Reisebericht: Rundreise Süditalien – Kalabrien, Basilikata und Apulien

30.09. – 10.10.2021, 11 Tage Flugreise Süditalien mit Tropea – Reggio Calabria – Scilla – Rossano – Basilikata – Matera – Alberobello – Bari – Castel del Monte – Gargano–Nationalpark


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15 EBERHARDT-Reiseteilnehmer machen sich auf, die mit vielen Unesco-Weltkulturerbe-Auszeichnungen gespickte Tour durch Süditalien zu unternehmen und sich gleichzeitig an der grenzenlos schönen Landschaft dieser Region zu berauschen.
Ein Reisebericht von
Ekkehard Villing
Ekkehard Villing

Gegen 13.30 h treffen sich 13 Süd-Italien-Fahrer und der EBERHARDT-Reiseleiter am Gate im Frankfurter Flughafen, um nach Lamezia Therme zu fliegen und ihre große Reise zu beginnen.
Nach reibungslosem Flug kommen wir kurz nach fünf Uhr im kleinen süditalienischen Flughafen an und schaffen es gerade noch in den bereitstehenden Bus von Enzo, ehe ein kräftiges Gewitter über dem Parkplatz niedergeht. Eine Stunde später erreichen wir unser erstes Hotel in der Nähe von Tropea bei inzwischen wieder angenehmen Abendtemperaturen.
Beim schmackhaften Abendessen lernen wir die letzten beiden Teilnehmer der Reisegruppe kennen, die sich schon seit drei Tagen im schönen Kalabrien befinden und von den Ausflügen schwärmen, die sie in dieser Zeit genießen konnten.

Noch nicht waren sie allerdings in Reggio Calabria, der alten Hauptstadt, welche wir uns als erstes Ziel vorgenommen haben. Dazu sind wir am Morgen mit Sievim, unserer örtlichen Reiseleiterin, zusammengetroffen, die uns in den ersten beiden Tagen die Spitze des italienischen Stiefels zeigen will. Sievim ist eine Kosmopolitin, in Syrien geboren, in Berlin aufgewachsen, mit ihrem deutschen Ehemann nach Kalabrien gelangt und nun durch die Heirat ihres Sohnes in eine kalabresische Großfamilie aufgenommen. Deshalb hat sie auch einen unverstellten Blick auf die typischen Merkmale, aber auch auf die Besonderheiten dieser wirklich ursprünglichen und schönen Region, welchen sie auf der langen Busfahrt zur Meerenge von Messina ausführlich wiedergibt.
In Reggio begeben wir uns zuerst zur beeindruckenden Kathedrale, die wie alle Gebäude der Stadt nur wenig älter als 100 Jahre ist, weil ein verheerendes Erdbeben 1908 die beiden Schwesterstädte Messina und Reggio dem Erdboden gleichgemacht hat. Danach schlendern wir über den Corso Garribaldi zur Piazza Italia und weiter zum "schönsten Kilometer Italiens", wie ihn der berühmte Dichter Gabriele d'Anunzio bezeichnete.Der Lungomare Falcomata, diese lange Strandpromenade führt an alten, gewaltig dicken griechischen Stadtmauern und römischen Thermen vorbei, öffnet sich in einem klassischen Amphitheater mit Athene-Monument zum Meer hin und wartet mit künstlerischen Großplastiken und riesigen, breitwurzelnden Feigenbäumen auf.
Während der Großteil der Gruppe mit Sievim in die Innenstadt ausschwärmt und sich mit Essbarem versorgt, gönnen sich wenige Kulturversessene zusammen mit dem EBERHARDT-Reiseleiter einen ganz speziellen Leckerbissen, die Krieger von Riace. Diese beiden übergroßen Bronzefiguren gelten als die schönsten ihrer Zunft, zumal sie ein bewegendes Schicksal hinter sich haben. Sie wurden erst vor wenigen Jahren von einem Hobby-Taucher im küstennahen Schlick des ionischen Meeres entdeckt.
Für die Museumsbesucher reicht es dann nur noch zu einem Bergamotte-Eis bei "Cesare", ehe es zur nächsten Sehenswürdigkeit, dem malerischen Städtchen Scilla geht. Der Name des Ortes lässt sich unschwer mit dem Seeungeheuer aus Homers Odyssee in Verbindung bringen und beeindruckt durch die spektakuläre Lage seiner Burg und der daneben liegenden Kirche hoch über den Häusern und Stränden. In diesem kleinen Fischerort ist die alte Tradition des Schwertfischfangs noch sehr lebendig und im Hafen liegt dann auch eine Pasarella, der lange Laufsteg an der Spitze des Bootes, auf dem die Lanzenwerfer zuerst möglichst die Weibchen erlegen wollen, weil sie dann mit den treuen männlichen Fischen leichtes Spiel haben, während im umgekehrten Fall die weiblichen Schwertfische sofort das Weite suchen. Von der Höhe der Ruffo-Burg spazieren wir hinunter ins urige Fischerviertel Chianalea. Hier stehen die Häuser direkt am Wasser und werden vom Meer unterspült, sodass die Fischer mit ihren Booten direkt davor „parken“ können. Die verwinkelten Gassen, der Hafen und die kleinen Läden, die kalabresische Spezialitäten anpreisen, ergeben ein sehr romantisches Bild.
Doch die EBERHARDT-Reiseleitung hat noch mehr vor: Zum Abschluss des Tages wollen wir noch die Perle der Costa degli Dei, das neben unserem Hotel gelegene Küstenort Tropea erkunden. Vom Busparkplatz erreichen wir schnell die sehenswerte Altstadt, die auf einem gewaltigen Felsen hoch über dem Meer thront und atemberaubende Ausblicke wie beispielsweise am Kanonenplatz gewährt. Sievim führt uns durch schmale Gässchen, eindrucksvolle Plätze wie die Piazza d’ercole bis hin zur trutzigen Kathedrale, der man die permanente Beschädigung durch Erdbeben und Sarazenen-Überfälle ansieht. Dann führt sie uns zu ihrem Lieblingsgeschäft, in dem wir die absolute Spezialität der Stadt, die Rote Zwiebel, in allen Variationen, so auch als Marmelade, genießen können. Als zweiter großer Renner entpuppen sich die Produkte aus der Bergamotte, einer Zitronenart, die nur im äußersten Süden Kalabriens wächst und die als Duft-, aber auch als Heilmittel Verwendung findet. Für die Gruppe bleibt sogar noch etwas Zeit, das Stadt, die am Abend Schauplatz eines großen Blues-Konzertes ist, auf eigene Faust zu durchstreifen.

Heute verlassen wir mit gepackten Koffern die Gegend um Tropea und fahren durch die Ebene von Sant'Eufemia und an der Provinzhauptstadt Cosenza vorbei zur Sohle des italienischen Stiefels, ans Ionische Meer. Dort wollen wir das Bergdörfchen Rossano besuchen, das ein außerordentliches kulturelles Highlight beherbergt, den Codex purpureus, einen der ältesten Evangeliare auf purpurnem Pergament. Dieses mit goldenen und silbernen Majuskeln verzierte syrische Meisterwerk zählt zum UNESO-Weltkulturerbe und ist im Diözesan-Museum von Rossano zu bestaunen. Da wir der langen Anfahrt wegen erst kurz vor 12 Uhr am Platz vor der Kathedrale stehen, entschließt sich Sievim, mit den wenigen Interessierten dieses Kleinod vor dem Toresschluss um 12.30 Uhr zu besuchen, während der große Teil der Gruppe sich mit dem EBERHARDT-Reiseleiter in die Kathedrale begibt, um das uralte Fresko der Madonna Archiropita zu bestaunen, ein Marienbild, das der Sage nach nicht von Menschenhand geschaffen wurde. Vor allem durch Erdbeben oft zerstört wurde die jetzige Kirche um dieses Gnadenbild herum im spätbarocken Stil errichtet, dessen ungewöhnlichstes architektonisches Merkmal ihr viertes Kirchenschiff ist, wobei, um die Gläubigen heutzutage im Gottesdienst zu erreichen, ein ausgeklügeltes Audio-System nötig ist.
Im Anschluss haben die Gäste Zeit, das Städtchen auf eigene Faust zu erkunden, was trotz der spektakulären Hanglage bald in der einzig geöffneten Taverne an der Piazza endet. Auch ein späterer Spaziergang zur byzantinischen Kirche San Marco ist nicht so sehr vom Erfolg gekrönt, weil dieses schön gelegene Bauwerk gerade umfassend renoviert wird und so nicht zugänglich ist.
So fahren wir wieder zurück in die Tiefebene am Meer, um der wohl berühmtesten Lakritze-Fabrik Amarelli einen Besuch abzustatten, die vor allem durch ihre lustigen Blechdosen bekannt geworden ist. Im dazugehörigen Museum werden wir mit der Herstellung aus den Wurzeln des Süßholzes, mit der antibakteriellen Wirkweise und den verschiedenen Geschmacksrichtungen vertraut gemacht. Aber auch auf die Gefahren vor allem für Menschen mit hohem Blutdruck weist die Museumsführerin hin. Vielleicht auch deshalb hält sich die Kauflust der Gruppe in Grenzen.
Dann machen wir uns auf, vorbei an den antiken Stätten der griechischen Kolonie Sybaris, deren Bewohner so luxuriös und prunksüchtig lebten, dass sie es in den Duden geschafft haben, zu unserem nächsten Hotel, welches unglücklicherweise direkt an der Bahnlinie liegt. Dies führt trotz gutem Abendessen und außerordentlich herzlicher Betreuung zu einigen Unstimmigkeiten.

Am Morgen nehmen wir, schon wieder mit gepackten Koffern, die Fahrt nach Matera in Angriff, dem ersten ganz großen Höhepunkt unserer Reise. Diese Stadt, seit 1993 Unesco-Weltkulturerbe und 2019 europäische Kulturhauptstadt, liegt auf einer Karsthochfläche, in das Flüsse tiefe Schluchten in das weiche Gestein gegraben haben. An diesen Abhängen haben Menschen zu allen Zeiten unzählige Wohnhöhlen gegraben. Vor allem in der byzantinischen Zeit wurden diese Behausungen von basilianischen Mönchen bevölkert, deren Klausen und Kirchen noch heute bewundert werden können.
In jüngerer Zeit wurden diese Höhlensiedlungen nur noch von sehr armen Bevölkerungsschichten bewohnt, während sich auf der Hochfläche, dem Piano, die Bessergestellten aufhielten. Dies führte vor und nach dem Zweiten Weltkrieg zu unhaltbaren Zuständen, die der in den dreissiger Jahren hierher verbannte Schriftsteller Carlo Levi in seinem Buch "Christus kam nur bis Eboli" eindrucksvoll geschildert hat. Danach wurde diese archaisch anmutende Höhlenlandschaft, die sich zu beiden Seiten der Civita, ausbreitet, zum Schauplatz vieler Filme wie beispiesweise Mel Gibsons Film "Passion" und auch der aktuelle James-Bond-Film hat hier seinen Anfang.
Mit unserer örtlichen Reiseleiterin Carmelita erkunden wir dieses unfassbare Höhlengewirr, steigen immer tiefer in die Mini-Häuserschluchten hinab und landen am Schluss in der Felsenkirche Santa Lucia alle Malve, deren gut erhaltenen, farbenfrohen Freskenmalereien sie uns eindrücklich erklärt.
Da es heute Sonntag ist und auch das Wetter sich von seiner besten Seite zeigt, wird diese Traumstadt allerdings von Besucher geradezu geflutet.
Dies behindert die Suche nach freien Restaurantsplätzen ungemein, sodass sich die Gruppe dem Vorschlag eines Mitreisenden anschließt, einen Essensplatz außerhalb der Stadt zu suchen. Dieser gut gemeinte Hinweis entpuppt sich allerdings als schwierig, weil mehrfach angesteuerte Tavernen und Agriturimo-Einrichtungen sonntags geschlossen haben , sodass wir zu guter Letzt mit einem Tankstellen-Imbiss vorlieb nehmen müssen.
Spätestens als wir in unser nächstes Hotel kommen, hebt sich die Laune wieder merklich, weil diese Unterkunft einen schönen eigenen Strand besitzt, den fast alle aus der Gruppe zu einem erfrischenden Bad im türkisblauen Meer nutzen, ehe wir ein hervorragendes Abendessen genießen.

Heute wollen wir einem Ort einen Besuch abstatten, dessen komplettes Stadtbild von nur einem ganz bestimmten Baustil geprägt ist. Wir fahren nach Lecce, dessen Altstadt vollständig mittels der dort entwickelten Sonderform des Barock gestaltet ist, die sich durch besonders opulente Fassaden und plastische Dekorationen auszeichnet. Fast bei jedem Haus kann uns Silvia, unsere örtliche Reiseleiterin, auf diese überbordende Formenschau hinweisen, die unglaublich filigran und überhaupt nicht kitschig wirkt. Den absoluten Höhepunkt stellt die ganz frisch renovierte Fassade der Basilika San Croce dar, die hell leuchtend eine unglaublich große Anzahl von lieblich wirkenden Figuren, geschwungenen Bauelementen und ziselierten Schmuckgirlanden aufweist und dadurch fast unecht und kurios, aber eben doch bezaubernd wirkt . Aber auch der Dom mit seinem Prunkportal und die großzügige Gestaltung des sich anschließenden Platzes lassen uns nicht aus dem Staunen herauskommen. Auf dem Domplatz erläutert uns Silvia in einem Geschäft die berühmte Kunstfertigkeit in der Stadt, die Cartapesta. Dabei werden grobgefertigte Strohpuppen mittels Draht und Pappmaschee zu wunderbaren Skulpturen geformt, die reihenweise in den Leccer Kirchen und Klöstern stehen.
Neben diesen überaus zahlreichen Barockbauten wartet Lecce aber auch noch mit zwei römischen Zeugnissen auf, Allerdings kann weder das antike Theater noch die große Arena, Schauplatz von Gladiatorenkämpfen und Seeschlachten, vollständig ausgegraben werden, weil ebenso wichtige darübergebaute Monumente das verhindern. Komplett kann aus dieser Zeit nur eine Säule aus Brindisi betrachtet werden, die als Endpunkt der berühmten Via Appia gedient hat und auf verschlungenen Wegen nach Lecce gelangt ist.
Nach einer individuellen Mittagspause in dieser schönen Altstadt begeben wir uns zur Küste des Stiefelabsatzes, nach Porto Cesareo. Hier, an diesem von exzellenten Badestränden gesäumten Ort wollen wir uns von der Vielzahl der kulturellen Objekte des Vormittags etwas erholen. Bei herrlich frischer Seebrise und bestem Wetter verteilt sich die Gruppe auf Promenade, Hotelhalbinsel, kleine kitschige Chisetta della Madonna und trutzige Wehrtürme aus dem 16.Jahrhundert.
Da wir noch ausreichend Zeit haben, entschließt sich der EBERHARDT-Reiseleiter zu einem zusätzlichen Programmpunkt: Nur wenige Kilometer von der Weinhauptstadt Manduria entfernt wollen wir dieser einen Besuch abstatten und in der Cantina sociale di vino, einem Zusammenschluss von über 400 Winzerbetrieben, an einer Weinprobe teilnehmen. Mit Überredungskunst können wir tätsächlich vier wirklich gute Tropfen probieren und die in Italienisch gehaltenen Anmerkungen in Deutsch wiedergeben. Wohl dem begrenzten Platz im Koffer wegen wird allerdings wenig gekauft.
Zum Abschluss des Tages schaffen wir es noch, über 40 km an der Küste entlang zum Hotel zu fahren, wobei die dem Horizont immer näher kommende Sonne das Meer in glutrote Farben taucht.

Wieder mit unsern Koffern reisen wir nach einem guten Frühstück ins Valle d'Itria, welches ein weiteres UNESCO-Weltkulturerbe für uns bereithält. Schon auf der Fahrt über Martina Franca und Locorotondo sehen wir viele einzelne komisch aussehende kleine Häuser mit spitzen Dächern und weiß aufgemalten Zeichen, die sogenannten Trulli. Als wir dann nach Alberobello kommen und unsere örtliche Reioseleiterin Valeria treffen, entdecken wir eine unglaublich große Ansammlung dieser den Hobbit-Filmen entsprungener Steinbehausungen. Valeria erklärt uns, dass für diese ohne Mörtel gebauten und mit wenigen Handgriffen zum Einsturz bringbaren Hütten im 17. und 18. Jahrhundert keine Steuern gezahlt werden mussten und sich die vielen Häuser nur durch die Kalkzeichen auf den Dächern voneinander unterschieden, die allerdings deutlich auf die unterschiedliche Herkunft und Religion der jeweiligen Bewohner hinwiesen, während die Schlusssteine, die Pinnacoli, den bösen Blick abwenden, gegen die bösen Geister helfen sollten. Beim Gang durch die Stadt können wir einzelne Trulli von innen besichtigen, erfahren beim "Trullo siamese", dass sich zwei Brüder um eine Frau zerstritten, und statten auch der Trullo- Kirche hoch oben auf dem Berg einen Besuch ab. Nach diesem kräftezehrenden Rundgang genießen wir in den verschiedenen Tavernen ein stärkendes Mittagessen, das uns befähigt, am Nachmittag das spektakulär gelegen Küstenort Polignano a Mare zu erkunden.
Von einer Brücke aus können wir die atemberaubende Lage der Altstadt auf einem steil abfallenden Felsen gut erkennen. Valeria erzählt uns, dass hier der Extrem-Wasserspringer-Weltcup Halt macht und Wettkämpfe von einer Plattform am Stadtfelsen stattfinden, die sich 27 m über dem Meer befindet. Von einer anderen Stelle aus können wir erkennen, dass das Meer diesen Stadtfelsen unterhöhlt, dass so zwar eine bizarre Grotte geschaffen wurde, in der ein Edelrestaurant Einzug gehalten hat, dadurch aber auch die Gefahr besteht, dass Teile der Altstadt durch einen Felsabbruch ins Meer stürzen. Bevor wir durch das alte Tor in die Altstadt vordringen, statten wir dem großen Sohn des Ortes, dem Schlagersänger Domenico Modugno, einen Besuch ab, dessen Welthit "Volare" einst den europäischen Gesangswettbewerb gewonnen hat. An seinem Denkmal singt aber nur der EBERHARDT-Reiseleiter. In der Altstadt treffen wir dann auf das alte Rathaus, den Sedile, und die kleine gemütliche Piazza Vittorio Emanuele, die von der Kirche Santa Maria Assunta mit seinem schlanken Campanile begrenzt wird. Das Highlight des Städtchens sind allerdings die beiden aufregenden Aussichtsterrassen, die einen herrlichen Blick auf das tief unten liegende Meer zulassen.
Am Abend erreichen wir dann unser neues Domizil, den Hotelkomplex La Chiusa di Chietri.

Mit Claudia, unserer heutigen örtlichen Reiseleiterin mit dem lustigen Schweizer Akzent, wollen wir die Hauptstadt von Apulien, das schöe Bari besuchen. Nach einer ersten Orientierung am Lungomare, die das sichere eigenständige Zurückfinden garantieren soll, erreichen wir schnell eine der Hauptsehenswürdigkeiten, die Basilika des Heiligen Nikolaus, einen der am meisten verehrten Heiligen im Mittelalter. Ausgewiesen als Rettung der von Muslimen bedrohten Gebeine des Hlg. Nikolaus raubten Kaufleute aus Bari im 11. Jahrhundert die sterblichen Reste aus Myra in der heutigen Türkei und machten ihre Stadt so zu einer einträglichen Pilgerstätte. Die Basilika, in deren Krypta die bedeutenden Reliquien ihren Platz fanden, wurde in einen ehemaligen langobardischen Palast integriert und auch die beiden quadratischen, unfertig wirkenden Türme erzeugen wenig Flair von einer religiösen Weihestätte. Lediglich die Fassade mit ihren drei Portalen lässt auf ein Gotteshaus schließen, wenn auch die beiden säulentragenden Stiere, deren tiefe Löcher in ihren Köpfen auf verlorengegangene Hörner hinweisen, für eine normannische Kirche ungewohnt wirken. Mit unserem Besuch stören wir zwar eine Hochzeit, können aber das Innere der Basilika mit ihrem wunderbaren Altar-Ziborium und dem Bischofsthron aus dem 12. Jahrhundert bestaunen. Ein besonderes Erlebnis beschert uns Claudia aber mit dem Gang in die Krypta, in der die Gebeine des Heiligen Nikolaus aufbewahrt werden. Hier unten haben die Geistlichen und Gläubigen aus der orthodoxen Ostkirche ihren Platz, welcher durch die vielen ganz unterschiedlichen Säulen mit ihren erlesenen Figurenkapitellen herrlich ausgeschmückt ist.
Im Anschluss schlendern wir durch schmale Gassen zur Kathedrale San Sabino, die ein Abbild von San Nikola zu sein scheint. Von Claudia erfahren wir, dass diese Kirche durch eine normannische Strafaktion im 12. Jahrhundert zerstört und wirklich nach dem Vorbild der großen Basilika-Schwester wiederaufgebaut und mit einem fast identischen Altar-Ziborium versehen wurde. Nur die schöne, inzwischen renovierte Fensterrosette in der Hauptfassade stellt eine Abweichung dar.
Vorbei am Kastell spazieren wir durch die Pasta-Strasse, in der geschäftstüchtige Frauen aus Bari ihre Nudeln fertigen und zum Verkauf anbieten, und zerstreuen uns dann in der quirligen Stadt, um zu einem guten Mittagessen zu kommen.
Für den Nachmittag haben wir uns ein kleineres Städchen am Meer vorgenommen, Monopoli, übersetzt die einzig wahre Stadt. Auch hier gönnt uns Claudia einen abwechslungsreichen Spaziergang, der an der großen Piazza beginnt , dann am Hafenkastell vorbeifürt und schließlich an der barock gestalteten Kathedrale endet. Bei Kaffee mit Kuchen, beim Eis oder auch schon bei einem Bier lassen wir den schönen Ausflugstag ausklingen.

Nach dem Auschecken aus unserem weiläufigen Landhotel begeben wir uns mit unserem kleinen Bonfitto-Bus zu einem weiteren Höhepunkt der Reise, dem legendären Castel del Monte. Schon von Weitem können wir die Krone Apuliens erkennen, wirklich ein kronenhaftes Gebilde auf der Spitze eines Berges. Am Busparkplatz treffen wir auf Annalisa, unsere Burgführerin, mit der wir uns per Shuttle-Bus dem rätselhaften achteckigen Schloss mit acht achteckigen Türmen nähern.Diese Burg wurde vom wichtigsten und am meisten bewunderten Herrscher des Mittelalters Friedrich II. errichtet und lässt viele Fragen offen. Sie besitzt keinerlei Verteidigungsanlagen wie Graben, Zugbrücke oder Schießscharten und auch Mannschaftsquartiere und Stallungen fehlen völlig. Wahrscheinlich wollte sich der Stauferkaiser, der "Stupor mundi", mit wenigen Getreuen hierher zurückziehen, worauf die vielen Annehmlichkeiten im Innern des Schlosses schließen lassen. Ausgeklügelte Belüftungssysteme, Kamine in mehreren Zimmern und Bäder und Toiletten mit fließendem Wasser deuten auf einen für die damalige Zeit enormen Luxus hin. Auch ohne die ursprüngliche Bemalung bringt die durchgängige Verzierung mit rotem Korallenschotter, der breccia rossa, die Räumen zum Leuchten, wie überhaupt der Lichteinfall zur WInter- und Sommerwende astronomischen Regeln folgt. Wirklich ein geheimnisvolles Wunder, dieses zum Unesco-Weltkulturerbe erhobene Monument.
Im Restaurant am Busparkplatz können wir uns stärken , ehe wir uns ins nördlichste Gebiet unserer Reise aufmachen, in den Gargano, den Sporn des italienischen Stiefels. Vorbei an den 20 km langen Salinen von Margherita di Savoia, die 50% des italienischen Salzbedarfes decken und in denen wir Schwärme von rosafarbenen Flamingos sehen , kämpfen wir uns durch die abenteuerliche, kurvenreiche Strecke
an der Küste entlang zu unserem letzten Übernachtungsziel in Vieste, mehrmals unterbrochen von Fotostopps mit atemberaubenden Ausblicken.

Leider hat sich das Wetter in großem Maße verschlechtert, sodass bei dem damit einhergehenden sehr starken Wellengang nicht an eine Bootsfahrt zu denken ist und wir froh sind, unseren letzten Besichtigungstag vorziehen zu können. Mit Rosaria, unserer örtlichen Reiseleiterin, besuchen wir zwei überaus von Pilgern frequentierte Wallfahrtsorte, die nahe beieinander im Gargano liegen. Zunächst geht es nach San Giovanni Rotondo, in dem der legendäre Padre Pio seine Wirkungsstätte hatte und das nun zum Ort glühender Verehrung geworden ist, den wir mittels eines Shuttle-Buses ansteuern. In der vom Stararchitekten Renzo Piano entworfenen riesigen Wallfahrtskirche finden 7000 Gläubige Platz. Der Grundriss des Sakralbaues ist muschelförmig, und innen spannen sich bis zu 50 m lange Bögen aus Steinquadern bis hin zum Altar, der aus einem Lavafelsbrocken vom Ätna geschaffen wurde. Im Untergeschoss, dessen Weg dorthin von unzähligen Mosaiken verschönert wird, befindet sich die völlig in Gold gehaltene Krypta mit dem gläsernen Sarkophag des Heiligen, der von einer vorbeidefilierenden Menge permanent berührt und geküsst wird. Wahrlich ein faszinierendes, aber auch leicht verstörendes Bild.
Dann machen wir uns zum zweiten Wallfahrtsort in dieser Gegend auf, der eine ungleich längere Tradition hat. Bereits seit dem 6. Jahrhundert wurde das Heiligtum des Erzengel Michael von zahllosen Pilgern, darunter vielen gekrönten Häuptern besucht und bis heute kann sich Monte Sant' Angelo neben San Giovanni behaupten.
Oben auf dem 800 m hohen Berg parken wir neben dem bewachsenen Kastell und machen, da die Wallfahrtskirche noch geschlossen ist, einen Stadtrundgang, der manchem Teilnehmer auf die Dauer aber zu steil erscheint, sodass sie sich früher zum Mittagessen verabschieden. Die anderen schaffen es bis ins Rione hinunter und können sich an der sehr eigenwilligen Architektur der zusammengebauten Wohnhäuser erfreuen. Beim Wiederaufstieg bieten sich ihnen herrlichen Ausblicken in die weitläufige Ebene des Tavoliere und bis zum Meer, ehe auch sie sich in einer heimeligen Taverne dem Essen widmen können.
Dann aber geht es zu diesem superlativen Ort der Weltgeschichte, der seinen Ursprung in der Grotte hatte, die wir erst später besuchen. Zunächst betreten wir das Heiligtum durch eines der beiden Portale, um dann eine breite Steintreppe hinunterzugehen und zu einem weiteren Tor zu kommen, das mit einer uralten Bronzetür aus dem 11.Jahrhundert geschlossen werden kann. Über eine Vorkirche gelangen wir schließlich in die Grottenkirche, die mit verschiedenen Altären und einem Königsthron bestückt ist. Hinten in einer Höhlennische befindet sich eine Michael-Statue aus weißem Carrara-Marmor, die einen recht zarten, gelockten Jüngling wiedergibt. Dennoch ist dies für uns ein magischer Ort, zumal der Erzengel ja der Schutzpatron der Deutschen ist.
Dann wird es Zeit, sich in den einzigen großen Wald Süditaliens, den Foresta Umbra, zu begeben. Hier ist eine Wanderung zu einem kleinen See geplant, die aber dem einsetzenden Regen zum Opfer fällt. So schlängeln wir uns durch zahllose Kurven zurück zu unserem Hotel.

Der letzte Tag unserer Reise steht den Gästen zur freien Verfügung, was angesichts des sehr schlechten Wetters nicht gelungen erscheint. Zur vom EBERHARDT-Reiseleiter angebotenen Stadtführung in Vieste kommen nur wenige mit, da das Flanieren in dem Badeort im Regen wenig Freude bereitet. Trotzdem treffen sich einige in den verschieden Cafes, erledigen Einkäufe einheimischer Produkte und schreiben die letzten Ansichtskarten.
Am Abend geht es dann zum großen Abschiedsessen auf einem Trabucco, einer großen Fischfangmaschine auf langen Stelzen und mit riesigen Auslegern. Unser Fahrer Enzo gibt vor allem auf den letzten Metern alles, um den steil zum Meer hinunter führenden Weg zu "Da Mimi" zu bezwingen. Da das Wetter noch kälter und stürmischer geworden ist, können wir nicht im Freien am Meer sitzen, sondern müssen mit einem Saal Vorlieb nehmen, der sich allerdings als recht gemütlich erweist. Und da das Essen sehr gut schmeckt und die Getränke aufs Haus gehen, wird es ein schöner Abend.

Früh um 6 Uhr machen wir uns, ausgestattet mit einem Lunch-Paket, auf den Weg zum Flughafen nach Bari. Trotz einer Abkürzung über ziemlich schlechte Strassen benötigen wir fast drei Stunden, um unser Ziel zu erreichen. Doch dann geht alles sehr schnell. Ein gemeinsamer letzter Kaffee im Airport, ab durch die Sicherheitskontrolle, dann zum Gate und schließlich in den Flieger, der uns sicher nach Frankfurt bringt. Nach einer allgemeinen Verabschiedung trennen sich dort unsere Wege und jeder geht mit seinen vielen Reiseeindrücken seinem Zuhause entgegen.

Schlusswort

Liebe Gäste, liebe EBERHARDT-Reisefreunde - ich möchte mich bei Ihnen allen für die intensiven, interessanten und unterhaltsamen Tage herzlich bedanken. Es hat mir Spaß gemacht, Ihnen diese herrliche Region etwas näher zu bringen und Ihnen ein bisschen Ferienstimmung zu vermitteln. Bedanken will ich mich auch für viele angenehme Gespräche.
Bleiben Sie gesund und freuen Sie sich auf die nächste Reise, vielleicht wieder mit EBERHARDT Travel und vielleicht auch mal wieder mit mir. Ich wünsche Ihnen alles Gute!

Ihr Ekkehard Villing

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