Reisebericht: Städtereise St. Petersburg – Russlands Zarenmetropole an der Newa

24.06. – 29.06.2012, 6 Tage Städtereise St. Petersburg mit Flug: Winterpalais – Eremitage – Peterhof – Katharinenpalast mit Bernsteinzimmer in Puschkin


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Kaum eine Stadt der Welt hat dieses unverwechselbare Flair. Allgegenwärtig ist die Newa mit ihren Kanälen und Nebenarmen. Historische Schlösser und Paläste prägen das Stadtbild und unschätzbare Kulturgüter locken Tausende von Besuchern an.Die legendären weißen Nächte haben eine magische Anziehungskraft. Kommen Sie mit mir auf eine Reise in das Venedig des Nordens.
Ein Reisebericht von
Karin Schröter

Reisebericht

1.Tag: Endlich ist es soweit. Voller Erwartungen wollen wir St.Petersburg kennenlernen, die einstige Zarenresidenz mit vielen prachtvollen Bauwerken, die Jahrhunderte überdauert haben.Die Stadt liegt auf dem gleichen Breitengrad wie Oslo, das verursacht eine sehr lange Helligkeit von Ende Mai bis Ende Juni, eine der beliebtesten Reisezeiten überhaupt , die sogenannten "Weißen Nächte". Unser Hotel "Pulkovskaya" liegt in unmittelbarer Nähe des Flughafens, zu einer Fahrt in die Innenstadt, sieben Metrostationen sind es bis zum Newski Prospekt, kann sich nach einem langen Tag niemand mehr entschließen. Stundenlange Paßkontrollen können ganz schön ermüdend sein...
2.Tag: Bei einer Stadtrundfahrt bringt uns Natalia St.Petersburg nahe.Alles ist groß, gewaltig und beeindruckend, nicht nur die 47,5 m hohe Alexander-Säule in der Mitte des Schloßplatzes, die im im Jahr 1834 binnen 40 Minuten aufgerichtet wurde. Nach der Überlieferung soll der verantwortliche Architekt beim Bau der Säulenbasis im Winter  angeordnet haben, den Zement mit Wodka zu mischen - gegen den Frost. Wir bekommen einen Eindruck von der Größe der Eremitage, machen einen Fotostopp an den Rostrasäulen, ursprünglich als Leuchttürme entworfen, und haben einen wunderschönen Blick auf die Haseninsel mit der Peter-und-Paul Festung, sehen in der Ferne den Panzerkreuzer Aurora und haben immer wieder die Newa vor Augen, die der Stadt ein besonderes Flair verleiht. Etwas mehr Zeit haben wir für die Besichtigung der Festung mit Bastionen und bis zu 6 m starken Festungsmauern. Mächtig erhebt sich die Peter-und-Paul-Kathedrale vor uns, deren goldene schlanke Turmnadel zum Wahrzeichen der Stadt wurde. Die Kathedrale selbst ist die Grablege der Zarenfamilie Romanow und in der Katharinenkapelle ganz in der Nähe des Haupteingangs wurde 1998 in einer feierlichen Zeremonie die Familie des Zaren Nikolaus II.beigesetzt. Es ist Zeit für eine kleine Pause. Souvenirgeschäfte gibt es wie Sand am Meer und warum sollte ausgerechnet  dieser Kelch gerade an uns vorübergehen? Wir tauchen ein die Welt der Matrjoschkas, der Holzschüsseln, Teller und Löffel,  des Bernsteinschmucks und der eine oder andere wird sogar fündig und schwach. Nebenbei dürfen wir Wodka probieren, Tee trinken, russisches Konfekt naschen und Preiselbeerlikör testen. Dann geht es weiter und ein bißchen Freizeit in der Nähe des Newskiprospektes ist uns vergönnt. Ein quirliges Treiben herrscht auf der Kultur-und Einkaufsmeile, leider haben wir keine Zeit für einen Kaffee im Singer Haus, dafür werfen einige von uns einen Blick in das kürzlich renovierte Jelissejew-Haus, ein Feinkostgeschäft im schönsten Jugendstildesign mit Kristalllüstern, Spiegelwänden und vergoldeten Gußeisenblumen.
Interessant ist der Bummel durch eine überdachte Markthalle, aber noch interessanter sind die Frauen an der Straße, die versuchen, alles zu verkaufen, was Ihr kleiner Garten so hergibt. Treffpunkt für alle im Anschluß ist der Eingang zur Metrostation. Wer nicht Metro gefahren ist, kennt St.Petersburg eigentlich gar nicht. Mit einem sogenannten Jeton kann man beliebig weit fahren und beliebig oft umsteigen. Die Metroschächte liegen sehr tief und die Rolltreppen sind entsprechend lang und die Geschwindigkeit, mit der man sich nach unten bewegt, könnte man durchaus  als ganz schön  rasant bezeichnen. Wir haben an diesem Nachmittag sozusagen einen kleinen Metroschnupperkurs absolviert.  
3.Tag: Heute steht der Besuch eines der größten Museen Europas auf dem Programm: die Eremitage, zu deutsch: Einsiedelei. Die Bezeichnung ist absurd angesichts der Menschenmassen, der langen Warteschlangen, des Drängens und des Schiebens und des Lärmpegels. Trotz allem verzagen wir nicht und lassen uns von Natalia durch die Räume mit unschätzbaren Werten führen und bestaunen Gemälde, Kunstgegenstände und Mobiliar im scheinbaren Überfluß.
Für diejenigen, die noch immer voller Tatendrang sind, bietet Natalia nach einer kurzen Mittagspause  einen Rundgang durch die Kollektion französischer Meisterwerke an. Zur Sammlung gehören Gemälde von Monet, Renoir, Gauguin und vieler anderer Meister. Mit 37 Bildern besitzt die Eremitage zudem die größte Matisse-Sammlung außerhalb Frankreichs. Einfach beeindruckend. Treffpunkt Alexandersäule: Katharina und der russische Zar in hübschen historischen Kostümen wirbeln über den Platz, ständig Ausschau haltend nach zahlenden Motivjägern. Wir hingegen bewegen uns Richtung Schiffsablegestelle und durchqueren auf dem Wasserweg ineinander verschlungene Kanäle. Nicht umsonst trägt St. Petersburg auch den Namen "Venedig des Nordens". Das Wetter macht uns gottseidank keinen Strich durch die Rechnung. Wir lassen die Seele baumeln  und genießen, wie Brücken und Paläste an uns vorüberziehen.
4.Tag: Wir fahren heute nach Peterhof, um eine der schönsten Schloßanlagen der Welt zu besichtigen, ganz idyllisch 30 km westlich der Stadt am Finnischen Meerbusen gelegen. Geduld am Eingang ist angesagt, aber es geht relativ schnell vorwärts und außerdem entschädigt uns ein phantastischer Blick vom Oberen Garten hinunter auf die Fontänen und den goldenen Figurenschmuck der Großen Kaskade im Sonnenlicht. Höhepunkte der Führung sind die Repräsentationsräume wie der Tanzsaal, der Thronsaal, der Weiße Speisesaal und die Chinakabinette. Ein Raum ist schöner als der andere und das Auge kann sich gar nicht satt sehen an der unvorstellbaren Pracht und ungeheuren Verschwendungssucht. Ein kleiner Spaziergang durch den Unteren Park rundet den Nachmittag ab. Vorbei an der Schachbrettkaskade von bunten Drachen bewacht, aus Holz gefertigt und schon seit dem 18.Jahrhundert hier, sehen wir die Scherzfontänen in Aktion, die ahnungslose Besucher bespritzen. Wir sind auf der Hut und lassen uns nicht  hinter's Licht führen. Am Schloß Monplaisir angekommen wird ein kleiner Halt eingelegt und wir schauen mit Begeisterung auf die Ostsee und das Landschaftsbild, das sich vor uns ausbreitet. In eigener Regie flanieren wir durch den Park, bleiben ab und an an den zahlreichen Souvenirständen stehen und genießen noch einmal die Einzigartigkeit dieser Anlage bis es nach Hause und zurück in unser Hotel geht.
5.Tag: Ein neuer Tag und neue Eindrücke, die auf uns warten: die mächtige Isaak-Kathedrale, eine der größten Kuppelkirchen der Welt, die größte, die im 19.Jh. gebaut wurde. 24000 Pfähle mussten in den sumpfigen Boden am Newa-Ufer gerammt werden. Nach 40jähriger Bauzeit war das Werk vollendet und konnte geweiht werden. Eine Fülle von Kunstwerken sind im Innenraum  zu bewundern, unter anderem das bronzene Zarentor, das Kuppelgemälde und die mit Mosaikbildern geschmückte Ikonstase. Über 40 Mineralien, Marmor-und Granitarten fanden Verwendung, was das Herz von Mineralogen mit Sicherheit höher schlagen läßt. Die Kathedrale selbst war ab 1928 Museum und seit Juni 1989 wird sie wieder als Gotteshaus genutzt.
Ein schöner Panoramablick bietet sich, wenn man nach 260 Stufen die Aussichtsplattform erreicht, aber dafür hatten wir leider nicht die Zeit, denn die Christi-Auferstehungskirche, ein in Erinnerung  an ein Zarenattentat erbautes Gotteshaus, stand noch auf unserem Tagesprogramm.
Genau an der Stelle, an der Zar Alexander II. nach der Detonation einer Bombe im März 1881 verblutend auf dem Straßenpflaster zusammenbricht, begann man die Kirche zu planen. Sie wurde genau an der Stelle errichtet, wo das Blut geflossen war. Bevor wir am Abend Abschied von St.Petersburg nehmen, statten wir Zarskoje Selo einen Besuch ab, ein absolutes Muß für jeden Aufenthalt in dieser Stadt. In den Wirren des Zweiten Weltkrieges wurden viele Kunstschätze in das sogenannte "Großdeutsche Reich" abtransportiert, manche sind für immer verschollen.
So wird über den Verbleib des berühmten Bernsteinzimmers immer noch gerätselt.Es bietet sich ein überwältigendes Bild, wenn man sich dem Schloßpark nähert. Eine über 300 m lange Prachtfassade, blau und weiß leuchtet alles, unterbrochen vom dunklen Braungelb der Ornamente, zu Elisabeth's Zeiten war der Fassadenschmuck über und über mit Blattgold überzogen. Viel Interessantes erfuhren wir bei der Führung durch die Prunkräume über das Leben am Hofe zur Zarenzeit, aber jeder fieberte im Grunde genommen einem besonderen Moment entgegen: der Besichtigung des Bernsteinzimmers. Das verschollene Original wird möglicherweise für immer verloren sein, doch die Kopie ist im wahrsten Sinne des Wortes ein gelungenes wunderschönes Pendant und seit 2003 nach jahrelangen Recherchen und Rekonstruktionsarbeiten wieder der Öffentlichkeit zugänglich.
Unweit von Zarskoje Selo befindet sich unser Restaurant "Podvorye", in dem wir unser Abendessen einnehmen sollen, bevor wir am nächsten Tag  nach Hause fliegen. Ein schöner Abend, in heimeliger und ursprünglicher Atmosphäre. Urgemütliche Holzbauweise, deftige russische Küche, Wodka und Wein soviel jeder wollte und vertrug, musikalische Darbietungen mit russischer Seele, die Stimmung aufkommen ließ und alle zum Mitmachen und Mitsingen animierte. Ein schöner Abend, bei dem sich alle wohlfühlten.
6.Tag: Nun ist wirklich der letzte Tag unseres Aufenthaltes in St.Petersburg angebrochen.Der Abflug ist für die Nachmittagsstunden geplant. So bleibt noch Zeit für eigene Unternehmungen oder einen geplanten Ausflug zum Jussupow-Palast am Vormittag. Ursprünglich ein kleines Adelspalais ist es im 20.Jahrhundert zum Schauplatz der Geschichte geworden. Hier wurde in der Nacht des 17.Dezember 1916 der sibirische Mönch und Berater des Zaren Rasputin  ermordet. Besser: man versuchte den Mord mit Zyankali im Gebäck, was mißlang. Schließlich wurde er  erschossen und durch ein Eisloch ins winterkalte Wasser der Kleinen Newa geworfen. Ein kleines Museum im Keller des Palais erinnert in Szenen und mit Wachsfiguren an die schreckliche Tat.
Mit Wehmut treten wir nun die Fahrt zum St.Petersburger Flughafen an, heißt es doch Abschied nehmen von einer Stadt, die uns  in den wenigen Tagen unseres Aufenthaltes so  an's Herz gewachsen ist.
Noch ahnen wir nicht, welch böse Überraschungen der Flughafen  bei unserer Ankunft für uns bereit hält. Wir passieren die Gepäckkontrolle, bekommen unsere Bordkarten und wollen pflichtbewußt die Paßkontrolle über uns ergehen lassen und staunten nicht schlecht,daß vor den Schaltern  Menschen über Menschen dichtgedrängt und wütend  beieinander standen und auf die Abfertigung warteten. Mehrere Maschinen sollten fast zeitgleich starten und leider ware die russische Paßkontrolle dem Ansturm in dem kleinen Terminal  nicht gewachsen. Nach endlosem  nervenaufreibenden Warten saßen wir endlich in der Air Berlin Maschine und traten mit über zweistündiger Verspätung unseren Heimflug an. Ein Wermutstropfen in der ganzen Geschichte, aber St.Petersburg kann nun wirklich nichts dafür. Es bleibt eine faszinierende, bezaubernde Stadt und  ist immer eine Reise wert.

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