Reisebericht: Kreuzfahrt in Norwegen mit Hurtigruten

20.04. – 02.05.2023, 13 Tage Hurtigruten–Kreuzfahrt mit dem Postschiff: Bergen – Alesund – Nordkap – Kirkenes – Lofoten – Trondheim – Bergen


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Strahlender Sonnenschein, azurblauer Himmel, glitzernde Schneekappen auf den Bergen, die steil über den Fjorden aufragen. Ausgezeichnete Küche, spannende Ausflüge und eine sympathische Reisegruppe von Eberhardt TRAVEL. So schön kann das Leben sein.
Ein Reisebericht von
Sabine Letzybyll
Sabine Letzybyll

Donnerstag, 20.04.2023: Flug nach Bergen – Einschiffung auf die MS Nordnorge

Der Flug nach Norwegen startet zu einer christlichen Zeit: 12.45 Uhr. Was aber nicht für alle Gäste bedeutet, dass sie ausschlafen können. Schließlich geht der Flug ab Berlin und viele kommen aus Dresden und Umgebung. Nachdem wir uns gesucht und gefunden haben, begeben wir uns gemeinsam von Terminal 1 zu Terminal 2. Hier erfolgt die Abfertigung für die Flüge der Fluggesellschaft norwegian airline. Wir sind pünktlich, die Abfertigung beginnt allerdings erst zwei Stunden vor Abflug. So kommt es zu ein bisschen Wartezeit, die wir überbrücken und uns gegenseitig kennenlernen. Auch an der Sicherheitskontrolle heißt es wieder warten. Dann muss es schnell gehen, denn schon beginnt das Boarding. In weniger als eineinhalb Stunden erreichen wir Bergen. Ruckzuck haben wir unser Gepäck und finden auch gleich unseren Bus samt freundlichen Busfahrer. Schnell werden noch die Kabinennummern an jeden Koffer getackert und das Gepäck eingeladen. Und weiter geht es mit warten. Diesmal im gemütlichen Reisebus, denn rund um Bergen herrscht Stau. Das macht aber nichts, wir haben keine Eile. Kurz nach 16 Uhr erreichen wir das Hurtigrutenterminal. Unser Busfahrer ist so freundlich und übernimmt es, das Gepäck zum Schiff zu bringen. Wir finden die Koffer dann vor unseren Kabinen wieder. Im Terminal gibt es nur eine kleine Schlange an den Abfertigungsschaltern und bald haben alle ihre Kabinenkarten und können sich eine Etage höher zur Sicherheitsbelehrung begeben. Es gibt kostenlose Getränke, Fischsuppe und Snacks für die zukünftigen hungrigen Kreuzfahrer. Wir schauen ein Video über die Benutzung der Rettungswesten, wo diese im Notfall zu finden sind und welche Töne das Notsignal hat. Anschließend dürfen wir an Bord gehen. Ab 18 Uhr gibt es entweder Abendessen oder den Zugang zur Kabine. Die Reihenfolge kann jeder selbst bestimmen.
Am ersten Abend ist die Tischwahl im Restaurant frei und wir können uns am Buffet bedienen. Da die Schiffe der Hurtigruten regelmäßig anlegen, nutzen sie die Möglichkeit jeden Tag frische Zutaten von regionalen Erzeugern zu erwerben. Daraus zaubern sie dann täglich äußerst schmackhafte Speisen. Eine Spezialität auf dem ersten Abendbuffet ist die Bergener Fischsuppe.

Freitag, 21.04.2023: Alesund, die Jugendstilstadt

In der Nacht passieren wir die Häfen Floroe und Maloy. Für jeweils 15 Minuten hält unser Schiff an und Post, Pakete und andere Waren werden ein- und ausgeladen. Während dieser Zeit schlummern wir friedlich in unseren Betten.
Floroe ist die westlichste Stadt Norwegens. Hier leben die Menschen zum großen Teil von der Fischzucht und dem Fischfang. Wildlachs, Heringe und Makrelen finden von hier aus den Weg auf Fischmärkte in der ganzen Welt. Ende der 1960er Jahre wurde in der Nordsee Erdöl entdeckt. In dieser Zeit wurde Floroe zu einer Versorgungsbasis von Ölplattformen. Auch der Schiffbau spielt für Floroe eine wichtige und traditionelle Rolle.
Maloy ist dagegen ein wichtiger Exporthafen für Meeresfrüchte. In dieser kleinen Stadt gibt es große Anlagen zur Verarbeitung von Fisch und Schalentieren.
Nach dem Frühstück, gegen 08.20 Uhr, hält unsere MS Nordnorge in Torvik. Auch hier werden nur ein paar Waren ausgetauscht. Nach zehn Minuten setzen wir bereits unseren Weg fort. Mit ein bisschen mehr Glück hätten wir hier ein paar interessante Vögel beobachten können, denn wir befinden uns in relativer Nähe zur Insel Runde, auf der jedes Jahr bis zu 500.000 Vögel nisten. Aber es ist neblig und weit und breit kein Vogel zu sehen.
Unser Hauptziel ist heute Alesund. Von 09.25 Uhr bis 20.00 Uhr legen wir hier an. Am Vormittag unternehmen wir einen Spaziergang in das Stadtzentrum, das für seine außergewöhnlichen Jugendstilhäuser bekannt ist. 1904 gab es einen großen Stadtbrand, der fast 850 Häuser zerstörte. Ausgelöst wurde der Brand durch eine Petroleumlampe, die in einer Magarinefabrik umgefallen war. Die Häuser von Alesund waren damals aus Holz gebaut und das Feuer, das noch durch einen starken Sturm angefacht wurde, wütete 16 Stunden. Dabei verloren fast 10.000 Menschen ihren Wohnraum. Es folgte eine große internationale Hilfe unter anderem aus Deutschland. Kaiser Wilhelm II., ein großer Verehrer der nordischen Länder, schickte Schiffe mit Baumaterialien, Medikamenten und Lebensmitteln, die er mit seinem Privatvermögen finanzierte. In Europa und in Amerika hatte sich zu dieser Zeit der Jugendstil, auch Art Nouveau genannt, entwickelt. Dieser Stil wurde beim Aufbau von Alesund übernommen und von eigenen Merkmalen geprägt. Typisch blieb die Verwendung von Naturmotiven in einer eigenen nordischen Form. Norwegischer Granit, Holz und weitere Naturmaterialen bildeten die Grundlage für die Neugestaltung der Stadt. Dabei arbeiteten Künstler und Handwerker zusammen und schufen so einzigartige handgefertigte Kunstwerke.
Unser Spaziergang führt uns entlang der Kongensgate, wo wir die pastellfarbenen im typischen Jugendstil erbauten Häuser bewundern können. Am Jugendstilzentrum gehen wir zunächst vorbei bis zur Alesund Kirche. Diese befindet sich auf einem Hügel und ist ein wichtiger Teil der Skyline von Alesund und fast von überall sichtbar. Eigentlich ist sie heute für Touristen geschlossen, dennoch können wir einen Blick durch die angelehnte Tür erhaschen. Farbenfrohe Glasfenster, Gemälde und Wandmalereien schmücken den Innenraum der Kirche. Wir kehren nun um und laufen Richtung Hafen zurück. Das Jugendstilzentrum, an dem wir nun noch einmal vorbeikommen, befindet sich in der ehemaligen Schwanenapotheke. Es beherbergt ein interessantes Museum, für das man aber Eintritt bezahlen muss und für das wir uns jetzt keine Zeit nehmen. Jedoch dürfen wir in den Vorraum eintreten, wo wir einen Eindruck von der historischen Apotheke bekommen.
Am Nachmittag herrscht immer noch eitel Sonnenschein. Und so kommt es, dass sich einige Gäste wagen, die über 400 Stufen auf den Hausberg Aksla zu bewältigen. Andere machen es sich bequemer und nutzen die kleine Bimmelbahn, die uns noch einmal durch das Zentrum von Alesund fährt und danach ebenfalls auf den Aksla. Von hier aus genießen wir die fantastische Aussicht auf die Stadt, den Hafen und unser Schiff.
Am Abend treffen wir uns, um gemeinsam im Restaurant Torget das Abendessen einzunehmen. Zur Auswahl stehen jeweils ein Fisch- und ein Fleischgericht, sowie ein vegetarisches Essen. Darüberhinaus gibt es eine Vorspeise und einen Nachtisch. Eines der Hauptgerichte heute ist die Gepökelte Lammkeule aus Hellesylt. Das Fleisch kommt aus einem Betrieb, der schon viele Medaillen bei Norwegischen Meisterschaften gewonnen hat.

Sonnabend, 22.04.2023: Trondheim mit Besuch des Nidarosdoms

Einen weiteren Stopp legt unser Schiff von 02.45 Uhr bis 03.00 Uhr in Kristiansund ein. Am Vormittag erwartet uns ein sogenannter Point of interest, so nennt man hier an Bord die Stellen, an denen es etwas Interessantes zu sehen gibt, in diesem Fall: Munkholmen, die Mönchsinsel. Bevor jedoch hier ein Kloster errichtet wurde, hatte die Insel schon eine lange Geschichte. Bis ins 12. Jahrhundert war hier eine Hinrichtungsstätte. Norwegische Könige, die darum kämpften, entweder an der Macht zu bleiben oder diese zu erringen, meuchelten hier ihre Gegner nieder. Heute ist davon nichts mehr zu merken, die Insel ist ein Erholungsgebiet und steht unter Denkmalschutz. Im Hafen von Trondheim, den wir nun erreichen, erwartet uns Helena, unsere Stadtführerin für heute Vormittag. Zu Fuß geht es zunächst durch den Industriehafen (nicht zu vergessen: wir sind auf einem Frachtschiff unterwegs). Und Helena zeigt uns, was es in Trondheim Sehenswertes gibt. Das älteste Holzhaus und die modernen. Das Rathaus und den Bahnhof, ein Luxushotel und die Residenz der Königsfamilie. Bald erreichen wir unser Hauptziel - den Nidarosdom. Hier übernimmt eine andere junge Frau die Führung und macht uns mit der Geschichte dieses einzigartigen Bauwerks vertraut. Auch den Handwerker, der verhindert, dass der Dom jemals fertiggestellt wird und der sich ganz oben außen versteckt, zeigt sie uns. Denn, würde der Dom jemals fertiggestellt, so würde die ganze Stadt, samt ihren Bewohnern verschwinden. Auf dem Rückweg hat unsere freundliche Stadtführerin die Ruhe weg. Pünktlich auf die Minute genau, erreichen wir wieder unser Schiff, die MS Nordnorge. Danke, liebe Helena.
Am Nachmittag gibt es einen weiteren Point of interest - den Leuchtturm Kjeunungskjaer. Er fällt durch seine dunkelrote Farbe auf und er ist achteckig. 1880 wurde er erbaut, um den Fischern eine sichere Fahrt zu gewähren. Der Leuchtturmwärter wohnte hier mit seiner Familie und manchmal wohnte auch ein Lehrer dort, um die Kinder des Leuchtturmwärters zu unterrichten. Ab 1987 war das nicht mehr nötig und heute kann der Turm als Feriendomizil gebucht werden.
Zum Abendessen gibt es heute (und nicht nur heute) unter anderem norwegischen Lachs. Das Besondere am Lachs ist sein anadromes Leben. Das bedeutet, er schwimmt zum Laichen in den Flusszurück, in dem er geboren wurde. Junge Lachse können nur in Süßwasser schlüpfen und sich entwickeln.
Zum Nachtisch wird eine spezielle norwegische Süßspeise angeboten: Tjukkmelk-Pudding. Auf Deutsch würden wir Dickmilch-Pudding dazu sagen. Bei Tjukkmelk handelt es sich um ein Sauermilchgetränk, dass es vermutlich schon bei den Wikingern gegeben hat. Durch seine spezielle Lactobacilluskultur ist es sehr lange haltbar und war deshalb für die Ernährung der Norweger in der Vergangenheit ein wichtiger Bestandteil. Vor ein paar Jahren geschah es, dass in einer Molkerei, die Tjukkmelk produzierte, diese nicht mehr dick wurde. Was die Mitarbeiter auch versuchten, nichts gelang. Als alle Kulturen aufgebraucht waren, wandte man sich an die Bevölkerung mit dem Aufruf, wer noch Tjukkmelk zu Hause hat, sollte diese zur Verfügung stellen. Und tatsächlich gelang es so, die Produktion wieder in Gang zu kriegen.

Sonntag, 23.04.2023: Bodoe – Saltstraumen – nachts am Trollfjord

Nachts passieren wir Broennesund, Sandnessjoen und Nesna. Nach dem Frühstück folgen wir der Empfehlung unseres Expeditionsteams und begeben uns an Deck. Kurz nach acht Uhr überqueren wir den Polarkreis. Die Sonne scheint und der Himmel ist blau, was für ein Erlebnis.
Die Einfahrt nach Oernes, kurz danach, ist wie versprochen, spektakulär. Nächster Höhepunkt an Bord ist die Polarkreiszeremonie. Der norwegische Neptun erscheint und tauft seine Jünger mit einer Kelle Eiswürfel. Als Trost gibt es danach einen klitzekleinen Schnaps. Alle haben ihren Spaß, doch als es anfängt zu schneien, ist das Deck ganz schnell wieder wie leergefegt. Nach dem Mittagessen legen wir in Bodoe an. Von hier aus unternehmen einige Gäste den Ausflug zum Saltstraumen. Per Bus oder Schnellboot geht es zur stärksten Gezeitenströmung der Welt. Den glänzenden Augen und roten Wangen nach zu urteilen, die die Teilnehmer danach hatten, war es ein unvergessliches Erlebnis. Die Gäste ohne Ausflug unternehmen einen Spaziergang ins Zentrum von Bodoe, welches weniger beeindruckend ist. Wenigstens eins von vielen angekündigten Street-Art-Kunstwerken entdecken wir, auch den Dom, dem der Ruf er sei hässlich vorauseilt, das Museum und das Rathaus. Nun ja, wir waren an der frischen Luft und haben uns die Füße vertreten. Das ist es doch auch wert.
Während des Abendessens taucht am Bug eine Gruppe Orcas auf. Ehe wir uns jedoch von unseren Tischen erhoben haben, sind sie schon in weiter Ferne. Einen kurzen Blick konnten wir jedoch noch erhaschen.
Heute erwartet uns noch ein Nachtprogramm. Ab 23 Uhr gibt es (bei minus 2 Grad) einen Trolltrunk und den dazu gereichten Becher dürfen wir als Souvenir mit nach Hause nehmen. Anschließend spielt eine Dame vom Expeditionsteam norwegische Lieder auf der Geige, warme Fischsuppe wird gereicht und kurz vor Mitternacht erreichen wir die Mündung des Trollfjords. Wir genießen die außergewöhnliche Atmosphäre. Es ist dunkel, aber auch wieder nicht. Auf den Bergen glitzert der Schnee und neben der Mondsichel leuchtet ein einsamer Stern. Wunderbar.

Montag, 24.04.2023: Tromsoe – das Tor zur Arktis

In der Nacht passieren wir Stockmarknes, Sortland und Risoeham. Harstad erreichen wir um 07.10 Uhr, fahren aber nach einer guten halben Stunde weiter nach Finnsnes, wo wir ebenfalls für eine halbe Stunde anlegen.
Am Vormittag gibt es im Bistro einen kleinen Vortrag zu Königskrabben, deren Spannweite bis zu 1,80 Meter reichen kann. Unsere Exemplare, die hier auf den Verzehr warten, sind dagegen etwas kleiner. Am frühen Nachmittag (14.15 Uhr) erreichen wir Tromsoe - das Tor zur Arktis. Eberhardt TRAVEL hat für uns einen Ausflug organisiert und unsere örtliche Reiseleiterin ist jugendlich frisch. Eine Studentin mit Leidenschaft zur Stadtführung. Als erstes besuchen wir das Polarmuseum. Wir schauen zwei kurze Filme zum Thema Nordlicht und über Spitzbergen an, danach gibt es eine unterhaltsame Robbenfütterung. Unsere Stadtrundfahrt führt uns weiter zum Campus der Universität von Tromsoe und zur Eismeerkathedrale, welche die bekannteste Sehenswürdigkeit der Stadt ist. Die Eismeerkathedrale wurde 1965 errichtet und zum Ärger des Architekten mit einem Glasmosaik verziert. Andernfalls hätten die Kirchenbesucher den Aufenthalt in der Kirche nur mit Sonnenbrille überstehen können und das passte dem Pastor nicht, denn es konnte nicht sehen, ob seine Schäfchen schlafen oder seiner Predigt aufmerksam folgen. Pastor zufrieden, Architekt vergnatzt.
Am Abend dürfen wir uns am Reich gedeckten Buffet bedienen. Auch regional typische Schalentiere werden angeboten.

Dienstag, 25.04.2023: Willkommen in der Finnmark – Ausflug zum Nordkapp

Nachts legen wir in Oeksfjord an. Wir sind inzwischen über dem 70. Breitengrad und Oeksfjord ist der erste Anlaufhafen der Hurtigruten in der Finnmark. Wir liegen allerdings um diese Zeit im schönsten Schlummer. Gegen 11 Uhr erreichen wir Honnigsvag. Von hier aus beginnen die Ausflüge zum Nordkapp. Deshalb fließen heute Frühstück und Mittagessen quasi ineinander über.
Unser freundlicher Ersatzbusfahrer Ben fährt uns in Windeseile über teilweise tief verschneite Straßen bis direkt zum Eingang der Nordkapp-Halle. Von dort aus sind es nur wenige Meter bis zum beliebtesten Fotoobjekt im hohen Norden - dem Globus. Es weht ein scharfer Wind und es ist kalt, dennoch haben wir Glück, die Aussichten sind fantastisch. Im Souvenirladen lassen wir etliche norwegische Kronen und ein paar Gäste schaffen es auch, den 15minütigen Film über das Jahr am Nordkapp anzuschauen. Auf dem Rückweg machen wir einen Abstecher nach Skarsvag, dem nördlichsten Fischerdorf der Welt. Hier werden regelmäßig kapitale Fische geangelt, so zum Beispiel über 100 Kilogramm schwere Heilbutte. Heute gibt es allerdings keinen frischen Fisch. Es ist zu windig und die Boote konnten nicht hinausfahren. Kurz bevor wir wieder an unserem Schiff ankommen, macht Ben noch einen kleinen Schlenker und fährt uns direkt an einem Stockfischgerüst vorbei. Damit wir nicht auf die Idee kommen, hier wäre etwas nicht echt, öffnet er das Fenster und lässt uns den Duft von frischem Fisch genießen.
Wieder zurück an Bord heißt es bald darauf: Wal in Sicht! Leider hat das wohl auch der Wal gehört und sich klammheimlich davon geschlichen. Auf offener See, die wir nun durchqueren, herrscht ein ordentlicher Seegang, der uns Landratten ganz schön zu schaffen macht.

Mittwoch, 26.04.2023: Kirkenes – Umkehrpunkt der Hurtigrute

Nachts passieren wir Batsfjord und Vardoe. Batsfjord ist ein Zentrum der Fischereiindustrie in Norwegen. Die Küste ist karg, deshalb haben die Menschen, die einst dort wohnten, ihre Häuser aufgegeben und sind nach Batsfjord gezogen, denn der Ort liegt geschützt in einem Fjord. Für die etwa zweitausend Einwohner dreht sich alles um Fisch. Es gibt mehrere Fabriken, in denen Fisch verarbeitet wird, eine Entgrätungsfabrik, eine Gefrieranlage und Werften, wo Schiffe repariert werden können.
Kurz vor Sieben, also kurz vor dem Frühstück, legen wir in Vadsoe an. Gut sichtbar von Bord ist der Luftschiff-Mast, an dem 1926 das Zeppelin von Roald Amundsen festvertäut war. Amundsen wollte damals als Erster den Nordpol überfliegen, was ihm auch gelang. Das Luftschiff Norge war ein Umbau der N1, das unter Nobile gebaut wurde. Von Italien musste das Zeppelin über mehrere Stationen, darunter Vadsoe und Ny Alesund auf Spitzbergen, überführt werden, bevor die Expedition starten konnte. In Ny Alesund steht ein baugleicher Mast.
Um 09.15 erreichen wir Kirkenes, den Wendepunkt unserer Hurtigruten Kreuzfahrt. Die Nähe zur Barentsee führt dazu, dass sich hier die Heimat der Königskrabben befindet. Deshalb gibt es auch einen entsprechenden Ausflug. Eine andere Aktivität, die angeboten wird, ist die Husky-Safari und der Besuch des Schneehotels. Wer keinen Ausflug gebucht hat, erreicht innerhalb zwanzig Minuten das kleine Zentrum von Kirkenes. Auf dem Weg dorthin kommt man an einem Russendenkmal vorbei, dass an die Befreiung von Sören-Varanger durch die Russen im Herbst 1944 erinnert. Die Grenze zu Russland kann auf einem weiteren Ausflug besucht werden.
Am Nachmittag findet im Konferenzraum die Präsentation der Ausflüge für die Südroute statt. Kaum kann man sich entscheiden, was man alles machen möchte. Gegen 16 Uhr erreichen wir Vardoe. Direkt am Hafen brütet eine Kolonie Möwen. Was für ein Geschrei! Zu Fuß erreichbar ist die Festung Vardoehus aus dem 13. Jahrhundert. In den arktischen Gebieten rund um den Nordpol zählt Vardoe zu den ältesten Städten. Historische Funde belegen, dass hier schon vor neuntausend Jahren Menschen siedelten, die vom Fischfang lebten. Im Mittelalter herrschte hier eine dunkle Zeit. Vardoe war Schauplatz mehrerer Hexenprozesse, die übel ausgingen. Später war das Gebiet ein wichtiger Handelsposten für den Austausch von Waren zwischen Norwegern und Russen, der sogenannte Pomorhandel. Pomoren hieß das russische Volk, das hier lebte - po more „am Meer“. Den Pomorhandel gab es von circa 1700 bis 1917. Am Abend gibt es an Bord einen Film mit Informationen zu dieser Zeit.

Donnerstag, 27.04.2023: Hammerfest – Stadt der Eisbären

Nachts passieren wir Mehamn und Kjoellefjord. Mehamn ist für die klassische Postschiffreise der nördlichste Anlaufhafen. Bekannt ist das Städtchen für seine Feste und Kulturveranstaltungen und für sein reges Nachtleben. Bevorzugte Verkehrsmittel sind hier Boote, Schiffe und Schneemobile. Wir halten hier zwei Mal, aber jeweils nur für zehn bis fünfzehn Minuten. Ebenso in Kjoellefjord. Die Region um Kjoellefjord ist die Heimat der Samen, deren Kultur mehrere tausend Jahre alt ist. Den Samen ist es wichtig, im Einklang mit der Natur zu leben. Sie züchten Rentiere, fangen Fische und beherrschen die Geheimnisse der Kräutermedizin. In Havoysund legen wir von 08.00 bis 08.15 Uhr an. Hier steigen wenige Leute ein und aus, aber es werden Waren verladen. In der Nähe von Havoysund befindet sich ein bekannter Vogelfelsen. Hier nisten Dreizehenmöwen, Trottellummen und Trodalke. Nach diesen haben wir bereits gestern Ausschau gehalten und auch einige entdeckt.
Mittags erreichen wir Hammerfest, die nördlichste Stadt der Welt, 70,7 Grad nördlicher Breite. Kurz davor passieren wir noch die Insel Melkoya, auf der sich eine große Erdgasverflüssigungsanlage befindet. In Hammerfest liegen wir etwas außerhalb des Zentrums, weshalb wir einen Transfer in die Stadt benötigen, so wir keinen Ausflug gebucht haben. Alternativ bietet das Expeditionsteam einen Spaziergang zum Vermessungspunkt des Struvebogens an. In Hammerfest befindet sich auch der Sitz des international einzigen Eisbärenclubs. Gegen eine Gebühr kann man eine lebenslange Mitgliedschaft erwerben. Am Nachmittag legen wir noch einmal im malerischen Hafen von Oeksfjord an. Nachweislich haben hier schon vor 12.000 Jahren Menschen gelebt, die zur Komsa-Kultur gezählt werden

Freitag, 28.04.2023: Vesteralen und Lofoten

Am Vormittag erreichen wir Harstad. Hier beginnt der Ausflug auf die Vesteralen. Diese Inselgruppe liegt nördlich der Lofoten und hat ebenso vieles Sehenswertes zu bieten. Außer einer atemberaubenden Landschaft finden sich hier historisch interessante und faszinierende Orte. Harstad liegt auf der größten Insel Norwegens, auf Hinnoya. Im Stadtzentrum befindet sich ein gepflasterter Marktplatz mit vielen Cafés und Geschäften. Den Bewohnern der Stadt bietet nicht nur das Meer eine Nahrungs- und Einnahmequelle, sondern auch der fruchtbare Boden, der zu einer erfolgreichen Milch- und fleischverarbeitenden Industrie geführt hat. Nach einer kurzen Rundfahrt durch die Stadt führt der Ausflug zur Kirche in Trondenes. Diese gilt als älteste noch erhaltene Kirche aus dem 13. Jahrhundert. Im Zentrum von Trondenes zeigt eine Ausstellung die Zeit von den Wikingern bis heute. Weiter geht es mit dem Bus durch die faszinierende Landschaft mit Fjorden, Bergen und fruchtbaren Feldern. Für die Überquerung des Gullesfjords nehmen wir eine Fähre, auf der uns ein heißes Getränk und Gebäck gereicht wird. Kurz bevor wir den Hafen Sortland erreichen, überqueren wir eine Brücke unter der gerade die MS Nordnorge durchfährt und die an Bord gebliebenen winken.
Abends unternehmen wir eine Lofoten-Rundfahrt. Diese konnte bereits vorab bei Eberhardt TRAVEL gebucht werden und ist exklusiv für unsere Gruppe. Am Hafen erwartet uns Veronika, unsere örtliche Reiseleiterin. Da der Bus noch nicht da ist, zeigt sie uns, was es in Hafennähe zu sehen gibt. Da ist zum Einen die Fischersfrau, die einfahrende Boote begrüßt. Auf der anderen Seite sind zwei Felszacken zu sehen. Das ist die berühmte Svolvaersgeita, ein bevorzugtes Ziel von Bergsteigern aus aller Welt, die zwischen den Zacken hin- und herspringen. Die Herausforderung liegt darin, dass sich die Zacken vierhundert Meter über der Erde befinden. Unser Bus kommt und unsere Rundfahrt beginnt. Die Stadt Svolvaer, wo wir beginnen, liegt am Vestfjord, die Region ist bekannt für ihre weltweit größten Kabeljaufänge jedes Jahr von Januar bis April. Früher wurden im Durchschnitt vierzig bis fünfzig Millionen Kilogramm Kabeljau gefangen. 1947 waren etwa zwanzigtausend Fischer damit beschäftigt. Heutzutage ist der Fischfang durch moderne Fischereifahrzeuge effizienter geworden und es gibt weniger als dreitausend Fischer. Dennoch ist die Wirtschaft hier bestimmt von Fischfang und - Verarbeitung sowie von der Schifffahrt. Svolvaer ist aber auch ein beliebtes Wintersportzentrum und zählt mit vielen Galerien und Museen zu den wichtigsten Kunststädten Norwegens.
Eines der ersten schönen Gebäude, das wir sehen, ist die sogenannte Lofoten-Kathedrale in Vagan (spricht man Vogan). Diese Kirche, die nur wegen ihrer Größe Kathedrale genannt wird, hat Platz für 1200 Gläubige. Gebaut wurde sie für die Fischer, die speziell zum Fischfang hierher kamen. Das Besondere ist, dass sie aus Bauteilen besteht, die an einem anderen Ort hergestellt, dann geliefert und hier zusammen gebaut wurden. So behaupten die Norweger, dass sie das IKEA-Prinzip erfunden und dass die Schweden es gestohlen haben.
Wir überqueren die 257 Meter lange Hennigsvaerbrücke, auf der seit einigen Jahren eine Ampel den Verkehr regelt. Wir erreichen Helandsoya, wo etliche Gerüste für das Trocknen von Kabeljau aufgebaut sind und die auch gut bestückt sind. Wir unternehmen einen kleinen Spaziergang und können die trockenen Fische aus der Nähe betrachten. Später weiht uns Veronika in die Geheimnisse des Trockenfischs ein. Warum hat sich diese Art der Konservierung entwickelt, wer bekommt die getrockneten Fische und wie werden diese zubereitet.
In Vestvagoya kommen wir an einem Langhaus vorbei. Dieses wurde einem Wikinger-Haus nachgestaltet, nachdem man in der Nähe auf einem Feld Glasscherben aus der Wikingerzeit gefunden hatte. Nach etwa einer Stunde erreichen wir Leknes. An einem Strand, der wahrhaftig karibisch anmutet, legen wir eine Pause ein. Kaum können wir unseren Augen trauen: weißer Sand und azurblaues Wasser. Leider kalt. Dies ist unser letzter Stopp auf der Lofoten-Rundfahrt. Veronika setzt uns pünktlich in Stamsund wieder an unserer MS Nordnorge ab. Nach diesem wundervollen und erlebnisreichen Tag fallen wir wohlverdient in unsere kuscheligen Betten.

Sonnabend, 29.04.2023: Champagner am Polarkreis – Trollgeschichten und der Mittelpunkt Norwegens: Broennesund

Der Tag vergeht wie im Fluge. Zuerst ein üppiges Frühstück, dann Blick nach draußen und die tolle Landschaft betrachten. Ist denn das zu fassen? Schon wieder scheint die Sonne und der Himmel ist blau. Am Vormittag überqueren wir den Polarkreis von Norden nach Süden. Zur Feier des Tages gibt es einen Löffel Lebertran (und gegen Bezahlung auch Champagner). Es folgen Vorträge über Mythen und Legenden Norwegens und über Reisen in die Arktis und Antarktis. Im Shop warten die Offiziere, bereit Bücher, die es heute mit Rabatt gibt, zu signieren. Während des Mittagessens fahren wir an der beeindruckenden Felsformation Die sieben Schwestern vorbei. Nachmittags erreichen wir Broennesund. Von hier aus werden mehrere Ausflüge angeboten. Eine Wanderung zum Torghatten (Berg mit Loch) oder - ganz neu - eine Schlauchbootfahrt zu selbigem. Auch ein Besuch der Atlantikstraße ist möglich. Alternativ kann man zu Fuß den Mittelpunkt Norwegens in Broennesund erkunden und dort, direkt am Hafen, ein leckeres Eis genießen. Kurzum - es ist wieder für alle was dabei.
Am Abend wird uns ein festliches Dinner aus Anlass des 130jährigen Bestehens der Hurtigruten serviert.

Sonntag, 30.04.2023: Die Klippfischfrau von Kristiansund

Noch vor dem Frühstück erreichen wir Trondheim. Ein paar Enthusiasten finden sich und steigen in die Katakomben des Nidarosdoms. Dies ist ein Angebot von Hurtigruten, bei dem man Bereiche dieses riesigen Gebäudes besucht, die sonst nicht zugänglich sind.
Vormittags findet ein Informationstreffen zum Thema Ausschiffung statt. Tatsächlich ist es schon Zeit daran zu denken, dass die Reise langsam zu Ende geht. Ansonsten ist der Tag recht erholsam, Zeit zum Schlafen, Lesen, Fotos sortieren oder Tagebuch schreiben.
Am Nachmittag erreichen wir Kristiansund. Das Expeditionsteam bietet einen Spaziergang zur Fischersfrau an. Trotz des Regens schließen wir uns an, um ein wenig an die frische Luft zu kommen. Schade, wir haben nur eine knappe Stunde Zeit, um in den Souvenirladen zu schlüpfen, reicht es nicht. Kristiansund wird auch als Hauptstadt des Klippfisches bezeichnet und so drehen sich heute auch viele Informationen um dieses Thema. Was ist Klippfisch, was ist Stockfisch und wo ist der Unterschied?
Wieder auf See erwartet uns heute eine etwas kabbelige Fahrt. Die Wellen sind bis zu drei Meter hoch und das Schiff schaukelt schon ein bisschen. Einige Gäste sind dem aus dem Weg gegangen, in dem sie einen letzten Ausflug gebucht haben. Es geht zur Atlantikstraße und zum Abendessen bei einer Fischersfamilie, wo, wie könnte es anders sein, Bacalau serviert wird. So sind alle zufrieden.

Montag, 01.05.2023: Ausschiffung in Bergen und Stadtbesichtigung

Nun heißt es wirklich Koffer packen. Bis 10 Uhr können wir unsere Kabinen nutzen, danach werden diese für die neuen Gäste vorbereitet. Das große Gepäck konnten wir abgeben und so lassen wir die letzten Meilen bis nach Bergen auf Deck 7 oder 4 an uns vorbei fließen. Wieder hat es sich aufgeklart, die dunklen Wolken haben wir hinter uns gelassen und so können wir bei schönstem Sonnenschein noch einmal die traumhafte Landschaft genießen. Nachdem wir unsere liebgewonnene MS Nordnorge verlassen haben, fahren wir mit dem Reisebus in unser zentral gelegenes Hotel Admiral in Bergen. Kaum sind die Koffer auf den Zimmern, geht es schon zur Stadtführung. Zwei Stunden streifen wir durch die Straßen von Bergen und erleben, wie am 1. Mai hier demonstriert wird. Den Abschluss unseres Rundgangs erleben wir in Bryggen, der alten Kaufmannssiedlung von Bergen. Bunte Holzhäuser reihen sich aneinander und erstaunlich ist, wie es dahinter zu geht. Wir bekommen einen Eindruck, wie hanseatische Kaufleute hier mit Händlern aus aller Welt zugange waren. Das Abendessen findet heute in Eigenregie statt und, wie ich hörte, war vom leckeren Hamburger bis zum edlen Fischgericht alles dabei.

Dienstag, 02.05.2023 Frühstück in Bergen und Rückflug in die Heimat

Auch die schönste Reise geht einmal zu Ende. Wir haben noch Zeit für ein kurzes Frühstück im Hotel, dann bringt uns der Bus zum Flughafen. Hier erwartet uns eine angekündigte Herausforderung: das Einchecken und das Kofferaufgeben erfolgt in Selbstbedienung. Dank unserer Eberhardt Reisebegleitung und gegenseitiger Unterstützung geht dies aber ruck zuck und schon sind wir bei der Sicherheitskotrolle. Noch knapp eineinhalb Stunden Flug, dann landen wir in Berlin. Auch hier sind alle Koffer angekommen und nun bleibt nur noch ein kleines Stück mit dem Eberhardt Bus nach Dresden oder auf andere Art und Weise nach Hause.

Schlusswort

Liebe Reisefreunde, es war mir ein Vergnügen, mit Euch zu reisen. Nun heißt es Fotos sortieren und in Erinnerungen schwelgen. Ich wünsche Euch viel Spaß dabei und freue mich auf ein Wiedersehen. Herzliche Grüße Eure Reisebegleiterin Sabine Letzybyll

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