Reisebericht: Studienreise Tempelritter in Frankreich

02.09. – 12.09.2017, 11 Tage Studienreise auf den Spuren der Tempelritter mit Bingen – Laon – Beauvais – Chinon – Le Puy en Velay – Lyon – Coulommiers – Metz


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Rundreise über Belgien durch Frankreich ZU Templerorten mit Kathedralen in Laon, Chartres und Vienne zu Burgen wie Gisors, Chinon, der Komturei Coulommiers, Abteien wie Fontenay zu berühmten Orten wie Le Puy en Velay, Lyon, Troyes und Metz
Es gibt in der mittelalterlichen europäischen Geschichte kaum spannendere Themen als die der Kreuzzüge und des Aufstiegs und Falls des berühmten Tempelritter-Ordens. Vielen Menschen ist die unmittelbare Verbindung selbst mit der heutigen Geschichte gar nicht mehr bewußt, z.B. dass der traditionell als „Unglückstag" geltende „Freitag der 13." Aufs engste mit der Geschichte der Mönchsritter verbunden ist - begannen doch am Freitag, dem 13. Oktober 1307 die Verhaftung, die Ketzerprozesse und die unmittelbar darauf folgende Vernichtung des Templerordens - bis heute übrigens einer der umstrittensten Justizskandale des Mittelalters. Immer wieder wird seither über den Verbleib ihrer Schätze, die Möglichkeiten geheimen Wissens oder der Besitz kirchenerschütternder Geheimnisse, mit der der Orden die Kirche erpresst haben und die er während seiner Gründungszeit in Jerusalem erfahren haben soll, spekuliert. Obwohl viele ihrer Burgen, Kapellen und Komturhöfe später zerstört oder umgebaut wurden, lassen sich ihre Spuren fast überall in Europa entdecken - und genau das wollten wir während unserer Rundreise tun.
Städte und Orte aufsuchen, die mit der Geschichte der Templer verbunden sind und dabei die Schönheiten der Landschaft, Kultur und Lebensweise in unserem Nachbarland Frankreich zu entdecken - von Chartres bis Lyon und Troyes , von der Auvergne bis ins Burgund und die Champagne - das hatten wir uns vorgenommen.
Mehrfach schon bildeten die Templer Ziel oder Programmdetails einiger Reisen, bei dieser Reise durch Frankreich aber, die mit Besichtigungen in Deutschland am ersten und in Belgien am zweiten Reisetag begann, waren die sichtbaren Zeugnisse und stummen Zeugen ihrer Geschichte wieder einmal der Leitfaden für eine interessante Reise, die uns durch die Landschaften der Mitte Frankreichs, in herrliche alte Städte, berühmte Kathedralen, Burgen und Abteien und zu insgesamt acht Stätten des UNESCO-Welterbes führte...
Ein Reisebericht von
Dr. Michael Krause
Dr. Michael Krause

Dresden – Mainz – Kaiserpfalz Ingelheim – Bingen am Rhein, erster Tag: Samstag, 2. September 2017:

Den ersten heutigen Reisetag würden wir komplett noch in Deutschland verbringen.
Morgens ging es in Dresden los und durch Thüringen und Hessen gelangten wir an den Rhein und zu unserer ersten Station Mainz. Nach einer kurzen Einführung in die Geschichte der Kreuzzüge im Mittelalter und die Gründung der christlichen Reiche von „outremer" im Heiligen Land machten wir - im Sinne der Eberhardt „Richtig Reisen!"-Philosophie einen Abstecher zu dem bedeutenden Dom zu Mainz, der als ältester der drei „Kaiserdome" besondere Wichtigkeit für die deutsche und die Kirchen-Geschichte besitzt.
Vor allem seine achteckigen Türme, besondere Teile des historisch vielleicht bedeutsamsten Baues im Oberrheingebiet, symbolisieren in gewisser christlich-mystischer Auslegung Unendlichkeit und Vollkommenheit. Der Dom ist eines der wichtigen architektonischen und historischen Vorbilder, die später auch die Tempelritter in ihren Bauten beachteten.
Wenn man die mächtige dreischiffige Basilika betritt, sieht man automatisch fünf Kirchenschiffe, denn die beiden äußeren Kapellenkränze erganzen den ursprünglich romanischen Bau. Die Gesamtanlage, die mit Anbauten romanische, gotische und barocke Elemente enthält, sorgt dafür, dass man nach dem Betreten nur deren Raumwirkung, Eleganz und Atmosphäre bestaunen kann. Wir hatten noch etwas Zeit, uns mit der Innenstadt von Mainz vertraut zu machen, bevor es weiterging in das Rheinstädtchen Ingelheim, bekannt für die Reste seiner Kaiserpfalz, die zu den ältesten und bedeutendsten ihrer Art gehört. Aus fränkischen Zeiten stammend, diente der hier als zeitweiliger Wohnsitz für König bzw. später Kaiser geplante, gut befestigte Hof mit Kirche, Palast und Wirtschaftsgebäuden den deutschen Königen und Kaisern bis spät ins 11. Jh. hinein als Aufenthalts- und Regierungsort. Bedeutende Reste, vor allem aber Grundmauern, heute teilweise von Wohnvierteln überbaut, sind sehr gut erhalten und erlauben noch eine Vorstellung von der einstigen Größe und Pracht der Pfalz. Als eines der wichtigsten und weithin bekannten Machtzentren ihrer Zeit dürfte sie eines der Vorbilder späterer Komtureien, der Verwaltungszentren der Ritterorden, insbesondere der Templer und später des Deutschen Ordens gewesen sein.
Wir hatten Zeit, uns den erkennbaren Strukturen, Wehranlagen und baulichen Überresten sowie dem informativen Pfalzmuseum zu widmen, bevor es weiterging nach Bingen am Rhein. Nach einem Fotostopp an der berühmten Drususbrücke, der ältesten mittelalterlichen Steinbrücke Deutschlands, die ihren Namen einer dort in der Nähe einst existenten und nach einem Feldherrn benannten Römerbrücke verdankt, erreichten wir unser unweit der Nahemündung direkt am Rhein gelegenes Hotel.

Bingen – Roth an der Our – Neuve Court Wavre – Leuven, zweiter Tag. Sonntag, 03. September 2017:

Nach dem Frühstück brachen wir auf in Richtung luxemburgischer Grenze. Auf der Hunsrückstraße und später durch die Südeifel fahrend, waren wir am späten Vormittag im kleinen Ort Roth, gelegen auf einer Anhöhe über dem Tal des malerischen Grenzflüßchens Our. Nur wenige hundert Meter entfernt von der Grenze zu Luxemburg und dem Burgort Vianden finden sich die Reste einer ehemaligen Templerkomturei und einer Templerkapelle. Anfang des 13. Jh. schenkte der mächtige Graf von Vianden den Templern hier Ländereien und es entstand eine bedeutende Kommende, eine Niederlassung des Ordens mit Befestigung und Kirche. Heute sind als - inzwischen mehrfach umgebaute - Reste das Schloss und die Kapelle zu sehen. Interessant ist insbesondere Letztere, denn trotz späterer Erweiterungen und Anbauten sind einige der ursprünglichen Verzierungen erhalten. Teilweise noch vor der Schenkung an die Templer erreichtet und in der Kommendezeit erweitert, lässt sich eine für die Romanik sonst fast beispiellose Apsisverzierung durch Blendnischen an der nördlichen Seitenapsis erkennen. Im schmalen Architekturstreifen zwischen den Apsiden ist der berühmte „Mann von Roth" zu finden, ein sehr altes Relief eines betenden (?) Mannes mit erhobenen Händen und gegürtetem Gewand. Mache Interpretationen sehen in ihm eine Christusfigur, andere einen verehrenden Templer...

Neuve Court

Auf unserem weiteren Weg durchquerten wir den zweitkleinsten EU-Mitgliedsstaat, das Herzogtum Luxemburg, überfuhren die Grenze zu Belgien und erreichten am Nachmittag den kleinen Ort Wavre in Wallonisch-Brabant. Hier, kurz vor der Grenze zum flämisch-sprachigen Gebiet, fanden wir die einzige noch erhaltene Templerkomturei Belgiens vor, die auf Französisch „Commanderie" genannt werden. Neuve-Court gilt als einer der ältesten Templerhöfe überhaupt, denn der Landbesitz gehört zur ersten „Schenkungswelle" unmittelbar nach der Bestätigung der Regeln des Templerordens auf dem Konzil von Troyes. Durch die Übereignung von Ländereien an die Templer durch die Grafen von Löwen, die auch zeitweise Herzöge von Niederlothringen und Brabant waren und damit zu den bedeutendsten Feudalherren des 12. Jh. in Europa gehörten, spielten die Templer-Ländereinen „zwischen den Reichen" sowohl für die Geschichte Frankreichs als auch Deutschlands eine Rolle. Der Kommendehof, den nach der Zerschlagung des Templerordens die Johanniter weiterführten, ist als Komplex gut erhalten, die Kapelle in ihrer heutigen Form wurde allerdings erst in der Nach-Templerzeit erbaut.
Nach ausgiebigem Fotostopp hier begaben wir uns in die flämische Stadt Leuven, in der wir auch übernachten würden.

Leuven

Die Besichtigung der denkmalgeschützen Stadt begannen wir mit dem Besuch des schon seit 1998 auf der UNESCO-Liste des Weltkulturerbes stehenden Beginenhofes. Der von Belgien ist der größte seiner Art und man kann ihn gut und gerne als „Stadt in der Stadt" bezeichnen. Beginenhöfe - fast klosterähnliche Anlagen überwiegend in Flandern - entstanden seit dem 12. Jh. als Wohnsitze für Frauen, die in christlicher, eheloser Gemeinschaft leben, aber kein Klostergelübde ablegen wollten.
Architektonisch ist ihnen gemeinsam, dass sich die Wohnhäuser ihrer Mitglieder - jede Begine lebte in einem eigenen Haus - so um Höfe oder Plätze gruppierten, dass ihre Außenmauern eine feste Außenhülle bildeten, in die man nur durch ein oder zwei Tore hineinkam. Im Inneren bildeten sich durch die Anordnung und - wie in Leuven - Vielzahl der Häuser kleine Straßen, Gassen und Plätze heraus. Das alles konnten wir uns anschauen und nahmen danach unseren Weg durch die Innenstadt von Leuven, an zahlreichen Gebäuden der Katholischen Universität aus verschiedenen Epochen vorbei, bis wir den großen Markt erreichten.
Der wird dominiert durch das unvergleichliche Leuvener Rathaus, durch die Pracht seiner Verzierungen eines der berühmtesten und wohl auch schönsten Rathäuser der Welt. Im 15. Jh. erbaut. Auf der Liste der schönsten Bauwerke der Spätgotik in Europa befindet es sich ganz weit oben. Geschmückt mit über 200 Figuren in von Baldachinen gekrönten Nischen, von denen die meisten aber erst in späteren Epochen angebracht wurden, sind die Schaufassaden des Gebäudes klar gegliedert und mit reich verzierten Giebeltürmchen versehen - im Gegensatz zu den meisten anderen Rathäusern, die einen Mittel-oder Treppenturm haben.
Eine kleine Überraschung erwartete uns außerdem noch - auf dem Markt gab es einen riesigen Blumenteppich in leuchtenden Farben, veranstaltet von verschiedenen Betrieben der Begonienzüchter, von denen es rund um Leuven die größte Häufung in Europa gibt.
Nach ausgedehmten Rundgang hier erreichten wir dann einige Zeit vor dem Abendessen unser am Rand der Altstadt gelegenes Hotel.

Leuven – Laon – Compiegne – Beauvais , dritter Tag, Montag 04. September 2017:

Nach einem belgischen Frühstück schickten wir uns bereizs wieder an, das Land zu verlassen - nicht ohne durch die Anregungen des gestrigen Tages auch mal über eine Tour nach Belgien nachzudenken.
Auf belgischen und französischen Autobahnen begaben wir uns zu einem der Kleinode des Nachbarlandes: die Innenstadt von Laon, von einer herrlichen Kathedrale gekrönt, liegt in ihrer Gesamtheit auf einer Art Tafelberg. Dadurch besitzt sie mit ihrer befestigten Altstadt und dem herausragenden Kirchenbau die größte, zusammenhängende Fläche Frankreichs, die unter Denkmalschutz steht. Die bemerkenswerteste Besonderheit von Laon ist mit Gewißheit ihre Kathedrale, die schon von Zeitgenossen ihrer Erbauung als Wuderwerk angesehen Wurde. Das rührt vielleicht daher, dass sie als eine der ersten Kirchen überhaupt komplett im gotischen Stil errichtet wurde. Ihr Kreuzrippengewölbe das ihr eine durchstrukturierte Architektur und betonte Leichtigkeit in der Bauweise verleiht, gehört zu den ersten, die je erbaut wurden. Sie besticht im Inneren mit einer gewaltigen Raumwirkung, deren Klarheit und Helligkeit sie deutlich von den fast als Wehrkirchen gestalteten, wesentlich düstereren Bauwerken der Romanik unterscheidet. So kann man auch in diesem wundervollen frühgotischen Bau schon die Eleganz ahnen, die dann wenig später in der atemberaubenden komplett ausgeformten Gotik mit Architekturbögen, gestaffelten Säulenreihen und Strebewerken aufwarten und Besonders mit buntverglaster Lichtflächen- und Fenstergestaltung aufbieten wird. Wir hatten die Kathedrale beinahe ganz für uns und konnten viel vom Charme dieses frühgotischen Bauwerkes entdecken.
Später suchten wir die Templerkapelle von Laon auf, die viele aufgrund ihrer frühen Bauzeit in den 30er und 40er Jahren des 12. Jh. als vielleicht die erste je vom Orden erbaute Kirche ansehen. Sie ist im romanischen Stil, mit gemauertem Glockenstuhl statt Turm errichtet und wirkte natürlich - nach dem Besuch der Kathedrale und auch von ihrer Lage her tatsächlich fast in ihrem Schatten stehend - eher bescheiden und bodenständig. Natürlich war sie - als nicht öffentliche Komtureikirche - für die Gottesdienste der Ordensmitglieder sowie als Grabeskirche gedacht.

Kathedrale von Beauvais

Nach unserem Altstadtspaziergang verließen wir Laon. Auf dem Weg zu unserem nächsten Ziel, der Kathedrale von Beauvais, hatten noch Zeit für einen „Richtig Reisen!"-Abstecher.
Ein bedeutsames Zeugnis der europäischen jüngeren Geschichte, vor allein für die deutsch-französische Geschichte Wichtiges, liegt mitten im Wald - jene Waldlichtung nämlich, auf der 1918 die Unterzeichnung des Waffenstillstands des ersten Weltkrieges stattfand. Hier trafen sich in einem Eisenbahn-Salonwagen die Abordnungen von Deutschland auf der einen und Frankreich und Großbritannien auf der anderen Site, um am 11.11. 1918 den Waffenstillstand von Compiegne zu unterzeichnen. Im gleichen Waggon und auf der gleichen Lichtung nahm Hitler 1940 die militärtische Kapitulation Frankreichs entgegen. Die symbolträchtige Waldlichtung zeigt heute die Schienen und entsprechend ausgebauten Halteplätze und beherbergt ein Museum mit einem altem Eisenbahn- Salonwagen derselben Bauserie, denn der Originalwaggon wurde im 2. Weltkrieg zerstört.
Nach dem Besuch hier fuhren wir weiter nach Beauvais. Die Kathedrale des westfranzösischen Bischofssitzes besitzt das mit 48,5 m höchste Kirchengewölbe der Welt. Die Wirren der Geschichte und historische Ereignisse wie Einstürze von Teilen der Domkirche verhinderten, dass die ehrgeizigen Pläne der hiesigen Bischöfe Wirklichkeit wurden - die Kirche der Superlative wurde nie fertig. Bis heute geblieben ist ihr Querhaus und ihr Chor aber die deuten bereits das einst geplante Ausmaß an. Vielleicht wäre sie zum gewaltigsten Gotteshaus der Christenheit geworden. Auf jeden Fall aber nötigt das Gewölbe im Inneren ungeheure Bewunderung für Können, Mut und Stilempfinden der gotischen Baumeister ab.
Wir hatten Zeit, den Bau und seine Umgebung mit dem wuchtigen alten Bischofspalast zu bewundern, bevor wir unser am Stadtrand von Beauvais gelegenes Hotel aufsuchten.

Beauvais – Gisors – Chartres – Amboise, vierter Tag, Dienstag 05. September 2017:

Unser erstes Ziel für heute war Gisors. Alle diejenigen, die sich mit deen Tempelrittern oder den Legenden um ihren Schatz beschäöftigt haben, kennen den Namen. Obwohl die malerische und interessante Burg, angelegt Anfang des 12. Jh. auf einem künstlich aufgeschütteten Hügel, der dann in der Mitte einer recht gewaltig anmutenden Ringfestung lag, nur drei Jahre in der Blütezeit der Tempelritter im Ordensbesitz war, hält sich hartnäckig die Ansicht, genau hier sei der sagenhafte Schatz der Templer verborgen.
Tatsächlich fand man relativ wenig beweglichen Besitz oder gar Gold bei demn Plünderungen des Templerhauptquartiers in Paris und ihrer Commanderien in Frankreich, und Gisors liegt schließlich genau auf dem Weg von Paris zum alten Templerhafen Eu...
Ein weiteres Mal kreuzten sich die Geschichte der Burg und die der Tempelritter, als König Philipp der Schöne für mehrere Jahre einige der höchsten Würdentrager des Ordens, darunter dessen letzten Großmeister Jacques de Molay, hier einkerkern ließ.
Wir hatten Zeit für einen Bummel in der Wehranlage, die aufgrund ihrer Grenzlage zur einstigen Normandie und ihrer Bedeutung für die normannisch-englischen Könige gut ausgebaut gewesen war. Besonders malerisch ist der Donjon, der einstige Bergfried, der auf einer Motte, einer künstlichen Erdaufschüttung errichtet und weithin sichtbar ist. So wirkt die Burg, obwohl die Gesamtanlage viel größer ist, insgesamt wie eine Turmhügelburg.

Chartres

Unser weiterer Weg führte uns dann in die Kathedralenstadt Chartres. Ihr berühmtestes Bauwerk, die Kathedrale Notre Dame de Chartres, gehört schon seit 1979 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Mit ihren wundervollen Verzierungen, vor allem aber wegen ihrer fast vollständig erhaltenen Glasfenster gilt sie als die am vollständigsten erhaltene hochgotische Kathedrale der Welt. Tatsächlich ist sie überreich geschmückt mit Skulpturen und Reliefs und besonders ihre mittelalterliche Glasmalerei - mit besonderem Augenmerk auf den drei „Rosenfenstern" - diente zahllosen Kirchen des gotischen Stils als Vorbild. In ihrer reich gegliederten Fassade fällt das Königsportal auf. Manche Kunsthistoriker erklären die hier befindlichen Statuen aus der Mitte des 12. Jh. zu den ältesten überhaupt vorhandenen gotischen Figuren. Auffällig ist am Königsportal, dass in dieser dreigeteilten Portalanlage alle drei Tore ins Hauptschiff münden - sonst gelangt man durch jeden Portalteil in je eines - Haupt- oder Seitenschiff. Bemerkenswert im Inneren der Kirche ist auch das Bodenlabyrinth, das seit dem 12. Jahrhundert existiert. Bis heute geben seine Funktion und Gestaltung Rätsel auf.
Von Chartres setzen wir unsere Fahrt in die die Stadt Amboise im Loiretal fort. Hier doominiert das bekannte Schloss. Nach einem Fotostopp checkten wir im Hotel am Stadtrand ein, brachen aber noch einmal auf. Unser Abendessen nahmen wir in einem traditionellen Höhlenrestaurant ein, wo wir in ganz besonderem Ambiente sehr gut speisten.

Amboise – Chinon – Bourges – Clermont–Ferrand, fünfter Tag, Mittwoch, 06. September 2017:

Über Autobahn und Landstraßen erreichten wir heute Vormittag, vorbei an Tours, das kurz vor der Mündung der Vienne in die Loire gelegene Städtchen Chinon. Oberhalb des Loire-Nebenflusses Vienne liegt das gewaltige und weit auf einem Bergrücken ausgedehnte Schloss Chinon. Der Ausdruck Schloss ist nicht unumstritten, denn aufgrund seiner Wehrhaftigkeit, die wegen strategischer Lage und politischer Bedeutung immer wieder durch Einbau von Festungstürmen verstärkt wurde, ist das Bauwerk eigentlich eine Burg. Dennoch taucht es immer wieder als eines der sehenswertesten „Schlösser der Loire" auf. Das liegt gewiss vor allem an den Legenden um Chinon und an der Tatsache, dass es längere Zeit während des 100jährigen Krieges von Frankreich gegen England den französischen Königshof beherbergt hatte. Hier war es auch zu der schicksalhaften Begegnung des damals noch ungekrönten französischen Königs Karl VII. von Valois mit der späteren französischen Nationalheiligen Jeanne d'Arc gekommen, in deren Folge sich nicht nur das Kriegsglück zugunsten Frankreichs wendete, sondern Karl VII. auch in Reims gekrönt werden konnte. Schon vorher war die Burg, deren Wehrmauern, Bergfriede, Paläste und viele Verliese bis heute von einer bewegten und oft düsteren Vergangenheit zeugen, ins Licht der Geschichte gerückt, denn unmittelbar nach der 1307 begonnenen Verfolgung des Templerordens hatte der französische König Philipp IV. hier viele angeklagte Tempelritter einkerkern lassen. Unter Ihnen war der berühmte letzte Großmeister des Ordens, Jacques de Molay. Man behauptet, sowohl er wie auch viele der anderen gefangenen Tempelritter hinterließen im Festungsteil Coudray, der zu Chinon gehört, geheimnisvolle und zumeist noch nicht gedeutete Einritzungen und Zeichnungen in den Mauern. Insgesamt mehr als 140 Templer hatten hier in Chinon 1308 Verhör und Folter zu erdulden oder warteten hier auf ihre Hinrichtung.

Bourges

Nach einer Führung durch die Burg hatten wir Gelegenheit zu ihrer ausführlichen Besichtigung.
Unser weiterer Weg führte uns dann - bei einem Abstecher im Sinne unserer „Richtig Reisen!"-Philosophie - in die Stadt Bourges. Die historisch bedeutsame Stadt, die geografisch fast exakt in der Mitte Frankreichs liegt, sah während des hundertjährigen Krieges oft die Hofhaltung und die Feste des Karl VII. von Valois. Besonders bekannt aber wurde sie wegen ihrer Kathedrale, die seit 1992 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. Das einzigartige Bauwerk ist - selten genug in Frankreich - eine fünfschiffige Basilika OHNE Querschiff, dafür aber mit doppeltem Chorumgang. Wunderbar erhaltene Glasmalereien aus dem 13. Jahrhundert, eine filigrane Gewölbekonstruktion, vor allem aber die wundervoll figurengeschmückten fünf Portalbögen an der Westfassade machen diesen Kirchenbau zu etwas Besonderem und wirklich zu einem echten „Hingucker". Mehrere königliche Hochzeiten und sogar Krönungen ließen sie auch historisch bedeutsam werden.
Von Bourges aus hatten wir ein ganzes Stück Weg zurückzulegen, bevor wir unseren Übernachtungsort Clermont-Ferrand erreichten.

Clermont–Ferrand – Le Puy en Velay – Lyon, sechster Tag, Donnerstag, 07. September 2017:

Clermont-Ferrand, gelegen mitten in der durch Vulkane geprägten Landschaft der Auvergne, ist in die Geschichte eingegangen als der Ort, an dem Papst Urban II. im November des Jahres 1095 zum ersten Kreuzzug aufgerufen hatte. In den darauffolgenden Kriegszügen europäischer christlicher Ritter wurde Jerusalem erobert und im besetzten „Heiligen Land" erfolgte die Gründung mehrerer Ritterorden, darunter der Tempelritter. Mit einer örtlichen Führerin zogen wir heute los, um die Doppelstadt Clermont-Ferrand zu erkunden. Bei einem Bummel in den teilweise sehr malerischen, verwinkelten Gassen der Innenstadt von Clermont entdeckten wir einige der bedeutsamen Denkmäler der Stadt. Die Statue des Keltenfürsten Vercingetorix, der einst für das Römische Reich bedrohlich wurde, schuf der berühmte Bildhauer Bartholdi, der auch die amerikanische Freiheitsstatue in New York entwarf. Die hochgotische Kathedrale Notre-Dame-de-l'Assomption im Zentrum wird auch „schwarze Kathedrale" genannt, denn man erbaute sie aus dem schwarzen Lavagestein von Volvic. Erbaut nach dem Vorbild der hochgotischen Kathedralen in Zentralfrankreich bietet sie nicht nur vollendete Gotik, sondern auch prächtige Buntglasfenster und viele Bildhauerarbeiten. Auf dem ihr vorgelagerten Platz ist ein Standbild des „Kreuzzugspapstes" Urban II. Zu bewundern.
Die einstige Hauptkirche der Stadt jedoch, die schon zu Zeiten des Kreuzzugsaufrufes stand, ist die Wallfahrts- und Stiftskirche Notre-Dame Du Port, eine mit prächtigen Schmuckelementen auch außen verzierte romanische Basilika. Trotz ihrer Schlichtheit beeindruckt sie mit ihren Proportionen und der Raumaufteilung im Inneren sowie der Gestaltung ihrer Säulen-Kapitelle. Etwas Besonderes sind die Bildwerke am Portal, aber vor allem die Friesen und Säulengestaltung im Außenbereich, insbesondere an den nach außen vorspringenden Kapellen des Chorumganges.

Le Puy en Velay

Nach unserem Rundgang erst in Clermont und dann im historischen Ortsteil Montferrand setzten wir unseren Weg fort in den nächsten interessanten Ort der Auvergne, wobei uns Reiseleiterin Colette begleitete. Le Puy en Velay ist ein für die Landschaft typischer Ort - ehemalige Vulkanschlote, zwischen denen das Stadtzentrum erbaut ist und von denen einige herausragende Bauwerke tragen, fallen sofort ins Auge. Als einer der Ausgangspunkte der französischen Jakobs-Pilgerwege gehört sie zu den Orten des UNESCO-Weltkulturerbes und ihre sehenswerte Kathedrale ist bis heute Pilgerziel. Während des ersten Kreuzzuges war der hiesige Bischof Adhemar der geistige Anführer im Auftrag des Papstes. Die Kathedrale Notre Dame, UNESCO-Erbe, betritt man aufgrund ihrer erhöhten Lage auf einer einstigen Vulkankuppe sozusagen von unten, man steht nach Passieren der orientalisch anmutenden Fassade mitten im Kirchenraum. In verschiedenen Baustufen mehrfach erweitert, weil ihre Bedeutung als Pilgerkirche ständig zunahm, beherbergt Le Puys Kathedrale heute vor allem zwei besondere Heiligtümer - eine alte, wohl schon aus keltischer Zeit stammende wundertätige Basaltplatte, die Krankheiten heilen soll sowie eine bemerkenswerte schwarze Madonna.
Wir hatten ein wenig Zeit, uns Kathedrale und Ort Le Puy anzusehen, bevor wir ihn am Nachmittag verließen, um unser nächstes Ziel anzusteuern, Frankreichs zweitgrößte Stadt Lyon.


Lyon - Vienne - Lyon, siebter Tag, Freitag, 08. September 2017:

Unser erstes Ziel heute war die historische Stadt Vienne an der Rhone, ebenjene, in deren Kathedrale 1312 das Konzil tagte, auf dem Papst Clemens V. mit seiner Bulle „Vox in excelso" den Orden der Tempelritter aufgelöst hatte. Die Stadt selbst war schön zu Zeiten der Römer bedeutend, viele erhaltene Zeugnisse aus dieser Zeit bestätigen das. Bei einer Stadtführung wurden wir mit diesen römischen Überresten, zu denen Straßen, Tempel und ein Theater gehören, vertraut gemacht.
Besonders gut erhalten im Zentrum von Vienne ist der Tempel des Augustus und der Livia. Errichtet als „Podiumstempel" auf erhöhtem Unterbau, prägt sein Heiligtum, die Cella, und die dieses umgebende prächtige, großzügig erbaute offene Säulenhalle bis heute das Bild der Innenstadt. Dabei gehört dieser Tempel zu den der besterhaltenen seiner Art im gesamten ehemaligen Imperium - nicht zuletzt deshalb, weil er im Mittelalter als christliche Kirche genutzt wurde.
Teil unseres Stadtbummels war auch das römische Theater, das man einst tief in den Hügel eingegraben und zur Zeit des Kaisers Augustus ausgebaut hatte. Heute vermutet man, dass es einmal das größte römische Theater der gallischen Provinzen gewesen sein könnte, denn seine schieren Ausmaße - 130 Meter Durchmesser, 46 Zuschauerreihen für mindestens 13.000 Zuschauer - übertreffen sogar das wesentlich besser erhaltene Römertheater in der südfranzösischen Stadt Orange. Nachdem der Bau in Vienne zwischenzeitlich als Steinbruch mißbraucht wurde, nutzt man ihn seit dem 20. Jahrhunderts nach Teilrestauration wieder für Freilichtaufführungen.
Prunkstück der Altstadt von Vienne aber ist die Kathedrale St. Maurice. Mehrere Sakralbauten standen hier nacheinander, der bedeutendste Bau war romanisch und wurde in der Gotik umgebaut. So ist auch noch sein heutiges Erscheinungsbild und nach einer erneuten Weihe durch den Papst im 13. Jh. fand im Erzbischofssitz Vienne dann auch das bekannte Konzil statt, auf dem die Templer aufgelöst wurden. Eine schlichte Gedenktafel in der gewaltigen Kirche weist auf dieses Ereignis hin.

Lyon

Von Vienne aus fuhren wir zurück nach Lyon und hatten hier zunächst einmal in der von Lyons Starkoch Paul Bocuse gegründeten Feinschmecker-Markthalle eine Verkostung verschiedener Käse. Zumindest einen kleinen Eindruck vom „Käseland" Frankreich konnten wir dabei gewinnen und uns auch noch ein wenig im Gourmetparadies der Markthalle umtun.
Anschließend machten wir einen Bummel durch das Zentrum von Lyon mit Alt- und Neustadt, das auch unter UNESCO-Welterbe-Schutz steht. Über den Jakobinerplatz und den bekannten Place des Terraux, auf dem das Rathaus und der - diesmal leider eingerüstete - Flüssebrunnen des Bildhauers Bartholdi stehen, gelangten wir in die Altstadt. In ihren verwinkelten Gassen mit den vielen „Bouchons", traditonellen Restaurants , herrschte reges Treiben. Zwischen den uralten Häusern, in denen früher viele Seidenweber, die Lyon berühmt gemacht haben, lebten, befinden sich die sogenannten „Traboules". Ihr Name geht auf ein lateinisches Verb für „durchqueren" zurück und bezeichnet damit werden Hausdurchgänge, diue sogar historische Bedeutung besitzen. Diese besonderen Passagen- oder Treppenhaus-Konstruktionen ermöglichten nicht nur den Durchgang von einer Straße zur anderen, verbanden Innenhöfe und führten nicht selten über verschiedene durch Treppen verbundene Ebenen zu mehr oder weniger „geheimen" Durchgängen. Hier lagerten nicht nur die Seidenweber ihre Stoffe bei schlechter Witterung, sondern in unruhigen Zeiten, z.B. während der Französischen Revolution oder der deutschen Besetzung im 2. Weltkrieg dienten sie als Versteck.
Nach Freizeit in der historischen Altstadt von Lyon und nahe ihrer hübschen Kathedrale, die in ihrem Bau romanische und gotische Elemente vereint, trafen wir uns zu einem gemeinsamen Abendessen in einem Bouchon, wo wir Lyoner Spezialitäten probieren konnten.


Lyon - Beaune - Abtei Fontenay - Meaux, achter Tag, Samstag, 09. September 2017:

Heute verließen wir Lyon und schließlich auch das Rhonetal und begaben uns in die bekannte Weinlandschaft des Burgund. Hier stand in der historischen Stadt Beaune zunächst eine Weinverkostung auf dem Programm. Im renommierten Weinkeller von Bouchard Aine et Fils hatten wir Gelegenheit, weiße und rote Burgunderweine zu probieren. Unser Gastgeber führte uns zunächst in die ausgedehnten Kelleranlagen des Weingutes und informierte uns über einige Geheimnisse, wie man Wein richtig verkosten und einschätzen lernt - alle Sinne, nicht nur der Geschmack, sind dabei wichtig. Farbe, Konsistenz und Aroma des Weines sollte man erst prüfen, bevor man das Geschmackserlebnis auf sich wirken lässt.
Nach der Verkostung von fünf Burgunderweinen umrundeten wir mit dem Bus die malerische Stadtbefestigung des Städtchens Beaune, die noch fast vollständig erhalten ist. Der Ort war einst Wohnsitz der Herzöge von Burgund und damit zeitweilig Hauptstadt. Bis heute ist der mittelalterlich anmutende Ort in Konkurrenz zum wesentlich größeren Dijon, das als die burgundische Hauptstadt gilt. Nach kurzem Spaziergang vom Busparkplatz aus erreichten wir das Stadtzentrum und hatten hier etwas Zeit für einen individuellen Bummel. Gerade war der typische Samstagsmarkt auf dem Hauptplatz der Stadt - aber neben einem Marktbummel konnte man das Zentrum von Beaune mit Belfried und Kollegiatskirche Notre Dame erkunden oder der größten Sehenswürdigkeit einen Besuch abstatten. Das wäre das Hôtel-Dieu, ein schon 1443 vom damaligen burgundischen Kanzler gegründetes Krankenhaus und Armenhospiz. Der größte Teil des herrlichen Bauwerkes mit seinen bunten Ziegeldächern ist heute Museum und gibt einen höchst interessanten Einblick in Krankenpflege und medizinische Vorstellungen der frühen Neuzeit.
Am Nachmittag machten wir uns auf in die Abtei von Fontenay. Das ehemalige Zisterzienserkloster gehört seit 1981 zum UNESCO Weltkulturerbe. Der auch mit den Tempelrittern verbundene Abt Bernhard von Clairvaux hatte die Abtei 1118 gegründet, kurz nachdem er zuvor in Clairvaux Abt geworden war. Das Besondere von Fontenay ist, dass die Gebäude noch fast im Originalzustand sind und man hier ein Stück der Geschichte zisterziensischer Architektur nachvollziehen kann. Die Schlichte der Westfassade der Abteikirche wird nach Betreten des Inneren durch dessen erstaunliche Raumwirkung kompensiert, die es erlaubt, die Originalwirkung einer Kirche des 12. Jh. nachzuempfinden. Dem Chor der dreischiffigen Basilika ist seitlich der Schlaf- und Krankensaal der Mönche angeschlossen - auch der befördert den originalen Eindruck des 12. Jh.
Die Gesamtanlage der Abtei, mit ihrem herrlichen Kreuzgang, den Wohngebäuden und Arbeitsgebäuden wie z.B. der alten Schmiede, macht einen herrlichen, friedvollen und doch äußerst nachhaltigen Eindruck. Hier haben auch die Restaurierungen neuerer Zeit den Originaleindruck einer Abtei befördert und wir konnten Führung und Rundgang genießen.
Nach dem Besuch der Abtei war der Weg noch lang bis zu unserem Übernachtungsort Meaux.


Meaux - Komturei Coulommiers - Provins - Troyes, neunter Tag, Sonntag, 10. September 2017:

Meaux, an einer Schleife der Marne einige Dutzend Kilometer östlich von Paris gelegen, war seit der späten Römerzeit eine wichtige Siedlung, wovon noch ihre gallorömischen Stadtmauern zeugen. Wir hatten morgens ein paar Minuten Zeit in der Altstadt für einen Bummel, bei dem wir nicht nur diese Stadtbefestigung sahen, sondern auch die spätgotische Stephanskathedrale mit ihrem feingliedrig gestalteten Innenraum und der imposanten Fassade im Flamboyant-Stil besuchen konnten.
Dann ging es zu unserem ersten Tagesziel, einer alten Templerkomturei. Die Commanderie Coulommiers gehört zu den am besten erhaltenen Templerkomplexen des Landes. Nach einer Landschenkung wohl um 1173 gegründet, war der Komplex im 13. Jh. gut ausgebaut. Eine interessante Templerkapelle, ein hoher Saalbau mit Kreuzrippengewölbe, der Anfang des 13. Jh. datiert, gehört dazu, ebenso ein Ritterbau und verschiedene Wirtschaftsgebäude. Seit der Übernahme vor einigen Jahren durch die Gemeinde soll die Komturei zu einem Templermuseum ausgebaut werden. Wir konnten schon die Kapelle und einige weitere Räume besichtigen, in denen sich erste mittelalterliche Ausstellungsgegenstände befinden. Nach längerem Aufenthalt hier ging es weiter in Richtung auf unser Tagesziel Troyes, aber zwischendurch konnten wir noch einen Abstecher in das Mittelalter-Städtchen Provins machen.

Provins

Seit 2001 steht die französische Gemeinde mit ihrem gut erhaltenen historischen Kern und umgeben von einer imposanten Wehrmauer auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes. Wir konnten vom vor den Toren der Stadt gelegenen Parkplatz einen Bummel ins historische Zentrum machen. Seit fränkischer Zeit ist der Ort schon befestigt, und die seit dem 13./ 14. Jh. existierende über einen Kilometer lange Stadtmauer mit 22 Türmen ist nahezu komplett erhalten. Im Stadtzentrum fällt vor allem der Cesár-Turm auf, eine alte bergfriedartige Stadtfestung aus dem 12. Jh. die auf einem Hügel liegt und ihrerseits nochmals von starken Mauern umgeben ist. Sie wurde als Verteidigungsanlage, Gefängnis und Wachturm genutzt. Aus dieser Zeit ist auch noch eine Reihe romanischer steinerner Wohnhäuser erhalten, während ansonsten Fachwerkbebauung späterer Jahrhunderte das Stadtbild dominiert. Wir hatten etwas Zeit, uns die alte Stadt näher anzusehen und fuhren dann weiter zu unserem Tagesziel.

Troyes

Wir erreichten Troyes, einst Hauptort eines Keltenstammes, das schon im 4. Jahrhundert Bischofssitz wurde, bevor 451 in der Nähe die berühmte Schlacht gegen die Hunnen auf den Katalaunischen Feldern stattfand. Im Mittelalter war hier das Zentrum der Grafschaft Troyes, das sich im Besitz einer Linie des fränkischen Herrschergeschlechts der Karolinger befand. Aufgrund seiner Bedeutung entwickelte sich Troyes zum Wirkungsort von Gelehrten und Troubadouren, wurde rasch auch Sitz einer Templer-Komturei. Ein bekannter Sohn der Stadt war der mittelalterliche Dichter Chrétien de Troyes, der hier wirkte, als der Ort im 12. Jahrhundert Residenz der Grafen von Champagne war. Auf Chrétien gehen viele Erzählungen um die Suche nach dem heiligen Gral zurück - auch die Parzival-Legende, die der deutsche Sänger Wolfram von Eschenbach übernahm. Heute zeugen vor allem die Kathedrale und die Altstadt von der einstigen Größe und Bedeutung der Stadt, in der 1129 das Konzil von Troyes stattfand. Auf dem bekamen die Tempelritter nicht nur ihre Ordensregel, sondern wurden als unmittelbar dem Papst unterstellt anerkannt. Einer der ersten Geldbetriebe der Templer entstand hier, denn die Stadt hielt bedeutende Jahrmärkte und Messen ab und wurde so zum reichen Handelszentrum für Tuche aus den Niederlanden, Wolle aus England, Seide und orientalische Waren aus dem Mittelmeerraum und lokale Produkte wie Wein und Käse.
Wir checkten in Troyes erst in unser Hotel ein und sahen uns dann bei einem ausführlichen Rundgang den Bezirk um die Kathedrale, diese selbst und die mit zahlreichen originellen Fachwerkhäusern aufwartende Altstadt an. Nach einem Stündchen Zeit zur freien Verfügung in der wunderschönen historischen Altstadt nahmen wir noch gemeinsam das Abendessen in einem traditionellen Restaurant ein, das in einer der schmalsten Fachwerkgassen von Troyes lag.

Troyes - Nancy - Metz, zehnter Tag, Montag, 11. September 2017:

Heute Morgen brachen wir auf und waren fast schon in Richtung Heimat unterwegs.
Einen ersten Aufenthalt legten wir in Nancy ein, vormals Hauptstadt des Herzogtums Lothringen.
Die sehenswerte Innenstadt von Nancy wird durch Bauten des späten Mittelalters, vor allem aber der Neuzeit geprägt. In der Altstadt sahen wir neben der neogotischen Kirche Saint-Epvre den Palast der lothringischen Herzöge, indem sich Stilelemente der Spätgotik mit denen der Renaissance und sogar des Barock mischen. Dennoch ist ein harmonisches Ganzes entstanden, das vor allem durch sein schön gestaltetes Herzogsportal besticht.
Haupt-Blickfang der Stadt - und 1983 Grund für die Aufnahme in die Welterbeliste der UNESCO - ist jedoch die Place Stanislas in der südlichen Neustadt. Der Platz wurde benannt nach Stanislaus I. Leszczynski, dem ehemaligen polnischen König, den man nach seiner Niederlage im Polnischen Erbfolgekrieg mit dem Herzogtum Lothringen abfand, damit er als Schwiegersohn des französischen Königs Ludwig XV. standesgemäß leben konnte. Der vom neuen Herzog Lothringens in Auftrag gegebene Platz, heute eines der bedeutendsten Ensembles des spätabsolutistischen Städtebaus weltweit, wurde zusammen mit zwei anderen Plätzen in Nancy hauptsächlich Mitte des 18. Jh. von dem Architekten Emmanuel Héré angelegt. Dabei ist der Aufbau der Place Stanislas für Frankreich geradezu klassisch: ein weiter Platz mit einheitlich gestalteten Fassaden, die ein zentrales Herrscherbild umgeben. Heute zeigt dieses zentrale Monument Stanislas als lothringischen Herzog, früher stand dort die Statue Ludwigs XV.
Der Platz wird vom Rathaus dominiert, das die Südseite des Platzes einnimmt. Palastartige Pavillons dienten früher der Verwaltung, heute sind das Museum der schönen Künste und das Opernhaus die Pendants. Wie ein Rahmen umgeben die Prachtbauten den Platz, dessen Lücken durch barocke Schmuckgitter und Zierbrunnen gefüllt bzw. ergänzt werden. Auch hier hatten wir Zeit zur freien Verfügung, bevor es weiterging zum letzten Übernachtungsort unserer Reise.

Metz

Wie schon in Troyes am Tag zuvor checkten wir auch in Metz zunächst ins Hotel ein, bevor wir zu einem Stadtrundgang aufbrachen, denn unser Hotel lag am Rande der recht hübschen Altstadt von Metz. Am historischen Außenmarkt der Stadt vorbei verhielten wir zunächst am „Maison de Tete d'Or". Seltsame, einstmals vergoldete Köpfe zieren das Gebäude am Ende einer der Hauptstraßen durch die Altstadt, die auf eine der Gründungs-Legenden von Metz im Zusammenhang mit der Zerstörung der Stadt durch Hunnenkönig Attila anspielen.
Die einstige Bedeutung von Metz für das fränkische Reich und seine Nachfolger läßt sich noch an der bedeutenden und wunderschönen Kathedrale Saint-Étienne ablesen. Der heutige hochgotische Bau wurde zwischen dem 13. Und dem 16. Jh. errichtet. Er besitzt ein ungewöhnlich hohes gotisches Mittelschiff, was der Kirche nicht nur eine gewaltige Raumwirkung beschert, sondern sie mit dem über 41 m hohen Gewölbe nach Beauvais und Amiens zur Kirche mit dem dritthöchsten gotischen Gewölbe der Welt macht. Zudem besitzt das Bauwerk wundervolle farbigen Glasfenster aus dem späten Mittelalter - tatsächlich sogar die größte derartige Glasfläche in ganz Frankreich, größer noch als die der Kathedrale von Chartres.Zwei besonders bekannte Fenster gestaltete übrigens der berühmte Maler Marc Chagall in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Unser Spaziergang führte dann von der Kathedrale über die durch eine Insel geteilte Mosel zum Theaterplatz, dessen original erhaltenes Theater - das wohl älteste Frankreichs - aus der Zeit vor der Revolution 1789 stammt. Bis heute ist das Ensemble des Theaters mit einer Anlage aus Brunnen und Blumenrabatten sowie die dazugehörige heutige Präfektur von Lothringen sehr sehenswert.
Unseren Rundgang beschlossen wir mit dem Bummel über die heute zu einer Parkanlage mit Brunnen Blumen und Kunstwerken gestalteten ehemaligen Verteidigungsanlagen, an deren Rand die berühmte spätromanische Templerkapelle steht. Errichtet nach 1180 ist sie der letzte der einst hier vorhandenen bedeutenden Templerburg.
Später trafen wir uns zum Abendessen, das wir in einer hübschen traditionellen Gaststätte mit Jugendstil-Einrichtung einnahmen.


Metz - Dresden, elfter Tag, Dienstag 12. September 2017:

Morgens luden wir unser Gepäck in den Bus und rüsteten zur Heimfahrt. Pünktlich und ohne Probleme erreichten wir, mit einigen Pausen unterwegs, abends das heimatliche Dresden.

Epilog

Unsere Reise auf den Spuren der im 12. Jahrhundert von neun Rittern im Heiligen Land gegründeten Armen Ritterschaft Christi und des salomonischen Tempels zu Jerusalem hat uns durch ganz Frankreich geführt und - obwohl wir dem Hauptthema fast immer treu geblieben sind - viele Landschaften und vor allem Kulturzeugnisse des Nachbarlandes gezeigt.
Gewiss haben wir bald wieder einmal Gelegenheit, auf historische Spurensuche zu gehen - es müssen ja nicht immer die Templer sein.Ich wünsche Ihnen weiter große Reiselust und viele weitere interessante Reisen
Ihr Dr. Michael Krause,
Eberhardt-Studienreiseleiter

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