Reisebericht: Große Rundreise durch Polen

23.06. – 04.07.2016, 12 Tage Thorn – Marienburg – Danzig – Elbing – Masuren – Warschau – Krakau – Breslau


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Einst reichte Polen von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer und war das in religiöser Hinsicht toleranteste Land in Europa. Großzügig angelegte Marktplätze mit repräsentativen Bauten und malerisch gelegene Schlösser prägen den Charakter des Landes.
Ein Reisebericht von
Andreas Höhn

Donnerstag, 23. Juni – Anreise durch Großpolen nach Thorn


Trotz hochsommerlicher Hitze verlief die Fahrt nach Thorn oder Torun sehr entspannt. Gleich hinter dem Grenzübergang von Frankfurt/ Oder legten wir eine Pause ein, bei der Gelegenheit war, Geld zu tauschen. Die Fahrt ging vorbei an Polens erster Hauptstadt Posen und dem erstem im Jahre 1000 durch Kaiser Otto III. gegründeten Bischofssitz Gnesen, wo einst die Gebeine von Polens Nationalheiligem Adalbert ruhten.
Die Organisation im Thorner Hotel war schlicht perfekt. Unsere Zimmerschlüssel lagen bereit und umgehend konnten wir zum Abendessen gehen, das als Buffet gereicht wurde. Anschließend schlenderten die Gäste zusammen mit dem Reiseleiter noch in die mittelalterliche Altstadt, die an allen Ecken studentisches Flair versprüht. Viele zog es ans kühle Ufer der Weichsel, wo es sich auf fest vertäuten Booten angenehm bei einem Getränk sitzen lässt. Selbst eine Liveband spielte hier zum Abend auf.

Freitag, 24. Juni – Deutscher Orden in Thorn und Danzig


Nach einem reichhaltigen Frühstück holte uns pünktlich um neun Uhr Stadtführerin Nadja im Hotel ab und ganz entspannt schlenderten wir durch die noch ruhige Altstadt von Thorn. Gegründet 1233 vom Deutschen Orden nach Magdeburger Recht findet man sich in den schachbrettartig angelegten Straßen schnell zurecht. Besondere Beachtung erfuhren die Johanniskirche und die gotische Dominikanerkirche mit gut erhaltenen mittelalterlichen Wandmalereien und einem Chorgestühl aus Mooreiche. In der anschließenden Freizeit konnten alle noch die gleichzeitig mittelalterlich wirkende und doch so junge Stadt erkunden.
Anschließend ging es dann nach Danzig ins Hotel, wo uns nach dem Einchecken und einer kleinen Erfrischungspause der Reiseleiter bei einem kleinen Stadtrundgang bis zur Danziger Bowke, wo wir das Abendessen einnahmen, mit der Topographie der Altstadt vertraut machte. Nach dem ortstypischen Abendessen in der Bowke konnte jeder noch durch die belebte Altstadt bummeln.Sonnabend, 25. Juni - Freie Reichs- und Hansestadt DanzigUm 9 Uhr holte uns Stadtführer Florian Chyla vom Hotel ab und schenkte uns eine der Hitze angemessene ganz hervorragende Stadtführung. Ein Höhepunkt war der Besuch der Marienkirche, die die weltgrößte Backsteinkirche überhaupt ist. Die Stadtführung führte über den Langen Markt und durch das Grüne Tor auf die andere Seite der Mottlau, wo uns bereits der Bus mit Fahrer Michael erwartete, um nach Oliwa zum alten Zisterzienserkloster zu fahren. Dort haben eine tolle Orgelpräsentation erlebt. Vorher führte Florian uns durch Kirche und Kreuzgang. Die anschließende Freizeit nutzten fast alle zu einer Bootsfahrt, entweder zu einer Rundfahrt durch den Hafen und vorbei an der Westerplatte. Am Nachmittag hatte Polen ein EM-Spiel zu absolvieren, das sie auch gewannen. Dementsprechend war die Stimmung der Fans überall ausgelassen fröhlich.

Sonntag, 26. Juni Marienburg– Ordenssitz und Königsresidenz

Um 08.30 Uhr fuhren wir zur Marienburg, einer der größten Burganlagen überhaupt und die größte aus Backstein. Wir hatten mit der aus dem Ort stammenden Gästeführerin Katharina eine sehr gute Führung durch die vielen gotischen Räume und Gänge. Die anschließende Pause bot Möglichkeiten zum Essen und dann erfolgte die Weiterfahrt nach Sensburg in den Masuren. Wer mochte, konnte unterwegs während einer Pause auch eine Kleinigkeit von der Bordverpflegung verzehren. Das Spa-Hotel von Sensburg liegt direkt an einem großen See und selbst der Regen legte eine Pause ein, damit wir trocken mit dem Gepäck vom Bus ins Hotel kamen. Selbst das sehr gute Abendbuffet wurde zeitlich vorverlegt, damit die Fußballfans das EM-Spiel der deutschen Mannschaft verfolgen konnten.

Montag, 27. Juni – Masurenrundfahrt zu Land und Wasser und Abendmusik


Um neun holte uns die masurische Ortskundige Agnieczka, die gleich in Sensburg wohnt, vom Hotel ab und auf kleinen alten Pflasterstraßen, die wohl noch der deutsche Orden bauen ließ, fuhren wir nach Nikolaiki, dem touristischen Hauptort der Masuren. Nach einem kleinen Ortsrundgang ging es aufs Boot und bei herrlichem Sonnenschein genossen alle die entspannende Atmosphäre auf dem Spierdingsee, in dem sich fotogene Schäfchenwolken spiegelten. In der Freizeit konnte man in einer der vielen Gaststätten eine leckere Fischsuppe oder Piroggen essen. Am Stadtrand liegt die für so einen kleinen Ort ungewöhnlich große lutherische Kirche, deren Pläne von Karl Friedrich Schinkel stammen sollen. Eingeweiht wurde der klassizistische Bau allerdings erst 1842, ein Jahr nach dem Tode des preußischen Oberlandesbaumeisters. Sie ähnelt mit ihrer in Kassetten aufgeteilten Tonnendecke recht auffallend seinem ersten Kirchenbau im märkischen Neuhardenberg.
Nächster Haltepunkt war der Wehrmachts- Führungsbunker „Wolfsschanze", in dem am 20. Juli 1944 das fehlgeschlagene Attentat an Hitler durch Stauffenberg verübt wurde. Die Führung durch einen Historiker, der mehrere Bücher zum Thema veröffentlicht hat, veranschaulichte die Struktur der Anlage und ließ die jüngere Geschichte lebendig werden.
Am Nachmittag fuhren wir zur Kirche des Klosters der Heiligen Linde, die eine wundertätige Marienfigur verwahrt. Der jetzige Barockbau stammt vom Jesuitenorden und der Höhepunkt ist die Orgel, unlängst von der Firma Sauer aus Frankfurt Oder restauriert. Neben einem wunderbaren Klang besitzt sie allerhand mechanische Schaufiguren. Sonnen drehen, Engel schwenken ihr Instrumente oder verneigen sich, Glockenspiele werden bewegt und es gibt ein 41. Register für Vogelstimmen.
Am Abend wurde im Hotel für uns gegrillt. Wir konnten in einem verandaartigen Raum sitzen, der sich zum abfallenden Seeufer öffnete. Draußen stand ein Koch mit dem Grill und innen war ein ganz tolles Salatbuffet aufgebaut. Ein professionell agierendes und gut aufgelegtes Quartett spielte und sang für uns Volksmusik aus den Masuren. Die Stimmung hätte kaum besser sein können und wirklich alle waren vollauf begeistert von diesem überaus gelungenen Abend.

Dienstag, 28. Juni – Hauptstadt Warschau

Quer durch die schöne masurische Landschaft fuhren wir in die polnische Hauptstadt Warschau. Wir haben den kürzesten Weg genommen und noch viele Orte und schöne Wälder sehen können. Ab Ostroleka war die S61 als Schnellstraße ausgebaut und in Warschau trafen wir bei unserem Hotel nahe beim Kulturpalast den Hauptstadtführer Stefan. Der hatte schon organisiert, dass wir unkompliziert und zügig im Hotel einchecken und die Zimmer beziehen konnten. Nachdem sich alle ein wenig erfrischt hatten, begannen wir sofort mit einer großen Stadtrundfahrt. Erste Station war der sächsische Park, den August der Starke anlässlich seiner Wahl zum König von Polen gestiftet hat. Von hier schlenderten wir zum neu aufgebauten Königspalast, zu dem auch ein palastartiger Anbau der Königsfamilie Poniatowski gehört. Nach Besichtigung des Umfeldes mit der Annenkirche schlenderten wir den Königsweg entlang in die nach dem Zweiten Weltkrieg komplett neu aufgebaute Altstadt, dem wohl größten historisch rekonstruierten Bauensemble überhaupt. Die gotische Johanniskathedrale aus dem 13. Jahrhundert ist Warschaus älteste Kirche. Hier wurden Könige gekrönt und Staatschefs schworen auf die Verfassung. In der Krypta ruhen neben den masowischen Herzögen König Poniatowski, die Präsidenten der Zwischenkriegszeit, sowie der Literaturnobelpreisträger Henryk Sinkiewicz und der Primas der polnischen Kirche Stefan Wyszynski. Gleich daneben die barocke Jesuitenkirche und schnell ist man auf dem Altmarkt. Auch hier wurden die zwei- und dreiachsigen Mietshäuser komplett auf den alten Fundamenten neu aufgebaut. Ortstypisch sind die kleinen auf dem First gebauten Dachhäuschen, die lediglich Licht ins Treppenhaus bringen sollten. Durch die wieder aufgebaute Barbakane am Rest der Stadtmauer geht es in die Neustadt zum Geburtshaus der Physikerin Marie Sklodowska Curie, in dem ein Museum untergebracht ist. Nicht weit davon am Obersten Gericht trafen wir auf unseren Bus und fuhren zum ehemaligen jüdischen Ghetto, wo sich ein Museum und ein Denkmal für den Ghettoaufstand von April/ Mai 1943 befinden. Weltbekannt wurde der Ort 1970 durch den Kniefall des Bundeskanzlers Willy Brandt, zu dessen Denkmal wir um das Ghettomuseum herum gingen.
Abschließend spazierten wir durch die grüne Lunge der Großstadt, die Lazienki Królewski oder königliche Bäder, die im 17. Jahrhundert auf dem Gebiet von Burg und Ort Jazdow entstanden. Dies war der erste hiesige Besiedlungsplatz, bis litauische Eroberer die Bewohner vertrieben, die dann ein neues Warschau auf dem Platz der heutigen Altstadt gründeten. In Jazdow baute bereits König Siegmund III. Wasa ein erstes Schloss und Prinz Lubomirski ließ im 17. Jahrhundert durch einen Holländer einen ersten Badepavillon bauen- daher der Name Bäder. Aus dem Pavillon wurde ein Wasserschlösschen und zahlreiche Parkbauten, zum Schluß im klassizistischen Stil, kamen hinzu. Künstler und Gärtner verwandelten das Terrain in eine Rousseausche Ideallandschaft mit Teichen, Bosketten, Inselchen und antikisierenden Bauten. Selbst ein Amphitheater fehlt nicht. Nach der zweiten polnischen Teilung 1795 fiel der Besitz an den Zaren Alexander I., der ihn noch erweitern ließ. Seit 1918 steht er allen Besuchern offen.
Per Bus dann zum Hotel, das unweit von Stalins „Geschenk", dem Palast für Kultur und Wissenschaft liegt. Hier gab es bald ein schmackhaftes Abendessen und anschließend schlenderten noch viele Gäste in die Umgebung des Hotels.

Mittwoch, 29. Juni – Schloss Wilanow

Nach dem Hotelfrühstück holte uns Ewa ab zur Besichtigung des Königsschlosses in Wilanow. Zuerst schlenderten wir durch den herrlichen Park. Im Erdgeschoss des Palastes erinnert viel an die Besitzerfamilie, insbesondere an den Entsatz König Sigmund III. Sobieski, der 1683 Wien verteidigte und die Schlacht am Kahlen Berg gewann. Im oberen Geschoss waren viele Fürstenporträts, vornehmlich aus dem 19. Jahrhundert zu bewundern. Anschließend fuhr der Bus wahlweise in die Altstadt oder zum Hotel. So konnte jeder nach seinen Neigungen den Nachmittag in Warschau gestalten. Einige erkundeten die Alt- und Neustadt und spazierten durch den von August dem Starken gestifteten und von Pöppelmann gestalteten sächsischen Park ins Hotel zurück, was etwa eine halbe Stunde Fußweg bedeutet. Warschau für alle ein vielleicht etwas anstrengendes, aber auf jeden Fall schönes Erlebnis gewesen.

Donnerstag, 30. Juni – Sandomierz und Schloss Baranow

Um 08.30 Uhr war unsere Abfahrt nach Sandomierz. Der uns schon bekannte Stefan begleitete uns bis Krakau. Größte Stadt am Weg ist das alte Radom mit seiner reichen jüdischen Geschichte. Das auf einem Steilufer der Weichsel gelegene Sandomierz gehört zu den malerischsten Städtchen in Polen. Neben dem gotischen Rathaus interessierten uns hier die Kathedrale und das Benediktinerinnenkloster, sowie die erste polnische Backsteinkirche, die dem Heiligen Jakobus geweiht ist.
25 Kilometer südwestlich liegt das Renaissanceschloss Baranow, das der Italiener Santi Gucci um 1600 für die Magnatenfamilie Leszcynski baute. Am schönsten hier gefiel uns der mit Arkaden geschmückte Innenhof. In einem historisch möblierten Gewölbe wurde vor der Führung durch das Schloss ein so leckeres wie überreichlich dimensioniertes Mahl gereicht. Nach einer Suppe gab es für jeden zehn mit Fleisch gefüllte Piroggen, die nur wenige komplett schafften aufzuessen. So gestärkt ging es weiter nach Krakau, wo wir im Hotel das Abendessen einnehmen konnte. Anschließend schlenderten noch einige durch das abendlich belebte Krakau.

Freitag, erster Juli – Königsstadt Krakau– Wawel und Kazimierz

Nach einem sehr abwechslungsreich zelebrierten Frühstück holte uns der Krakauer Gästeführer Christian, ein aus Celle stammender und nunmehr in Krakau lebender junger Mann, ab und wir fuhren mit dem Bus bis an den Fuß des Wawelhügels. Die Führung begann im Königsschloss und ging durch die Gemächer der einst so reichen Residenz. Ein besonderer Höhepunkt waren die über 180 flämischen und französischen Wandteppiche, die weltgrößte Sammlung dieser Art. mit der Kathedrale auf dem Wawel. Anschließend ging es in die Kathedrale auf dem Wawel und Christian erzählte anhand der Prunkgräber die Geschichte des polnischen Königtums. Unten am Fuße des Wawelhügels wartete wieder unser Bus mit Fahrer Michael und wer mochte, konnte mit ihm zum Hotel fahren. Die meisten Gäste zogen es vor, durch die Altstadt zu schlendern.
Nach der Freizeit trafen sich um 16 Uhr alle Mitreisenden am Hotel, um mit dem Bus ins jüdische Viertel Kazimierz zu fahren. Dort liefen schon die Vorbereitungen für das jüdische Musikfestival. Überall wurden Bühnen aufgebaut und wir hatten Mühe, mit dem Bus ein Plätzchen zum Aussteigen zu finden. Beginnend bei der Remuhsynagoge mit dem Neuen Jüdischen Friedhof ging es weiter zur Hohen und zur Alten Synagoge. Auf dem belebten Hauptplatz von Kazimierz kehrten wir ins Klezmerhois ein, wo uns ein lecker koscheres Menu, sowie gleich zwei Musikertrios in Folge bestens unterhielten. Die Geigerin hatte eine herrlich rauchige Stimme, Bass und Gitarre begleiteten stilecht. Um neun holte uns Busfahrer Michael wieder ab und brachte uns zum Hotel zurück.Sonnabend, den zweiten Juli - Krakauer Altstadt und Holocaust in AuschwitzUm neun holte uns Christian vom Hotel ab und durch den auf der ehemaligen Wallanlage angelegten Park ging es zur Barbakane am Florianstor und hinein in die Floriansstraße. Über den Alten Markt dann vorbei an der Franziskanerkirche mit den Jugendstilfenstern von Wyspianski zum Collegium Maius, dem aus dem 15. Jahrhundert stammenden historischen Universitätsgebäude. Um 11 Uhr öffnen sich die Schaufenster der historischen Uhr und heraus treten die hohen Herren der Universität, als Figuren natürlich.
Anschließend schlenderten wir zum Hauptmarkt in die Marienkirche. Vor dem Hineingehen hörten wir noch das berühmte Bläsersignal des Hejnal vom Turm, das so abrupt abbricht. In der Kirche, der Reiseleiter hatte sich schon um die Eintrittskarten gekümmert, konnten wir als erste in der Schlange im Chor unmittelbar vor dem größten gotischen Marienaltar Platz nehmen und Christian erzählte uns den Lebenslauf des Veit Stoss, der um 1447 in Horb am Neckar geboren wurde und 1533 in Nürnberg starb. Er war als Bildhauer und -Schnitzer vor allem in Krakau und Nürnberg als Bildhauer - Arbeiten in Holz und Stein -, Maler und Kupferstecher tätig, vor allem in Krakau (1477-96) und Nürnberg (ab 1496 bis zu seinem Tod 1533) tätig, wobei er zeitweise aus Nürnberg wegen einer Verurteilung fliehen musste. Erstmals 1477 erscheint er in den Quellen, als er nach Krakau geht, um sein erstes Hauptwerk, das Hochaltarretabel der dortigen Marienkirche (bis 1489) und weitere Werke, wie das Grabmal des polnischen Königs Kasimir IV. Jagiello in der Krakauer Kathedrale (1492) zu schaffen. Reich geworden kehrt Veit Stoß 1496 nach Nürnberg zurück, wo er steinerne und hölzerne Skulpturen fertigt. Seit 1503 ist er in ein langwieriges Gerichtsverfahren wegen Urkundenfälschung verstrickt; ihm werden im Dezember 1503 zur Strafe beide Backen mit einem glühenden Eisen durchstoßen, er darf die Stadt nicht ohne Genehmigung des Rates verlassen. Er flieht dennoch 1504 nach Münnerstadt, kehrt aber 1505 freiwillig nach Nürnberg zurück, wo er erneut verhaftet wird. Ein von Kaiser Maximilian I. 1506 ausgestellter Gnadenbrief wurde vom Rat der Stadt Nürnberg nicht berücksichtigt. Dennoch wird ihm später (1514) erlaubt, in Nürnberg eine Gießwerkstatt zu errichten, um Figuren für das Grabmal des Kaisers zu schaffen, das heute in der Hofkirche zu Innsbruck steht. Auch die Nürnberger Patrizier bestellten weiter Werke bei ihm, so den „Englischen Gruß" in der Lorenzkirche (1517/18). Sein Sohn Andreas, der im Nürnberger Karmeliterkloster als Prior amtiert, beauftragt seinen Vater, sein letztes Werk, das Hochaltarretabel der Karmeliterkirche zu schaffen, das bewusst ohne farbige Fassung bleiben sollte (1520-23). Veit Stoß verstarb 1533 wohlhabend und wurde auf dem Nürnberger St. Johannisfriedhof begraben.
Anschließend holte ein Kleinbus acht Gäste ab zu einem Ausflug nach Auschwitz. Sie hatten den Besuch im größten Vernichtungslager der Nationalsozialisten gebucht und bekamen dort zunächst eine Führung im Stammlager, sowie im riesigen Vernichtungslager Birkenau. Zehn andere Gäste trafen sich um halbsieben am Hotel, um in einem nahe beim Markt liegenden Konzertsaal ein Klavierkonzert mit Werken von Chopin zu genießen. Abschließend galt es, den EM-Krimi Deutschland gegen Italien zu bestehen, der in einem schier endlos scheinenden Elfmeterduell glücklich für Deutschland endete.

Sonntag, den dritten Juli – Fahrt zur schlesischen Hauptstadt Breslau

Pünktlich um neun starteten wir auf die Autobahn nach Breslau. Unterwegs gab es vom Reiseleiter eine kleine Einführung in die besondere Geschichte Schlesiens. In Breslau fuhren wir gleich in den Scheitniger Park zur Jahrhunderthalle, wo wir einen Fotostopp einlegten. Wegen einer Großveranstaltung konnten wir leider nicht in den imposanten Kuppelraum schauen. Außerdem verursachte ein Konzert der Heavy Metal Band Iron Maidon erhebliche Verkehrsstörungen. Auf dem Messegelände am Zoo befindet sich also die berühmte Jahrhunderthalle, die, errichtet zum 100. Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig, selbst wiederum 2013 den 100. Geburtstag feiert. Zu diesem Anlass wurde ein neues und modernes Ausstellungszentrum eröffnet. Seit dem Bau der Kuppel des antiken Pantheons aus dem ersten nachchristlichen Jahrhundert hatte niemand vor Max Berg gewagt, eine Kuppel größeren Durchmessers zu bauen. Die benachbarte Messehalle von Hans Poelzig ist mittlerweile ebenfalls saniert und besticht durch ihre ägyptisierende Form.
Wir trafen uns dann beim Hotel mit dem Stadtführer, Herrn Wojciech Osada und nach dem Einchecken beeilten wir uns, schnell mit dem Bus zur Universität zu kommen, um die prachtvollen Barocksäle der alten Leopoldina anzusehen, die zeitig schließen. Als Bollwerk gegen den in Breslau praktizierten protestantischen Glauben wurde diese Jesuitenanstalt von Kaiser Leopold gestiftet, quasi als Stachel im evangelischen Fleisch. Von hier spazierten wir zur Dominsel und Herr Adalbert erklärte im Dom dessen Geschichte und Ausstattung, die teilweise aus anderen Kirchen stammt, weil der Dom mehrfach große Zerstörungen zu erleiden hatte, letztmalig im Zweiten Weltkrieg, wie uns erschütternd eindringliche Fotos zeigten. Weiter ging es zur Sandinsel mit der riesigen Marienkirche, in der viele gotische Altäre aus anderen Kirchen museumsgerecht aufbewahrt und präsentiert werden. Eine Kuriosität ist das ganzjährig gezeigte Krippenspiel in der Sakristei mit vielen teil pittoresken Details.
Vorbei an den alten Fleischbänken kamen wir zur gotischen Elisabethkirche direkt mitten in der historischen Altstadt neben unserem Hotel. Mit 130 Metern hatte sie einen der höchsten Kirchtürme überhaupt, doch schon im ausgehenden Mittelalter stürzte der ein und wurde kleiner neu aufgebaut. Dann liefen wir auf den riesigen Hauptmarkt und Herr Adalbert erklärte die wichtigsten Gebäude, natürlich zuförderst das gotische Rathaus aus dem 13. Jahrhundert, das man zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit derb bäuerischen Figuren ergänzt hatte. Nachdem er noch viele Tipps für kleine Besichtigungswege gegeben hatte, verabschiedete er sich und die Gäste hatten noch eine gute Stunde Freizeit, die in dem belebten historischen Stadtzentrum wie im Fluge verging. Kurz vor sieben trafen wir uns bei der Gaststätte Pod Fredra, die nach dem volkstümlichen Breslauer Dichter Fredro benannt ist, dessen Denkmal direkt davor steht. Im Erdgeschoss wartete ein gemütlich ausgestatteter seperater Raum auf uns. Das Mahl war polnisch deftig, schmackhaft und überreichlich. Die meisten spülten mit Bier, ausgeschenkt im Tonkrug, das Ganze zünftig hinunter.

Montag, den 13. Juli 2015 – Jauer und Heimfahrt

Um neun Uhr fuhren wir auf der neuen Autobahn Richtung Bunzlau und Görlitz. Ein zusätzlich eingebauter Programmpunkt war die Besichtigung der Kirchen in Wahlstatt Liegnitz. Hier fand 1241 die verheerende Mongolenschlacht statt, bei der viele polnische und deutsche Ritter ums Leben kamen. Unter den Opfern war auch der schlesische Herzog Heinrich II., dessen Witwe hier ein Benediktinerkloster stiftete. Neben der ersten frühgotischen Kirche mit dem Schaugrab des Herzogs beeindruckt die von Kilian Ignaz Dientzenhofer ab 1727 gebaute und von Cosmas Damian Asam ausgemalte Klosterkirche, die wir leider nur von außen bewundern konnten. Weiter ging es ins nahe gelegene Jauer, wo die Friedenskirche nach dem Ende des dreißigjährigen Krieges als monumentaler Fachwerkbau für die zumeist evangelischen deutschstämmigen Schlesier errichtet wurde. Zu den Beschlüssen des Westfälischen Friedens im Jahr 1648 gehörte die Erlaubnis für die schlesischen Protestanten, drei Friedenskirchen zu bauen, nämlich in Glogau, Jauer und Schweidnitz. Allerdings musste eine Reihe von Bedingungen erfüllt werden: Steine und Ziegel waren als Baumaterial verboten, nur Holz, Lehm und Stroh durften verwendet werden. Die Kirchen mit Türmen oder Glocken zu versehen war ebenfalls nicht gestattet. Als Standorte kamen nur Plätze außerhalb der Stadtmauern in Frage und die Gebäude mussten innerhalb eines Jahres fertig gestellt werden. Die Baukosten hatten die Gemeinden zu tragen. Die Kirche in Jauer wurde in den Jahren 1654-55 nach einem Entwurf des Breslauer Architekten Albrecht von Saebisch erbaut. Ihre Länge beträgt 43,5 m, die Breite 14 m, die Höhe 15,7 m, die Fläche ca. 1180 m². Die Kirche fasst ca. 5.500 Personen. Der einfache Glockenturm wurde angebaut, nachdem der Kaiser dies nach der Altranstädter Konvention von 1706 gestatteten mußte.
An der zweiten Empore sind 66 Szenen aus dem Neuen Testament dargestellt, an der vierten sind es 71 aus dem Alten Testament. Als direkte Vorlage benutzte der Maler eine Sammlung von 258 Kupferstichen von Matthäus Merian dem Älteren, die 1628 unter dem Titel „Biblische Abbildungen zur Darstellung der wichtigsten Geschichten der Heiligen Schrift" erschienen war.
Die erste Empore ist mit 28 Wappendarstellungen des Adels aus dem Umkreis bemalt. Der Altar von Martin Schneider entstand im Jahr 1672. Das Gestühl der Geistlichen an der Nordseite des Mittelschiffs ist mit Allegorien der drei göttlichen Tugenden Glaube, Hoffnung und Liebe verziert. In der Kirche sind vier mit Bildern und Inschriften geschmückte Beichtstühle aufgestellt. Themen der Gemälde sind König David in Reue mit seiner Harfe, Petrus in Reue nach seiner dreimaligen Verleugnung Jesu und die Sünderin zu Füßen Jesu beim Gastmahl des Pharisäers. Die vierte Darstellung findet sich sonst nicht bei traditionellen Beichtstuhlbildern: einem knienden Sünder erscheint Jesus mit einer Tafel, auf der zu lesen ist: „Dir sind deine Sünden vergeben".
Die Kanzel aus dem Jahr 1670 ist ein Werk von Matthäus Knote aus Liegnitz. Als Träger des Kanzelkorbs fungiert ein Engel mit einem aufgeschlagenen Buch mit den Worten „Das ewige Evangelium". An der Brüstung stehen zwischen Säulen Mose mit den Gesetzestafeln, die vier Evangelisten mit ihren Symbolen und Johannes der Täufer. Den Schalldeckel, auf dem sechs Engel sitzen, bekrönt die Statue des auferstandenen Christus.
Die Orgel auf der Empore baute 1855 der Breslauer Orgelbauer Adolf Alexander Lummert. 2002 wurde sie durch die Dresdener Orgelbaufirma Eule in ihren Ursprungszustand zurückgeführt, mechanisiert und der alte Spielschrank instandgesetzt. Die evangelische Kirchengemeinde in Jauer zählt gegenwärtig ca. 40 Personen und wird mit finanzieller Unterstützung aus Deutschland unterhalten. Es bestehen Partnerschaften mit der evangelischen Friedenskirche in Offenbach am Main und der Kirchengemeinde Bad Reichenhall.
Die Kirche war keinem der Gäste bekannt und somit eine schöne Bereicherung des Programms, die allgemein Beifall fand. Die Mittagspause legten wir im hübschen Städtchen Bunzlau ein, das durch seine ganz typische Bauernkeramik bekannt ist. Kurz vor der Grenze hatten die Gäste noch Zeit, in einem Supermarkt allerlei Einkäufe zu tätigen, bevor es endgültig heimwärts ging. Leider hat ein Unfall auf der Autobahn kurz vor Dresden die Ankunft um eine Stunde verzögert, aber dies tat der schönen Reise keinen Abbruch.

Bildergalerie zur Reise

Kommentare zum Reisebericht

Vielen Dank für den informativen Reisebericht zu dieser wunderbaren Reise. Hat uns auch beim Sortieren unserer Bilder sehr geholfen.

Brigitte und Bernhard Kuhn
19.08.2016