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Nordkap und Lofoten: Träume vor der Mittsommernacht

Reisebericht: 12.06. – 23.06.2015

Ein Fässchen mit Meer- und Kräutersalz aus Nordnorwegen wird unsere Reiseteilnehmer noch nach Monaten an diese Fahrt erinnern. Das karge Nordland und das Märchenland der nordnorwegischen Inselgruppen ist darin eingeschlossen.

Ein Reisebericht von
Bernhard Sieber


12.06.15: Kiel und Göteborg

Wie es gewöhnlich geschieht, sieht der Fahrtantritt in Dresden einen mächtigen Reisebus im Frühlicht auf dem Flughafenareal. Ein halbes Dutzend Reiseteilnehmer steigt ein. Wir müssen aber hinzudenken, wie die anderen Gäste diese Frühstunden des 12. Juni erlebt haben, ehe sie an ihren Abholorten hinzustoßen und unsere Schar auf 21 Reisende nebst Reiseleiter und Busfahrer anwachsen lassen.
Man möchte die Uhr auf die nachfolgenden 48 bis 72 Stunden stellen und sich errechnen, dass in dieser Zeit die Schwelle von der Unbekanntschaft zur Bekanntschaft überschritten sein werde: Die ältesten Reiseteilnehmer sind im besten Seniorenalter. Einen Akzent setzen ein junger Mann und eine junge Frau. Und niemand wird den übergroßen Mann vergessen, der, jedes gewöhnliche Maß menschlicher Körperlänge sprengend, an diesem ersten Tag ein Sweatshirt mit dem Aufdruck „2,17 m" trägt: Vermutlich möchte er sich vermittels dieser vorwegnehmenden Auskunft Erkundigungsfragen ersparen, die ihm über die Jahre hinweg lästig sein dürften. Weiterhin tritt er hervor, indem er die schönsten Fotomotive sucht und findet. Später, im Bus, gehört es bald zum Ritual, wie er über ‚Bluetooth' eine Auswahl auf das Mobiltelefon des Reiseleiters hinüberspielt und dessen Aufnahmen vortrefflich ergänzt.
Natürlich kann ein Reisebericht nur einzelne oder wiederkehrende Szenen aufgreifen und eine Auswahl treffen. Und also: Das Kurfürstendenkmal von Fehrbellin scheint an einem Junitag vor uns auf. Das Areal hält es umgrünt und platziert eine Tafel mit der notwendigsten Auskunft über die Schlacht aus dem Jahr 1675. Die Geschichte ist abgesteckt insoweit, als die Großmachtstellung Schwedens in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts eng an französische Unterstützung geknüpft war.
Den Zustiegsort in Hamburg umfahren wir mit einiger Verzweiflung, ehe wir mit Glück das Ehepaar winken sehen, welches unsere Gruppe auf die volle Zahl bringt. Dann sieht man uns in Kiel, wie wir erstmals den Weg auf einen Ostseeriesen meistern. Am Abend verwöhnt uns die ‚Stena Scandinavica' mit einem Buffet, welches erste Maßstäbe für den weiteren Reiseverlauf setzt.

13.06.15: Südschweden und Stockholm

Wer zuvor noch nie in Skandinavien war, vernimmt mit dem zweiten Tag den Duft der Fremde, der Neuheit usw. Leider war der Reiseleiter selbst noch nie in diesen Gegenden ... und möchte das auch nicht verbergen: „Der sicherste Weg zum Erfolg", so ein Aphorismus des berühmten Mark Twain (1835-1910), „führt über eine Mischung aus Dummheit und Selbstbewusstsein." Aber wäre ein ungenierter, wortreich-halbwissender Protz wirklich besser gewesen? Begütigenderweise haben Reiseteilnehmer vielfach die von Twain hinterlegte, traurige Lebensregel durchkreuzt und die allgemeine menschliche Begegnung höher gewichtet als die Orts- und Landeskunde. Und ferner: Es war ohnehin kein Zufall, dass der Busfahrer das Land und seine Ziele bereits kannte. Natürlich hatte man entsprechend geplant. Allenfalls eine wirklich alte, alterfahrene und altroutinierte Reiseleiterveteranensocke hätte man ohne einen solchen Fahrer auf eine Fahrt in die terra incognita geschickt.
Und doch steht das Tor zum Erlebnis offen! Göteborg entlässt uns auf die Autoschnellstraße durch Südschweden. Bald mustert unser Blick die rostrot oder rostbraun gestrichenen, von schwarzgrauen Dächern bedeckten Holzhäuser. Das jahreszeitliche Grün ist noch jünger als in Deutschland, punktet sich bald mit dunkelviolettfarbenen Blumen, bald mit granitenem Gestein. Irgendwo jenseits der Bäume und Böschungen finden sich die großen Seen, der Väner und der Vätter. Auf einen kurzen Blick grüßen wir den historischen Göta-Kanal, ehe wir nahe auf Stockholm zuhalten. Pausen haben wir gemacht, auch unsere große Mittagspause mit Würstchen, Purée und Suppen. Der Ort ist heute - und so auch künftig - oftmals das Areal einer Tankstelle oder ein gewöhnlicher Rastplatz. Und Musik haben wir gehört, Lieder von ABBA. Generationen können sich über dieser Musik verschwistern.
Stockholm zählt 23-26°C. Es ist ein schöner Sonnentag für die in der Trunkenheit einer Fürstenhochzeit schwelgende Stadt. Manches bürgerliche Brautpaar ist entschlossen, an selbigem 13. Juni zu heiraten, steht seinerseits vor dem Stadshuset für ein Foto usw. Und niemand vergisst, wie unsere örtliche Stadtführerin auf ihr Smartphone schaut, die Fernsehübertragung der Feierlichkeiten verfolgt und diese Aufgabe sogar einigen unserer Gäste anvertraut. Indessen sehen wir das Parlamentsgebäude und noch manches, während unsere Führerin uns Informationen über das Zeitgeschehen, historische Bauzustände und Hintergründe anvertraut. Am Ende begleitet sie den Bus bis zum Anleger der 'Viking Line'.

14.06.15: Aufbruch durch Finnland

Die ‚M/S Amorella' hat am Vorabend ihre mehrere Stunden messende Fahrt durch das Schärenarchipel vor Stockholm angetreten. Während des Abendessens konnte man durch die Glasfront des Schiffes ausblicken. Später traf man noch und noch unsere Reiseteilnehmer an der Reling, indessen der Himmel nachtete und der letzte Abendschein von den Inselchen wich.
Jetzt aber sind wir in Turku. Finnland sondert sich ein wenig von letzten Bekanntschaften, weil wir die germanische Welt und Sprachfamilie hinter uns gelassen haben: Erinnert uns das Finnische an Transkriptionen aus dem Griechischen oder gar an fernöstliche Sprachen? Gleichviel, ist dieser 14. Juni ohne weitere Abwechslung zugebracht. Der Bus strebt gegen Norden, die Außentemperatur sinkt. Noch säumen den Weg dichte Nadelwälder. Unbeantwortet bleibt die Frage, wie es deutsche Kirchglocken mit Gussdaten um 1948 auf einen der Rastplätze verschlagen hat.
Das Hotel ‚Sokos Arina' in Oulu wird als akzeptabel gelten, in Anbetracht des Abendmenus jedoch keine Begeisterungsstürme ernten. Mancher nutzt die Zeit für einen Spaziergang durch die Stadt. Eine menschliche Siedlung von solcher Bevölkerungsstärke werden wir über einige Tage hinweg nicht mehr zu sehen bekommen.

15.06.15: Polarkreistaufe

Finnland, Finnland, Finnland ... Dieser 15. Juni ist verregnet und kalt. Die Nadelwälder werden bald dem vorherrschenden Wuchs von Lärchen und Birken weichen, mehr Sichtraum für Sumpf geben und für Seen. Dennoch wird eine bedeutende Station durch den Polarkreis markiert: Wir besuchen nahebei die so genannte ganzjährige Werkstatt des Weihnachtsmanns. Unsere Polarkreistaufe begehen wir mit mitgeführtem Sekt. Die Behauptung der Finnen, es sei leider einer der kältesten Sommer seit Jahrzehnten, quittieren wir vielfach mit einem "Aha" oder mit einem "Jaja ..."
Kaum haben wir an der alten Kirche von Sodankylä eine Pause eingelegt, erheben sich Stimmen, man müsse sich das Wetter gehörig schöntrinken. Ungesellig sind wir nicht. Später - und man rechnet in Stunden - schiebt sich unser Bus über einige Hügel hinweg nach Saariselkä. Das Nest hat sich einen Kordon von Hotelbauten geschaffen und den Sprung zu einem bedeutenden Wintersportort gemeistert. Unser 15. Juni hingegen ist ein Tag im Jahr, an dem die Sonne nicht untergehen will. Noch der späteste Abend gewährt den Blick auf die lichte Umgebung des Hotels ‚Lapland Riekonlinna'.

16.06.15: Nordkap

Das Sami-Wort ‚Tundra' hat sich auf alle Sprachen unseres Weltkreises ausgebreitet. Spätestens dieser unser 16. Juni macht diese Vegetation unleugbar, denn die Pflanzen schrumpfen zu polaren Zwergformen, machen zusehends gilbem Gras, Moos oder morastartigen Wasserpfützen Platz. Unsere Raststätte an der so genannten „Bärenhöhle" sitzt nahe dem See auf einen Berg an.
„Das Gras", so einer unserer Reisegäste, „scheint grüner zu werden." Dieser Kommentar sollte im Rückblick fallen und die Querung der norwegischen Grenze beschreiben. Noch möchte man das Urteil jedoch nicht bestätigen, denn der heutige Tag wird bis an das Nordkap führen: Wir nehmen Quartier im ‚Scandic Honningsvåg'. Um etwa 21 Uhr fährt unser Bus mit einem lokalen Fahrer vor, um die letzten 40 Kilometer zurückzulegen. Obwohl Kay durchaus zuverlässig wirkt und überdies kein Antipath ist, zittert unser Fahrer ein wenig, sieht er doch fremde Hände an seinem Steuerrad.
Die Außentemperatur sinkt auf 3-4°C. Die Straße führt in eine kahle Kältewüstenei hinein, windet sich über Hügel und Grund. Kaum mehr als eine Holzbarracke abbildend, duckt sich ein verloren wirkender Sami-Souvenirladen. Mit der Anfahrt auf das Nordkap nun ersteht auf dem prominenten Felsen eine große Anlage. Vor dem Haupteingang dieser Nordkaphallen fertigen wir unser Gruppenfoto an. Dann geben wir uns Eile und sehen ... dichten Nebel. Obgleich es nicht regnet, spielt uns das Wetter nicht gut mit. Kaum erkennt man den Metallglobus auf der Aussichtsplattform. Vielleicht entschädigt uns, dass die Nordkaphallen für ihre Besucher einiges ins Werk setzen, etwa Modellbauten zu berühmten Besuchern bieten, eine besinnliche Kapelle, einen gut sortierten Souvenirladen, Kaffee uvm. Außerdem ist da doch einer unserer Herren mit einer Flasche Whiskey, die er vorsorglich von einem der Fährschiffe für den kleinen Ausschank an diesem Tag mitgeführt hat.
Die Rückfahrt treten wir nach Mitternacht an. Gespenstisch wirken vorauffahrende fremde Reisebusse in dem wüsten Land. Die Müdigkeit und das bald fahlhelle, bald taghelle Licht umfangen die Seele. Vielleicht hat dies mancher so gefühlt.

17.06.15: Bogen durch Nordnorwegen

Der wirkliche Sonnenschein von Honningsvåg war vielleicht die blondblonde Rezeptionistin mit ihren Deutschkenntnissen. Wir werden jedoch ohnehin durch das aufziehende Wetter entschädigt, denn unser 17. Juni führt in das reine Klar Nordnorwegens. Und da es überdies mit diesem 6. Tag der Reise unser „Bergfest" ist, möchte man eine Erinnerung stiften: Alta blickt auf die wunderschöne Fjordlandschaft aus und öffnet die Tore eines archäologischen Museums. Schließlich hat man hier Felszeichnungen zu bieten, die Hinterlassenschaft von Jahrtausenden. Ebenso will der Zufall, dass der sich anschließende Souvenirladen Fässchen mit Meer- und Kräutersalz feilbietet. Sofort erstanden, möchten sie noch in vielen Monaten die Erinnerung an diese Reise zu neuem Leben erwecken.
In Olderdalen fahren wir auf das erste von zwei Fährschiffen dieses unseres 17. Juni auf. Der Blick vom Schiff auf die umliegenden, tiefliegenden Schneehänge gattet sich mit der Beschau der junggrünen Wiesen, der Bäume und der zwischen sie sich fügenden, rostrosten und weißen Häuschen. Sodann zielt unsere Fahrt auf Tromsö.
Tromsö rühmt sich mit einem der berühmtesten Norweger des 19. und 20. Jahrhunderts, mit Roald Amundsen (1872-1928). Er hatte 1911 den Weg zum Südpol bestritten. Hier aber lief der Forscher beider Polarkreise 1918 zu seiner Nordostpassage aus. Und also steht nahe dem Hafen ein überlebensgroßes Standbild auf seinem Sockel. Mancher mag es sehen, indem er an diesem Abend durch die Stadt flaniert. Eine Teilgruppe von uns nimmt vom ‚Scandic Grand Hotel' indessen Fuß, Bus und Seilbahn bergan auf den Fjellheisen. Den Blick über die Stadt und über die Berge hinweghebend, staunen wir von dort die Mitternachtssonne an. Der Fjellheisen bei Tromsö ist seither in individuellen Reiseerinnerungen als „Ersatz-Nordkap" hinterlegt.

18.06.15: Vesterålen und Lofoten

Die Landschaft behält die gesetzten Akzente, wird nur noch grüner. Indem sich der Reisegenuss unbilligerweise in größere Pausenzeiten fasst, gerät allerdings die Fahrt zum Hurtigruten-Schiff nach Stokmarknes zu einer wahren Hatz: Endlich finden wir uns auf der ‚M/S Midnatsol' wieder. Es ist der 18. Juni mit dem äußerst knappen Sprung auf die Zeit um 15.10 Uhr.
Jetzt dringen wir zu Schiff in das Lofoten-Archipel ein, während das Signalhorn, kaum dass eine Brücke unterquert wird, laut gegen die Bergwände tönt. Man staunt, als das großbäuchige Schiff in den Trollfjord einfährt und dort auf der Stelle zu wenden weiß. Der Fotoapparat richtet sich auf das malerische Arrangement von Inseln, auf kleine, grünumsäumte Wasserfälle usw. Vieles wirkt seltsam beabsichtigt, als hätte ein großer Modellbauplaner die Natur mit seinem Einfallsreichtum gegattet. Später breitet sich das Meer auf einige Kilometer aus, ehe wir Svolvaer anlaufen, den Hauptort auf der Inselgruppe.
Das ‚Scandic Svolvaer' ist der Ort für Inkommoditäten. So ist an erster Stelle das reichhaltige Buffet zu nennen, welches, kaum dem Auge geboten, saisonal von einer Vielzahl von Touristen berannt wird. Ebenso steckt man uns in einen engen, durchaus ungeselligen Zeitplan. Sicherlich entschädigt die malerische Lage, ist das Hotel doch nach Fischerhausart auf Stelzen nahe am Wasser errichtet. Es bildet ein Quadrat und knüpft mit einer Brücke an die übrige Siedlung an.

19.06.15: Fischerdorfträume auf den Lofoten

Das ‚Scandic Svolvaer' bleibt unser Quartier. Unser Bus bricht zur Rundfahrt über die Lofoten auf ... und hat keine Eile an diesem 19. Juni. Vikten fahren wir an, das Küstendorf und seine örtliche Glasbläserei: Draußen streckt sich ein weiter Strand unter den Halden des Berges, während darinnen glühendes Glas an den Ofen gehalten wird.
Der Fischerdorftraum aber bleibt Nusfjord vorbehalten, einem Nest in tiefer Bucht. Nusfjord entführt uns in den Charme der großväterlichen oder gar urgroßväterlichen Welt, in den Schlummer einer kaum abgelebten Zeit: Auf dem zentralen Krämerladen liest man die Aufschrift ‚Landhandel', während Fischerhäuschen, hölzerne Stelzen, Stiegen und Stege den nächsten kleinen Anleger umstellen. Etwas oberhalb findet sich das rostbefleckte Treibstoffreservoir mit der Aufschrift ‚Shell' usw.
Unser Busfahrer möchte uns an diesem Tag die Bordküche vorenthalten. Er will den Ruch meiden, er habe dieses Angebot zu seinem eigenen Gewinn überstrapaziert. Gleichviel, wären wir nicht undankbar gewesen, an jedem Tag auf solch komfortable Weise die Mittagszeit bestreiten zu dürfen. Folgt man der Rundfahrt, so malen die Lofoten letzte Stiche in die Erinnerung: Bei Ramberg beäugen wir die ausgangs des 18. Jahrhunderts aus Treibholz errichtete Kirche. Nahebei wird ein Lamm aus dem Zaun befreit und läuft meckernd seiner Mama zu. Übrigens darf erstaunen, mit welch lässigem, selbstverständlichem Handgriff einer unserer Herren prüft, ob der Zaun unter Strom steht oder nicht.
Dass der genannte Herr dennoch eine Seele besitzt und keine Maschine ist, zeichnet sich aus durch den Satz: „Ich habe heute alles gesehen, was ich sehen wollte." Dieser Satz fällt nach dem Anblick des weiten Sandstrandes von Ramberg. Dann wendet der Bus und nimmt gestraffte Fahrt nach Leknes auf. Dort möchte der Tag ausklingen, soweit der Anklang städtischer Dienstleistungen und Cafés vorzufinden ist. Als wir wieder in Svolvaer eintreffen, ist es mit einiger Vorberechnung noch nicht sehr spät, denn schließlich dienen Tag und Abend der Ausspannung.

20.06.15: Polarkreis

An diesem 20. Juni heißt es für uns „Adieu, Lofoten!" Kaum ist Fahrt aufgenommen, entlassen uns die Küstenberge, ehe wir in Skutvik das Festland erreichen. Als das Fährschiff sein Maul öffnet, scheint es, ein Wal wollte die Fahrzeuge in die Freiheit entlassen.
Einige Oldtimer verweisen vielleicht auf die Nordkap-Rallye dieser Tage. So ist ermittelt, dass Fahrzeuge mit einem Mindestalter von zwanzig Jahren und ohne satellitengestützte Geolokalisation zur Teilnahme berechtigt sind. Gleichwohl ist unsere Fahrt an diesem Tag sehr unspektakulär, so doch einzig der Rückweg über den Polarkreis Programm ist. Unverstanden bleibt übrigens die Ironie des Reiseleiters, der inmitten dieser baumlosen Frost- und Hügelöde verkündet, dies sei der passende Ort für einen Vortrag über die Ordnung des Himmelreichs.
Mo i Rana, merkt später einer unserer Herren an, habe keine Seele gehabt. Tatsächlich: Der hotelnahe Ortskern ist eher trist. Ein anderer Herr hingegen wird zurückgeben, im ‚Scandic Hotel Meyergården' habe es aber geschälte Kartoffeln gegeben. Gern lassen wir dies als Gegensatz und Widerlegung gelten.

21.06.15: Trondheim

Obwohl die Lachswanderung erst herbstens zu besichtigen ist, ist der Wasserfall von Laksforsen allein übergewaltig. Auch der Anblick von Fjorden, Seen und Bergen möchte in wenigen Tagen nicht derart verwöhnte Gemüter hervorbringen, dass man diese unsere gelungene Pause nicht achtete.
Das vor liegende Trondheim trägt das Siegel einer alten Königsstadt. Uns so erscheint es passend, zuvor das historische Schlachtfeld von Stiklestad zu besuchen: Olaf, mit Beinamen der Heilige, hat ebenhier im Jahr 1030 ein Bauernheer zerschlagen und mit seinem Schlachtentod die Christianisierung Norwegens beschlossen. Diesen Stempel seines Nachruhms hat insbesondere das 19. Jahrhundert gesetzt, sollte man auch an einem 21. Juni 2015 den Reiterstandbildern jedweder Epoche und jedweden Volkes mit grundlegendem Misstrauen begegnen. Übrigens sind die baulichen Rekonstruktionen auf oder nahe dem historischen Kampfplatz sehr sehenswert und sogar - falls das Urteil vorgreifen darf - mit Würde behaftet. Diese Würde entspringt der Schlichtheit eines Informationszentrums.
Die Seele von Trondheim dürfte anteilig an die Baugestalt der Krönungskirche zu knüpfen sein. Sie verbindet in der Außenbeschau romanische Rundbögen und gotische Spitzbögen. Der Kircheninnenraum weiß um das Allerheiligste und ist mit einem Fotografierverbot belegt. Wer weiter nach der Seele von Trondheim fahndet, findet sie vermutlich in der Verbindung von alt- und neustädtischer Erscheinung, reihen sich erst alte und älteste Speicherhäuser neben jüngeren Bauten an das Wasser. Führen möchte man den Befund anhand unserer Exkursion am späteren Abend.
Oder die Frage nach geschälten Kartoffeln oder sonsteinem verfeinerten Mahl ist erneut aufzuwerfen. "Where is Mister Obama?" [„Wo ist Herr Obama?"] soll im Hotel erfragt worden sein. Und der Rezeptionist des ‚Clarion Hotel & Congress' antwortet lächelnd: "Comes tomorrow." [„Kommt morgen."] Kaum sind die Zimmerschlüssel ausgeteilt, kann jeder Reiseteilnehmer in die mehrere Stockwerke messende Haupthalle dieses monumentalen Schlaf- und Gourmettempels eintreten.

22.06.15: Oslo

Der letzte Tag in Norwegen hat zur Fähre zu führen, nach Oslo. In Dovregubbens Hall wird letztmals ‚Peer Gynt', die Musik von Eduard Grieg, eingelegt. Lillehammer und die Olympia-Anlagen von 1994 erfassen wir in der Passierfahrt. Noch gilt ein besonderer Stopp der Stabkirche von Ringebu, altem Holz am Wegesrand.
Oslo nehmen wir kaum zur Kenntnis, soweit die Zeit und die Straßenführung dem Auge nur wenige Stationen bieten. Das aus Carrara-Marmor erbaute Opernhaus dient uns zur Entleerung, ehe wir der Fähre zueilen. Dort warten wir noch einige überlange Zeit auf das Boarding, während ein Musiker einige Schlager singt ... und zwischendurch die weitere Verzögerung verkünden muss. Dann aber stürzen wir uns letztmals auf ein Buffet der ‚Stena Line', ... wie es am ersten Tag bei erster Überfahrt gewesen.

23.06.15: Rückfahrt

Wie lang eine Reise gedauert hat, bemisst sich zuweilen an der Verzerrung des Zeitempfindens: Eigentlich waren es nur zwölf Tage. Was normalerweise kein Zeitraum ist, erscheint manchem nun wie der Abstand von Wochen. So hat mancher also zwölf Tage intensiv gelebt und zwölf Tage Abstand gehabt. Ein Tag auf Reisen gleicht nicht dem gewöhnlichen Lebenstakt, der die Lebenszeit rascher abhandelt und zuweilen ganze Lebensjahre wie eine Kiste Nägel auszuschütten scheint.
Der Rückfahrttag bietet freilich keine Höhepunkte mehr. Die Busmitfahrerschaften werden dünner, bis sich vor Dresden nur noch das Rund unterhält, welches sich in den Frühmorgenstunden des 12. Juni zusammengefunden hat. Am Ende ist es der 23. Juni 2015 um 22 Uhr.
Am Ende sei noch Dank nachgetragen für die Begegnung mit einer netten Reisegruppe, für ihre Genussfreude und die Heiterkeit bis zum letzten Tag.


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