
Er war in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts zum Berg der Künstler geworden, die hier billige Unterkünfte, besseres Licht, ihre Modelle und ein Stückchen Natur in der Stadt wiederfanden. Sogar der seltene Schnee hielt sich hier etwas länger zur Freude von Pissarro.


Wer kann die Namen der Maler, Bildhauer, Musiker und Schriftsteller von Weltrang alle nennen ? Die Touristen kamen in Scharen, die Künstler zogen weiter zum Montparnasse.
Michael kennt auch die Stellen, die nicht dem Postkartenbild des Montmartres entsprechen und die noch etwas vom Charme des Dorfes bewahrt haben.
 Friedhöfe, wie der vom Montmarte, sind immer eine Gelegenheit, sich an Menschen zu erinnern, die Bedeutendes geleistet haben: Stendhal. Offenbach, Zola, Berlioz, Dumas neben weniger Bekannten. Hier ruht auch ein Heinrich Heine, der sich ein besseres Deutschland wünschte und 25 Jahre in Paris lebte.
Eiffelturm. Gibt es nicht auch eine Ingenieurskunst, der es gelang aus 18038 Eisenteilen mit 2,5 Millionen Nieten in 26 Monaten das höchste Bauerwerk der damaligen Welt zusammenzufügen ?
Daran änderte auch der wütende Protest von Garnier, Gounod, Zola, Maupassant, Zola und anderen nichts. Das „scheußliche Riesenskelett“ (Maupassant) empfängt heute jährlich über 6 Millionen Besucher (der Louvre  8,5 Millionen). Wir erkennen die bedeutenden Bauten im Häusermeer wieder, die wir schon auf der Stadtrundfahrt im Vorbeifahren gesehen haben. Im Westen ragen die Hochhäuser des Quartiers La Defense auf. Da müsste man einmal hin !
Anschließend gibt es eine dritte Sicht auf die Monumente der Stadt, vom Boot der Gesellschaft Bateaux Mouches aus. Brücke um Brücke taucht auf, von einfachen Zweckbauten bis zum prachtvollen pont Alexandre III. Louvre, Orsay, Notre-Dame...
Das anspruchsvolle Programm hat doch kleine Lücken gelassen und so haben wir die vierte Sicht auf die Notre Dame, ihre Fassade, die Südseite und den Chor mit dem grazilen Strebewerk, indem wir vor dem Abendessen noch einen Inselspaziergang unternehmen. Wir können das Innere auf uns wirken lassen, der Chorgesang und Weihrauch der Messe schaffen eine besondere Atmosphäre. Licht fällt durch die riesigen farbenprächtigen Rosetten des Querschiffes ein. In kurzer Zeit hat die der Gotik, 15 km weiter nördlich in St.-Denis entstanden, zu solcher Meisterschaft der Baukunst geführt.
Einige Schritte durch die ununterbrochene Doppelreihe von Gaststätten und Kneipen  im Quartier Latin führen uns dann zu unser Restaurant „Chez Clement“ an der place St.-Michel.
 Sonnabend, 28.04.2011
Wir verlassen den Bus am Palais Royal, an dem, wie eigentlich fast immer, gebaut wird. Richelieu. Louis XIV, Königswitwen, die Orleans und andere wohnten hier, Molière spielte seine Stücke,  Desmoulins rief von hier zur Revolution aus, Blücher soll 6 Millionen im Glückspiel verloren haben und im späteren Reich der „Kokotten“ wurden auch Heine und Hugo gesehen. Heute haben Staatsrat und Kulturminister ihren Sitz im Palais.
Dann folgt ein mit viel Sachkenntnis kommentierter Bummel durch die Passagen. Sie entstanden nach 1820. „Die Passagen sind ein Zentrum des Handels in Luxuswaren. In ihrer Ausstattung tritt die Kunst in den Dienst des Kaufmanns“ schreibt Walter Benjamin, neben Aragon einer der großen Berichterstatter. Jede Passage hat ihren eigenen Charakter, volkstümlich oder aristokratisch. 


Das zweite Kaiserreich hat mit der Oper des jungen Architekten Garnier eine Institution geschaffen, deren Prunk nicht mehr zu überbieten ist. Schon der Zuschauerraum mit der von Chagall gemalten Decke und den Rängen mit den viele Logen ist beeindruckend. Edle Materialen, Marmor, Bronze, Gold, Kristallglas, Gemälde schmücken das gewaltige Treppenhaus und machen das Foyer zu einem glanzvollen Riesensaal, vergleichbar mit der Spiegelgalerie von Versailles. 
Der Prunk des 19.Jahrhunderts setzt sich fort in der im Zentralbau mit der gewaltigen Jugendstilkuppel des Kaufhauses Galeries Lafayette. Und von ihrer Dachterrasse aus sieht man das gewaltige Bühnenhaus der Oper ganz nahe. Man erblickt viele der nun schon bekannten Bauten der Stadt, vor allem der herausragenden Eiffeltum und das modernen Hochhaus Tour Montparnasse (von einigen abends besucht) und den Hügel Montmartre mit der gewaltigen Sacre Coeur.
Die Frage nach der Bauzeit des Louvre ist einfach beantwortet: um 1200 bis 1989. Wir gehen in der Hauptachse von den Kolonnaden bis zum Arc de Triomphe du Carrousel und ich erkläre die einzelnen Bauphasen. Dann geht jeder seinen eigenen Neigungen nach. Ich muss wieder an Goethes „Die Kunst ist lang und kurz ist unser Leben“ denken, als ich in 2 Stunden nur eine einzelne Abteilung besuche, die ägyptischen  Sammlungen und dabei an vielen nur vorbeigehuscht bin. Es ist nun einmal das größte Kunstmuseum der Welt.
Nach einem Abendessen in einem netten, stilvollen Restaurant an der Opera Comique beginnt die abendliche „Lichterfahrt“.  Aber es ist nicht nur Ende Mai, die Sonne geht auch noch fast eine Stunde später unter als bei uns. Wir erleben deshalb noch bei Tageslicht die moderne Architektur der Jahrtausendwende des Quartiers La Defense: die Bürotürme der Großkonzerne, Versicherungen und Banken um den neuen „Triumphbogen“, la Grande Arche, einem weiteren Denkmal des 200. Jahrestages der Revolution von 1789 aus der Mitterandzeit.
Zum Schluss wird es doch noch eine Lichterfahrt. Am rötlich ausgeleuchteten Eiffelturm beginnt pünktlich das Gefunkel der hellblauen Blitzleuchten.  
Sonntag, 29.05.2011
Le Marais - der Sumpf. Das  durch Überschwemmungen der Seine versumpften Gelände hat viele Gesichter gesehen: Templer, die das Gebiet trockenlegten und in ihrem Schatzturm, dem Temple, ihr Vermögen horteten. Mit Francois I kamen die Könige von der Loire nach Paris zurück und Henri IV ließ den wunderschönen Place des Vosges bauen. Die hohen Herren des Hofes ließen Stadtpaläste errichten. Später verkam das Quartier. Kleine Handwerker zogen ein und


verschandelten die prächtigen Innenhöfe mit Einbauten. Vertriebene aus vielen Ländern fanden eine billige Unterkunft, Juden aus Osteuropa ebenso wie russische Aristokraten. Erschütternde Tafeln weisen auf die Deportationen der Juden während der deutschen Besetzung hin. Es ist kunstliebenden Menschen und dem Schriftsteller und Kulturminister Malraux zu verdanken, dass das gesamte Gebiet des Marais als Flächendenkmal geschützt wurde. Mit der Rekonstruktion der Gebäude änderte sich der Charakter wieder: Galerien, Boutiquen, Kulturzentren zogen ein. Ich habe über viele Jahre das Gebiet durchstreift, so wie es heute auch die Pariser am Sonntag tun, mit dem grünen Michelinführer in der Hand. Auch heute entdecke ich wieder bei der Führung durch Michael einiges Neues und freue mich über das große Interesse der Gäste.
Dann trennt sich die Gruppe zeitweilig: die Musikliebhaber zieht es in die moderne Cité de la Musique (übrigens das letzte der 5 großen „Denkmäler“ Mitterands) mit einem Museum voller Musikinstrumente aus 4 Jahrhunderten. Die Liebhaber der bildenden Kunst besuchen das Orsay-Museum mit der Kunst aller Bereiche zwischen 1848 und 1914. Der ausgediente Bahnhof der Belle Epoque wurde vor dem Abriss bewahrt und bildet den Rahmen für einmalige Ausstellung, die in den 25 Jahren seit der Eröffnung über 65 Millionen Menschen sahen. Diesmal begeisterte die Gäste vor allem auch die Sonderausstellung von Werken Manets.
 
 


 
 
Wo sollte man eine Reise nach Paris beenden ? Wir haben in diesen 4 Tagen so viel gesehen, dass es gut tut, an diesem Sonntagnachmittag einmal über die Champs-Elysées einfach nur zu flanieren, auf der Hauptachse zwischen dem geschichtsträchtigen Louvre und den Türmen unser heutigen Zeit - La Defense,  zwischen Menschen aus aller Welt, in einer der schönsten Städte der Welt.  
 
 
 
 
 
 
 
        
 
 
 
 
 
 
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