Wunderschöne Kanalinseln
Reisebericht: 30.08. – 06.09.2025
Es gibt kaum ein schöneres Ziel zum Wandern im englischen Königreich. Die Kanalinseln sind ein echtes Juwel, tolle Landschaften, gutes Essen, schöne Orte - am besten erkundet man die Vielfalt zu Fuß!
Ein Reisebericht von
Felicitas Bachmann
Vom Regen in die Traufe – feuchter Start in Jersey
Jersey ist meine ganz persönliche Lieblingsinsel, aber am ersten Abend fällt es noch etwas schwer, das auch zu vermitteln. Die Air Dolomiti Maschine hat - wie üblich - Verspätung und unsere Reisegruppe landet bei strömendem Regen erst gegen 17.25 Uhr auf dem kleinen Flughafen. Das Gepäck trieft, als wir es vom Band nehmen. Aber immerhin haben wir was in der Hand, das gilt nicht für alle. Ein Ehepaar wartet vergeblich auf den 2. Koffer (der kommt auch bis zum Ende der Reise nicht). Aber glücklicherweise, haben sie ihre zwei Koffer gemeinsam gepackt, so dass für jeden etwas dabei ist.
WIr verladen das Gepäck und machen uns mit dem Bus auf den kurzen Weg zum Hotel. Ich versuche zu erklären, was man gerade draußen sieht, aber die Scheiben sind viel zu beschlagen. Am Hotel angekommen, helfen uns die freundlichen Angestellten mit dem Gepäck und das Einchecken geht rasch. Nun gilt es nur noch, sich den Weg vom und zum Zimmer zu merken, denn das Ommaroo ist ein wunderschönes Hotel mit toller Lage direkt am Strand und Meeresschwimmbecken, aber es ist auch englisch verwinkelt und plüschig.
Wir treffen uns zum ersten gemeinsamen Abendessen im Restaurant. Auf einem Tischchen stehen die Menükarten bereit und jeder plaziert seine Auswahl vor sich, so wissen die Kellner mit schnellem Blick, wer Muscheln, Suppe oder Salat zur Vorspeise bekommt. Dann gibt’s noch Hauptgang und köstlichen Nachttisch und wir glauben alle an besseres Wetter für morgen.
Einige gehen noch mutig mit zum Kiosk an der Ecke, das gleich in „Tante Emma Laden“ umgetauft wird. Hier gibt es alles, was der Tourist braucht, von Getränken über Baseballkäppis, für die, die eine Kopfbedeckung vergessen haben und die Black Butter, das Nummer 1 Mitbringsel von den Kanalinseln. Übrigens keine Butter, sondern ein süßer Aufstrich aus Äpfeln, Zucker , Gewürzen und Lakritz. Köstlich auf Brot oder zu Käse.
Da der kleine Laden nur ungefähr 200 m entfernt ist, sind wir mutig ohne Jacke los gelaufen. Das war ein Fehler, es fängt an, wie aus Kübeln zu regnen und bis zum Hotel sind wir so nass, dass wir auf die abendliche Dusche gut verzichten könnnen.
Sonniger Start – von Leuchtturm bis Baden im Meer
Am nächsten Morgen erwartet uns blauer Himmel und ein leichter Wind, davon werden wir noch öfter hören. Wir finden es gar nicht so stürmisch, aber das Fährunternehmen hat mal gleich die Tour nach Sark abgesagt. Also heißt es Wanderschuhe schnüren und auf zu einer der Sehenswürdigkeiten Jerseys, dem Cobiere Lighthouse.
Auf der Busfahrt erklärt uns unser Wanderführer Remi alles über die Entstehungsgeschichte Jerseys und die Verwaltungsstruktur. Wir bekommen bei der kurzen Busfahrt einen ersten Eindruck von der Schönheit der Insel. Über den Strand von St. Brelade, dem mondänsten Badeort der Insel, geht es über den versteckten Perquage (Fluchtweg) zur Fischermans Kapelle. Im Mittelalter durften Verurteilte nach acht Tagen Kirchenasyl versuchen, über den Perquaque zum Wasser in ein Boot zu gelangen und von dort aus die Flucht zu ergreifen. Wer das schaffte, hatte mehr als Glück bei den vielen spitzen Felsen und der oft stürmischen See. Wir schauen noch die Fresken in der kleinen Kapelle aus dem 11. Jahrhundert an und Remi erklärt uns, dass es sich nicht um Fischer in Booten handelt, sondern um Tote in ihren Särgen, die ins Totenreich schwimmen.
Und dann geht es steil nach oben an der Rand der Klippe. Die Wanderung bietet herrliche Ausblicke auf Millionärsanwesen, einsame Buchten, die karibisch blau leuchten, auf die ersten Hinterlassenschaften, der deutschen Besatzungszeit von 1940-1945 und zum Schluss auf das einzige Gefängnis der Insel. Wer dort einsitzt, hat wenigstens eine schöne Aussicht. Die genießen wir auch ein paar hundert Meter weiter, als wir zum ersten Mal den Leuchtturm in der Ferne sehen. Bis dahin ist es aber noch ein anspruchsvoller Weg über die Ausläufer der Meerwasserentsalzungsanlage. Bei Ebbe kann man am Meeresgrund bis zum Leuchtturm laufen, aber wir haben Flut. So entscheiden wir uns, mit dem Bus zurück nach St. Helier zu fahren und nach einer Lunchpause einen ersten Eindruck der Hauptstadt zu bekommen. Zurück am Hotel trauen sich einige noch in das 19 Grad warme Meeresschwimmbecken.
Küste, Küste, Küste und viel Geschichte
Schon wieder pustet der Wind ganz ordentlich, das merken wir vor allem, als wir in L’Etacq die Klippe erklommen haben. Hier oben gibt es Geschichte pur: deutsche Geschütze aus dem 2. Weltkrieg, römische Ruinen bei Le Pinacle, einer 70 meter hohen Felsspitze, und dann noch das Grosnez Castle, eine Burganlage von 1300, wo man sich im Angriffsfalle verschanzen konnte. Wir suchen eher Zuflucht hinter einer Mauer vor dem Wind, trauen uns aber dennoch im herrlichen Torbogen ein paar Bilder zu machen. Beim Mittagsstop an der Plemont Bay genießen wir die Sonne und den blauen Himmel im windgeschützten Café. Remi organisiert noch einen Besuch bei den drei Lifeguards, die uns von ihrer wichtigen Arbeit erzählen. Und dann geht es frei nach dem Motto „nach dem Essen sollst du ruhen oder 1000 Schritte tun“ 130 Stufen von der Bucht wieder auf die Klippe und zu den Puffins. Es gibt zwar nur noch 4 echte Papageientaucherpaare auf Jersey, dafür aber diese 5 Meter hohe Skulptur. Natürlich wieder ein „Kodak-Moment“ wie Remi jede Fotopause gerne ankündigt. Entspannt geht es von dort zum Tagesziel - der Bucht von Greve de Lecq. Bei schönem Sonnenschein nutzen viele einfach noch am Strand den Blick aufs Meer oder gönnen sich eine Tasse Tee.
Und nach dem, wie immer köstlichen 3-Gänge-Menü am Abend, zieht es einige noch in den Pub.
Eine ganz besondere Kirche und quer durchs Landesinnere
Nach so viel Küste, erkunden wir heute das Inselinnere. Eddy, unser netter Busfahrer, bringt uns zur St. Matthews Church in St. Helier. Die bekannteste Inselfamilie Boot, Gründer des gleichnamigen Drogerieimperiums in Großbritannien, haben 1934 die einzigartige Glasausstattung der Kirche gespendet. Dazu beauftragten sie René Lalique, einen der besten Schmuck- und Glaskünstler des Art Decó, der auch die Parfumflakons für Boots herstellte. Wir bewundern die Kunst, sind uns aber einig, dass die Kirche sehr kalt und wenig anheimelnd wirkt. Rasch geht es noch durch den ehemals privaten Garten der Boots, der längst als Park der Öffentlichkeit zugänglich ist. Dann wandern wir auf den Greenlanes, eine Spezialität der Kanalinseln, auf denen Fußgänger, Radfahrer und Pferde Vorrang haben und man höchstens 24 Kilometer schnell unterwegs sein darf. Das Tempo können wir bergauf nicht ganz halten. Das Water-Valley (Wassertal) macht seinem Namen alle Ehre. Staubecken und Wasserläufe begleiten uns und ab und zu kommt auch von oben etwas Nass. Die St.Lawrence Church in der nächsten Gemeinde hat schon einen ganz anderen Charakter. Die schönen gestickten Sitzkissen, die man in vielen englischen Kirchen findet, haben es uns besonders angetan.
Bei schönstem Sonnenschein geht es durchs Valley Richtung Strand zurück. Aber für das Elisabeth Castle, das wir eigentlich nachmittags besuchen wollten, ist es dennoch zu windig für die Amphibienfahrzeuge, die uns rüberbringen sollen. Nun denn, dann schauen wir uns eben endlich die schöne Markthalle in St. Helier an und bummeln noch etwas durch die betriebsame Stadt.
Museum, Ganggrab und eine sehenswerte Burg
Ausnahmsweise glauben wir den Wetterapps und beschließen lieber erst mittags los zuwandern. Dafür geht es vorher in das sehr interessante Stadtmuseum. Wir kommen mit den ersten Regentropfen an und dann schüttet es eine Stunde wie aus Kübeln. Stört uns nicht, denken wir da noch, froh, im trockenen zu sein. Mit dem öffentlichen Bus geht es dann nach St. Martin und von dort durch St. Catherines Woods ans Meer. Womit wir nicht gerechnet haben: Der Starkregen hat das kleine Bächlein ordentlich anschwellen lassen und es bedarf echter Teamarbeit über die Flusssteine trockenen Fusses rüberzukommen. Aber das kleine Abenteuer macht allen Spaß. An der Kaimauer wandern wir ein bisschen wir auf einem Schwebebalken zur Lunchpause in Archirondel. Und dann folgt ein Höhepunkt nach dem anderen. Erst der Faldouet-Dolmen, ein 5000 Jahre altes Ganggrab mit einem 24 Tonnen schweren Deckstein und kurze Zeit später genießen wir das Postkartenmotiv schlechthin, den Blick auf Gorey mit seiner mächtigen Burg.
Die ist so verwinkelt wie steil, über viele Treppen erkunden wir das Innere, lernen über Ritter, treffen einen Falkner mit Bussard und sehen das berühmte 3-D-Porträt von Queen Elisabeth II. 10.000 Fotos hat Chris Levine dafür 2 Tage lang von Königen Elisabeth aufgenommen. Neben dem berühmten Foto gab es dann auch noch ein nettes „Abfallprodukt“, die Queen mit geschlossenen Augen.
Von der Burg geht es wieder über viele Stufen runter am Hafen vorbei zum öffentlichen Bus, der uns direkt bis zum Hotel bringt.
Heute geht es bergauf und bergab mit tollen Aussichten und einer schönen Belohnung
Heute geht es an die Nordküste. Die Sicht ist toll und wir können in der Ferne sogar die Normandie erkennen. Durch gerade noch blühende Heide und gelben Stechginster geht es bergauf und bergab direkt an der Küste entlang. Wird es all zu steil, helfen breite Bohlenstufen, die dank Krampen sogar rutschfest sind. Remi erzählt uns am Mahnmal für die britischen und französichen Soldaten die Geschichte der Operation Hardtack 28, die an Weihnachten 1943 die deutschen Stellungen auskundschafteten.Über eine der 3 Teeplantagen Jerseys steigen wir ab zur Bouley Bay. An Mad Mary’s Café gibt es süße und herzhafte Stärkungen und einen sonnigen Blick auf die Bucht. Nach dem Lunch müssen wir auf der anderen Seite der Bucht wieder hinauf, da hilft nichts! Und weiter geht es hoch und runter über kleine Wasserläufe, durch windschiefe Wäldchen und viel Ginster. Immer wieder bieten sich wunderschöne Ausblicke auf die Küste und die einzelnen Buchten. Um kurz vor 15 Uhr kommen wir in Rozel Harbour an und bewundern die Ebbe im Hafen. Auch wenn alle nach der langen Wanderung etwas müde sind, wollen wir noch einen kleinen Garten anschauen. Nicht ganz so freudig folgt mir die Wanderschar den nächsten Berg hoch - sie können ja nicht wissen, dass es nur zu ihrem Besten ist. Denn statt eines Garten erwartet und im Chateau la Claire eine gedeckte Tafel im Wintergarten, wo echter Creamtea serviert wird. Nein, das ist nicht Tee mit Sahne! Cream Tea besteht immer aus einem Scone, clotted Cream, Erdbeermarmelade und viel Tee mit Milch. Wer die Einzelteil richtig übereinander schichtet bekommt den wahren kulinarischen Genuss. Besser als jede Sahnetorte!
Wir genießen es! Satt und zufrieden geht es bequem mit dem Bus zurück zum Hotel für etwas Pause. Um halb sieben treffen wir uns schon wieder vor der Hoteltür und spazieren gemeinsam in die Stadt zum Admirals Pub. Wenn das Essen im Hotel auch hervorragend ist, gehört doch ein richtiger Pubbesuch mit Fish und Chips einfach zu einer solchen Reise dazu. Nur schade, dass wir morgen ganz früh raus müssen.
Ab nach Guernsey
Schon um 7.10 Uhr geht es Richtung Hafen in St. Helier. Heute wollen wir Guernsey besuchen. Die Insel ist zwar nur 20 km entfernt, aber die haben es auf der Katamaranfähre in sich. Wir werden ganz schön durchgeschüttelt und das Boot steigt und fällt mit den Wellen. Wir sind froh, als wir nach 75 Minuten Fahrt wieder festen Boden unter den Füßen haben. Mit dem Bus geht es erstmal zum nordwestlichsten Punkt mit Blick auf die Nachbarinseln Herm und Sark. Die Little Chapel muss man auch unbedingt gesehen haben. Sie gilt als kleinste Kirche der Welt und wurde von Bruder Deodat in den 1930er Jahren mehrmals aufgebaut und wieder eingerissen. Ganz beklebt mit Muscheln und Kachelscherben erinnert sie ein bisschen an das Knusperhaus von Hänsel und Gretel. Tritt man ein, ist man überrascht, wie geräumig die kleine Kirche ist.
Eine Fahrt an der flachen Nordküste Guernseys, das übrigens nur halb so groß ist wie Jersey, aber eben soviel Autos wie Einwohner hat, nämlich 61000, bringt uns in die Hauptstadt St. Pieter Port. Wir steigen am Candie Garden aus und bewundern die Victor Hugo Statue. Der französische Nationaldichter hat hier 14 Jahre lang im Exil gelebt und unter anderem „Les Miserables“ hier vollendet. Mit schönem Blick auf den Hafen, in dem heute leider auch 2 Kreuzfahrtschiffe ankern, deren Gäste die Stadt bevölkern, wandern wir runter ins quirlige Zentrum. Es bleibt noch Zeit zum Bummeln auf eigene Faust, bevor wir uns zur diesmal ruhigen Fährfahrt wieder treffen.
Heute ist Friday Feast im Hotel, das bedeutet, es gibt ein wunderbares Fischbuffet und wir kommen gerade rechtzeitig zurück, um Fotos zu machen und alles in Ruhe zu genießen.
Leider schon wieder vorbei
Bevor wir um 14.30 Uhr abgeholt werden, um wieder Richtung Heimat zu fliegen, verbringt jeder noch mal einen Vormittag ganz nach eigenen Wünschen. Entweder im schönen botanischen Garten, beim Bummeln durch die Stadt oder einfach am Strand. Eine schöne Reise geht zu Ende.
Wer jetzt Lust bekommen hat auf diese ganz besonderen Inseln, sollte sich schnell die Termine fürs nächste Jahr sichern. Als Wanderreise ist es nur zu empfehlen, so bekommt man wirklich am meisten mit von der Schönheit der Natur.