Normandie – Bretagne: Meeresluft, Apfelduft und berauschende Landschaften
Reisebericht: 08.08. – 16.08.2012
Sechstausendjahrealte Menhirsteine, tausendjährige gotische Kathedralen, mittelalterliche Fachwerkhäuser, Kalvarienberge, die Invasion der Allierten am D-Day - ein Streifzug durch die Geschichte garniert mit Jersey, Meeresluft, Austern und Calvados
Ein Reisebericht von
Dr. Jürgen Schmeißer
08.08.2012: Fahrt an die Tore von Paris
Zu 6:00 Uhr trafen sich die ersten Gäste in Dresden, um eine tausend Kilometer lange Fahrt bis vor die Tore von Paris anzutreten. Bis Neudietendorf in Thüringen war dann die Reisegruppe komplett und wir konnten im 5-Sterne-Bus sonnige Landschaften in Sachsen, Thüringen, Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland entdecken. Nach einem gedanklichen Erkurs über Pfälzer Wein ging es Richtung Champagne und seines Schaumweins. Zunächst jedoch noch ein wenig neue Zeitgeschichte bei Ramstein, Geschichte des 1. Weltkrieges bei Verdun und Geschichte des Mittelalters und der gotischen Kathedralen bei Reims. Nach fast vierzehnstündiger Fahrzeit - natürlich mit Anfahrer am Steuer - erreichten wir den Stadtrand von Paris, die Banlieu. Hier fanden wir Zimmer in einem am See ruhig gelegenen Novotel. Für langes Urlaubsfeiern waren wohl alle doch recht müde.
09.08.2012 Rouen, Normandiebrücke, Honfleur, Calvadosprobe
Wir kamen im Uhrzeigersinn über den Pariser Ring recht gut voran und fast parallel zur Seine in zwei Stunden nach Rouen, der Hauptstadt der Normandie. Für unseren Stadtbummel fanden wir einen Parkplatz recht nahe des Alten Marktes. Hier wollten wir unsere Tour an jener Stelle beenden, wo 1431 Jean d´Arc den Feuertod starb. Deshalb richteten wir unseren Weg zunächst durch Gassen mit Fachwerkhäusern Richtung Rue du Horologue aus. Bald schon hatten wir die große Uhr und den Uhrenturm erreicht. Von der östlichen Seite, sonnebeschienen werden sicher die Fotos des goldglänzenden Zifferblattes noch eindrucksvoller an den Besuch erinnern. Nur wenig später standen wir vor einer der imposantesten gotischen Kathedralen Frankreichs, hörten von der Legende der Finanzierung des Butterturmes, sahen den hohen Helmturm, die übliche gotische Rosette an der Westfront jedoch leider nicht, da in Rekonstruktion. Auch die Kirche Maclou mit ihrem Renaissanceportal war verhangen. So erfreuten wir uns an der Vielzahl schiefwinkliger Fachwerkhäuser. Auf unserem Weg von der Hoch- in die niedere Normandie hielten wir an der eindrucksvollen Schrägseilbrücke, die in hohem Bogen die Seine zwischen Le Havre und Honfleur überspannt. Vom alten Hafenort Honfleur waren alle begeistert. Zahlreiche Handelshäuser aus der Renaissance reihen sich am Ufer des Hafenbeckens. Hinter diesen dann die Holzkirche St.Catherine mit einer Dachkonstruktion wie zwei umgekehrte Schiffskiele. Den recht kurzen Weg zur Calvadosdestillerie im Schloss La Breuil verlängerten wir, weil man eben in einer Autobahnzufahrt nicht mehr wenden darf. So hatten wir bereits vorab mehr Zeit auf die Produktionslinie Apfel - Apfelsaft - Apfelwein / Cidre - Apfelbrand / Calvados einzugehen. Noch interessanter dann die Führung durch Destillerie, Lagerkeller und vorbei am Schloss einer der renommiertesten Calvadosbrennereien der Normandie - und zum Abschluss ein Schluck Pommerie und ein Schluck 15-jähriger Calvados. Für manchen auch die Chance zum Erwerb eines flüssigen Souvenirs. Am Abend dann Ankommen am Stadtrand von Caen im dortigen Novotel.
10.08.2012 Caen, Landungsstrände des D–Days, Granville, St. Malo
Am zeitigen Vormittag stehen wir bereits an der alten Festungsanlage von Caen. Gegenüber der Kirche St. Pierre stiegen wir hinauf: heut ist die Festung für Touristen leicht eroberbar. Von hier oben zahlreiche Blicke auf die nach dem Weltkrieg neu aufgebaute Stadt und gotische Kirchtürme, insbesondere auch hinüber zur Abbay aux Hommes, dem Männerkloster - dabei die Geschichte von Wilhelm und Walburga, die dies, wie auch ein Farauenkloster, als Sühne gründeten. Mit dem Bus ging es dann am Rathaus, Justizpalast vorbei an die Atlantikküste. Um den D-Day, die Aktion „Overlord“ , die Landung der Alliierten am 6. Juni 1944 korrekt zu erklären, hielten wir zunächst an der Pegasusbrücke und mancher entsann sich an den Film „Der längste Tag“. Dann ging es zu den Stränden der Anlandung mit den militärischen Bezeichnungen wie Juno, Gold, Omaha. Bei Arromanches blickten wir auf die Reste des künstlichen Hafens Mulberry 2, in dem 1944 binnen weniger Wochen mehr als 200.000 Soldaten und 40.000 Fahrzeuge anlandeten. Um noch einen Eindruck von den Kämpfen und dem deutschen Festhalten zu bekommen, landeten auch wir aus dem Hinterland bei den ehemaligen deutschen Bunker- und Flakstellungen bei Point du Hoc. Unvorstellbar die Dichte der Bombenkrater in diesem umkämpften Land. Unsere Busfahrt führte uns dann quer über die Halbinsel Cotentin nach Granville.
Gleich hinter dem Leuchtturm am Point du Roc genossen wir beste Aussicht auf die Felsenküste der Normandie. Am zeitigen Abend erreichten wir dann St. Malo und genossen es im Hotel Chateaubriand direkt in der Altstadt zu logieren. Mancher bummelte noch am Abend auf der Stadtmauer und ließ in der Ferne die Sonne im Atlantik untergehen.
11.08.2012 Jersey
Schon um sechs Uhr trafen wir uns zum zeitigen Frühstück, um nach einem gründlichen check in - wir fahren ins Ausland ! - die reichlich einstündige Fährfahrt im Katamaran bei ruhiger See zu genießen. Eine Stunde die Uhr vorgestellt und so war es bereits sonniger Sonnabendvormittag als wir in St. Helier eintrafen. Entgegen dem Uhrzeigersinn ging es dann im etwas ältlichen Bus um die Insel herum. Nicht bei jedem der vier Halts hatten wir die Sonne im Rücken, so das die Ausbeute malerischer Fotos sicher gering ist. Durch Dörfer mit Landhäusern und gepflegten Gärten ging es zu Aussichten über Buchten und von Hochebenen aufs Meer. Staatliche Unabhängigkeit, Besitz der Herzogin der Normandie - was ja eigentlich auch die Queen ist - Jersey-Kartoffeln und Jersey-Rind, Lobster, einstiges Bankenparadies sind so einige Wortmarken des Kenntnisgewinns über die Insel. Am Nachmittag war Zeit von über vier Stunden zum individuellen Erkunden der Hauptstadt bevor es mit etwas Verspätung zurück nach Frankreich ging. Ein spätes Abendbrot beendete einen langen Tag.
12.08.2012 Mont St. Michel, Cancale, St. Malo
Wir nahmen uns am Morgen Zeit mit dem Aufbruch nach dem Berg des Heiligen Michel. Da die versandende Fläche rund um den Granitfelsen wasserführender gestaltet werden soll, wird ein neuer Damm geschaffen, der bei Flut durchlässig ist. Zunächst hat man aber die logistischen Flächen für die Touristen neu geordnet. Das bedeutet zunächst einen kleinen Fußweg bis zum Erreichen der Shuttlebusse in Kauf zu nehmen. Nach dreißig Minuten standen wir am Tor der Bürgerwehr. Durch das Tor des Königs ging es wie einst Millionen Pilger und heut Touristen durch die Große Straße, dann Treppen hinauf, vorbei an Fast-Food und Souvenirs zur Abtei. Mit einem Audioguide in bester deutscher Sprache ausgerüstet konnte sich jeder individuell die Säle, das Refraktorium. die Treppe und Terasse erschließen, bevor er nach gut einer Stunde den Almosensaal erreichte. Nach der Besichtigung einer der ersten UNESCO-Weltkulturerbestätten ging es mit dem Bus nach Cancale - erste Adresse der Gourmets für frische Austern. Auch wir probierten und spülten mit einem reichlichen Schluck Cidre nach. Dann noch individuelles Bummeln, ein wenig Souvenirjagd und … bitte „Bürger beschützt Eure Anlagen!“ - der kleine Dicke von der Gendarmerie arbeitete einst in St. Tropez und ist schon lange tot; er kann nicht mehr helfen. So etwas verzögert kamen wir zurück nach St. Malo, bummelten in alten Gassen und auf den Remparts, der Stadtbefestigung mit tollen Aussichten in die Gassen der Stadt, in Wohnzimmer und auf das Meer. Zum Abend dann zum Abschiedc ein Feuerwerk über der Eisbombe des Hauses Chateaubriand.
13.08.2012 Rance, Kap Frehel, Guimiliau und sein Kalvarienberg, Quimper
Heute ging es richtig durch die Bretagne. Zunächst hielten wir am Gezeitenkraftwerk von Rance und diskutierten ein wenig die Möglichkeiten und Grenzen alternativer Energiegewinnung. Durch schöne Küstenorte wie Dinard fuhren wir Richtung Cap Frehel. Vorher jedoch ein Fotostopp und Bummel zum Fort La Latte. In den Mittagsstunden bummelten wir entlang der Steilküste, durch Erikabüsche und zum ehemaligen Leuchtturm direkt auf der Kapspitze. Unsere Weiterfahrt durch die ländliche Bretagne brachte uns nach Guimillau. In der Übergangszeit zwischen Spätgotik und Renaissance wurde hier eine Kirche mit Pfarrhof und darin ein Kalvarienberg gebaut - vielleicht der bedeutendste von vierzehn dieser Art in der Bretagne. Mehr als zweihundert Personendarstellungen berichten in fünfzehn Szenen vom Leben Jesu Christi. Auch das Kircheninnere mit Figuren in der Vorhalle und den barocken Schnitzereien am Orgelprospekt und um das Taufbecken sowie der barocke Altar machen die Kirche zu einem herausragenden Beispiel der vielhundertjährigen Kirchengeschichte dieser Region. Gegen fünf Uhr trafen wir am Zusammenfluss („Kemper“) von Steir und Odet ein und hatten Gelegenheit die fachwerkhausbestandenen Innerstadtstraßen und die Kathedrale zu erschließen. Ein sehr gutes Abendessen im Hotelrestaurant rundete den Tag ab.
14.08.2012 Confort, Pointe du Raz, Concarneau, Menhirfelder bei Carnac, Vannes
Für den heutigen Tag war Regen angesagt, weshalb alle die erforderlichen Vorbereitungen trafen und laufbare Schuhe für das äußerste Kap Frankreich einpackten. Wir wählten die Fahrtroute zum Kap so, dass wir verschiedene Straßen fuhren. So kamen wir auf dem Hinweg zum Kap bereits durch den kleinen Ort Confort mit einer Kirche aus dem frühen 16. Jahrhundert, einem großrädrigen Glockenspiel im Kirchenschiff, dass wir natürlich läuten ließen und einem Kalvarienberg mit 13 Figuren, darunter einigen ausgetauschten Aposteln. Am großen Parkplatz vor dem Point du Raz entschieden wir uns zunächst zum nahen Aussichtspunkt mit Blick auf die Biskaya zu gehen, so dass alle ihre läuferischen Potenzen für eine Stundentour abschätzen konnten. Auf ebenem, breitem Weg ging es entlang der Steilküste bis zum Kap. Schnell einige graue Fotos gemacht, bevor dann der Regen richtig einsetzte; eben ein „berauschendes Erlebnis“ wie im Katalog ausgewiesen. Unter grauen Wolken und zwischen Sonnenfetzen ging es nun mit dem Bus zum Fischerort Concarneau mit seiner einst geschlossenen Stadt, einer Altstadt im Festungsring auf einer Halbinsel im Meer. Die Sonne setzte sich dann zunehmend durch als wir an der Südküste der Bretagne Richtung Carnac fuhren. Die Ortsbezeichnung gründet sich auf dem englischen Wort carns für Steine. Vor mehr als sechstausend Jahren stellten hier die Menschen teils behauene Findlinge auf und richteten Sie in parallelen Straßen aus. So sind heut noch sechs der sogennanten Menhirfelder nördlich von Carnac mit je ca. 950 - 1150 Steinen zu besichtigen. Im Feld bei Erdeven kann man sogar zwischen den Steinen gehen. Wir nutzten dies zu einem Gedankenspiel, indem wir unsere Weltkenntnisse ähnlicher Steinsammlungen einbrachten und uns über der Welt als Stonhenges, Armenien, die Osterinseln usw. verteilten. Nach so viel Spaß und geschichtlicher Geografie waren wir dann rechtzeitig im Hotel in Vannes.
15.08.2012 Paimpont, Rennes, Chartres
Der dicke Privatwald von Paimpont lud ein zum Legendenerzählen: von König Artus, Merlin und den Rittern der Tafelrunde. War es aber nicht König Artus, der mit der Tafelrunde den „Runden Tisch“ für spätere politische Entscheidungsfindungen erfand? Und welche Ritter der Tafelrunde meinte wohl in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts der ostdeutsche Schriftsteller Christoph Hein? So viele Methapher im Legendenwald… Gegen Mittag erreichten wir die bretonische Hauptstadt Rennes. Zu Maria Himmelfahrt waren die Menschen ausgeflogen oder gerade zur Messe in den Kirchen der Stadt. Das ermöglichte uns einen leichten Gang durch die Altstadt und manches Schauen in eine Kirche bei der Messe. Das Stadtbild der Innenstadt ist ein in den Jahrhunderten gewachsenes heterogenes von mittelalterlichem Fachwerk, Renaissancebauten, Barock- und Rokokopalästen bis zur klassizistischen St. Pierre - Kirche. Die nächste Kirche, die wir besichtigen wollten wurde sechshundert Jahre eher gebaut: die Kathedrale Notre Dame von Chartres - älteste, erhaltene Kirche der Hochgotik. Beeindruckend die Lebendigkeit der Figuren an den Portalen, das „Chartres-Blau“ in den Glasmalereien, die unterschiedlichen Turmbauten aus zwei Zeitepochen - und die Akustik als wir in eine Messe mit Orgel und Männerchor gelangen. Ein Ereignis fast ohnegleichen: an Maria Himmelfahrt in der Kathedrale von Chartres bei Orgelmusik und Chorgesang - eben Gemeinsam Schöner Reisen! Der weitere Weg an der Stadtrand von Paris war dann ein Leichtes.
16.08.2012 Heimfahrt
Mehr als tausend Buskilometer von Paris bis Dresden müssen bewältigt werden. So blieb keine Zeit am Morgen noch für einen Supermarktbesuch und Käsekauf, auch nicht für ein Abweichen von der Autobahn. Auf hinfahrtbekannter Strecke ging es durch die Champagne und Lothringen nach Deutschland. In der Nähe von Reims, dem Champagnerort, gönnten wir uns zum Abschluss der Reise einen Schluck Sekt; danke den Gästen für eine Reise mit Gemeinsam Schöner Reisen. Bis zum Wiedersehen ….