Reisebericht: Rundreise Jersey und Guernsey – Kanalinseln entdecken

01.08. – 08.08.2015, 8 Tage Flugreise zu den Kanalinseln: Jersey – Guernsey – Sark (fakultativ) – St. Helier in kleiner Reisegruppe


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Schon vor der Reise merkt man es: Dieses Reiseziel ist ein ganz besonderes. Die fragenden Blicke der Mitmenschen demonstrieren, welch unbekanntes Kleinod die Kanalinseln und allen voran Jersey sind.
Ein Reisebericht von
Laura Schwanitz

Ankunft – Wo sind wir hier gelandet?

Nicht nach Frankreich geht es - und schon gar nicht in die USA, als sich die Gruppe am Münchner Flughafen zusammenfindet. Mit überschaubaren 15 Mann steigen wir in das Flugzeug auf die Inseln, die zwar deutlich näher an Frankreich - nämlich bei gutem Wetter in Sichtweite - als an Großbritannien liegen, aber seit dem 17. Jahrhundert zu letzterem gehören.
Gut angekommen, nahm uns gleich Heidi in ihre Fittiche und brachte uns zu unserem Hotel. Das lag direkt am Meer und nicht weit vom Zentrum St. Heliers entfernt. Das erkundeten wir auch gleich am Abend, nachdem wir von einem köstlichen und kunstvoll angerichteten 3-Gänge-Menü verzaubert wurden. Die Innenstadt überzeugt mit abwechslungsreichen Erkern und Giebeln, Holzfassaden und Blumenbeeten. Hier würden wir es aushalten - mit dieser Überzeugung war es dann aber auch Zeit für die Nachtruhe.

Zweiter Tag – Nachbarinsel Sark

Anstelle eines Hahns weckten uns auf Jersey allmorgendlich die Möwen. Nach einem üppigen britischen Frühstück ging es heute mit der Fähre direkt auf die Nachbarinsel Sark. So ganz stimmt das mit der Zugehörigkeit der Kanalinseln zu Großbritannien auch nicht, wie wir schon bald lernen, denn jede der größeren Inseln hat ihr eigenes Parlament, die eigene Flagge und die eigene Währung. So ist Sark selbst direkt dem britischen Königshaus unterstellt. Ihr Stellvertreter, der Seigneur, lebt auf Sark - in der Seigneurie, deren Garten wir bestaunen durften. Bei schönstem Sommerwetter mussten wir wegen der Gezeiten aber schnell weiterziehen. Wir wollten noch viel entdecken, bevor die Fähre wieder ablegen würde. Da auf Sark keine Autos erlaubt sind, würden wir zu Fuß gehen. Und so wanderten wir vorbei an Grundschule (ab dem 4. Lebensjahr herrscht Schulpflicht, für die Oberstufe müssen die Schüler dann aber täglich mit der Fähre auf die Nachbarinsel Guernsey fahren) und Arzt (und Tierarzt in einem, mit einem eigens konstruierten Traktor-Anhänger), an Parlament und Feuerwehr vorbei und lernten die Geschichte der Insel bei einem Besuch in der Kirche kennen. Dort hängen Stickereien, die von wichtigen Ereignissen erzählen. Nach einer kleinen Stärkung wanderten wir entlang der Küste zu La Coupee, einem schmalen Grad zwischen Sark und Little Sark, der uns einen herrlichen Ausblick erlaubte. Zurück ins Dorf liefen wir auf einer geraden Strecke, die auch von Kutschen genutzt wird. Nach einer kurzen Pause war es dann auch schon Zeit für die Fähre zurück zur Hauptinsel Jersey. Erneut vom guten Essen im Hotel beeindruckt, zog es uns anschließend vors Hotel, wo wir erstmalig den Höchststand der Flut sahen.

Dritter Tag – Jersey stellt sich vor

Entgegen dem Uhrzeigersinn starteten wir heute wieder bei strahlendem Sonnenschein zu unserer Inselrundfahrt. Nach keiner halben Stunde Fahrt sahen wir die wohl schönste Burg der Insel: Das Mont Orgueil Castle thront über einer kleinen Hafenstadt und ist wohl des Abends herrlich beleuchtet. Während der Fahrt entlang der Küste erzählte uns Reiseleiterin Heidi viel vom Leben und der Geschichte der Insel. Gleichzeitig bestaunten wir die Vielseitigkeit der einzelnen Buchten: St. Catherines Bay, Rozel Bay, Bouley Bay und die Bonne Nuit Bay. Waren wir in Großbritannien oder doch in der Karibik? Bei manchen Buchten hätte man das nicht mehr genau sagen können. Wir sahen einen Steinbruch, der ganz pragmatisch gleichzeitig als Motocross-Bahn genutzt wird, und genossen unser Lunch in der Bucht von Greve de Lecq. Hier zog leider der Himmel zu, aber wer konnte ahnen, dass der Wind und der graue Himmel für den folgenden Stopp unabdingbar waren? Am Nordwestlichsten Punkt stand einmal eine Burg, die Grosnez Burg. Dort wachsen keine Obstbäume und keine Palmen, sondern lilablühende Heide und Sträucher. Die Landschaft war plötzlich rau und nordisch geworden, das Meer schäumte an den Steilklippen und der Himmel verhieß nichts Gutes. Hier passten die Wolken natürlich perfekt hin. Die Burg war, als man sie nicht mehr benötigte, ebenfalls ganz pragmatisch, abgetragen worden. Außer dem Eingang verrät nur wenig von ihrer Existenz.
Von hier aus fuhren wir weiter gen Süden, entlang der St. Ouen´s Bay bis hin zum Leuchtturm von La Cobiere. Der ist nur bei Ebbe erreichbar, gibt aber bei allen Gezeiten ein fantastisches Postkarten- bzw. Fotomotiv ab. Gesagt, getan - und weitergezogen. Nach einem Stopp bei der Fisherman´s Chapel mit Fresken und Muschelverzierung und angehörigem Friedhof mit Meerblick fuhren wir weiter in die beliebte St. Brelade´s Bay. Obwohl wir wieder im sanften Süden Jerseys angekommen waren, wollte das trübe Wetter nicht von uns lassen. Daher mussten wir auf einen ausgiebigen Spaziergang am Strand verzichten und ließen uns von Heidi zurück nach St. Helier fahren. Nur ganz Neugierige stiegen nun bei strömendem Regen aus, der Rest wartete lieber noch besseres Wetter ab, bevor die Erkundungen weiter gingen. Das Abendessen fand diesmal nicht im Hotel, sondern in einem Fischrestaurant statt. Auf der Speisekarte standen neben überbackenen Austern auch Jakobsmuscheln, Lachs und das für Großbritannien unabdingbare Fish & Chips. Zum gemütlichen Abendausklang probierten wir einen ruhigen Pub nahe des Hotels aus.

Eine Insel, wie sie uns gefällt

Heute war Freizeit angesagt, und jeder hatte schon seine Idee, was man machen konnte. Die einen schauten sich Bunkeranlagen, die anderen die Stadt und wieder andere den Strand genauer an. Eine kleine Gruppe fuhr mit der traditionellen Le Petite Train bis nach St. Aubin, von wo ein gemütlicher Spaziergang mit Stopp im familienfreundlichen Coronation Park (mit Pool und weitläufigem Kinderspielplatz) und der St. Matthews Kirche. Letztere ist auch unter ihrem Spitznamen Glaskirche bekannt, deren schlichtes Interieur hauptsächlich von Glaselementen im Jugendstil geprägt ist.
Weiter schlenderten wir bis zum Elisabeth Castle, wo wir gerade rechtzeitig für den Fußweg zur Burg ankamen. Mehr spaßige Schlitterpartie denn Weg, war das einer der Höhepunkte des Tages. Dachten wir jedenfalls genau so lange, wie wir den organisiert marschierenden Männertrupp, angeleitet vom Burgkommandanten, noch nicht gesehen hatte. Einmal täglich werden die Männer vom Kommandanten im Marschieren und Exerzieren ausgebildet, bevor es ans Abfeuern der Kanone geht. Das Elisabeth Castle selbst faszinierte, weil es Zeugnis aus vielen Jahrhunderten Militärgeschichte ist.
Nun war es aber auch Zeit für den Rückweg. Beim Abendessen hörten wir von den Erlebnissen der anderen Reisegäste: Burganlagen, Stadt und Museum sowie Strand wurden auch sehr empfohlen.

Jetzt wird's bunt – Gartentour auf Jersey

Das weichste Gras, vielleicht der Welt, befindet sich in einem Garten auf Jersey. Genauer in Grey Gables, einem Privatanwesen mit einer beeindruckenden Vielfalt von Zier- und Nutzpflanzen, die geschmackvoll um das verwinktelte Haus stehen. Genau so stellt man sich auf-den-Wolken-Laufen vor: Weich, ein wenig kühl und abfedernd.
Nicht das Gras, sondern die vielen runden Beete und verschiedenste hochgewachsene Bäume sind im zweiten Garten unserer Tour im Gedächtnis geblieben. Seaside, das Anwesen, wird von einem Gärtner gepflegt - den wohl alle einmal gern ausleihen würden.
Anschließend versüßte eine kleine Überraschung der Reisegruppe den Tag: Es gab originalen Cream Tea mit Scones und Marmelade!
Genügend gestärkt, konnten wir nun die Farben- und Formenpracht in der Eric Young Orchid Foundation bewundern. Diese abwechslungsreiche Pflanzenart versetzte in allgemeines Staunen.
Mehr Blumen kann man gar nicht an einem Tag wahrnehmen, deswegen fuhr Heidi uns zurück ins Hotel oder in die Stadt.
Nach einem wiederum absolut köstlichen Abendessen lauschten wir der Live-Musik in der hoteleigenen Bar.

Dieses Wetter muss man genießen – zweiter freier Tag auf Jersey

Auch wenn es am Morgen ganz und gar nicht danach aussah: Heute war herrliches Sommerwetter vorausgesagt worden. Während die einen an diesem Tag für einen Besuch im Zoo, die anderen für eine ausgiebige Küstenwanderung und die nächsten für eine Inseltour ins Landesinnere zu begeistern waren, zog es eine kleine Gruppe ans Ganggrab La Hogue Bie. Dort konnten wir erst in einem Museum etwas über die Eiszeit und über die Geschichte der Stätte lernen, anschließend, chronologisch gesehen, erst in das Ganggrab, dann die darüber gebaute Kirche bewundern und direkt danach in den von den Nazis gebauten Bunker gehen. Kaum ein anderer Ort kann so konzentriert die Geschichte Jerseys wiedergeben.
Das Wetter lockte zur Wanderung an die Ostküste der Insel, also liefen wir los... schnurstracks in die falsche Richtung. Glücklicherweise konnte uns alsbald ein Anwohner weiterhelfen, und nun konnten wir das schöne Landesinnere und die grünen Alleen, die Green Lanes, bestaunen. Die bestanden zu großem Teil aus Obstbäumen, sodass wir sie kurzerhand in Obstbaumtunnel umbenannten.
An der Ostküste wartete ein Postkartenblick auf das Mont Orgueil Castle auf uns, wie es über dem kleinen Ort thront. Am Weg lag außerdem ein weiterer Dolmen auf uns: La Faldouet. Direkt am Meer zogen wir weiter zum Castle und von hier aus zum Hafen nach Gorey. Der Bus brachte die Gruppe wieder zurück zum Hotel, wo sich alle wieder über die vielen Erlebnisse und Eindrücke austauschten.

Inselvariation – Guernsey

Wie sieht es denn eigentlich auf der zweitgrößten Insel aus? Zeitig setzten wir mit der Fähre über, wo Kai-Uwe auf uns wartete. Er zeigte uns nicht nur die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Insel, sondern erzählte auch viel vom Alltagsleben und so manche Pointe vom Inseltratsch. Auf Guernsey sahen wir die kleinste Kirche der Welt, die tatsächlich nicht nur sehr klein ist, sondern in der es mächtig gescherbelt hat. Von außen und innen zieren diese Kirchen Scherbenmosaike aus Porzellan, die dem kleinen Gebäude einen einmaligen Charakter verleihen.
Auf der weiteren Inselrundfahrt sahen wir auch auf Guernsey die Zeugnisse der deutschen Besatzung, besonders eindrucksvoll am Fort Hommet, wo die historische Festung mit den Verteidigungsanlagen des 20. Jahrhunderts verschmolzen war.
St. Peter Port präsentierte sich als kleine und lebhafte Hauptstadt mit Charakter. Charmante Läden und kleine Cafés luden uns geradezu ein, hier auf Entdeckungstour zu gehen. Gern hätten wir mehr von der verwinkelten Stadt gesehen, aber die Fähre sollte nicht ohne uns fahren.
Noch einmal konnten wir die Seeluft bei der sanften Rückfahrt nach Jersey genießen, bevor wir im Hotel am Meeresfrüchte-Buffet schlemmen durften. Hier konnte jeder nach Herzenslust probieren: Von frischen Austern, Garnelen, Miesmuscheln, Seeschnecken über fein gewürzten Fisch und Hummer bis hin zu leckeren Salaten und vielseitigem Nachtisch.
In der Kellerbar wartete noch eine kleine Überraschung: Bei Live-Musik schwelgten wir schon in Erinnerungen an die Reise und genossen den Abschieds-Drink.

Auf Wiedersehen, wunderschönes Jersey!

Das Flugzeug startete erst am Abend, also war definitiv noch genügend Zeit für eine weitere Entdeckungstour. Die meisten zog es nach Samares Manor, einem Anwesen mit botanischem Garten in St. Helier. Wieder bei herrlichem Wetter entdeckten wir hier an jeder Ecke Neues: thematisch sortierte Beete und einen Japanischen Garten. Wir verliefen uns im Weiden-Irrgarten und lernten von der ländlichen Geschichte im Bauern-Museum. Sogar den Hausherren sahen wir beim Mittags-Snack! Nach diesem kurzweiligen Aufenthalt mussten wir schon zum Flughafen und der lieben gelernten Insel sagen: Auf Wiedersehen, wunderschönes Jersey!

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