Reisebericht: Große Rundreise durch Polen

02.07. – 13.07.2015, 12 Tage Thorn – Marienburg – Danzig – Elbing – Masuren – Warschau – Krakau – Breslau


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Bei sommerlichen Temperaturen durch Polens schönste Städte und Landschaften- für alle Teilnehmer ein bleibendes Erlebnis und der vielleicht Schlüssel zu einem sich rasant entwickelnden Nachbarland.
Ein Reisebericht von
Andreas Höhn

Anreise durch die Keimzelle Großpolens, Romanik in Strzelno

Trotz hochsommerlicher Hitze verlief die Fahrt nach Thorn oder Torun sehr entspannt. Die 11 Gäste, die in Niederlehme auf den Bus warteten, saßen gemütlich auf einem kleinen Freisitz und bekamen eine erste Einführung durch den Reiseleiter. Die Fahrt ging vorbei an Polens erster Hauptstadt Posen und dem erstem im Jahre 1000 durch Kaiser Otto III. gegründeten Bischofssitz Gnesen, wo einst die Gebeine von Polens Nationalheiligem Adalbert ruhten. Auf einer blitzsauberen Raststätte bei Posen legten wir die erste größere Rast ein.
Natürlich ist der Reiseleiter besonders bei einer Studienreise immer bestrebt, den interessierten Gästen auch besondere Sehenswürdigkeiten näher zu bringen, die nicht unbedingt in den üblichen Programmen enthalten sind. Dazu war gleich bei der Anreise die erste Möglichkeit. Direkt an der Strecke lag der kleine Ort Strzelno und dort sind zwei der ältesten und kunsthistorisch bedeutendstenden Kirchen Polens bestens restauriert erhalten. In der um 1150 gebauten Prämonstratenserinnenkirche der Heiligen Dreifaltigkeit hat man 1946 unter einer dicken Putzschicht vier komplett skulpturierte romanische Säulen entdeckt, auf denen Gleichnisse der menschlichen Tugenden und Laster dargestellt sind. Daneben steht um 1200 entstandene und dem Heiligen Prokop geweihte romanische Rundkapelle mit zwei Presbyterien und einer über dem einen Chor gebauten Herrscherloge. Hier handelt es sich um einen einmaligen Übergangstyp zwischen böhmischer Rund- und staufischer Doppelkapelle.
Die Organisation im Thorner Hotel war schlicht perfekt. Unsere Zimmerschlüssel lagen bereit und umgehend konnten wir zum Abendessen gehen, das als Buffet gereicht wurde. Anschließend schlenderten die Gäste auf Anraten des Reiseleiters noch in die mittelalterliche Altstadt, die an allen Ecken studentisches Flair versprüht. Viele zog es ans kühle Ufer der Weichsel, wo es sich auf fest vertäuten Booten angenehm bei einem Getränk sitzen lässt.

03. Juli 2015 Deutscher Orden in Thorn und Danzig

Nach einem reichhaltigen Frühstück holte uns pünktlich um neun Uhr Stadtführerin Nadja im Hotel ab und ganz entspannt schlenderten wir durch die noch ruhige Altstadt von Thorn. Gegründet 1233 vom Deutschen Orden nach Magdeburger Recht findet man sich in den schachbrettartig angelegten Straßen schnell zurecht. Besondere Beachtung erfuhr die gotische Dominikanerkirche mit gut erhaltenen mittelalterlichen Wandmalereien und einem Chorgestühl aus Mooreiche. Da wir auf Intervention des Reiseleiters hin unsere Hotelzimmer bis um 12 Uhr behalten konnten, war es bei der Hitze möglich, sich nach der Führung nochmals zu erfrischen, bevor die Fahrt nach Danzig fortgesetzt wurde.
Weil es zeit- und fahrtechnisch günstiger war, sind wir gleich noch nach Oliwa zum alten Zisterzienserkloster gefahren und haben um 15 Uhr die Orgelpräsentation mit erlebt. Vorher führte der Reiseleiter uns durch Kirche und Kreuzgang. Anschließend ging es dann nach Danzig ins Hotel, wo uns nach dem Einchecken und einer kleinen Erfrischungspause der Reiseleiter bei einem kleinen Stadtrundgang bis zur Danziger Bowke, wo wir das Abendessen einnahmen, mit der Topographie der Altstadt vertraut machte. Nach dem ortstypischen Abendessen in der Bowke konnte jeder noch durch die belebte Altstadt bummeln.

04. Juli 2015 Freie Reichs– und Hansestadt Danzig

Um 9 Uhr holte uns Stadtführer Florian Chyla vom Hotel ab und schenkte uns eine der Hitze angemessene und ganz hervorragende Stadtführung. Ein Höhepunkt war der Besuch der Marienkirche, die die weltgrößte Backsteinkirche überhaupt ist. Die Stadtführung endete am Langen Markt mit einer kleinen Vorführung zur Verarbeitung von Bernstein. Die anschließende Freizeit nutzten fast alle zu einer Bootsfahrt, entweder zu einer Rundfahrt vorbei an der Westerplatte oder zu einem Ausflug in den einst mondänen Badeort Zoppot. Weil in der Dreistadt gerade die Baltic Sail war, das polnische Pendant zur Rostocker Hansesail, gab es viele Segler zu sehen und die Stadt war noch belebter, als sonst im Sommer. Abends gab es tolle Schauvorführungen mit historisch aufgebauten Schiffen.

05. Juli 2015 Marienburg– Ordenssitz und Königsresidenz

Um 08.30 Uhr fuhren wir zur Marienburg, einer der größten Burganlagen überhaupt und die größte aus Backstein. Wir hatten mit der aus dem Ort stammenden Gästeführerin Katharina eine sehr gute Führung durch die vielen gotischen Räume und Gänge. Die anschließend Pause bot Möglichkeiten zum Essen und dann erfolgte die Weiterfahrt nach Sensburg in den Masuren. Das Hotel liegt direkt an einem See, den viele Gäste zur Abkühlung nutzten. Das Abendbuffet war sehr gut und anschließend trafen sich noch einige an einem der kleinen Gaststätten am See auf ein Getränk.

6. Juli 2015 Masurenrundfahrt und Hochzeit

Um neun holte uns die masurische Ortskundige Irena vom Hotel ab und zügig fuhren wir zur Kirche der Heiligen Linde, die eine wundertätige Marienfigur verwahrt. Der jetzige Barockbau stammt vom Jesuitenorden und der Höhepunkt ist die Orgel, unlängst von der Firma Sauer aus Frankfurt Oder restauriert. Neben einem wunderbaren Klang besitzt sie allerhand mechanische Schaufiguren. Sonnen drehen, Engel schwenken ihr Instrumente oder verneigen sich, Glockenspiele werden bewegt und es gibt ein 41. Register für Vogelstimmen.
Nächster Haltepunkt war der Wehrmachts- Führungsbunker „Wolfsschanze", in dem am 20. Juli 1944 das fehlgeschlagene Attentat an Hitler durch Stauffenberg verübt wurde. Die Führung durch einen Historiker, der mehrere Bücher zum Thema veröffentlicht hat, veranschaulichte die Struktur der Anlage und ließ die jüngere Geschichte lebendig werden. Weiter ging es nach Nikolaiken am Spirdingsee, wo wir nach einer Ortsführung ein Boot bestiegen, das eine schöne Runde auf dem See zurücklegte und danach wartete die Bauernhochzeit auf dem Gnadenhof von Eulalia. Berittene Amazonen und drei Planwagen erwarteten uns zur Tour durch den Wald, die auf dem Hof endete. Ein kluges Pferd wählte ein Brautpaar aus und auf dem Hof wurde eine masurische Hochzeit mit Musik und Tänzen zelebriert. Zu Essen gab es Hochzeitssuppe, Fleisch und Bigos und ein kurzweiliger Abend ließ beste Stimmung aufkommen.

07. Juli 2015 Hauptstadt Warschau

Quer durch die schöne masurische Landschaft über fuhren wir in die polnische Hauptstadt Warschau. Wir haben den kürzesten Weg genommen und noch viele Orte und schöne Wälder sehen können. Ab Ostroleka war die S61 als Schnellstraße ausgebaut. In Warschau trafen wir bei unserem Hotel am Kulturpalast die Hauptstadtführerin Eva, die sofort mit einer großen Stadtrundfahrt begann. Erste Station war die grüne Lunge der Großstadt, die Lazienki Królewski oder königliche Bäder, die im 17. Jahrhundert auf dem Gebiet von Burg und Ort Jazdow entstanden. Dies war der erste hiesige Besiedlungsplatz, bis litauische Eroberer die Bewohner vertrieben, die dann ein neues Warschau auf dem Platz der heutigen Altstadt gründeten. In Jazdow baute bereits König Siegmund III. Wasa ein erstes Schloss und Prinz Lubomirski ließ im 17. Jahrhundert durch einen Holländer einen ersten Badepavillon bauen- daher der Name Bäder. Aus dem Pavillon wurde ein Wasserschlösschen und zahlreiche Parkbauten, zum Schluß im klassizistischen Stil, kamen hinzu. Künstler und Gärtner verwandelten das Terrain in eine Rousseausche Ideallandschaft mit Teichen, Bosketten, Inselchen und antikisierenden Bauten. Selbst ein Amphitheater fehlt nicht. Nach der zweiten polnischen Teilung 1795 fiel der Besitz an den Zaren Alexander I., der ihn noch erweitern ließ. Seit 1918 steht er allen Besuchern offen.
Dann fuhren wir zum neu aufgebauten Königspalast, zu dem auch ein palastartiger Anbau der Königsfamilie Poniatowski gehört. Nach Besichtigung des Umfeldes mit der Annenkirche schlenderten wir den Königsweg entlang in die nach dem Zweiten Weltkrieg komplett neu aufgebaute Altstadt, dem wohl größten historisch rekonstruierten Bauensemble überhaupt. Die gotische Johanniskathedrale aus dem 13. Jahrhundert ist Warschaus älteste Kirche. Hier wurden Könige gekrönt und Staatschefs schworen auf die Verfassung. In der Krypta ruhen neben den masowischen Herzögen König Poniatowski, die Präsidenten der Zwischenkriegszeit, Literaturnobelpreisträger Henryk Sinkiewicz und Primas Stefan Wyszynski. Gleich daneben die barocke Jesuitenkirche und schnell ist man auf dem Altmarkt. Auch hier wurden die zwei- und dreiachsigen Mietshäuser komplett auf den alten Fundamenten neu aufgebaut. Ortstypisch sind die kleinen auf dem First gebauten Dachhäuschen, die lediglich Licht ins Treppenhaus bringen sollten. Durch die wieder aufgebaute Barbakane am Rest der Stadtmauer geht es in die Neustadt zum Geburtshaus der Physikerin Marie Sklodowska Curie, in dem ein Museum untergebracht ist. Nicht weit davon am Obersten Gericht trafen wir auf unseren Bus und fuhren zum ehemaligen jüdischen Ghetto, wo sich ein Museum und ein Denkmal für den Ghettoaufstand von April/ Mai 1943 befinden. Weltbekannt wurde der Ort 1970 durch den Kniefall des Bundeskanzlers Willy Brandt. Per Bus dann zum Hotel, das gleich neben Stalins „Geschenk", dem Palast für Kultur und Wissenschaft liegt. Hier gab es bald ein schmackhaftes Abendessen und anschließend schlenderten noch viele Gäste in die Umgebung des Hotels.

08. Juli 2015, Schloss Wilanow

Nach dem Hotelfrühstück holte uns Ewa ab zur Besichtigung des Königsschlosses in Wilanow. Zuerst schlenderten wir durch den herrlichen Park. Im Erdgeschoss des Palastes erinnert viel an die Besitzerfamilie Sobieski, insbesondere an den Entsatz von Wien gegen die Türken durch König Jan III. Sobieski. Im oberen Geschoss waren viele Fürstenporträts, vornehmlich aus dem 19. Jahrhundert zu bewundern. Anschließend fuhr der Bus wahlweise in die Altstadt oder zum Hotel. So konnte jeder nach seinen Neigungen den Nachmittag in Warschau gestalten. Einige erkundeten die Alt- und Neustadt und spazierten durch den von August dem Starken gestifteten und von Pöppelmann gestalteten sächsischen Park ins Hotel zurück, was etwa eine halbe Stunde Fußweg bedeutet. Ein Großteil der Gäste spazierte abends zur alten Musikbibliothek, in der ein Kammerkonzert stattfand. Zurück ging es dann per Bus. Einhellig ist Warschau für alle ein zwar anstrengendes, aber unvergesslich schönes Erlebnis gewesen.

09. Juli 2015, Sandomierz und Schloss Baranow

Um 08.30 Uhr war unsere Abfahrt nach Sandomierz. Größte Stadt am Weg ist das alte Radom mit einer reichen jüdischen Geschichte. Die auf einem Steilufer der Weichsel gelegene Stadt gehört zu den malerischsten in Polen. Neben dem gotischen Rathaus interessierten uns hier die Kathedrale und das Benediktinerinnenkloster, sowie die erste polnische Backsteinkirche, die dem Heiligen Jakobus geweiht ist.
25 Kilometer südwestlich liegt das Renaissanceschloss Baranow, das der Italiener Santi Gucci um 1600 für die Magnatenfamilie Leszcynski baute. Am schönsten hier gefiel uns der mit Arkaden geschmückte Innenhof. In einem historisch möblierten Gewölbe wurde vor der Führung durch das Schloss ein so leckeres wie überreichlich dimensioniertes Mahl gereicht. Nach einer nahrhaften Blumenkohlsuppe gab es für jeden zehn mit Fleisch gefüllte Piroggen, die nur wenige komplett schafften aufzuessen. So gestärkt ging es weiter nach Krakau. Unterwegs ging ein mächtiges Gewitter mit Platzregen auf uns nieder, das, wie wir später sehen konnten, in Krakau erheblichen Schaden angerichtet hat. Viele Bäume hatte Äste verloren oder waren umgestürzt. Auf der Autobahn passierte zum Glück nichts, außer dass sich die Luft abkühlte und so kamen wir gegen halbacht im Hotel an und konnten pünktlich um acht das Abendessen dort einnehmen. Anschließend schlenderten noch einige durch das abendlich belebte Krakau.

10. Juli 2015 Königsstadt Krakau– Wawel und Marienkirche

Nach einem sehr abwechslungsreich zelebrierten Frühstück holte uns die Krakauer Gästeführerin Agnieszka ab und wir fuhren mit dem Bus bis an den Fuß des Wawelhügels.
Wieder um neun (10 Uhr ist zu spät) begann die Stadtführung mit der Kathedrale auf dem Wawel. Agnieszka erzählte anhand der Prunkgräber die Geschichte des polnischen Königtums.
Für die Führung im Königsschloss wurde die Gruppe geteilt und so verkleinert führten uns zwei charmante Damen durch die Gemächer der einst so reichen Residenz. Ein besonderer Höhepunkt waren die über 180 flämischen und französischen Wandteppiche, die weltgrößte Sammlung dieser Art.
Anschließend schlenderten wir den Wawelhügel und die Grodska hinunter zum Hauptmarkt in die Marienkirche. Vor dem Hineingehen hörten wir noch das berühmte Bläsersignal des Hejnal vom Turm, das so abrupt abbricht. In der Kirche konnten wir im Chor unmittelbar vor dem größten gotischen Marienaltar Platz nehmen und Agnieszka erzählte uns den Lebenslauf des Veit Stoss, der um 1447 in Horb am Neckar geboren wurde und 1533 in Nürnberg starb. Er war als Bildhauer und -Schnitzer vor allem in Krakau und Nürnberg als Bildhauer - Arbeiten in Holz und Stein -, Maler und Kupferstecher tätig, vor allem in Krakau (1477-96) und Nürnberg (ab 1496 bis zu seinem Tod 1533) tätig, wobei er zeitweise aus Nürnberg wegen einer Verurteilung fliehen musste. Erstmals 1477 erscheint er in den Quellen, als er nach Krakau geht, um sein erstes Hauptwerk, das Hochaltarretabel der dortigen Marienkirche (bis 1489) und weitere Werke, wie das Grabmal des polnischen Königs Kasimir IV. Jagiello in der Krakauer Kathedrale (1492) zu schaffen. Reich geworden kehrt Veit Stoß 1496 nach Nürnberg zurück, wo er steinerne und hölzerne Skulpturen fertigt. Seit 1503 ist er in ein langwieriges Gerichtsverfahren wegen Urkundenfälschung verstrickt; ihm werden im Dezember 1503 zur Strafe beide Backen mit einem glühenden Eisen durchstoßen, er darf die Stadt nicht ohne Genehmigung des Rates verlassen. Er flieht dennoch 1504 nach Münnerstadt, kehrt aber 1505 freiwillig nach Nürnberg zurück, wo er erneut verhaftet wird. Ein von Kaiser Maximilian I. 1506 ausgestellter Gnadenbrief wurde vom Rat der Stadt Nürnberg nicht berücksichtigt. Dennoch wird ihm später (1514) erlaubt, in Nürnberg eine Gießwerkstatt zu errichten, um Figuren für das Grabmal des Kaisers zu schaffen, das heute in der Hofkirche zu Innsbruck steht. Auch die Nürnberger Patrizier bestellten weiter Werke bei ihm, so den „Englischen Gruß" in der Lorenzkirche (1517/18). Sein Sohn Andreas, der im Nürnberger Karmeliterkloster als Prior amtiert, beauftragt seinen Vater, sein letztes Werk, das Hochaltarretabel der Karmeliterkirche zu schaffen, das bewusst ohne farbige Fassung bleiben sollte (1520-23). Veit Stoß verstarb 1533 wohlhabend. Er wurde auf dem Nürnberger St. Johannisfriedhof.
Nach der Freizeit trafen sich fast alle Mitreisenden am Hotel, um mit dem Bus ins jüdische Viertel Kazimierz zu fahren. Beginnend bei der Alten Synagoge, heute ein Museum, vorbei an der Heiliggeistkirche ging es zur Besichtigung der Remuhsynagoge mit dem Neuen Jüdischen Friedhof. Auf dem belebten Hauptplatz von Kazimierz kehrten wir ins Klezmerhois ein, wo uns ein lecker koscheres Menu, sowie ein Musikertrio bestens unterhielten. Die Geigerin hatte eine herrlich rauchige Stimme, Bass und Gitarre begleiteten stilecht. Um neun holte uns Busfahrer Jens wieder ab und brachte uns zum Hotel zurück.

Sonnabend, den 11. Juli 2015, Krakauer Altstadt und Holocaust in Auschwitz

Um neun holte uns Agnieszka vom Hotel ab und durch den auf der ehemaligen Wallanlage angelegten Park ging es zur Barbakane am Florianstor und hinein in die Floriansstraße. Über den Alten Markt dann vorbei an der Franziskanerkirche mit den Jugendstilfenstern von Wyspianski zum Collegium Maius, dem aus dem 15. Jahrhundert stammenden historischen Universitätsgebäude. Um 11 Uhr öffnen sich die Schaufenster der historischen Uhr und heraus treten die hohen Herren der Universität, als Figuren natürlich. Dann eine kleine Freizeit und um 1 Uhr Treff zur Abfahrt nach Auschwitz. Die Hälfte der Gäste hatten den Besuch im größten Vernichtungslager der Nationalsozialisten gebucht und bekamen dort zunächst eine Führung im Stammlager, sowie im riesigen Vernichtungslager Birkenau.

Sonntag, den 12. Juli 2015– Fahrt zur schlesischen Hauptstadt Breslau

Pünktlich um neun starteten wir auf die Autobahn nach Breslau. Unterwegs verkürzte eiin Film über die wichtigsten Sehenswürdigkeiten Polens die Fahrt und nach der Mittagspause gab es vom Reiseleiter eine kleine Einführung in die besondere Geschichte Schlesiens. In Bresalau trafen wir uns auf der Dominsel mit dem Stadtführer. Herr Edmund Calus und er erklärte im Dom dessen Geschichte und Ausstattung, die teilweise aus anderen Kirchen stammt, weil der Dom mehrfach große Zerstörungen zu erleiden hatte, letztmalig im Zweiten Weltkrieg, wie uns erschütternd eindringliche Fotos zeigten.
Dann fuhren wir zum Messegelände am Zoo mit der berühmten Jahrhunderthalle, die, errichtet zum 100. Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig, selbst wiederum 2013 den 100. Geburtstag feiert. Zu diesem Anlass wurde ein neues und modernes Ausstellungszentrum eröffnet. Die benachbarte Messehalle von Hans Poelzig wird ebenfalls saniert und ist kurz vor der Fertigstellung. Bei unserem direkt neben der gotischen Elisabethkirche direkt mitten in der historischen Altstadt gelegenen Hotel stiegen wir aus und checkten kurz ein, um dann die Altstadt fußläufig zu erkunden. Der Weg führte bis zum Jesuitenkolleg, seit 1811 durch die preußischen Herrscher Schlesiens statt der aufgelösten Viadrina in Frankfurt/Oder wieder Universität. Dann liefen wir auf den riesigen Hauptmarkt und Herr Calus erklärte die wichtigsten Gebäude, natürlich zuförderst das gotische Rathaus aus dem 13. Jahrhundert, das man zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit derb bäuerischen Figuren ergänzt hatte. Nachdem Edmund noch viele Tipps für kleine Besichtigungswege gegeben hatte, verabschiedete er sich und die Gäste hatten noch eine gute Stunde Freizeit, die in dem belebten historischen Stadtzentrum wie im Fluge verging. Kurz vor sieben führte uns der Reiseleiter vom Hotel die paar Schritte zum Markt, wo wir in die Lemberger Schänke einkehrten. Im Obergeschoß wartete ein gemütlich ausgestatteter seperater Raum auf uns. Das Mahl, polnisch deftig, schmackhaft und überreichlich, begann mit frischen Schmalzbroten. Es folgte eine saure schlesische Suppe im Brotteig und als Hauptgang lag zartes Fleisch auf dem offenen Grill, das zu schlesischen Kartoffelklößen gereicht wurde. Obwohl man fast zu platzen drohte, schloss ein Riesenstück Kuchen die Völlerei ab. Die meisten spülten mit hausgebrautem Bier, ausgeschenkt im Tonkrug, das Ganze zünftig hinunter.

Montag, den 13. Juli 2015 – Breslau und Heimfahrt

Zur allgemeinen Freude konnten wir bis 11.30 Uhr unsere Hotelzimmer belegen und hatten den Vormittag zur eigenen Verfügung. So konnte jeder seinen Interessen in Breslau nachgehen. Leider regnete es ein wenig und so war den meisten nicht nach ausgedehnten Spaziergängen zumute. Mittags fuhren wir dann auf der neuen Autobahn Richtung Bunzlau und Görlitz. Letzter und zusätzlich eingebauter Programmpunkt war die Besichtigung der Friedenskirche in Jawor/ Jauer, nach dem Ende des dreißigjährigen Krieges als monumentaler Fachwerkbau für die zumeist evangelischen deutschstämmigen Schlesier errichtet. Zu den Beschlüssen des Westfälischen Friedens im Jahr 1648 gehörte die Erlaubnis für die schlesischen Protestanten, drei Friedenskirchen zu bauen, nämlich in Glogau, Jauer und Schweidnitz. Allerdings musste eine Reihe von Bedingungen erfüllt werden: Steine und Ziegel waren als Baumaterial verboten, nur Holz, Lehm und Stroh durften verwendet werden. Die Kirchen mit Türmen oder Glocken zu versehen war ebenfalls nicht gestattet. Als Standorte kamen nur Plätze außerhalb der Stadtmauern in Frage und die Gebäude mussten innerhalb eines Jahres fertiggestellt werden. Die Baukosten hatten die Gemeinden zu tragen. Die Kirche in Jauer wurde in den Jahren 1654-55 nach einem Entwurf des Breslauer Architekten Albrecht von Saebisch erbaut. Ihre Länge beträgt 43,5 m, die Breite 14 m, die Höhe 15,7 m, die Fläche ca. 1180 m². Die Kirche fasst ca. 5.500 Personen. Der Glockenturm wurde angebaut, nachdem der Kaiser dies nach der Altranstädter Konvention von 1706 gestatteten mußte.
An der zweiten Empore sind 66 Szenen aus dem Neuen Testament dargestellt, an der vierten sind es 71 aus dem Alten Testament. Als direkte Vorlage benutzte der Maler eine Sammlung von 258 Kupferstichen von Matthäus Merian dem Älteren, die 1628 unter dem Titel „Biblische Abbildungen zur Darstellung der wichtigsten Geschichten der Heiligen Schrift" erschienen war.
Die erste Empore ist mit 28 Wappendarstellungen des Adels aus dem Umkreis bemalt. Der Altar von Martin Schneider entstand im Jahr 1672. Das Gestühl der Geistlichen an der Nordseite des Mittelschiffs ist mit Allegorien der drei göttlichen Tugenden Glaube, Hoffnung und Liebe verziert. In der Kirche sind vier mit Bildern und Inschriften geschmückte Beichtstühle aufgestellt. Themen der Gemälde sind König David in Reue mit seiner Harfe, Petrus in Reue nach seiner dreimaligen Verleugnung Jesu und die Sünderin zu Füßen Jesu beim Gastmahl des Pharisäers. Die vierte Darstellung findet sich sonst nicht bei traditionellen Beichtstuhlbildern: einem knienden Sünder erscheint Jesus mit einer Tafel, auf der zu lesen ist: „Dir sind deine Sünden vergeben".
Die Kanzel aus dem Jahr 1670 ist ein Werk von Matthäus Knote aus Liegnitz. Als Träger des Kanzelkorbs fungiert ein Engel mit einem aufgeschlagenen Buch mit den Worten „Das ewige Evangelium". An der Brüstung stehen zwischen Säulen Mose mit den Gesetzestafeln, die vier Evangelisten mit ihren Symbolen und Johannes der Täufer. Den Schalldeckel, auf dem sechs Engel sitzen, bekrönt die Statue des auferstandenen Christus.
Die Orgel auf der Empore baute 1855 der Breslauer Orgelbauer Adolf Alexander Lummert. 2002 wurde sie durch die Dresdener Orgelbaufirma Eule in ihren Ursprungszustand zurückgeführt, mechanisiert und der alte Spielschrank instandgesetzt. Die evangelische Kirchengemeinde in Jauer zählt gegenwärtig ca. 40 Personen und wird mit finanzieller Unterstützung aus Deutschland unterhalten. Es bestehen Partnerschaften mit der evangelischen Friedenskirche in Offenbach am Main und der Kirchengemeinde Bad Reichenhall.
Die Kirche war keinem der Gäste bekannt und somit eine schöne Bereicherung des Programms, die allgemein Beifall fand. Nach kurzer Fahrt legten wir an einer Autobahnraststätte noch eine Mittagspause ein und kurz vor der Grenze hatten die Gäste noch Zeit, in einem Supermarkt allerlei Einkäufe zu tätigen, bevor es endgültig heimwärts ging.

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