Reisebericht: Rundreise Russland: Moskau und der Goldene Ring

30.06. – 07.07.2013, 8 Tage Russland–Rundreise mit Moskau – Wladimir – Susdal – Pereslawl–Salesskij – Sergijew Possad – Kolomenskoje


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Eine Studienreise zu Ursprüngen der russischen Orthodoxie und der russischen Fürsten: von der Gründung der Wladimir-Susdaler Rus zur Entstehung Moskaus und zur Entwicklung der größten europäischen Stadt; von Wladimir I. über Iwan IV., die Romanows zu den politischen Veränderungen im 20. und 21. Jahrhunderts. Acht Tage Kloster, Kirchen, Kreml, verträumte russische Landschaften und Trubel einer Millionenstadt.
Ein Reisebericht von
Dr. Jürgen Schmeißer

30.06.2013 ein erster Eindruck von Moskau

Nicht ins Bett gehen oder Kurzschlaf?: eine Frage, die wir uns wohl alle stellten, als wir die Transferabholung kurz nach Mitternacht erwarteten. Auf jeden Fall unausgeschlafen, erreichten siebzehn Gäste gegen vier Uhr morgens den Noch-Flughafen Berlin-Tegel. Mit Lufthansa flogen wir nach Moskau-Vnukovo, Moskaus drittgrößtem Flughafen im Westen der Stadt. Hinein in die Stadt und wer seit langem nicht in Moskau war, erkennt die Metropole mit ihren massenhaft entstandenen Hoch und Höchsthäusern kaum wieder. Die Mittagsstunde ermöglichte uns zusätzlich zum Programm einen Besuch im Panoramabild-Museum „Schlacht bei Borodino". Im 200. Jahr der Völkerschlacht bei Leipzig konnten wir so die geschichtliche Entwicklung nachvollziehen und erfuhren, wie der Kaiser der Franzosen von Moskau aus  den Rückzug antreten musste. Am Nachmittag nahmen wir unsere Schlüssel im Katarina Park Hotel ca. 30 Metrominuten vom Kreml entgegen. Wenn auch müde, so wollten wir die Metroverbindung testen. So starteten wir zu einer dann doch drei Stunden währenden Besichtigungstour unter Tage. Insbesondere die  Stationen auf der Ringbahnlinie (Bjelorusskaya, Novoslobodskaja, Komsomolskaya), aber auch Platz der Revolution und Majakowskaja entsprechen sehr dem Geist der späten dreißiger und vierziger Jahre mit ihren Darstellungen und der Verwendung edler Materialien.
Eingefahren bei Sonnenschein, flüchteten wir beim Aufstieg vor dem Regen schnell ins Hotel. Abendessen   ... und endlich schlafen, aber voller erster Eindrücke.

01.07.2013 Wladimir und die Ursprünge der Moskauer Rus

Das Moskaus Straßen oft voll sind,  merkten wir zur Treffzeit: Sascha, unser örtlicher Reiseleiter kam eine Stunde später. Obwohl er wohl bereits zwei Uhr aus Wladimir aufbrach, habe er im Stau gestanden. Nun ging es in Richtung Wladimir, Stadt im Nordosten Moskaus mit immerhin 350.000 Einwohnern. Uns interessierten jedoch vorrangig die Maria-Himmelfahrts-Kirche, das Dimitrius-Kloster und das Goldene Tor; Zeitzeugen der Entwicklung der Rus  aus dem 12. Jahrhundert mit Unesco-Welterbestatus.  Natürlich war dazwischen Zeit für russische Plinis mit rotem Kaviar, für ein Eis, einen Kaffee oder nur ein Bummeln zum Suchen individueller Fotomotive. Wenige Kilometer von Wladimir entfernt liegt Boguljubovo mit seinem wieder weiß strahlendem Kloster mit blauen Kuppeln; ein aktives, sehr religiöses Kloster mit wohl achtzig Nonnen und einem perfekt  geführten Klostergarten zur Eigenversorgung. Ein Stück unterhalb des Klosters am Zusammenfluss von Kljasma und Nerl liegt die Pokrov-Kirche am Nerl, die als schönste Kirche des Wladimierer Gebiets gilt. Ein Spaziergang von einem reichlichen Kilometer durch blühende Wiesen führte uns zur Kirche aus dem  Jahr 1162. Auf unserem Weg zum Hotel in Susdal hielten wir am Hofe einer Künstlerfamilie (Ex-Mann Maler) zum Abendessen. Salzgurken, russischer Gemüsesalat, Hähnchenbrust, Ebereschenkonfitüre zum Tee, Brot mit Koriander und wer wollte, ein Vodka auf Meerettich oder Moosbeeren-  und Ebereschenwein. Gegen acht, dann Einzug in unser Hoteldorf am Rand von Susdal, Gorjatschie Klutschi. Die Abendsonne verwandelte die  Banja-Häuschen am Wasser in ein schönes Abendflair.

02.07.2013 Susdal

Zum gut ausgeschlafenen Vormittagsstart ging es nur wenige  hundert Meter bis zum Erlöser-Euthymios-Kloster, einem Wehrkloster aus dem 14. Jahrhundert. Nach der Besichtigung des üppigen Kräutergartens, ertönte das Glockenspiel aus 19 Glocken. In der Erlöser - Verklärungskathedrale mit blau strahlenden Fresken, überraschte uns dann ein Chor mit religiösen Liedern bei bester Akustik.
Beim Verlassen des Klosters ging es an der Wehrmauer entlang mit Blicken in die idyllische Landschaft von Flusslauf, Wiesen, Bauernhäuschen und Kirchen unter blauem Himmel. Am gegenüberliegenden Flusslauf  liegt das Maria-Schutz-Kloster, seit einigen Jahren wieder aktives Kloster mit vierzig Nonnen. Von hier dann kurze Busfahrt zum Freilichtmuseum für ländliche Kultur mit einem Spaziergang durch Bauernhäuser und Holzkirche und einem Lauschen russischer Melodien. Zu Fuß überquerten wir abermals den Fluss, um nun leicht hinauf zum Kreml mit der Kathedrale der Geburt der Gottesmutter zu steigen. Besonders beeindruckend hier die siebenhundert  Jahre alten vergoldeten Türen. Bei großer Wärme war es nach vierstündiger Tour dann Zeit für Mittagspause und individuelles Bummeln und Ausruhen im Hotel.
Zum Abend trafen wir uns zur Fahrt ins Försterhaus, um nach Wodka-Auflockerung Köstlichkeiten der russischen Küche zu genießen: eingelegtes und geschmortes Gemüse, Pelmeni, Blini mit rotem Kaviar, Schaschlik und alles mit Tee nach russischer Sitte zu beenden. Dabei begeisternde Folklore, die zum Mitmachen einlud. Da konnten uns auch einige Mücken den Spaß nicht nehmen.

03.07.2013 Pereslawl Salesski, Sergiew Possad

Durch touristisch wohl völlig unerschlossenes Gebiet ging es nördlich Moskaus durch Felder, Wiesen und Wälder; vorbei an meist einstöckigen Holzhäusern und über manche Welle im Straßenbelag. Erkenntnis: Russland beginnt bereits vor den Toren Moskaus. Zur Mittagszeit trafen wir in Pereslawl Salesski ein, einer Stadt, die 1152 durch Juri Dolguruki gegründet wurde. Ein erster Fotostopp an der Christi-Verklärungs-Kathedrale.  Besichtigung dann des Bergklosters. Vom gewaltigen Bauwerk auf einem Hügel besteht ein prächtiger Blick auf den Ort mit zahlreichen glitzernden Kirchtürmen bis hinüber zum  Plescheewo-See. Hier plante einst Peter I. den Aufbau einer russischen Marine.
Weiterfahrt nach Sergiew Possad, wo Mitte des 14. Jahrhunderts Sergios ein Kloster gründete. Das Kloster gehört zu den bedeutendsten in Russland und besitzt seit Jahrhunderten den Status einer Lawra, eines Klosters 1. Ranges. Heute prägen die Hochschule für Theologie und hunderte Pilger und Touristen das Bild, die vor allem in der Dreifaltigkeitskirche zur Grabstätte des Heiligen Sergius wollen. In Vorbereitung eines Jubiläums im kommenden Jahr waren indes  viele Gebäude, vor allem die Kuppeln der sonst so großartig in der Sonne glänzenden Maria-Entschlafens-Kirche eingerüstet.
Nach zweistündiger Weiterfahrt, in der Nähe des russischen Raumfahrtzentrums in Koroljov vorbei, erreichten wir am frühen Abend das uns bekannte Hotel Katarina Park.

04.07.2013 Moskau mit Bus und Schiff; Kolomenskoje

Pünktlich 9:00 Uhr ging es mit einer Tasche voller Headsets zur Sprachunterstützung vom Hotelvorplatz, um schon bald im Stop and go-Verkehr der Hauptstadt zu enden. Mit 20km/h erreichten wir die Sperlingsberge mit dem Ausblick auf die Stadt und der Lomonossov-Universität im Rücken. Der Dunst eines heiß werdenden Tages lag bereits über der Stadt. Auf der Weiterfahrt zum Außenministerium - in einem der typischen Hochhäuser der Stalinzeit - lernten wir dann auch unsere „Radiotechnik" beherrschen. So konnten wir sprachgeleitet einige hundert Meter auf dem Arbat bummeln. „Die Kinder vom Arbat" betreiben heut ein sehr touristenorientiertes Geschäft und so ist das ursprüngliche Flair des Arbats recht austauschbar geworden. Bei Puschkin und seiner schönen Frau war Tatjana mit ihren Lehrerkenntnissen kaum zu bremsen. Vom Arbat ging es dann zur Christi-Erlöser-Kathedrale, jenem protzigen Neubau für 10.000 Seelen, am Platze einer Kathedrale, die Stalins Wüten einst zum Opfer fiel. Mächtig-gewaltig; aber Geld und Geschmack streben manchmal auseinander...
Am zeitigen Nachmittag wurden wir in Kolomenskoje erwartet. Hier zeigte sich, dass der Begriff mittlerweile zweideutig ist. Während deutsche Touristen in alten Reiseerinnerungen kramen und sich an weiße Kirchenreste erinnern, bieten russische Touristiker den Nachbau eines Holzpalastes des Zarenvaters von Peter I. an. Ein wenig Disneyland - oder soll so der Zar im 17.Jahrhundert gelebt haben?
Nachdem wir den zähen Straßenverkehr kennengelernt hatten, entschlossen wir uns zur Fahrt mit dem zeitsicherndsten Verkehrsmittel,  um pünktlich zur abendlichen Schifffahrt zu erscheinen. Unsere Planung erwies sich als richtig, und so konnten im Rücken von Karl Marx noch schnell einige Fotos am Bolschoi -Theater - unserem Umsteigepunkt von Metro in Bus - gemacht werden.
Am Hotel Ukraina unterhält nun die Radisson-Hotelgruppe eine ganze Armada von großzügigen Ausflugsschiffen mit Restauration. Speisend, schauend, fotografierend bei bestem Spätnachmittagslicht ging es nun die Moskwa flussabwärts durch das Zentrum der Stadt. - ein ruhiger Abend nach etwas fahrtintensivem Stadttag.

05.07.2013 Tretjakowgalerie und Kreml

Wieder benötigten wir eine Stunde um in das Zentrum der Stadt zu kommen, auch wenn unser Busfahrer einen genialen Winkel fuhr. Die Sammlung russischer Kunst in der Tretjakowgalerie vermittelte einen hervorragenden Eindruck über die Kunst im Zeitgeschehen Russlands: von Ikonen Andrej Rubljows, über die  Porträtmalerei am Zarenhofe, die  Peredwischniki bis zur vorrevolutionären Malerei. Natürlich war die Zeit zu knapp; aber eine der größten russischen Kunstsammlungen ist für Touristen ohnehin kaum mehr als im ersten Eindruck zu erschließen. Im umgebenden Moskauer Viertel Samoskworetschije - noch ein Geheimtipp gegenüber dem touristisch überlaufenem Arbat - machten wir dann eine zünftige russische Mittagspause. Den knappen Kilometer bis zum Roten Platz fuhren wir dennoch mit dem Bus. In Vorbereitung einer Silk Way Rally war der geschichtsträchtige Platz leider wieder einmal abgesperrt (irgendein Ölgigant ist Sponsor der Veranstaltung). So bummelten wir durch die Warwarka und dann durch das so phantastisch rekonstruierte Handelshaus „Gostinij Dvor" mit einem riesigen überdachten Innenhof. Anschließend ging es durch das GUM, heut überwiegend von Touristen besuchte dreistraßige, überdachte  Verkaufsfläche für Edelmarken und Delikatessen. An der Kasaner Kathedrale und dem Historischen Museum vorbei, Marschall Shukow auf hohem Roß begrüßt, über das Einkaufszentrum Ochotni Rjad geschlendert und pünktlich zur Buchungszeit am Kreml-Eingang. Nach elektronischer Leibesvisitation ging es dann ins Allerheiligste des Landes, vorbei am Kreml-Kongresspalast zur Zarenkanone und Riesenglocke. Auf dem Kreml-Platz dann ein großer Rundblick zu all den Kathedralen, Palästen und zum Glockenturm. An der Maria-Entschlafens-Kathedrale konnten wir die bauliche Ähnlichkeit mit der gleichnamigen Kathedrale von Wladimir erkunden. Aufziehendes Gewitter ließ uns lieber im Palast des Patriarchen Zuflucht nehmen. Es blieb jedoch trocken, auch während der nun noch gewonnenen Stunde Freizeit im Umfeld des Kreml.

06.07.2013 Neujungfrauenkloster und Alexandrow

Sonnabend: Fahrt zum Neujungfrauenkloster in der Hälfte der Werktagszeit. Zunächst gingen wir auf den Friedhof der Prominenten. Jedes der Gräber erzählt Geschichte: Gogol, Schostakowitsch, Stalins 2. Frau, Molotov, Tupolew, Chrustschow, Gorbatschova, Jelzin ...Eigentlich könnte man Stunden hier verbringen und das 20. Jahrhundert Revue passieren lassen. Der Friedhof wurde an der Südseite des Neujungfrauenklosters geschaffen. So bummelten wir dann zum Kloster und besichtigten die Kathedrale der Gottesmutter von Smolensk. Deren Ikonostas gehört wohl zu den prächtigsten in Russland.
Gegen 11 Uhr startetrn wir unsere Fahrt nach Alexandrow. Unser heutiger Busfahrer war über diesen Auftrag gar nicht glücklich, denn wir würden im Ganztagesstau der auf ihre Datschen fahrenden Moskauer enden. An Sergiew Possad vorbei ging es  in den Nordosten der Moskauer Umgebung. Hundert Kilometer hinter der Stadtgrenze sind wir wieder ganz in Russland. Mit Geduld und gutem Zureden erhielten wir auf Warteposition im Hotel „Alexandrow" - der Begriff „Landhotel" wäre richtig, würde aber bei Deutschen eher romantische Gedanken hervorbringen  - einen Dünnkaffee.
Pünktlich - aber  bitte nicht eher - standen wir am Kloster. Im 16. Jahrhundert hatte sich hier für 17 Jahre Iwan IV. (der Schreckliche) aus Angst vor den Bojaren zurückgezogen und regierte das Land mit Hilfe der Obritschina wie sein aus Georgien stammender Verehrer vierhundert Jahre später. Der Klosterkomplex mit seinen Kirchen und dem Palastgebäude gehört jedoch zu den größten in der Form erhaltenen Klosteranlagen Russlands. Der Zar verabschiedete uns mit Brot und Kwas. So konnten wir auf unserer Zeitreise durch Russland noch einen wichtigen Baustein einfügen und haben einen geschmacklichen Eindruck aus der Zeit von Iwan IV. Richtung Moskau ging es dann zurück in recht geschwinder Fahrt; auch über den Prospekt Mira glitt der Bus mit 90 am Gelände der ehemaligen WDNCH und dem Kosmosdenkmal vorbei.
Zum Tages- und nun fast Reiseabschluss im Restaurant Sretenskaja ein typisch russisches Essen mit sauer Eingelegtem, Lachs-Pastetchen, Moskauer Salat, Lachssuppe, Pelmeni, Apfeltaschen - ja, das ist russische Küche!

07.07.2013 Rückflug

Mit ausreichend zeitlichem Puffer starteten wir zehn vor Acht und waren schon nach einer halben Stunde am Flughafen Vnukovo. LH-Flugkapitän Andre' Schmitt erzählte von nicht vollständig gelieferten Speisen und fragte, ob es ausreichend Nichtessenswillige Fluggäste gebe, so dass er mit den geringen Reserven an Essen (!)  dennoch die Starterlaubnis einholen könne. Da er diesen Wunsch  auch recht locker in Russisch vorbrachte, waren ausreichend Essenablehner vorhanden, so dass wir nach ruhigem Flug, pünktlich Berlin-Tegel erreichten. (Die russische Zollabfertigung von Brötchen und Salat hätte wohl ein ganzes Weilchen gedauert.)
Bolschoje spasibo. Do swidanija. Do sledujuschij puteschestwowanjij c Eberhardt...

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