Reisebericht: Kreuzfahrt Holland – mit dem Rad durch Süd–Holland

23.04. – 30.04.2016, 9 Tage Kreuzfahrt mit dem Rad von Amsterdam – Gouda – Delft– Den Haag – Rotterdam – Utrecht – Zaandam (250 Radkilometer)


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Was gibt es schöneres als mit einem Kreuzfahrtschiff und per Rad entschleunigt und dafür mit allen Sinnen "Richtig zu Reisen" ? 234 herrliche Radkilometer - ein unvergessliches Gruppenerlebnis!
Ein Reisebericht von
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1. Tag: Anreise und Einschiffung in Amsterdam

Frühzeitig war unsere kleine Reisegruppe komplett, die Räder fachmännisch im Hänger verstaut, nun konnte die Fahrt gen Westen - vorbei am Ruhrgebiet - beginnen. Unsere Chauffeure Ingo und Frank wechselten sich so ab, dass die vorgeschriebenen Pausenzeiten optimal verliefen. Unser Reiseleiter Tilo versorgte uns mit interessanten und unterhaltsamen Informationen am Wegesrand und mit den kulinarischen Möglichkeiten im Reisebus. So hatten wir eine entspannte Anreise und konnten uns pünktlich einschiffen - ohne nass zu werden.
Am Abend freundeten wir uns mit dem Bordreiseleiter Hans, dem örtlichen Radreiseleiter Uli, der gesamten Crew und dem unwiderstehlichen Charme der MS Sir Winston an - echter englischer Adel.
Neben weiteren Deutschen und Gästen anderer Nationalitäten hatte auch eine uns zahlenmäßig überlegene brasilianische Gruppe die Kreuzfahrt mit Rad und Schiff gebucht. Das Brasilianer temperamentvoll sind, ist selbst redend. Entsprechend war die Stimmung. Wir waren beeindruckt - ein lebenslustiges Völkchen. Es steht 1: 0.

2. Tag: Schifffahrt Amsterdam – Aalsmeer, Radtour Aalsmeer – Aalphen aan den Rijn

Unser Tag begann gemütlich. Nach einem ausgiebigen Frühstück schipperten wir entlang der Amsterdamer Grachten, vorbei am Olympiastadion unter 14 Brücken hindurch, von denen einige extra für unser Schiff hochgezogen wurden. Interessant waren insbesondere die vielen Baustile der Amsterdamer Viertel und natürlich die Floating Homes. Wir nutzten auch die dreistündige Fahrt, um uns in der Gruppe besser kennen zu lernen und unser Reiseleiter Tilo hatte die Idee, dass wir heute vom Temperament her unseren Brasilianischen Freunden Paroli bieten werden. So beendete jeder seine persönliche Vorstellung mit der Frage, aus welchem Bundesland er kommt bzw. welches sein liebstes Bundesland ist. So kam es dazu, dass wir unsere Heimat Sachsen 14 Mal lautstark hochleben ließen. Die Brasilianer waren schwer beeindruckt und fragten nach, ob wir alle 14 Gäste heute Geburtstag hätten. Also steht es 1:1.Endlich ging es auf die erste Radetappe. Als erstes konnten wir erleben, wie KLM Landeanflug auf den Amsterdamer Flughafen organisiert: aller 5 Minuten ein Jet, natürlich auch andere Airlines. Je weiter wir hinaus fuhren, vorbei am Wetseinderplassen und Brassemermeer, beeindruckte uns die Landschaft, die natürliche und die vom Menschen geschaffene, ja die unter dem Meersspiegel liegenden Weideflächen. Neben typischen Windmühlen sahen wir viele Tiere: Eine Entenfamilie mit 7 Jungen, logischer Weise nicht im Gänsemarsch, Reiher auf dem Beutezug und minikleine Kühe - die allerdings keine waren. Es waren Schafe mit schwarz-weiß geflecktem Fell, eine tolle Züchtung.
Den Regen hatten wir durch super Pausenplanung im Griff. Und ja, wir hatten Briese aus west/nooordwest, Windkraft wechselnd 5-6, so sagte uns der Käpt'n. Tachostand: 38 km

3. Tag: Schifffahrt Aalphen an den Rijn – Gouda, Radtour Aalphen an den Rijn – Gouda

Heute teilten wir uns in zwei Gruppen, die Rad-Enthusiasten und die Keukenhofbesucher.
Unsere Radgruppe führte heute Radreiseleiter Uli nach Gouda. Er wählte den Weg durch die Reeuwijkschen Plassen. Wir waren schon gespannt auf diese einmalige Wasserlandschaft. Es war nicht nur links und rechts des Dammes Wasser zu bewundern, sondern auch von oben. Wir erhielten ein einmaliges Peeling durch holländisches schnell bewegtes H2O. Unser Teint war gut durchblutet und die Socken nass. Wir fuhren vorbei an dem kleinen Örtchen Booskop, dem Namensgeber unseres so alt begehrten Apfels, der so gut für einen zünftigen Apfelkuchen ist. Wir konnten hier keine hängenden, sondern schwimmende Gärten bestaunen - einfach clever diese Holländer. Heute sahen wir wieder eine Entenfamilie, diesmal mit 20 kleinen Gänslein, wir nannten sie die Niels-Holgerson-Family und die kleinen Kühe waren heute braun- weiß gefleckte Schafe.
Unsere Keukenhofgruppe absolvierte die Hinfahrt bei Regen, dennoch interessant, weil Tilo unseren Chauffeur Erik interviewte. Und unser waschechter Holländer erzählte uns Dinge, die so in keinem Reiseführer stehen - sehr unterhaltsam.
Alle waren wir auf den Keukenhof gespannt, insbesondere weil zwei von uns, Christine und Claus unbedingt zum 2. Mal hin wollten. Die Erwartungen waren also groß und trotz Regen wurden diese mehr als erfüllt. Ein Blütenmeer - bestehend aus hunderten von Arten an Tulpen, Hyazinthen, Narzissen und verschiedenen Gehölzen - verzauberte uns. Wir erfreuten uns an einer tolle Landschaftsgestaltung mit Hügeln, Wasserläufen und der Einbeziehung herrlich alter Bäume. In verschiedenen Ausstellungshallen wurden unterschiedliche Themen gestaltet.
So bot ein Pavillon - mit dem Namen der Königin - majestätische Orchideen dar.
Einen weiteren Höhepunkt, diesmal einen trockenen, eroberten wir uns zu Fuß bei einem Stadtrundgang durch das sehenswerte Gouda. Im Käseladen fand jeder seinen Leckerbissen, einfach phantastisch. Tachostand: 68 km

4. Tag: Schifffahrt Gouda – Rotterdam, Radtour Rotterdam – Delft – Den Haag – Scheveningen

Heute war der Tag, an dem der Wecker mit dem Schiffsdiesel eingetauscht wurde. Pünktlich 06:50 wurde die 1094 PS der Maschine gestartet. Als erstes brachte uns heute die MS Sir Winston nach Rotterdam. Auf Grund der Wetterprognose entschieden sich heute 11 Radler per pedes durch Rotterdam zu spazieren. Wir brachen Richtung Willemsbruk auf, um dann ins Zentrum der Sehenswürdigkeiten zu gelangen. Als erstes wurden wir von den Markthallen angezogen. Uns begeisterte der gigantische Bau selbst - ein Tonnengewölbe mit toller Deckengestaltung, welcher über der Markthalle an den Außenseiten Platz für Wohnungen bietet. Ein Riesen Angebot an kulinarischen Köstlichkeiten verleitete uns zum Naschen.
Als nächstes begeisterte uns das Ensemble der Kubischen Häuser. Eine interessante Wohnhausgestaltung mit Überbauung einer Straße bis hin zur Neuen Maas. Glockengeläut der St. Laurens Kerk zog uns magisch an. Ein Rundgang zum gigantischen Kirchenschiff ließen wir uns nicht entgehen. Im Inneren nahmen wir eine interessante Orgel und die schlichte Einrichtung zur Kenntnis. Offensichtlich finden hier auch Musikveranstaltungen und Konzerte statt. Wir vollendeten unseren Rundgang mit einem Besuch des Museumshafens und bestiegen natürlich auch eines der historischen Schiffe. Wir konnten feststellen, dass die holländischen Seeleute vor 150 Jahren kleiner waren als wir heute. Wir hatten einen kühlen, teilweise sonnigen Rundgang. Kurz vor Erreichen unseres schwimmenden Hotels erwischte uns doch noch ein Hagelschauer.
Unsere beiden jungen, dynamischen Radsportler Antje und Heiko nahmen heute die Qualen für alle anderen Gruppenmitglieder auf sich. Die Radtour heute führte von Rotterdam nach Delft und zurück. Entlang der Kanäle durch das Delftland, durch typische Natur war die Hinfahrt durch den ständigen Gegenwind mit durchschnittlicher Windkraft 5 eine echte Herausforderung. Delft ist mit seiner berühmten Porzellanmanufaktur und seinem historischen Marktplatz ein beschauliches Städtchen mit typischer mittelalterlicher Architektur. Nachdem wir uns aufgewärmt und gestärkt hatten, ermunterten uns die Glockenschläge vom Turm zur Rückfahrt, nunmehr ohne Gegenwind, dafür mit Hagelschauern. Als wir uns zum Kaffeetrinken auf unserem Schiff einfanden, empfingen uns die anderen Gäste mit Beifall und Anerkennung.
Der heutige gemeinsame Höhepunkt war die Hafenrundfahrt, ein absolutes Muss für jeden Rotterdam-Besucher. Beeindruckend war das gigantische Ausmaß Europas größten Hafens. Ebenso konnten wir die imposante Skyline Rotterdams vom Hafen mit seiner Hightech-Architektur aus nochmals bestaunen. Tachostand: 108 km

5. Tag: Radtour Rotterdam – Kinderdijk – Schoonhoven

Heute ist Königstag, der Nationalfeiertag der Niederlande. Heute wollten wir alle eine schöne Radtour erleben. Zur Sicherheit ließen wir unseren Wettergott Hanulf an Bord zurück. Er sollte über uns wachen und für schöneres Wetter sorgen.
Unsere Tour begann entlang des Lek-Radweges. Der Lek ist der Hauptwasserarm, welcher das Rheinwasser zur Mündung führt. Etwa zur Halbzeit erreichten wir Kinderdijk. Bekannt ist dieses Örtchen, weil hier der Noord in den Lek mündet. Hier stehen in Reih und Glied 19 historische Poldermühlen, die dafür sorgten, dass auch Land, welches mehr als 7 Meter unter dem Meeresspiegel liegt, zuverlässig entwässert wird. Eine auf der Welt einmalige Meisterleistung. Dieser besondere historische Wert, wurde auch mit dem Titel Weltkulturerbe geehrt. Nach unserem Fotostopp an den Windmühlen radelten wir durch das Polder Alblasserwaard und erreichen zu unserer Kaffeepause das von Uli empfohlene Bauernkaffee. Wie es der Zufall wollte, trafen wir hier auf unsere Brasilianischen Radfreunde und wurden zum Sängerwettstreit herausgefordert. Die Wirtin war darüber höchst erfreut. So etwas hat sie schon lange nicht erlebt. Sie bewertete den Wettkampf heute mit 1:1. Gesamtstand also 2:2! Gestärkt und motiviert erreichten wir schon bald Schoonhoven, die Stadt des Gold- und Silberschmiede-Handwerks. Unser Kreuzfahrtschiff lag schon bereit am Ufer des Lek. Wir wurden von Hanulf empfangen und bedankten uns bei unserem Wettergott für die überwiegend gute Arbeit. Tachostand: 151km

6. Tag: Radtour Schoonhoven – Utrecht

Durch die schöne Natur des Polderlandes entlang unzähliger Bauernhöfe und gepflegter Grundstücke führte uns unsere heutige Etappe in das beschauliche Oudewater. Uns empfing die interessante holländische Backstein-Architektur mit den typischen urbanen Strukturen eines mittelalterlichen Städtchens. Bei Sonnenschein genossen wir auf dem Martplatz unseren Cappuccino und verspeisten den ersten Teil unseres Lunchpaketes. Wir bestaunten gemeinsam die Hexenwaage. Es ist ein Foto mit Ulli überliefert, allerdings vor seinem Eintritt vor das Tribunal. Einige wollen gesehen haben, wie er mit einem Besen herauskam. Spaß hatten wir jedenfalls genug. Im zweiten Teil unserer Tour setzten wir die entspannte Fahrt fort, entlang wunderschöner Natur über Montfoort mit seinem Wasserschloss. Gudrun blieb heute an Bord mit der Aufgabe, als Wetterfee über uns zu wachen. Einschätzung: Weitestgehend gelungen. Als sie sich beim Kaffee verplauderte, erwischte uns doch noch ein Schauer kurz vorm Ziel. Dank der super Planung von Ulli, erwischte uns dieser beim Halt unter einer Brücke. Jetzt kam die Bergwertung. Wir hätten gar nicht erwartet, dass wir heute noch durch drei Serpentinen nach oben krakseln müssen. Nun war unsere MS Sir Winston schon in Sichtweite.
Am Abend lud Henryk zum Kapitän-Dinner und wir wurden, wie stets auf dieser Reise, mit Köstlichkeiten versorgt. Außerdem hatten Roman und Hans ihre große Stunde beim Karaoke und sorgten so für gute Laune. Uns haben dabei Christine und Klaus vertreten. Ten Points for Sachsen. Den Gesangswettstreit beim Karaoke haben wir eindeutig gewonnen. Den Hüftschwung beim Tanzen haben die Brasilianer besser aufs Parkett gebracht.
Gesamtstand im Wettbewerb Brasilien - Sachsen: 3:3! Tachostand: 193km

7. Tag: Schifffahrt Utrecht – Zaandam, Radtour von Zaandam nach Amsterdam

Unsere heutige letzte Radtour führte uns von Zaandam nach Amsterdam, hindurch durch die berühmte Region der Schiffbauer, der Erfinder der Pfahlbauweise und der Landgewinner. Interessant zu wissen, dass hier einst Zar Peter der Große undercover als Zimmerman diese Techniken studierte. Halt machten wir im Museumsdorf Zaanse Schans. Die historischen Windmühlen, Bauernhöfe und Wohnhäuser wurden aus verschiedenen Orten überwiegend in Nord-Holland zusammengetragen und hier wieder aufgebaut. Weiter ging es durch das Naherholungsgebiet Twiske nach Amsterdam. Bei einer Grachtenrundfahrt eröffnete sich uns am Nachmittag eine ganz besondere Perspektive auf die gemütlichen Hausboote, prunkvollen Patrizierhäuser und zahlreichen Brücken entlang der Grachten. Zum Abendessen überfielen Piraten das Schiff. Diese kredenzten uns in typischer rauer Weise ein rustikales Abendessen.
Wir bedankten uns ganz herzlich bei unserem Radreiseleiter, unserem Kommandeur Ulli und der gesamten Mannschaft. Tachostand: 234 km

8. Tag: Heimreise

Heute geht es mit einem lachenden und mit einem weinenden Auge wieder nach hause. Unser Reiseleiter Tilo, ließen die vergangen acht schönen Tage durch Hollands Süden noch einmal Revue passieren. Es gab große Zustimmung.
Was gibt es schöneres als mit einem Kreuzfahrtschiff und per Rad entschleunigt und dafür mit allen Sinnen "Richtig zu Reisen" ?
234 herrliche Radkilometer - ein unvergessliches Gruppenerlebnis!Danke für die schöne gemeinsame Zeit und die netten Gespräche mit Euch, bleibt schön gesund.
Ahoi bis zum nächsten Mal
Euer Tilo

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