Reisebericht: Rundreise um ganz Iberien – Portugal und Spanien

22.04. – 12.05.2011, 20 Tage Busreise auf der Iberischen Halbinsel: Jakobsweg – Oviedo – Santiago de Compostela – Porto – Guimaraes – Aveiro – Obidos – Lissabon – Algarve – Sevilla – Cordoba – Granada – Valencia – Barcelona


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Die Iberische Halbinsel bildet den äußersten Südwesten Europas und sie ist - ziemlich groß. Im ausgehenden 15. und im 16. Jahrhundert wurden von da aus weite Teile der Welt erobert. Kaiser Karl V. – gleichzeitig spanischer König - konnte mit einigem
Ein Reisebericht von
Dr. Bernhard Rink

Reisebericht

Die Iberische Halbinsel bildet den äußersten Südwesten Europas und sie ist  - ziemlich groß. Im ausgehenden 15. und im 16. Jahrhundert wurden von da aus weite Teile der Welt erobert. Kaiser Karl V. - gleichzeitig spanischer König - konnte mit einigem Recht verkünden, dass in seinem Reiche die Sonne niemals unterging. Jetzt haben wir uns vorgenommen, diese Region für uns zu erobern - aber nur im übertragenen Sinne. (Das Interesse der Gäste ist so groß, dass sogar zwei Busse im Doppelpack fahren.) Dazu muss man erst einmal hinkommen, d.h. es geht am ersten Tag bis in den Raum Paris zur Zwischenübernachtung und am zweiten Tag an die französische Atlantikküste bei Bordeaux und dann abwärts bis in die Biskaya. Unterwegs erfährt man schon eine ganze Menge über Frankreich. Da wir im legendären Biarritz die zweite Zwischenübernachtung hatten, bot es sich an, am nächsten Morgen einen kurzen Abstecher zu dem berühmten Jungfrauenfelsen zu machen. Dann ging es über den Grenzfluss Bidasoa vorbei an der Fasaneninsel, auf der 1659 der Pyrenäenfrieden zwischen Frankreich und Spanien geschlossen wurde, der bis heute die Grenzziehung zwischen den beiden Ländern bestimmt, ins spanische Baskenland. Anschließend über das Kantabrische Gebirge vorbei an Vitoria (Siehe Beethoven!) nach Burgos, wo wir auf den Jakobsweg trafen. Dort in der Kathedrale, einem der frühesten Beispiele für die aus dem Norden kommende Gotik - ein schöner Anknüpfungspunkt für einen „Grundkurs“ in Archtitekturgeschichte - findet man eine sehr aussagekräftige Karte, die die fernsten Verästelungen jenes uralten Pilgerweges über ganz Europa veranschaulicht. In den nächsten Tagen sollten wir dem Jakobsweg folgen über Leon, einst Hauptstadt des gleichnamigen Königreichs, wovon noch heute das Panteon zeugt, die Grablege der Dynastie, die auch als „Sixtinische Kapelle der Romanik“ bezeichnet wird, bis hin zu jenem Sehnsuchtsziel vieler - Santiago de Compostela. Deren Gefühle kann man nachvollziehen, wenn man auf dem Hügel östlich der Stadt steht und zum ersten Mal die Kathedrale erblickt; für die Pilger früherer Epochen nach Monaten von Strapazen und Entbehrungen. Pilgerfahrten waren, wenn man so sagen darf, der „Massentourismus“ des Mittelalters und der Jakobsweg war eine der wichtigsten und er ist seit einigen Jahren wieder kräftig . Welche wirtschaftliche Bedeutung das aber auch hatte, kann man an der Pracht der Altstadt von Santiago ablesen. Entlang einer der schönsten Küstenregionen und vorbei an der malerischen Bucht von Vigo kommt man an die Grenze von Portugal, wo eine Brücke von Eiffel den Minho überspannt. Wir ließen es uns nicht nehmen, die imposante Zitadellen-Festung von Valença mit ihrem grandiosen Ausblick ringsumher zu besichtigen, bevor wir uns nach Porto begaben, jener Stadt die namensgebend für das ganze Land war. Ihre Lebensader ist der Douro, der hier in den Atlantik mündet und von weitragenden Brücken überspannt wird, die man auf einer Bootsfahrt in ihrer technischen Grandezza bestaunen kann. Man darf natürlich nicht versäumen, den köstlichen Portwein zu kosten, dessen Ausfuhr der Stadt seit Jahrhunderten den Wohlstand brachte.
Coimbra mit seiner traditionsreichen Universität ist das geistige Zentrum Portugals und die dortige Bibliothek - vergleichbar mit der Weimaraner Anna-Amalia-Bibliothek - gleichsam ein intellektuelles Heiligtum des Landes. Das religiöse Heiligtum befindet sich in Fatima, nach Santiago die zweite Pilgerstätte unserer Reise, wenngleich mit knapp hundert Jahren sehr viel jünger und quasi eine Stadt aus der Retorte - um den heiligen Bezirk herum gebaut, in dem es übrigens auch ein Stück der Berliner Mauer gibt. Beim allabendlichen Rosenkranzgebet und der anschließenden Prozession kann man sich einen Eindruck von der religiösen Inbrunst der Gläubigen verschaffen.
Oberhalb des wegen seines kilometerlangen herrlichen Sandstrandes beliebten Badeortes und ehemaligen Fischerdorfes Nazaré liegt auf einer Klippe die alte Oberstadt Sitio, die nicht nur wegen ihrer Bauwerke sehenswert ist, sondern auch wegen des Marktes, der von Frauen in der traditionellen Tracht abgehalten wird, wo man örtliche Spezialitäten wie allerlei Trockenfrüchte und Nüsse probieren kann.
Obidos - die ganze Stadt ist eine „Puppenstube“. Einst Hochzeitsgeschenk eines Herrschers und wichtige Hafenstadt, geriet sie durch Verlandung ins Abseits, verlor an Bedeutung und blieb gerade deshalb original erhalten; ein Mekka für Romantiker. Man sollte auf der „Hauptstraße“ einmal ganz durch bis zur Burg gehen, die heute u.a. eine Freilichtbühne beherbergt und dann den Weg zurück auf der Stadtmauer nehmen, von wo sich wunderschöne Einblicke in die Gärten und Gässchen bieten - und noch etwas Beschaulichkeit tanken, bevor man am Abend in die geschäftige Atmosphäre von Lissabon eintaucht. Faszinierend ist diese Stadt mit der maurisch geprägten Alfama, die man wie wir zu Fuß erkunden sollte, den wunderbar nostalgischen Straßenbahnen und dem Meisterstück des manuelinischen Stils, dem Hieronymus-Kloster. Von der einstigen Seemacht zeugen der Torre de Belém und der Versuch im 20. Jahrhundert daran anzuknüpfen, das prätentiöse Entdecker- und Seefahrerdenkmal. Immerhin war Portugal noch bis vor wenigen Jahrzehnten eine gewaltige Kolonialmacht. Aber auch die vom Marquês de Pombal nach dem verheerenden Erdbeben von 1755, das schon damals international wahrgenommen und reflektiert wurde,  planmäßig errichtete neue Macht- und Repräsentationszentrale in der Baixa nötigt ob der architektonischen Geschlossenheit und des Ensemblecharakters Respekt ab. Wenn man eine solche Tour de force durch Lissabon hinter sich hat, ist man geradezu froh, am nächsten Tag in die Umgebung zu fahren. Das malerisch im Grün der Berge verborgene Sintra mit der Sommerresidenz der portugiesischen Könige, die belebten Badeorte Cascais und Estoril und das Cabo da Roca, der westlichste Punkt Festlandeuropas, bieten Abwechslung.
Wenn man Lissabon über die Tejo-Mündung auf der Vasco-da-Gama-Brücke verlässt, nutzt man eines der eindrucksvollsten Beispiele moderner Ingenieurskunst und hat unter sich gleichzeitig ein Natur- und Vogelreservat. Der Weg nach Madrid ist weit und er führt zunächst durch die landschaftlich nicht besonders aufregende Extremadura. Um den Tagesablauf aufzulockern, ist deshalb ein Picknick im Nachklang mit portugiesischen Spezialitäten(Übrigens hat uns an der portugiesischen Küche vor allem die Vielfalt und Qualität der kräftigen Suppen Beeindruckt!), vorbereitet in Gemeinschaftsarbeit von den Chauffeuren und Reiseleitern, unter tatkräftiger Hilfe einiger Gäste, höchst willkommen.
Madrid bietet wirklich für jeden etwas: von der neomaurischen Stierkampfarena bis zum Prado, dem unsterblichen Cervantes und dem berühmten Fußballstadion. Vom Königsschloss zur Plaza Mayor erstreckt sich die Altstadt. Sie entstand als Philipp II. 1561 den Hof von Toledo hierher verlegte.
Toledo, gesegnet durch seine imposante Lage und unter den verschiedensten Herrschern Hauptstadt Spaniens erlebte jahrhundertelang ein friedliches und gegenseitig befruchtendes Miteinander von Islam, Christen- und Judentum und diese Atmosphäre kann man heute noch spüren. Sie prägte die Spezialitäten: Klingen, Damaszener Arbeiten und Marzipan.
Cordoba, von den Römern gegründet und Heimat des Philosophen Seneca, war vor tausend Jahren die größte Stadt der Muslime in der westlichen Welt. Davon kündet die atemberau-bende Mesquita, Moschee und Kathedrale, wie ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht.
Und das ( nicht nur wegen Carmen) bezaubernde Sevilla mit seiner Kathedrale (die größte gotische überhaupt), welche das (oder eines von mehreren?) Grabmal des Columbus beherbergt, der Alcazar und die wundervollen Parks - man muss es einfach gesehen oder mit der Kutsche erfahren haben.
In Jerez kosteten wir den köstlichen Sherry (die Luxusvariante!) und fuhren dann durch das wilde Gebirge, welches versteckte weiße Dörfer birgt, in die meiner Meinung nach romantischste Stadt Spaniens, nach Ronda, für das Rilke so schwärmte. Geteilt durch eine abgrundtiefe Schlucht und mit der legendären Plaza de Toros, ein Mekka für viele bis heute, vor der dem Stier ein wunderschönes - also angemessenes Denkmal - gesetzt ist. In der Serrania de Ronda war das Räuberunwesen im 19. Jahrhundert so ausgeufert, dass man sich 1844 zur Gründung einer neuen Art von Polizei entschloss, der Guardia Civil. Heutzutage versucht das Museo del Bandolero dieses Phänomen möglichst vielseitig zu beleuchten.
Die Alhambra vor dem Hintergrund der Sierra Nevada - ein Anblick zum Sterben schön. Wer in diesen Palästen und Gärten schweift, beginnt die Sentenzen von Washington Irving zu bei-greifen, der einst hier wohnen durfte. Auch am Albuacin wird die maurische Vergangenheit lebendig, zumal in der Nacht nach einem Besuch beim leidenschaftlichen Flamenco.
In Purullena gibt es noch ein paar hundert Menschen, die in Höhlen wohnen. Heutzutage recht komfortabel und ökologisch korrekt. Ein besonderes Erlebnis, wenn einem eine junge Familie Zutritt zu einer solchen Heimstatt gewährt.
Valencia - hier starb 1099 El Cid, kämpfend - wie er gelebt hatte. In der Kathedrale liegt der „Heilige Gral“ (doch, doch nach deren eigenen Aussagen!) und von der Wasserglocke auf dem Miguelete wird wie seit Jahrhunderten die Bewässerung der Huerta geregelt. Aber die Stadt ist nicht nur uralt, sondern auch supermodern. Beim Bau der „Stadt der Künste und der Wissenschaften“ durfte sich die Elite der zeitgenössischen Architektur einmal so richtig austoben. Sehenswert, auch für Leute mit eher konservativem Geschmack.
Ab an die Costa Brava. In Santa Susanna urlauben eigentlich eher Leute mit Massen-Geschmack. Für uns aber Gelegenheit, das Mittelmeer auszuprobieren und guter Ausgangspunkt zur Erkundung von Barcelona, der offenen Rivalin von Madrid und Hauptstadt des (vielleicht ein bisschen zu) selbstbewussten Katalonien. Egal, man muss die originellste Kirche der Welt, das Hauptwerk des genialen Gaudi, die Sagrada Familia einfach gesehen haben. Und dann soll man in zehn Jahren wiederkommen, denn dann sieht sie wieder ganz anders aus (starker Tourismus-Marketing-Trick!). Einmalig die Aussicht vom Montjuic; Vorsicht auf der Rambla!
Durch das Katharerland und das Rhonetal aufwärts nach Besançon, wo schon Caesar zugange war . Die Landschaft von Burgund und im Jura ist lieblich und lädt zum Verweilen ein. Deshalb haben wir für 2012 auch eine spezielle Reise in diese Gegend aufgelegt. Doch unsere Reise war nach annähernd drei Wochen am Ende. Was hoffentlich bleibt ist eine Fülle von Eindrücken über Land und Leute, Essen und Trinken, Natur und Geschichte, Musik und Literatur etc.
Herzlichst bis zum nächsten Mal
Bernhard Rink

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