Reisebericht: Unterwegs in Ostpreußen und im Memelland

05.07. – 14.07.2018, 10 Tage Rundreise mit dem Bus: Danzig – Königsberg – Rauschen – Tilsit – Kurische Nehrung – Kaunas – Masuren Weitere Anreiseoptionen ab/an Danzig (Flug/Zug/PKW) und/oder individuelle Verlängerungen möglich. Fragen Sie uns!


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Die Ostsee entlang in Richtung Osten ging die Fahrt, die für einige Mitreisenden auch eine Reise in die eigene Vergangenheit oder in die ihrer Vorfahren war. Meist lachte uns die Sonne und manche Entdeckung formte einen oft ganz neuen Eindruck von dieser
Ein Reisebericht von
Andreas Höhn

Donnerstag, den 05. Juli 2018. Anreise und Danzig

Unser Bus fuhr von Chemnitz über Dresden und den Berliner Ring nach Frankfurt/Oder und dort über die Grenze nach Polen. Auf der Autobahn ging es weiter über Polens alte Hauptstadt Posen, vorbei an Konin und Strelno, wo Polens älteste Kirche steht. Wir kamen am Nachmittag in die alte Stadt Danzig an. In unserem Hotel in der Altstadt nahe beim Bahnhof konnten wir gleich die Zimmer beziehen. Anschließend lud uns der Reiseleiter ein zu einem kleinen informativen Stadtbummel. Die wichtigsten Stationen waren die alte Mühle, das altstädtische Rathaus und die Katharinenkirche. Hier war Gelegenheit, günstig Geld zu tauschen. Dann ging es bei der Nikolaikirche in die Rechtstadt zum Zeugheus und über den Langen Markt an die Mottlau zum berühmten Krantor. Nach dieser geballten Packung Kulturgeschichte konnten wir gut das Abendessen genießen. Hier stieß auch noch eine Mitreisende zu uns, die mit der Bahn nach Danzig gekommen war.

Freitag, den 06. Juli 2018– Danzig und Königsberg

Nach dem Frühstück erwartete uns Stadtführerin Anna im Hotel und mit ihr fuhren wir auf die andere Seite der Altstadt vorbei am Leegetor zur Kirche Peter und Paul und los ging es über die Mottlau zum Rathaus und zur größten Backsteinkirche der Welt, die innen gerade umfassend saniert wird, was den Eindruck schierer Größe kaum schmälerte. Vorbei an Königs- und Johanniskirche bestaunten wir die Beischläge an den Patrizierhäusern, wie dem der Familie Schopenhauer. Durch das berühmte Krantor hindurch, das einmal das größte seiner Art war und Danzigs Wahrzeichen ist, kamen wir wieder zum alten Hafen und zurück zum Hotel, wo wir nach einer Erfrischung auf unseren Zimmern entspannt die Fahrt nach Königsberg antraten. Die Grenzformalitäten verliefen verhältnismäßig zügig und im russischen Teil erwartete uns bereits Zhuzhuna, die uns die nächsten Tage begleiten würde. Nach einer kleinen Mittagspause in Brandenburg begann die Stadtrundfahrt mit Dombesichtigung nunmehr auch von innen. Dann ging es zum Hotel, das absolute Spitze in jeder Hinsicht ist. Sowohl der Service, als auch die Zimmer und das Essen waren sehr gut. Auch die Lage am Hauptplatz mit der orthodoxen Kathedrale ist grandios. Bis in die Nacht hinein tobt hier das Leben und so zog es die meisten nach dem Essen noch hinaus in den schönen Abend.

Sonnabend, den 07. Juli 2018. Pillau und Palmnicken

Um 9 Uhr fuhren wir nach Pillau, wozu wir eine besondere Genehmigung benötigten, denn hier liegen immer noch Kriegsschiffe der baltischen Flotte. Beim Ortsrundgang sahen wir diverse alte Kasernen aus der Kaiserzeit. Die Garnisionskirche wird heute von der orthodoxen Gemeinde genutzt, die gerade eine kleine Prozession zu Christi Himmelfahrt unternahm. Vorbei an alten Festungsanlagen und martialisch wirkenden Denkmälern schlenderten wir in den Hafen mit dem Leuchtturm nach Plänen von Schinkel. Anschließend ging es nach Palmnicken zum Bernsteinmuseum. Hier konnte man viel über die Gewinnung und Verarbeitung des Ostseegoldes lernen und auch schöne Stücke kaufen. Bei wunderbarem sommerlichem Wetter fuhren wir dann in das altrenommierte Ostseebad Rauschen, wo die Gäste nur noch Freizeit wollten, um an den Strand zu gehen. Im Hotel wartete ein tolles Abendessen auf uns, nach dem noch viele nett beieinander saßen oder im Fernsehen die Fußball-WM verfolgten.

Sonntag, den 08. Juli 2018– Tilsit, Ragnit, Gumbinnen und Insterburg

Zuerst ging es heute nach Tilsit, heute Grenzstadt zu Litauen. Unser Ausstieg war auf dem alten Marktplatz und der Spaziergang führte durch die langgestreckte Fußgängerzone zur nach Preußens Königin benannte Luisenbrücke und das Konterfei der Gattin Friedrich Wilhelm III. schmückt heute wieder den Brückenkopf. Man darf sogar fotografieren, nur auf die Brücke gelangen nur Grenzgänger mit Sonderprikas. Auch am Sonntag waren allerhand Geschäfte und Supermärkte geöffnet und dadurch Leben im Ort. Es gibt auf russischer Seite sogar litauisches Telefonnetz und damit EU-Tarif, was mancher nutzte, um schnell mal zu Haus anzurufen. Die Freizeit nutzten viele in der Fußgängerzone, wo man wirklich ganz nett bummeln kann. Dann ging es weiter nach Ragnit, wo die riesige Ruine der einst mächtigen Ordensburg ausnahmsweise sogar von innen begehbar war. Hier sah man, dass die mächtigen Außenmauern doppelwandig ausgeführt waren.
Die nach Königsberg größte und auch schmuckste Stadt im Rayon ist Gumbinnen. Hier hatten wir eine kleine, aber sehr emotionale Führung in der Salzburger Kirche, bevor wir im Zentrum noch als Kontrast zu dem schlichten evangelischen Gotteshaus den nagelneuen und pompös aufgeführten Bau der russisch-orthodoxen Kirche sahen. In Insterburg begnügten wir uns mit einer kleinen Stadtrundfahrt. Noch vor dem Abendessen gab es etwas Freizeit in Königsberg.

Montag, den 09. Juli 2018– Kurische Nehrung

Nach dem Frühstück fuhren wir durch den einstigen Badeort Kranz, der sich zu einer respektablen Stadt gemausert hat, auf den russischen Teil der Kurschen Nehrung zur Vogelwarte Rossitten. Sie wurde noch in der Kaiserzeit von einem ornithologisch begeisterten Pfarrer gegründet, der damit seine Pension aufs Spiel setzte. Nach dem Zweiten Weltkrieg verdreifachte sich die Arbeit der Vogelschützer. Rossitten wurde russisch, in der DDR entstand die Warte auf Hiddensee und in der BRD Radolfzell am Bodensee. Bei einer sehr guten Führung zeigte uns ein Mitarbeiter die größten Fangnetze der Welt direkt in den Dünen und demonstrierte das Beringen der kleinen Tiere. Dann hatte unsere Führerin im Gasthof des Ortes ein kleines Mittagessen organisiert, das allen sehr gefiel. Zusätzlich besichtigten wir noch die evangelische Dorfkirche, die der Schinkelschüler August Stühler Mitte des 19. Jahrhunderts hier aus Backstein errichten ließ. Sie wird nunmehr von der russisch-orthodoxen Gemeinde genutzt und ist innen dementsprechend mit einer Ikonostase ausgestattet.
Der Grenzübertritt auf der Nehrung nach Litauen verlief relativ zügig. Unsere litauische Gästeführerin Anita war bereits an der Grenze in Nidden und gleich fuhren wir zum Haus von Thomas Mann, von dem wir nach der Besichtigung bequem bergab zum Hotel laufen konnten. Das Sommerhaus ließ Thomas Mann sich in Nidden vom Nobelpreisgeld 1929 über dem berühmten „Italienblick" bauen. Ein schöner Film zeigt historische Aufnahmen von der Nehrung, dazu spricht Thomas Manns Enkel Frido einen Text über die Nehrung, den der Zauberer als Vortrag für seinen Münchener Rotaryclub geschrieben hatte.
Dann bezogen wir im Hotel, das der Künstlerfreund Hermann Blode Anfang des 20. Jahrhundert gegründet hatte, unsere Zimmer. Anita führte die Gruppe kenntnisreich durch Nidden und dann trafen uns zum Abendessen mit anschließendem gemütlichen Beisammensein.

Dienstag, den 10. Juli 2018– Auf der Nehrung

Gleich morgens unternahmen wir die kurze Fahrt auf die hohe Düne, die im frühen Sonnenlicht herrlich wirkte. Wir hatten wunderbare Ausblicke auf die Wanderdünen, deren höchste nunmehr 54 Meter hoch ist. Anschließend fuhren wir auf der Nehrung nach Schwarzort, einem hübschen Badeort. Einheimische Schnitzer haben hier auf dem so genannten Hexenberg zahlreiche hölzerne Figuren aus der reichen litauischen Sagenwelt aufgestellt. Mit uns lief eine einheimische Schulklasse und an den Reaktionen konnten wir sehen, dass den Kleinen die Sagenstoffe wohl bekannt waren
Weil das Wetter sommerlich war, zog es die meisten an den offenen Ostseestrand, der in seiner feinsandigen Weite fast leer war. Viele nahmen auch an einer Bootsfahrt auf dem kurischen Haff teil. Nach dem Abendbrot saß man wieder nett beisammen und genoß die unvergleichliche Atmosphäre auf der Nehrung.

Mittwoch, den 11. Juli 2018– Von Memel nach Kaunas

Morgens wiederum eine Busfahrt über den litauischen Teil der kurischen Nehrung, die zahlreiche Ausblicke in die Natur dieses besonderen Stückchens Baltikum ermöglichte. Mit der Autofähre ging es in den Hafen von Klaipeda, früher die Ordensritterburg Memel. Die Stadt hat unter Kriegen und Sowjetzeit gelitten, doch sind immer mehr bedeutende historische Gebäude zu sehen. Dazu zählt das eher schlichte Herrenhaus, in dem Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. mit seiner Luise 1807/08 residierte, wodurch die Stadt zur preußischen Hauptstadt avancierte. Da allerhand Cafés und Restaurants geöffnet waren, wirkten in der Mittagszeit die Straßen sehr lebendig. Ein ehemaliges Segelschulschiff mit voller Segelpracht ist heute ein fest vertäutes Restaurant und Wahrzeichen von Klaipeda. Natürlich gingen wir zum Theaterplatz, auf dem der Brunnen mit dem berühmten Ännchen von Tharau wieder erstanden ist. Anschließend fuhren wir in ein Einkaufszentrum, wo es in einem Bistro günstig die landestypischen Speisen zu essen gab.
Am frühen Nachmittag stiegen wir in der Altstadt von Kaunas aus, um bei einem Bummel die Stadt kennen zu lernen. Die Führung begann an der alten Burg, hinter der die gewaltige Bernhardinerkirche liegt. Der Orden war entscheidend an der litauischen Christianisierung beteiligt. Nicht weit entfernt liegt der Markt mit dem Dom, dem Jesuitenkloster, das heute wieder ein Elitegymnasium ist, und dem Rathaus. Die nahe gelegene Flaniermeile entlang, auf der übrigens komplettes Rauchverbot gilt, ging es zum Hotel, wo wir bald zu Abend essen konnten. Viele Gäste bummelten dann noch in die Stadt, wo überall das Fußballfieber ausgebrochen war.

Donnerstag, den 12. Juli 2018– Von Kaunas nach Sensburg

Nach dem Frühstück machten uns auf den Weg in die polnischen Masuren. An der inneren EU-Grenze gab es keinerlei Aufenthalte und so konnten wir im bekanntesten Urlaubsort Nikolaiken am Spiedingsee, dem größten Polens, eine längere Pause einlegen, die mit einer Ortsführung durch den Reiseleiter begann. Einige besuchten die evangelische Kirche, deren Pläne von Schinkel sind- gebaut wurde sie erst ein Jahr nach seinem Tode. Angekommen in Sensburg konnten wir sofort unsere Zimmer im Hotel am See beziehen. Dann erwartete uns auf einer Terrasse mit tollem Seeblick ein zünftiger Grillabend, zu dem Eberhardt-Travel als zusätzliche Überraschung für musikalische Umrahmung durch einen Akkordeonspieler gesorgt hatte.

Freitag/ Samstag, den 13. und 14. Juli 2018. Von Sensburg über Marienburg nach Danzig und nach Hause

Viele Gäste hatten den Wunsch geäußert, möglichst zeitig in Danzig zu sein, weil sie gern noch eine Bootsfahrt zur Westerplatte erleben wollten. Nach dem Frühstück fuhren wir gleich zum Orgelkonzert ins Kloster Heilige Linde, wo uns bereits der einheimische Peter Wagner erwartete. Hochbarock baute der Jesuitenorden im Rahmen der Gegenreformation das Kloster zur Glaubensburg aus. Einem zum Tode Verurteilten soll die Madonna erschienen sein, die ihm ein Stück Holz gab, aus dem der eine wunderschöne Madonna schnitzte, die seitdem verehrt wurde und immer mehr Pilger anzog. Neben den illusionistischen Fresken auf Wänden und an der Decke ist die prachtvolle Barockorgel ein Hauptanziehungspunkt. Das unlängst von der Firma Sauer aus Frankfurt an der Oder restaurierte Instrument besitzt fast viertausend Pfeifen und 42 Register. In einem kleinen Konzert konnte man ähnliche mechanische Spielereien bewundern. Anschließend fuhren wir auf zunächst kleineren Straßen die Nordroute nach Danzig. In und um Allenstein waren umfangreiche Bauarbeiten, die zu längeren Staus geführt hätten. Auf dieser hochinteressanten Route sahen wir die riesige Kirche der Deutschordensburg Rössel, dann viele gotische Dorfkirchen aus dem 14. Jahrhundert und als kleinen Höhepunkt die Ordensburg von Heilsberg. Über die Ordensstädte Wormditt und Preußisch Holland ging es nach Elbing, wo ein Stau auf uns lauerte, der sich bis Danzig zog. Schnell waren sich alle einig, den Weg über Marienburg zu wählen. Dieser zusätzlich eingebaute Programmpunkt bildete gleichsam den grandiosen Höhepunkt der Fahrt durch das preußische Ordensland. Die Marienburg stellt das größte profane Backsteinensemble überhaupt dar. Seit 1309 residierte hier der Hochmeister des Deutschen Ordens. Sie ist einmalig in ihrer Ausdehnung am Fluß Nogat, der unweit in die Weichsel mündet und noch immer stoßen Archäologen auf weitere Grundmauern von Vorburgen und Wirtschaftshöfen. Jedes Jahr kommen neue Bauten oder Teile davon hinzu.
In Danzig dann bezogen wir unser Hotel auf der Speicherinsel und immer noch war genügend Zeit für die Bootsfahrt. Mancher bummelte einfach nach gusto, bevor man sich zum Abendessen traf. Auf ähnlicher Route über Gnesen, Posen und Frankfurt fuhren wir nach Berlin und Dresden. Eine schöne Reise mit überreichen Eindrücken von Ländern und Leuten geht zu Ende.

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