WUNDERWELT DER FJORDE
Reisebericht: 06.07. – 15.07.2024
Ein Traumland: grüne Wiesen am Fjord und weiß bedeckte Gipfel – wie eine Birke; eine mit pastelrotem Himmel umwobene Mitternachtssonne – wie die Heide; die Bäche, Flüsse, Wasserfälle, hüpfend über die
Ein Reisebericht von
Marta Rass
Anreise Kiel – Nachtfähre nach Göteborg
Vom Promenadendeck des Schiffes Stena Scandinavica lag uns Kiel vor den Füßen – die Wolkenformationen deuteten auf ein baldiges Gewitter, aber da, wo wir hinfuhren, da schien die Sonne. Zumindest vorübergehend. Aber genug, um uns in eine fröhliche Stimmung, voller Erwartungen zu versetzten.
Der erste skandinavische Gruß kam aus der Küche – ein Smörgäsbord, sagen unsere schwedischen Freunde - schließlich ist Stena Line eine schwedische Reederei. Eine Augenweide und eine Magenfreude nach all den Stunden im Bus. Leise Brummen der Schiffsmotoren und leichtes Zittern des Schiffes sorgten für einen erholsamen Schlaff. So war der erste Tag vollbracht.
Göteborg – Oslo – Weiterreise nach Hamar
Göteborg umarmte uns mit einer stürmischen Begrüßung: Hej, välkommna! Und so begann unser Tag mit den Musikklängen in der Masthyggskyrka und herrlichen Blick über die Stadt.
Als wir so durch das Schwedenland fuhren, wurde das Wetter anspruchsvoller: nebst dem Wind gesellte sich noch Regen dazu, als ob uns schon gleich am Anfang unserer Reise das Wetter prüfen wollte: seid ihr reif, reif, reif für Norwegen? Natürlich!! Auch als in Oslo ankommend und unsere Stadtrundfahrt im strömenden Regen begann, glaubten wir an unsere Portion Glück – und siehe: im Vigeland Park rissen die Regenwolken auf und wir konnten uns die frisch gewaschenen Skulpturen ausgiebig anschauen. Die Skulpturen der Menschen allen Alters, Lebensabschnittes, Wirkens…. Ein seltsames Lebenswerk des noch seltsameren Künstlers Vigeland, der scheinbar sein Leben durch seine Menschenfirguren, in Stein gemeißelt, geschaffen hat, aber das Gelebte abgelehnt hat.
Zu dieser Zeit ist der Tag in Norden ziemlich lang, dafür die Nacht umso kürzer. Angekommen in Hamar noch ein kurzer Besuch am Vikingskippets, des umgedrehten Wikingerschiffes – die Halle, die dem olympischen Circus im Jahre 1994 diente. Der Rest kam am nächsten Tag an die Reihe, wenn……………………
Lillehammer – Maihaugen – Gudbrandsdal – Dovrefjell – Trondheim
................wir uns noch die Schanze von Lillehammer anschauten. Man sah einen kleinen Punkt über den Absprunghügel zu fliegen, der Punkt wurde immer größer und unten am Auslauf entpuppte er sich als ein junger Mensch – es waren die jungen Skispringer/Flieger, die an dem Tag ihre Trainingsstunden auf die Schanze verbracht hatten. Chapeau! Ich würde jedem eine Medaille geben, die sich überhaupt über Sprungschanze traut.
Wahrscheinlich konnte sich damals Anders Sandvik gar nicht so recht vorstellen, was für ein Touristenmagnet einmal seine Sammlung von den Häusern aus Gudbrandsdal sein wird. Aslak führte uns nach dem, für uns überraschendem musikalischen Empfang (schließlich waren wir die ersten!!), durch den Park und versetzte uns im Geiste in eine längst vergangene Zeit.
Gudbrandsdal ist das längste Tal Norwegens, aber noch länger kam uns der Weg und der Tag heute vor: ein Abstecher zur Ringebu Kirche, Erholungs- und Kaffeestopps, ein Einkaufsbummel in Dombas, erster Fjell auf unserer Reise – Dovrefjell, auf den ersten Blick karg und wild, und trotz Regen und Wolken magisch anziehend. Durch Oppdal der E6 entlang folgten der kargen Welt des Fjells wieder die sattgrünen Wiesen und Getreidefelder und bei Sonnenschein erreichten wir unser Hotel – Lekendal. Der Name ist Programm – Hotel liegt direkt am Lekendalstadion - für alle Fußballfans gewiss ein Erlebnis.
Trondheim – Kristiansund – Atlantikstrasse – Bud – Molde
Es ist für mich noch immer ein Rätsel, wenn ich solch gewaltige Bauten wie den Nidarosdom betrachte, wie das alles in der Vergangenheit geschaffen wurde – von kleinsten Ornamenten bis unheimlich großen Bauelementen, präzisen Instrumenten und endlos schönen Mosaiken aus Glas, Stein…… Und alles bei den Werkzeugen, die damals den Baumeistern zur Verfügung gestanden sind…Der heilige Olav, der nicht so heilig mit den Untertanen umgegangen ist, machte es möglich……
Momentan geht aber nichts über eine Zimtschnecke – aus weichem Teig, bestreut mit Zimt und Zucker, begleitet mit einer feinen Tasse Kaffee – man musste nur über die Alte Brücke nach Bakklandet, einst ein Arbeiterviertel, marschieren. Ein Regenguss gab noch einen zusätzlichen Grund, das erste Kaffeehaus aufzusuchen. Aber so schnell als der Regen gekommen war, hörte er auch wieder auf und das Panoramabild von Brygge von Trondheim konnte man doch im trockenen bewundern.
Kurzer Stopp in Kristiansund, ein obligatorischer Besuch beim Klippfischweib und dann weiter der Atlantikstrasse entgegen. Harald Schönhaar konnte sich damals in seinem Traum nicht vorstellen, was einmal die Menschenmengen so anziehen wird. Schlängelnd über das Schären und Inselchen, und wenn man eine oder die andere Pause macht und sich die kleinsten Ornamente der Natur anschaut, dann bietet die Straße eine unheimliche Freude und Bewunderung. Und noch die Storseisundbrua: was James Bond kann, das können wir auch ??.
Bud – heute ein schnuckliges Örtchen, einst aber ein Schauplatz der großen norwegischen Geschichte erwartete uns in Sonnenschein gekleidet – man könnte davon nicht genug bekommen.
Unser heutiges Quartier ist das Sailet Hotel in Molde, direkt am Meer. Es bot uns alles, was man sich so wünscht – gutes Essen, schöne Zimmer und ein bezaubernden Sonnenuntergang, für kurze Zeit, natürlich. Und ja, den Hof teilt sich das Hotel mit dem Aker Fußballstadion. Wieder eine Pilgerstätte für die Fußballfans……….
Molde – Trollstigen – Alesund
Molde stand an diesem Morgen da wie ein Mädchen, gehüllt in Rosen, Rosenduft und Sonnenschein. Zwar nicht für lange Zeit aber lange genug um einen wunderschönen Blick vom Varden auf die Stadt und den umliegenden Bergkranz genießen zu konnten. Dafür hüllte sich einige Stunden später der Trollstigen in die Regenwolken und herabkommende Nässe. Nix da, wir sind schon regengeprüft und die gute Stimmung im Bus konnte dadurch nicht gestört sein. Paar Hupfer über Gudbrandsjuvet (na ja, man nutzte doch die Brücken…:-)), ein Stopp in Valldal – schließlich ist Erdbeerzeit und man muss doch testen, was so hochgepriesen ist – und mit einer Fjordüberquerung kamen wir nach Alesund, genau gesagt fuhren wir direkt auf Aksla. Berühmtes Postkartenmotiv bot sich uns allemal. Und wenn man abends zu Fuß durch die Stadt mit einer so reichen Geschichte wie Alesund schlendert, findet man viele erstaunliche Dinge und es geht kein Weg vorbei, um sich in diese Stadt zu verlieben. Und wenn der liebe Leser von diesem Bericht, die/der Alesund noch nicht kennt, jetzt fragt: „Ja, was kann man denn da sehen?“ dann sage ich: „Komm und entdecke es selbst, du wirst es nicht bereuen.“
Hellesylt – Geiranger – Djupvatnet – Lom – Jotunheimen
Trolliges Wetter – wie soll auch anders sein – wir sind im Land der Trolle. Wenn es bei der Abfahrt in Alesund noch regnete, verwehrten uns später die Wolken den Blick auf die Umarmung von 2 Fjorden: Sunnylyvenfjord/Geirangerfjord. Auch am Geirangerfjord hingen die Regenwolken ganz tief über dem Wasser – das ganze wirkte ziemlich mysteriös und wunderschön zugleich. Ich denke, kein Gast blieb emotional bei dieser Fahrt mit der Fähre von Hellesylt nach Geiranger unberührt.
Schon von weiten sah ich die Nebelschwaden tief über dem Geiranger Ort hängen. Flydalsjuvet war nicht zu erkennen. Ich hatte es mir so gewünscht, meinen Gästen den wunderschönen Blick über die Ortschaft und den Fjord zu bieten, aber die Hoffnung darauf schwand mit jedem Meter, den wir hoch auf der Geirangerstrasse geschafft haben. „Na ja, zumindest Königin Sonja´s Stuhl musste man sehen“ habe ich mir gedacht, aber siehe mal, ein Wunder: die Nebelschwaden rissen für einigen Minuten auf und der Fjord präsentierte sich vor unseren Augen in aller Pracht. Ob man dieselbe große Freude und Dankbarkeit verspüren würde, wenn man die ganze Zeit nur ein schönes Wetter gehabt hätte?
Dafür wurden wir mit der spannenden Fahrt der kurvenreicher Geiranger Straße hinauf auf 1000 m Höhe entlohnt. Nicht nur der weißblaue Himmel über den Tiefwassersee, sondern auch die sichere und entspannende Lenkkunst unseres Busfahrer Andreas sorgte für einen Höhepunkt des Tages, denke ich. Am liebsten hätte man noch länger verweilt, die wilde Natur mit so vielen Nuancen „atmen“, aber auf uns wartete noch eine schöne Fahrt über die Hochebene, wildes Wasser vom Donfoss vorbei bis Lom, wo wir uns mit der Geschichte der Stabkirche von Lom kennenlernten: vor inneren Augen sah man die Männer, die die Kirche bauten, mit bloßen Händen, im Sommer im Schweiß gebadet, im Winter durch Schneemassen geschoben, dann die Bauer, die Reisenden, die Soldaten, die in der Kirche Schutz gesucht hatten, bis hin zu denjenigen, die mit der Kirche gar nicht so gute Absichten hatten……bis zum heutigen Tag, wo wir unheimlich froh sind, dass solche Juwelen uns erhalten geblieben sind. Genauso wie auch unser Hotel an dem Tag: Elveseter. Eine Mischung aus Museum, Hotel, Herberge ……. Durchdrungen von Zeit und Geist. Wahrhaftig anders als alle anderen Hotels auf unserer Reise. Und mit einem Hauch von Abenteuer. Besiegelt mit der Siegessäule – die eingemeißelte Geschichte Norwegens.
Sognefjell – Sognefjord – Flam – Bergen
Schaute der Anfang dieser Welt, dieser Zeit, dieser Erde so aus? Berge, Schnee, Gletscher, Bergseen…… Man würde sagen: Fifty Shades of blue and grey, verziert durch einzelne Sonnenstrahlen. Das ist Sognefjell, ein Teil Jotunheimens, des Landes der Riesen (und Trollen…) Rauh, riesig, gewaltig, weit und hoch…… Die Fahrt dadurch ist wahrlich ein Erlebnis per se.
In Flam angekommen verspürten wir zum ersten Mal, was eine touristische Saison bedeutet – im schmalen Hafen lag ein Kollos von einem Kreuzfahrtschiff – natürlich brachte er auch die Mengen von Menschen mit, die sich in der kleinen Ortschaft überall verteilen. Ein Gedränge, wohin man ging. Trotzdem kann man das Flair des Dorfes wahrnehmen, wo eine Fahrt mit der Flambahn nach Myrdal und weiter nach Bergen oder mit einem Schiff über den Naeroyfjord beginnt. Aber unsere ging weiter mit dem trauten Bus und unserem Andreas nach Bergen. Ein obligatorischer Stopp am imposanten Tvindefoss, weiter der E16 entlang durch Dale mit den berühmten Strickwarenhersteller Dale of Norway und nach unzähligen Tunneln bei schönem Wetter nach Bergen angekommen. Das ist wie ein 6er im Lotto. Schönes Wetter in der Stadt, wo Regen samt all seinen Kindern daheim ist. Es wäre fast eine Sünde, die Stadt am Abend nicht zu erkundigen.
Bergen – Hardangerfjord – Hardangervidda – Norefjell
Ich lag in meinem Bett, in unserem Hotel, hoch oben im Skigebiet mit herrlichem Blick auf die Hochebene. Etwas leer zu diesem Zeitpunkt, aber gerade deswegen sehr ruhig und angenehm. Vor meinen inneren Augen lief, so wie immer vor dem Einschlafen, ein Film über die vergangenen Stunden. Derweil waren wir am Morgen noch in Bergen, an der Westküste Norwegens. In den frühen Morgenstunden unternahmen wir mit der Lokalreiseleiterin einen Erkundungstripp: zuerst auf vier Rädern und dann auf zwei Füßen. Bei aufsteigender Sonne und schwindenden Nebelschwaden erzählte sie uns dies und das aus der Geschichte und aus der Gegenwart Bergens. Es waren die herrlichen Momente – eine fast menschenleere Stadt, Frische in der Luft und angenehme Darstellung unserer lokalen Reiseleiterin versetzte uns in die Zeit und Raum des „Erzählten“. Und dann noch eine gute Stunde um die eigenen, ganz persönlichen Interessen zu stillen – unsere freie Zeit.
Viele Wasserfälle haben wir bis dato schon gesehen – kleine, große, schmale, breite, mehrsträhnige…. usw. Aber Vöringfossen war eindeutig die Krönung von allem. Was der Donner der gewaltigen Wassermengen vorausgeht, offenbart sich uns dann peu a peu, je länger man den Pfad am Rande der Schlucht folgte: die Wasserfallkaskade in schwindelnder Höhe endet in einem tiefen Canyon als Geburtsort eines Flusses. Dies und später die gefühlt endlose Hardangervidda, die größte Hochebene Europas, vermittelt einem unmissverständlich, wie klein und vergänglich der Mensch gegenüber der Natur ist – fordert sozusagen eine Besinnung und gleichzeitig die Erdung, Bindung auf das, wovon wir ein Teil sind.
Oslo – Göteborg – Fähre – Kiel
Die Vielfalt und Fülle, gepaart mit herrlichem Duft, farbenfroh und stilvoll, das war unser Frühstücksbuffet in unserem letzten Hotel im Lande. Natürlich, begleitet mit echtem norwegischem Wetter.
Unser Weg nach Oslo (übrigens, wie spricht man OSLO aus? ??) führte uns am Tyrifjord vorbei, 3.größter Binnensee Norwegens mit herrlichen Ufern, Stränden, Inseln…. Natürlich gab es in der jungen Geschichte auch die Momente der Schande - vielleicht, um uns die Augen aufzumachen, um daraus eine Lehre zu ziehen?
Oslo zeigte sich beim Abschied genauso wie sie uns empfangen hat – im Regen. Vielleicht sind das die Abschiedstränen? Nicht nur Abschied von der Hauptstadt, sondern wir verabschiedeten auch die ersten Gäste, mittelweile liebgewordene Mitglieder unserer Reisegruppe.
Nach der „Besteigung“ des Daches der Osloer Oper saßen wir wieder im Bus, der Regen verschwand allmählich und Schweden empfing uns schon ganz warm. Im Göteborger Hafen stand bereits unser Schiff – Stena Germanica. Alles schon Routine: check-in, boarding, Kojenbelegung usw……. und natürlich unser Abendmahl. Und nein, ich sage hier nicht „letztes“ – meine lieben Gäste, man trifft sich immer zweimal im Leben, oder? So widmeten wir unsere Gedanken etwas Schönerem und Fröhlichem zu: auf ein Wiedersehen – mit uns und mit dem Land, dass wir jetzt verlassen haben.
Kiel – Dresden
Auch Kiel empfing uns so wie sie uns vor 10 Tagen verabschiedet hat: sonnig und warm. Auch hier schrumpfte unsere Gruppe um die nächsten 6 Gäste: Servus, Adieu und Auf Wiedersehn…….
Jeder Stopp bedeutete einige Gäste weniger und auch für uns, die „bis zum bitteren Ende“ auf dem Bus ausharrten, kroch der Alltag schon wieder in die Knochen. Die Staus und Hetze; das Rennen nach etwas, was uns vielleicht nie eine Zufriedenheit und Freude bringt? Aber nein – Stopp!!!..........
………… weil jetzt kommt die Antwort auf meine Frage ganz am Anfang dieses Berichtes: Ja, ich glaube wir haben das Land, die Natur, die Menschen und letztendlich auch uns und unser aller Leben mit einem offenen Herzen begegnet – es kann gar nicht anders sein, so wie wir alle sind – und das ist, was uns eine tiefe Dankbarkeit, Zufriedenheit und Heiterkeit verleiht. Und das kann uns niemand nehmen. Und letztendlich: wie schon auf dem Stein am Eingang von Masthyggskirche steht: „Die längste Reise ist die Reise nach Innen…“
So erfüllt mich eine tiefe Dankbarkeit, liebe Gäste, euch gegenüber, gegenüber Andreas, der uns so souverän und sicher alle Tage von Ort zu Ort und von Kurve zu Kurve gefahren hat, und all denen, die wir begegnet sind und sie sich um uns auf eine oder andere Weise gekümmert haben.
Und wie schon gesagt: Man sieht sich immer zweimal im Leben…….!!
Eure Marta