Reisebericht: Wanderreise Kalabrien – zu Fuß durch Süd–Italien

12.10. – 19.10.2019, 8 Tage Flugreise Kalabrien mit Tropea – Pizzo – Joppolo – Monte Poro – Nicotera – Palmi – Monte St. Elia – Stilo – Tyrrhenische & Ionische Küste (50 Wanderkilometer)


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Erforschung eines noch vielen unbekannten Landesteil Süditaliens, noch unberührt vom Massentourismus
Ein Reisebericht von
Dr. Mathias Schirmer
Dr. Mathias Schirmer

12.10.2019 Erster Tag – unsere Anreise nach Süditalien


Die überschaubare Gruppe reiste überwiegend von Dresden aus über München an. Da es früh aus den Federn ging, waren wir bereits kurz nach 12 Uhr im Hotel und wir konnten auch schon, wie genial die Zimmer beziehen.
Das schöne Wetter lockte uns für einem ersten Cafe oder Aperol Sprizz ins Straßencafé und anschließend ins noch recht warme Meer. Offizielle Angaben zur Wassertemperatur erhielten wir nicht, aber 23 Grad waren es sicher noch.
Richtig komplett waren wir dann am Abend. Tropea ist ein kleiner Ort mit 6400 Einwohnern am Tyrrhenischen Meer und entwickelt sich immer mehr zum Haupturlaubsort der Region. Vor Jahren gab es 50 Hotelzimmer im Ort, jetzt sind es 250, Tendenz steigend und die Pensionen und B&B nicht mit gezählt 

13.10.2019 Erster Wandertag: Von Caria dürchs Tal der Mühlen hinab ins Tal nach Tropea

Die mutigsten Gäste drehten früh im Pool eine Runde und stellten übereinstimmend fest, dass das Meer wärmer ist.
Gemütlich starteten wir, schließlich war es Sonntag, 9 Uhr nach Caria und wurden gleich zu Beginn überrascht. Es war der Feiertag des Schutzheiligen des Ortes und ein Fanfarenzug der Dorfjungend nahm uns in Empfang, spielte uns ein Ständchen und marschierte anschließend durch den Ort. Anita war ein Gewinn für uns. Geprägt von ihren Eltern wurde sie gleichfalls italienaffin und woht jetzt seit einigen Jahren in der Nähe von Tropea. Wir erfuhren viel über Land und Leute, über Flora und Fauna.
Aller 100 Jahre leidet Kalabrien unter einem Erdbeben nur Tropea bleibt immer verschont, angeblich weil die Anhöhe, auf der die Stadt steht aus gepresstem Sand besteht und so wie eine Dämpfung funktioniert.
Früher wurde Kalabrien von einigen wenigen reichen Landwirten dominiert. Einer davon nahm seinen Sommersitz in Caria und dessen ehemaliges Schloss besichtigen wir wie auch die Kirche des Ortes. Nun führte uns unsere Wanderung durch Felder und Wälder. Nach Besichtigung einer alten Kornmühle führte uns der Weg zur Mittagsrast in einem Dorfrestaurant. Bis hier her waren wir mutterseelenallein unterwegs und so sollte es die ganze Woche bleiben. Nur zwei mal begegneten wir anderen Wanderern. Der Wein und der Antipastateller waren so vorzüglich, dass es uns schwer fiel die Rast zu beenden. Anschließend ging es bergab nach Tropea und wir unternahmen noch eine Stadtführung, bevor es für einige wieder ins Meer ging. So lernten wir heute auch Romania kennen, die Schutzheilige der Stadt. Auch die Portion Eis oder der Cafe (nicht Espresso) durfte nicht fehlen.

14.10.2019 zweiter Wandertag: Rundwanderweg entlang der Küste am Sant Elia (Eliasberg)


Auf der Fahrt in den Süden erfuhren wir viel über den Wandel in der Landwirtschaft. Neben
dem Tourismus ist die Landwirtschaft die zweit wichtigste Einnahmequelle, Bergamotte und die Rote Zwiebel sind besonders bekannt. Die Orangen sind nicht mehr zu auskömmlichen Preisen absetzbar, so dass es zum Wechsel beim Anbau der Früchte kommt. Kiwi heißt das neue Zauberwort. Man sieht neu angebaute Plantagen und schon ertragreiche Anlagen.
Die 90 minütige Fahrt verging wie im Fluge, da uns Anita mit viel Wissenswertem unterhielt. So bestaunten wir eine neu errichtete Kirche, die an eine Naturheilerin namens Natuzza Evolo erinnerte, die tausenden Menschen half, ohne eine einzige Lira zu nehmen. Auch zeigt uns der Busfahrer ein Grundstück, das er mit seinem Sohn zu einer Herberge im Sinne des Agrotourismus ausbauen will.
In Palmi angekommen, führte uns ein wunderschöner Weg parallel zum Meer. Gemütliche Steigungen an der Costa Viola lies es zum Genuss werden. Ständig bot sich ein neuer Blick auf den Ozean und so legten wir immer wieder kurze Pausen ein.
Wieder erwartete, nachdem wir den Berg erklommen hatten, ein typischer italienischer Imbiß auf uns. Den Abstieg wählten wir ab und so hatten wir noch Zeit für den Besuch eines Eiscafés, deren Besitzer bei einem Eiswettbewerber in Deutschland einen Preis gewonnen hatten.
In Tropea eingetroffen lockte einige wieder das Meer.

15.10.2019 Dritte Wanderung zum Wasserfall Le Cascate del Marmarico gekoppelt an einen Abstecher ans Ionische Meer


Bei Zeiten ging es los, denn wir mussten quer durch ganz Kalabrien. Am ionischen Meer angekommen bog unser Fahrer nicht sofort auf die Autobahn ab, sondern für über die Landstraße am Ionischen Meer entlang. So konnten wir unberührte Strände und einige wenige Hotels in den Städten entdecken. Touristisch gesehen schien die Zeit stehen geblieben zu sein, kein Trubel, kaum Touristen, also sehr beschaulich.
Unweit unseres Startpunktes angekommen stiegen wir in Jeeps ein, die uns beim Aufstieg halfen. Wir konnten es aber nicht erwarten, endlich auf Schusters Rappen unterwegs zu sein. Ein malerischer Weg führte uns straff nach oben und wir wurden nicht enttäuscht. Obwohl die Ostküste die trockenere Seite Kalabrien ist, ergossen sich die Wassermassen über 100m ins Tal. Einige ganz Mutige ließen es sich nicht nehmen ein paar kleine Runden zu schwimmen. Vermutlich war die Temperatur einstellig. Heute gab es Rucksackverpflegung, die uns Anita besorgt hat. So ging es nicht nur quer durch den Wald, sondern auch quer Beet durch die kalabrischen Köstlichkeiten und der Wein durfte nicht fehlen, allerdings in Maßen, denn es warte noch der Abstieg auf uns. Dabei bewunderten wir eine Vielzahl von verschiedenen Bäumen. Besonders beeindruckend waren die Steineichen, die so ganz anders als die uns bekannten Deutschen Eichen aussahen und viele Korkbäume.
Noch war nicht das Ende der Tour erreicht. Es ging noch nach Stilo, ein schön gelegener Ort. Hier wurden wir mit den Problemen der kleineren, entlegenen Städte konfrontiert. Die fehlenden Arbeitsplätzte führen zur Abwanderung und Entvölkerung des Ortes.

16.10.2019 Vierte Wanderung: Vom Lago Angitola nach Pizzo


Heute ging es nach Norden. Den Lago Angitola erreichten wir nach kurzer Fahrt. Das Regen auch hier dringend notwendig ist, zeigte uns der geringe Wasserstand des künstlich angelegten Sees an. Der See war eingezäunt, denn er ist der Trinkwasserspeicher für Lamezia Terme. Anfangs durchquerten wir einen kleinen Ort in dem wir den Eindruck hatten, es leben da mehr Hunde, als Menschen. Aber wir kamen heil voran über Felder, durch Wälder. Und plötzlich standen wir vor einer Mühle, in der es ächtste und krächtste. Ja die sehr sehr alte Mühle war in Betrieb und wir konnten es live beobachten, wie ein Gemisch aus Mais und Getreide zu Mehl verarbeitet wurde. Wir erfuhren, dass Getreide hier eine echte Rarität darstellt. Nach einer Mittagsrast, wo wir gut beschützt gemeinsam mit den Carabinieri des Ortes speisten, ging es bergab nach Pizzo. Den Ort, wo das berühmte Tartufoeis, eigentlich aus einem Zufall, entstand. Verkostet wurde es bei Raffaele am Markt, der uns auch die Herstellung des Eises sehr anschaulich zeigte. Für mich war es ein Wiedersehen mit ihm nach 15 Monaten.
Das Traditionelle Tartufoeis wird aus Nuss- sowie Schokoladeneis hergestellt, welches mit einer Schokoladensoße gefüllt wird. Anschließend wird es eingewickelt im Gefrierschrank bei Minus 30 Grad gelagert. Serviert wird es nachdem es in einem Gemisch aus Zucker und Kakaopulver gewälzt wurde. Uns hat es gemundet.

17.10.2019 Fünfte Wanderung: zum Capo Vaticano


Wir freuten uns auf die grandiosen Ausblicke, die sich uns für heute angekündigt wurden. Wie schon am Vortag zeigte sich schon mal voller Stolz der Strobolie. Nach dem Regen der Nacht konnten wir bei unserer Bergauffahrt sieben der liparischen Inseln erkennen. Auch den 33232 m hohen Äthna durften wir später sehen, oder vielmehr erahnen...
Es ging nach Brattiro, einem kleine Ort oberhalb von Tropea. Der Weg führte uns durch zwei kleine Ortschaften und plötzlich standen wir vor einer Mühle, in der es ächtste und krächtste. Ja die sehr sehr alte Mühle war in Betrieb und wir konnten live beobachten, wie ein Gemisch aus Mais und Getreide zu Mehl verarbeitet wurde. Wir erfuhren, dass Getreide hier eine echte Rarität darstellt.
Vorbei kamen wir an einem Sarazenturm, der früher der Beobachtung der Umgebung diente, als man sich vor den Piraten in Acht nehmen musste.
Dann erreichten wir den genialen Aussichtspunkt Capo Vaticano. Der Ausblick war traumhaft, das Wasser unübertrefflich klar. Die Mittagsrast war besonders spektakulär. Ein Bauer der Region kam mit seinem Hundefänger, entlud eine Biertischgarnitur und allerlei regionale Köstlichkeiten. Die Tomaten waren so köstlich, dass er Nachschlag holen musste. So lernt man Land und Leute kennen.

18.10.2019 letzte Wanderung: Hoch hinaus


Wie immer waren wir pünktlich, nur der Bus heute nicht. Die Elektrik hat gestreikt und so bekamen wir einen Neuen. Wir benutzten den Eselspfad hinauf zum Monte Poro, was uns 400 Höhenmeter abverlangte. Wir waren aber inzwischen gut trainiert. Gleich zu Beginn gesellten sich zwei Hunde zu uns, die uns die nächsten 12 Kilometer nicht von der Seite wichen. Es gab viel zu sehen, traumhafte Ausblicke, interessante Kirchen und auch so manches reizvolles Ferienhaus. Internationaler wird es hier, vor allem weil sich ein inzwischen verstorbener Berliner als Immobilienhändler betätigte und so viele leer stehende Anwesen unters ausländische Volk brachte.
Heute konnten wir auch beobachten wie sich der italienische Alpenverein bemüht, das Wandern voran zu bringen. Der Weg war gut beschildert und soll einladen. Lustig, dass es das Wort wandern auf Italienisch nicht gibt, na ja vielleicht wird ja die deutsche Bezeichnung eingeitalienert.
Natürlich gab es auf dem Berg wieder eine zünftige Einkehr, wahrscheinlich die Beste der Woche. Und die Hunde wichen uns, sehr zum Leidwesen des Wirtes, nicht von der Seite. Weiter ging es talwärts nach Joppolo, dem Wohnort von Anita. Klar, dass sie uns wieder einen besonders schönen Weg ausgewählt hat. Dann half uns oder besser unseren Knien der Bus, einige Höhenmeter zu sparen um zu einer Seifenmanufaktur zu bringen. Als wir aus dem Bus ausstiegen, stellten wir belustigt fest: Die Hunde waren auch schon da!
Interessant war es zu sehen, wie Seife entsteht, wie es funktioniert, dass die Aromastoffe in die Seife gelangen.

19.10.2019 Heimwärts geht's


Ja so schnell kann eine Woche vergehen. Schön wars.

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