Reisebericht: Studienreise Russland: Transsib von Moskau nach Burjatien

14.07. – 01.08.2019, 19 Tage Rundreise in Russland mit der Transsibirischen Eisenbahn: Moskau – Kasan – Jekaterinburg – Omsk – Nowosibirsk – Krasnojarsk – Irkutsk – Baikalsee – Ulan Ude


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Mit dem Regelzug auf der Strecke der Transsibirischen Eisenbahn zum Baikalsee und nach Burjatien mit ausführlichen Stopps in Moskau, Kasan, Jekaterinburg, Omsk, Novosibirsk, Krasnoyarsk, Irkutsk, Ulan Ude
Ein Reisebericht von
Dr. Jürgen Schmeißer

14.07.2019 Anreise nach Moskau ab Berlin mit Aeroflot

Eine Gruppe von vierzehn Gästen traf sich am Sonntagmorgen am Flughafen Berlin-Schönefeld, um mit Aeroflot nach Moskau zu fliegen. Gäste aus dem Raum Dresden konnten den Transfer im Bus mit einer Sondergruppe aus Freiberg nutzen, die diese Reise als 16-Tage-Reise parallel durchführen wird. Voller Spannung trafen wir mit einer Stunden Zeitumstellung - Russland hat keine Sommerzeitregelung - am Sommernachmittag in Scheremetjewo ein. Jelena, unsere Moskauer Stadtführerin holte uns ab. Mit dem Bus ging es durch den „Vorort" Chimki über die Leningrader Chaussee und den Leningrader Prospekt zum Weißrussischen Bahnhof, dann über die Brestskaja und den Gartenring zum Hotel Katarina City am Moskwa-Kanals. Wie in jedem Jahr waren wieder viele Bauforschritte festzustellen; insbesondere durch die Fussballweltmeisterschaft im Vorjahr hatte sich manches weiter herausgeputzt; nun war auch das Dynamo-Stadion fertig geworden. Bis zum Abendessen war Zeit zum Gelderhalt am Bankomaten, Ausruhen oder für einige Schritte vor die Tür. Nach dem etwas vorgezogenem Abendessen starteten wir zu einer kleinen zusätzlichen Tour mit der Metro und ihren phantastischen Stationen -insbesondere der Ringbahn. Vom Paweletzki Bahnhof ging es zur Kiewskaja - kleiner Gechichtsunterrricht - zur Bjelorusskaja, der buntglasigen Novoslobodskaja und als Höhepunkt zur Komsomolskaja.
Als es nach 21 Uhr langsam grau wurde, bummelten wir vom Detski Mir nähe der Ljubjanka durch die üppig „weihnachtlich" illuminierte Nikolska zum GUM und probierten das traditionelle Eis des Hauses. Abschluss dann auf dem Roten Platz nun im Licht der Strahler des Kreml und der Beleuchtung des GUM; selbst um 22 Uhr noch voller Menschen. Nach langem Tag war dann die Kraft heraus und in dreißig Minuten erreichten wir mit der grünen Metrolinie und zu Fuß unser Hotel.

15.07.2019 Moskau und Zugfahrt nach Kasan

Um 10 Uhr trafen wir uns für eine Stadtrundfahrt mit dem Bus. Zunächst an Samoskworetschie und dem südlichen Moskwaufer mit Blick auf den Kreml vorbei, ging es am Heiligen Wladimir, der Manege, der Duma, an Karl-Marx, der Ljubljanka, dem noch immer eingerüsteten Polytechnischen Museum vorbei zum nördlichen Moskwaufer. Wo einst das Hotel Rosssija stand, befindet sich nun ein Park mit Konzerthalle und ausschwingendem Brückenkopf auf die Moskwa. Der „Busgästeausladeplatz" unterhalb der Basiliuskathedrale ist neu sortiert, so wagen wir es und bummeln bei Tageslicht hinauf zur Kathedrale.
Dann muss sich der Reiseleiter ein wenig um die andere Gruppe kümmern, so dass ich nur berichten kann, was ich im nachhinein erfuhr. Aber programmgemäß wurde der Touristenblick von den Sperlingsbergen und der Lomonossov-Universität genossen, ein Blick auf das Neujungfrauenkloster geworfen und einigen Prominentengräbern auf dem Friedhof am Neujungfrauenkloster die Ehre erwiesen. Nach einer kleinen Kaffeeepause am Ochotnij Rjad wurde der Kreml am Nachmittag besichtigt. Pünktlich ging es durch das Troizkitor zur Besichtigung des Kreml. Mit nur einem kurzen Schlangestehen und ein wenig Schupsen waren wir im Heiligtum russischer Staatsmacht. Auf den üblichen, touristenbelassenen Wegen ging es zum großen Kremlplatz gegenüber dem Amtssitz des Präsidenten, wo das ehemalige Gebäude einer Militärschule vor Jahren abgerissen wurde und seitdem freier Blick zur Kremlmauer und Spasskiturm besteht. Die große Kanone, die Glocke und zwei der ehrwürdigen Kathedralen Kremlkirchen gehören zum „Pflichtprogramm".
Um Staus zu vermeiden, fuhren wir mit der Metro zunächst nochmals zur Kiewskaja, um dann auf der Smolenskaja auszusteigen und auf dem Alten Arbat wenigstens bis zum Puschkindenkmal zu bummeln. Bevor wir die Bahnfahrt nach Kasan antraten, aßen wir im Restaurant Lermontow recht frühzeitig zu Abend. Später am Kasaner Bahnhof konnten wir ein wenig das bunte Treiben auf Moskauer Bahnhöfen beobachten. Im Wagon 2 des Zuges Nr. 2 fanden wir unsere Plätze. Der Verstau des Gepäcks ging ungewöhnlich zügig voran. Pünktlich 20:48 Uhr zog der Zug an. Durch die schon dunkle Stadt, Vorstädte, Wälder und Datschensiedlungen des Moskauer Umlandes ging es in die tiefe Nacht hinein Richtung Kasan.

16.07.2019 Kasan

Der Schlafwagenschaffner brauchte uns nicht wach zu klopfen; erwartungsvoll schafften wir es allein. Pünktlich 8:00 Uhr lief der Zug in Kasan ein. Unsere tatarische Reiseleiterin Alina stand bereit und begleitete uns ins Mariott-Hotel. Nach Frühstück, Zimmerbezug und Duschen konnten wir zur Stadtbesichtigung starten. Durch die wesentlichen Straßen der Stadt, an der Universität mit dem jungen Lenin vorbei, erreichten wir den Kasaner Kreml. Von einer weißen Mauer umrundet sind Maria-Verkündigungskirche, klassizistische Gebäuden der Administration und der Galerie Tatarstans, Reste eines ehemaligen Klosters, der heutige Präsidentenpalast und eine der größten Moscheen außerhalb eines arabisch-muslimischen Landes. Weißer Marmor, leuchtend türkisfarbige Kuppeln und vier große und vier kleine Minarette machen die Moschee zu einer Dominante des Stadtbildes. Die Ausblicke vom Kreml auf die Stadt mit ihren Universade-Schwimm- und Fussball-Weltmeisterschaftsbauten an der Kasanka offerierten uns eine helle und überaus saubere Stadt.
Vor dem Mittagessen statteten wir noch der Ikone der Gottesmutter von Kasan einen Besuch ab. Im einstigen Klosterkomplex, in Sowjetzeiten Zigarettenfabrik, ensteht wieder eine neue Kathedrale als künftiger Aufstellort der wundertätigen Ikone.
Nach dem Mittagessen und ein wenig Bummeln auf der Baumannstraße fuhren wir auf die andere Seite der Kasanka zum „Kessel", dem Standesamt der Stadt, von wo wir einen nachmittäglichen Blick auf die Stadtsilhouette genossen. Durch die modernen Schlafstädte Kasans ging es zu einem Stopp am Fussball-WM-Stadion von 2018, wo die Jungs von Jogi eine Gruppen(rück)reise nach Deutschland gewannen.
Nach kurzer Erfrischungspause im Hotel ging es zu einem Stopp am Flussschiffhafen und dann an den Wildschweinsee und in das alte tatarische Viertel mit bunten Holzhäusern und einer durch Katharina II. inspirierten alten tatarischen Moschee - ein klassizistisches Gebäude mit Minarett.
Abendessen dann erstmals in einem Restaurant im tatarischen Viertel und Fahrt zum Hotel mit dem Bus im beleuchteten Kasan.

17.07.2019 Zugfahrt von Kasan nach Jekaterinburg

Die Nacht war kurz; aber wir konnten noch im Hotel frühstücken, 6:30 Uhr ging es zum neuen Bahnhof Kasan am Rande der Stadt. Der Zug 136 kam aus Moskau und hatte letztlich ein noch ferneres Ziel, die Altai-Hauptstadt Barnaul. Unsere Waggons 6 und 8 lagen in der Mitte des Zuges, so dass wir bei der späten Fahrt nur bedingt die Länge des Zuges in den Gleisschleifen des Urals sehen konnten. Die Waggons selbst waren ein Gruß aus der alten Heimat: Waggonbau Ammendorf GmbH 1993. Beim ersten längeren Stopp in Agryp konnte man an Kiosken etwas kaufen, die dort noch im vergangenen Jahr anzutreffenden mobilen Verkäufer waren verschwunden; diese gab es mit Pastetchen, Him- und Walderdbeeren dafür im abendlichen Krasnoufimsk. Für die frischen eingelegten Gurken „Malosolnjie" war es wohl noch ein paar Tage zu früh. Zwischen Schlafen und Wachen, Lesen, Kreuzworträtseln und Landschaftsschauen (Wald, Wald und nochmals Wald) und Gesprächen erreichten wir den leichten Anstieg der Bahn in das Uralgebirge. Dazu löffelten wir Borschtsch und gabelten im Buchweizen mit einigen Schweinefleischwürfeln. Pünktlich 23:34 Uhr erreichten wir Jekaterinburg. Am Bahnhof von Jekaterinburg holten uns Wadim, der Direktor des hiesigen Reiseveranstalters, und seine Frau - liebenswerte Partner aus nunmehr achtjähriger Zusammenarbeit - ab und begleiteten uns zum Park Inn by Radisson Hotel.

18.07.2019 Jekaterinburg: die Romanows und ein so wenig gekannter Boris Jelzin

Ausgeschlafen trafen wir uns erst 10 Uhr zu einer Stadttour. Wir begannen am Jelzin-Museum im nach ihm benannten Business-Center. Die Ausstellung, deren Gestaltungskonzept Bezug nimmt auf die biblische Schöpfungsgeschichte, nach der die Welt in sieben Tagen erschaffen worden sei, zeigt in sieben Räumen die Veränderungen beim Übergang von der UdSSR zur Russischen Föderation und den Anteil des einstigen Präsidenten Boris Jelzin, insbesondere jenen bei der Zerschlagung zweier Putschversuche 1991 (gegen den Präsidenten Gorbatschov) und 1993. Ein Folgestopp führte uns zum Gründungsort (1723) von Jekaterinburg, das Peter I. als Festung und Kontrapunkt zum Reich des Metallurgen Demidov errichten ließ. Die in den 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts stark ausgebaute Stadt gilt als Perle des Konstruktivismus, der russischen Variante der vom deutschen Bauhaus geprägten Architektur.
An Stelle des Ipatjew-Hauses, wo die Familie des russischen Zaren in der Nacht vom 16. zum 17. Juli 1918 ermordet wurde, steht heute die „Kirche auf dem Blute", die wir anschließend besichtigten. Das Ipatjew-Haus ließ Jelzin einst abreißen und als Wiedergutmachung initiierte er den Bau der Kirche auf dem Blute der Zarenfamilie. Geschichtlich spannend, lud ein weiterer Stopp am Denkmal „Schwarze Tulpe" für die gefallenen sowjetischen und russischen Soldaten in den Kriegen - meist denkt man nur an Afghanistan und Tschetschenien, aber die Orte für „sowjetische Militärberater" verteilen sich fast weltweit - zu viel Diskussion ein.
Nach dem Mittagessen im Hotel Park Inn fuhren wir am Nachmittag Richtung Westen zurück nach Europa. Im Wald wurden wir an ein schreckliches Kapitel der opferreichen, russischen Geschichte erinnert: der Memorialkomplex zur Erinnerung an die Opfer des stalinschen Terrors, seit einigen Jahren durch ein neues Denkmal des Bildhauers Nejiswestnij ergänzt. Großer musikalischer Empfang durch ein kleines Ensemble und Fototermin dann am Denkmal der europäisch-asiatischen Grenze. Diesen einmaligen Moment an einer unkontrollierten Grenze begossen wir mit russischem Sekt. Anschließend fuhren wir nach Ganina Jama, einem Ort, an dem die ermordeten Romanows verscharrt wurden. Hier wurde seit 2000 ein Männerkloster errichtet; hübsche Holzkirchlein mit goldenen Kuppeln im lichten Wald erfreuen heute Gläubige und ungläubige Touristen.
Durch Teile der alten Maschinenbaustadt Sverdlovsk mit dem Stadtteil Ordshonikidse ging es zurück zum Hotel und Abendessen im Hotelrestaurant.

19.07.2019 Uralgebirge: die Ursprünge der russischen Metallurgie

Unser Ziel hieß Nefyansk, das älteste Bergbauzentrum im Ural, gegründet 1701, als Peter I. zur Führung des Nordischen Krieges mehr Waffen und folglich mehr Metallurgie benötigte.
Noch heute wird in Nefyansk, wenn auch vermindert, Eisen gegossen; aber auch in der Umgebung Gold gefunden. Vor mehr als dreihundert Jahren stand die Eisenmetallurgie im Blickpunkt Peters I., der quasi hier den ersten Oligarchen Russlands, Demidov, förderte. Im ehemaligen metallurgischen Areal in Nefyansk bestiegen wir den mit 2,20 Meter Abweichung geneigten Turm und ließen uns Weiteres über die Bergbautradition und Legenden über Demidov erzählen. Nach dem Mittagessen im Cafe „Demidoff" - fuhren wir durch Byngy und konnten eine der wenigen auch zur Sowjetzeit auf dem Land aktiven Kirchen sehen - die Kirche des Heiligen Nikolaus. Leider findet sich zu deren Erhaltung kein Sponsor, so dass die Erhaltung einzelner Kuppeln nur langsam vorwärts geht und viel Substanz immer schlechter wird. Unser folgendes Ziel lag in einem der recht freundlich wirkenden Dörfer mit hübschen Holzhäusern - und Fensterläden an den Häusern der Altgläubigen - inmitten der Urallandschaft am Fluss Nejwa: eine Töpferei. In der Töpferei erfuhren wir von Sergej, dem Seniorchef, anschaulich wie aus der braungrauen Masse vom Nejwa-Fluss Töpferwaren entstehen. Anschließend bummelten wir im Grundstück, das nach einem Brand in kurzer Zeit wiedererrichtet worden war, zum „Haus der Baba Yaga" und genossen einen ersten „Baikal" als Zielwasser unserer weiteren Reise. Am zeitigen Abend erreichten wir unser Hotel in Jekaterinburg.

20.07.2019 mit der Transsib durch die Westsibirische Ebene nach Omsk

Einige Minuten nach 5:00 Uhr ging es zum Bahnhof von Jekaterinburg; ein kurzer Blick in die obere Etage des Bahnhofsgebäudes mit sozialistischen Fresken war uns möglich. Pünktlich setzte sich der Zug, diesmal bestehend aus russischen Waggons und solchen, die 1992 in Ammendorf gebaut wurden, in Bewegung. Das dies die letzten gebauten Waggons ohne Klimaanlage waren, machte sich während der Fahrt bei 26 Grad Celsius doch bemerkbar. Zunächst fuhren wir noch durch die hügeligen Ausläufer des Uralgebirges, bevor wir in die Westsibirische Tiefebene kamen: flaches Land, Birkenwälder, dazwischen immer wieder große sumpfige Wiesen, auf denen hunderte grazile Birken ohne Krone stehen. An der Fahrstrecke kaum Dörfer, nur manchmal einige Gehöfte. Stopp am Mittag in Tjumen, dem Erdölzentrum; leider keine Anbieter von frischen, ländlichen Produkten auf dem Bahnsteig. Geschmacklich gutes Mittagessen, Rindfleischsalat, Borschtsch, Schweinefleisch mit Käse überbacken und auf allen Gerichten Dill, erhielten wir im Bordrestaurant. Mit flacher werdendem Sonnenstand erhöhten sich die Lichteffekte und ließen die abgestorbenen Birken noch markanter weiß leuchten. Nach 21 Uhr - noch im Hellen - Ankommen in Omsk, wo uns Viktor abholte und zum Ibis-Hotel begleitete.

21.07.2019 Omsk und mit der Transsib nach Novosibirsk

Einige Stunden eher als in den vorangegangenen Jahren sollten wir unsere Zugfahrt nach Novosibirsk beginnen: 11:28 Uhr. So starteten wir bereits recht früh für einen Sonntag zu einem Stadtbummel mit Viktor in der dreihundertjährigen Stadt Omsk. Die einstige Festungsstadt an der Mündung des Om in den Irtysch hat sich in den vergangenen Jahren herausgeputzt. Mit dem Bus fuhren wir zunächst zur Landspitze am Zusammenfluss von Om und Irtysch. Weiter ging es über die Leninstraße mit Gebäuden des Provinz-Klassizismus zur alten Festung. Die rekonstruierten Festungsanlagen würden eigentlich die Entwicklung von kleinen Unternehmen mit Handwerk und Gastronomie in attraktiver Lage begünstigen, aber der Fortschritt in der Vermietung ist seit vergangenem Jahr gleich Null. Wir stiegen hinab zum Ufer des Irtysch, reichten ihm die Hand und schauten auf die Beute der unzähligen Angler. Gut zu Fuß liefen wir zurück zur wiedererrichteten Kirche der Maria-Himmelfahrt, deren Äußeres wenige Jahren nach der Rekonstruktion bereits erste „Falten" bekommt. Folgender Fußgängerstopp am Denkmal des 1850-54 nach Omsk verbannten Dostojewski, und weiter ging es zu Fuß am Gedenkstein für die Opfer der stalinistischem Repressionen vorbei zum kleinen eklektizistischen Opernhaus der Stadt.
Zu 11:38 Uhr dann Zustieg in den Zug nach Novosibirsk mit Mittagessen im Bordrestaurant. Wieder ging es stundenlang durch eine Birken-Moor-Seenlandschaft. Am Abend erreichten wir die Millionenstadt Novosibirsk am Ob rechtzeitig, um noch im Hotel zu speisen.

22.07.2019 Novosibirsk

Erstmalig waren wir an einem Montag in Novosibirsk; das hatte, wegen des üblichen Museenschließtages, zur Folge, dass wir den Besuch des Eisenbahnmuseums nicht durchführen konnten. Auch die künftigen Reiseplanungen bis 2021 werden so diesen Tag anders gestalten als in den zurückliegenden Jahren. Wir begannen unsere Tour mit einer Stadtrundfahrt zur Alexander-Newski-Kirche und dann an das Ufer des Ob und ließen uns die Entstehung der Stadt, die Anbindung an die Transsib und die Bedeutung des Zaren Alexander III. für die technisch-logistische Erschließung Sibiriens erklären. An der Krasnaja Uliza war Zeit zum Ausstieg aus dem Bus, um sich mit dem Wandel der Baustile unter dem Stadtarchitekten Gretschko in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts zu informieren und dann natürlich die Oper mit Lenindenkmal zu fotografieren. Zur Mittagszeit stoppten wir am Zentralmarkt, dem größten Markt Sibiriens, kosteten frisches Obst, Malosolnije (frisch eingelegte Gurken) und kauften Gewürze, Trockenfrüchte und getrocknete Steinpilze.
Mit einem öffentlichen Fahrgastschiff kreuzten wir am zeitigen Nachmittag eine Stunde auf dem Ob und staunten, dass sich an den Flussbadestellen doch einige Menschen auch bei nur zwanzig Grad und ohne Sonne entspannten. Das Museum der Birkenrinde, das wir anschließend besuchten, bietet mannigfaltige bildliche und figurale Ausstellungsstücke aus Birkenrinde und ist wohl als Museum weltweit unikal. Auf unserer abschließenden Fahrt Richtung Hotel schauten wir - jetzt noch kofferlos - im Bahnhof vorbei; ein typisches Beispiel des Bauens der späten 30er Jahre des 20. Jahrhunderts.
Das Abendessen heute ganz sibirisch mit reichlich Vorspeisen, Sibirischen Pelmeni und zum Dessert Blinys mit Honig im Hotelrestaurant. „Na Passatschok" - auf den Weg - mit einigen Gramm Wodka ging es nochmals auf die Zimmer, bevor wir zur Nachtfahrt mit der Transsibirischen Bahn nach Krasnojarsk starteten.

23.07.2019 Krasnojarsk und der Jenissei

Nach dem mitternächtlichen Start zur Zugfahrt schliefen oder besser dösten alle doch recht lange; Frühstück in der Box hatten wir bereits vom Hotel in Novosibirsk übergeben bekommen. Gegen Mittag erreichten wir Krasnojarsk am Jenissei, wo uns Anna abholte. Die Straßen der kommunistischen Dreieinigkeit von Lenin, Marx und Frieden befahrend, gelangten wir zum Restaurant Gadalov, im 19. Jahrhundert Goldsucher und so zu Reichtum gelangt: Pilzsuppe, Rentiergeschnetzeltes und ein Tortenstück aus Traubenkirschkonfitüre - alles sehr sibirisch. Der Bus brachte uns aus der Stadt in eine bergige Landschaft mit dem Naturpark Stolby zur Linken und bald Felswänden am gegenüberliegenden Ufer des Jenissei. Leider keine gute Sicht schon auf mittlere Entfernungen, weil irgendwo ein Waldbrand wütet und milchig-trübes Grau über die Landschaft legte. An der Staumauer des einstmals weltgrößten Wasserkraftwerks mit einer Schiffshebeanlage vorbei, erreichten wir am Freizeit- und Erholungsobjekt „Admiral" den fast 400 Kilometer langen Stausee. Von hier unternahmen wir mit drei Motorbooten einen Ausflug auf dem Stausee zunächst zur Staumauer und dann noch in eine Bucht des Jenissei mit schon kaum zu durchdringender Taiga am felsigen Uferrand. In diesem, einst völlig abgesperrten, Gelände war im Anblick der entstehenden Ausflugsobjekte für die sich entwickelnde russische Mittelschicht zu erkennen, welche enormen Veränderungen in der Mentalität und auch in den Besitzverhältnissen der Menschen vor sich gehen. Auf unserem Rückweg stoppten wir noch an der „trockenen" Seite der Staumauer - den üblichen Stopp am „Zar- Fisch-Felsen" oberhalb des Jenissei mit Aussicht auf den Fluss hatten wir bereits auf der Anfahrt vorgenommen. Bevor wir zum check-in am Hotel vorfuhren, schauten wir von der kleinen Kapelle am neu entstandenen Pokrow-Park hinunter auf die Stadt; leider war in der Weite nichts zu erkennen. Abendessen im Nachbarhaus unseres Hotels Krasnojarsk u.a. mit einem lockeren Gemüsesalat mit Streifen eines geräucherten Fisches aus dem Jenissei und orangensaftglasierten, gegrillten Hühnerbrüsten.

24.07.2019 Krasnojarsk und mit der Transsib nach Irkutsk

Am Vormittag bummelten wir durch die großen Straßen der Innenstadt, die mit ihren teilweise noch aus dem 19.und beginnenden 20. Jahrhundert (Jugendstil) erhaltenen Häusern einen freundlichen und sauberen Eindruck macht. Fußwege und Plätze hatten im Vorjahr eine neue Qualität erhalten, da im nun verblichenen Winter die Winteruniversiade durchgeführt wurde. Da wir zwei Stunden früher als in den Vorjahren die Weiterfahrt geplant hatten, nutzen wir zur Überbrückung eines langen Abschnittes der östlichen Hauptstraßen einen Stadtbus - auch mal ein Erlebnis für 27 cent (natürlich in Rubeln). Der Linienbus brachte uns zum Gründungsort der Stadt 1628, mit Ausblicken auf den Jenissei, zum neu verkleidete Museum, das an die Felsenwelt der „Stolby" erinnern soll, zur Medizinischen Fakultät und auf die Freizeitinsel. Abschluss am Prospekt Mira mit der Bevorratung für einen Imbiss während der bevorstehenden Zugfahrt.
Unser Waggon Nummer 1 im Zug Nr. 8 wirklich gleich hinter Packwagen und Lokomotive, aber folgend kein Restaurantwaggon. Gut, dass wir uns bevorratet hatten, aber das Lunch-Paket mit Hähnchenschaschlik war auch eine Bereicherung. Am stets geschlossenen Fenster blickten wir am Nachmittag auf eine Mittelgebirgslandschaft mit kleinen Orten und Datschen an den Hängen, an denen sich der Zug in großen Gleisbögen vorbeiwand; eine hügelige Landschaft, immer wieder durchbrochen von Blütenflächen der Datschen mit Kartoffelacker - vielleicht sogar der schönste Abschnitt unserer Gesamtfahrstrecke.

25.07.2019 Irkutsk

Wir wurden eine Stunde vor Ankunft geweckt - nach über 5000 Kilometer Bahnfahrt kamen wir nun in Irkutsk an. Frühstück im IBIS-Hotel; der check-in im Courtyard Mariott aber erst am Nachmittag. Gegen zehn Uhr begannen wir unsere Stadtrundfahrt. Das administrative Zentrum befindet sich am Kirowplatz. Im Gebiet westlich des Kirowplatzes bummelten wir zu Gotteserscheinungskathedrale und rekonstruierter Erlöserkirche mit bedeutenden Außenfresken aus der Zeit der Christianisierung der Burjaten, zur Ewigen Flamme und zur Angara. Unsere Rundfahrt mit dem Bus führte uns zügig durch Straßen mit erhaltenen sibirischen Holzhäusern voller geschnitzter Verblendungen und Fensterrahmen zum Frauenkloster, an dem Ehefrauen von Dekabristen ihre letzte Ruhestätte fanden. Sie folgten ihren verbannten Männern nach Sibirien und förderten ihrerzeit in Irkutsk Bildung, Erziehung und Kultur. Am Denkmal von Admiral Koltschak vor dem Kloster noch einige Worte zum Führer der Weißen. Am „Europäischen Haus" dann nochmals ein Blick auf beste sibirische Holzarchitektur. In diesem Jahre erstmalig im Programm stehend, besuchten wir das Haus der Volkonskiys, dass zum Ende der Verbannungszeit ihres Mannes die Ehefrau des Dekabristen Volkonskiy errichten ließ. Das war interessante Geschichte des 19. Jahrhunderts, die uns unsere örtliche Reiseleiterin Natalja vermittelte. Nach dem Mittagessen im Hotel Angara am Kirow-Platz stoppten wir am Denkmal für Alexander III. mit Blick auf die Angara und blickten aus dem Bus auf das Stadtviertel 130, als neues Freizeit-Gastronomieviertel in Holzarchitektur errichtet. Am späten Nachmittag hatte jeder Zeit zum Bummeln in Irkutsk.

26.07.2019 über Angara und den Baikalsee nach Bolschie Koty

Da wir in Irkutsk übernachtet hatten, probten wir eine neue Variante, um nach Bolschie Koty zu gelangen. Ab Irkutsk fuhren wir mit einem Tragflächenboot - die kleine Variante der einst als „Raketa" bekannten Boote heißt „Voschod" - über die Angara, um bei Port Baikal / Listwjanka den Baikal zu erreichen. Vom Schamanenstein war es dann noch eine halbe Stunde zügiger Fahrt mit 60 km/h bis wir die Bucht Bolschie Koty am Westufer des Baikals erreichten. In der Siedlung Bolschie Koty werden wohl noch zwanzig Häuschen von sechsundfünfzig Menschen als Dauerwohnitz bewohnt. Andere Häuser werden von Irkutskern als Datscha genutzt. Wir waren zum Mittagessen zu Gast bei Tatjana - einer Psychologin an der Universität Irkutsk, die uns in Tradition seit 2012 empfängt. Ihre Familie nutzt zwei ehemalige Datschengrundstücke mit Haupt - und Nebenhaus, BBQ-Haus, Banja, alles umgeben von einem schönen Blumengarten. Unter Folie werden gar Paprika, Tomaten und Gurken anbaut. In der Küche im Nebenhaus wurden wir sibirisch bewirtet mit einem Thymian-Wodka zum Appetit anregen, mit verschiedenen Salaten, Krautsuppe und als Hauptgang kleine Hähnchen-Buletten und gebackenem Fisch. Zum Tee/Kaffee (und zweitem Thymian) dann Konfekt und Kuchen mit Äpfeln.
Anschließend war noch Zeit zum Bummeln und für mehrere Gäste Baden im Baikal, was gar nicht als so kalt empfunden wurde. Als eine Kuh vom Hang in den See hinab stürzte, machten sich alle Sorgen, aber sie stand wieder auf und trabte nach einigen Befindlichkeitsstörungen (siehe Galeriefoto) ihrer kleinen Herde hinterher.
Ein leichte Gewittergrollen hatte sich verzogen und nur mit sehr wenigen Regentropfen benetzt kamen wir gut in Listwjanka an. Unsere Koffer standen bereit und erstmals nächtigten wir im neuen Teil des Hotelkomplexes.

27.07.2019 Zugfahrt auf der Strecke der Baikalbahn

Die baulich wohl spektakulärste Strecke der klassischen Transsibirischen Eisenbahn ist die der Baikalbahn, die einst von Irkutsk entlang der Angara über Port Baikal und weiter am Ufer des Baikalsees bis nach Sludjanka am Südufer führte. Die Russen nannten Sie einst auch „Goldene Schnalle" am Gürtel der Transsib oder gar Sibiriens; wohl auch deshalb, weil ihr Bau ebenso viel Geld verschlang wie der Bau des gesamten Transsib-Strecke. Seit 1956 sind Irkutsk und Sludjanka mit einer direkten Bahnstrecke über fast tausend Meter hohe Berge verbunden und die Linie entlang der Angara ging in den Fluten des Stausees unter. Wir fuhren erstmalig mit einem Touristenzug der Gesellschaft Tu-Tu zunächst über die Gebirgsstrecke bis Sludjanka. In Sludjanka koppelte man unseren nur drei Waggons zwei qualmende Dampfrösser aus dem Baujahr 1954 mit rotem Sowjetstern vor. Von Sludjanka mit seinem Marmor-Bahnhof ging es auf der Trasse, der zu Beginn des 20.Jahrhunderts gebauten Baikalbahn 88 km entlang des Baikalsees. Mit Unterstützung italienischer Tunnelbauer entstanden hier 39 Tunnel und fast dreißig Viadukte, durch oder über die der Zug zwischen Berghang und See fährt. In den Tunnels zog der Qualm der Lokomotiven durch alle Ritzen der Waggons. An den beeindruckendsten baulichen und landschaftlich Stellen hielt der Zug mit ausreichend Zeit, aber bei fast Dauerregen waren die Möglichkeiten zum Bummeln und Fotografieren äußerst gering. Freiluft-, aber überdachtes, Mittagessen "von Mama" in Schumikha.  In Port Baikal strömten wir zügig zur Fähre, die uns über die Angara nach Listwjanka brachte. So erreichten wir etwas nach 19 Uhr unser Hotel Krestovaja Padj. Regentag, aber am Baikalsee! - ein Traum erfüllt - zum Abendessen war dies einen Schluck Baikal wert.

28.07.2019 Talcy, Listwijanka und der Baikalsee

Ein zweiter Regentag bedeutete für vier Gruppen von Eberhardt Travel, die sich an diesem Tag hier aufhielten, Flexibilität der Organisation.
Als Regenalternative zum sonnigen Spaziergang zum Tscherskifelsen, besuchten wir das Baikalmuseum. Hier wird - recht neu geordnet, gezeigt, wie der See entstand und welche geomorphologischen Grundlagen für die Entwicklung dieses einzigartigen Naturerbes bestehen. In recht großen Aquarien werden einige der typischen Baikalfische und zwei Robben präsentiert.
Ein örtlicher Minibus brachte uns auf der Straße, die heute hunderttausende Touristen aus Irkutsk kommend an den Baikal bringt und streckenweise eher einer asphaltierten Wellenschaukel gleicht, nach Talcy. In Talcy wurde ein Freilichtmuseum aus andernorts abgebauten Bauernhäusern, burjatischen Holzjurten und einem Fort, wie es im 18. Jahrhundert mannigfaltig durch Kosaken an Angara und Lena entstand, errichtet. Bei starkem Regen nahmen wir uns wenigstens für einige der Gebäude Zeit, insbesondere zwei Bauernhäuser und ein Schulgebäude, die uns ein wenig in die Zeit um 1900 versetzten.
Etwas durchfeuchtet entschieden wir uns am Nachmittag, individuell Listwijanka und seinen Markt zu erkunden. Vom Hotel liegt die Uferstraße - Gorkistraße - in Listwijanka nicht weit, um in zwanzig Fußminuten zum bekannten Touristenmarkt zu gelangen. Was vollmundige Reiseführer als Touristenzentrum am Baikalsee verkünden, ist eher eine Ansammlung von Kiosken mit Halbedelsteinschmuck, gegrilltem Schaschlik und mit warm und kalt geräuchertem Omul oder Maränen. Die dörflichen Häuser des Ortes ziehen sich in zwei Tälchen in die Berge hinein und werden neuerdings immer mehr unterbrochen durch einige Häuser der „neuen Russen" sowie einigen, zunehmend wachsenden, Hotelbauten. Die traditionell sich sonnenden russischen Gäste oder die chinesischen Gruppen auf dem schmalen Fußweg der Hauptstraße waren ob des Regens kaum anzutreffen. Bedenklich für den deutschen Reiseleiter, der seit Jahren die Szenerie in Listwijanka verfolgt, sind die Zunahme von Grünalgen auf den Steinen im sibirischen Meer und der wachsende Motorbootverkehr mit schnittigen privaten Yachten; keiner sagt auch so recht, wie Müll und Abwasser tatsächlich entsorgt werden; geordnete Parkplätze gibt es nicht und die ufernahe Gastronomie wird durch recht einfache Gastronomie mit Plastegeschirr repräsentiert. Bio, Eco, vegetarisch, Faire Trade, Flaschen- und Dosenpfand - ???

29.07.2019 Baikalsee, Irkutsk, Fahrt nach Ulan Ude oder Heimflug

Der dritte Regentag hintereinander und das am Baikalsee - das hat es in den Erinnerungen des Reiseleiters auf seinen annähernd einhundert Reisen für Eberhardt Travel noch nie gegeben.
Bedürfnisorientiert bietet Eberhardt diese Reise als 19-tägige Reise einschließlich Burjatien (RU-SIBIR) oder als „Kurzform" von 16 Tagen (RU-SIBIK) an. So war heute der Tag der Trennung der Reisegruppe. Acht Gäste wurden am Morgen zum Flughafen nach Irkutsk gebracht, um via Moskau mit Aeroflot ihren Rückflug nach Berlin anzutreten.
Die anderen Gäste starteten mit einem individuell gestalteten Vormittag bei Regen und gingen nochmals auf den Markt mit dem Ziel einen Schaschlik zu essen. Den Transfer nach Irkutsk hatten wir für 14 Uhr bestellt, was noch Zeit ließ, in Irkutsk im Wiener Kaffeehaus ein Stück Sachertorte zu essen und dann gar noch in das neuerbaute Viertel 130 mit ÖPNV zu fahren und durch das Einkaufszentrum dort zu bummeln. Abendessen im bekannten London Pub des Hotels Angara am Kirow-Platz.
Gegen 20:15 Uhr check in im Zug, Verabschiedung unserer Natalja, Sachen verstauen, Betten beziehen - alles kein Problem mehr für uns erprobte Transsib-Fahrer. Noch ein wenig Stehen am Fenster, Blicke in die sibirische Nacht und auf in die Republik Burjatien.

30.07.2019 Ulan Ude, die Hauptstadt Burjatiens, Kloster Ivolginsk und ein Besuch bei den Altgläubigen

Pünktlich 5:23 Uhr rollten wir mit dem Zug in Ulan Ude ein. Vera, seit Jahren unsere burjatische Reiseleiterin, begrüßte unsere Gruppe von nunmehr noch sechs Gästen. Bereits vor sechs Uhr hatten wir unsere Zimmerschlüssel, konnten unter die Dusche, ein wenig Ruhen und zum Frühstück.
Ab neun Uhr bummelten wir in Ulan Ude vom weltgrößten Porträtdenkmal - natürlich für Wladimir Iljitsch - die Leninstraße entlang, am Nationaltheater (Stupas mit rotem Stern) vorbei, durch den Triumpfbogen, der 1891 aus Anlass eines Besuchs des Zarewitschs Nikolaus II. errichtet wurde, endeten an der russisch-orthodoxen Kirche, die die Herren des 20. Jahrhunderts in ein Museum des Atheismus verwandelt hatten. Etwas abseits auch hier eine Gedenkstätte für die Opfer der Repressionen insbesondere in den dreißiger Jahren. So verbindet die Leninstraße heute den Platz des Sozialismus mit dem FSB-Gebäude mit der russisch-orthodoxen Kirche und der Gedenkstätte für die Opfer der einst Mächtigen.
Unsere folgende Tour im Minibus führte uns nach Ivolginsk, wo sich seit 1947 wieder ein burjatisches, buddhistisches Kloster befindet, nachdem in den 30er Jahren die Lama in der damaligen Sowjetunion vernichtet wurden. Das Kloster (Dazan) Ivolginsk ist heute Zentrum der Buddhisten Russlands. Mittlerweile bestehen sieben Tempel in der Klosteranlage, die auch Sitz des Oberhauptes der Buddhisten in Russland ist und eine Ausbildungsfunktion als Hochschule ausübt. Anschließend ging die Fahrt im Tal der Selenga Richtung Tarbagatai, einem Ort, in dem seit ungefähr 1765 die Altgläubigen wohnen, die aus dem russisch besetzten Polen hier angesiedelt wurden und ehedem Landwirtschaft betrieben. Fünf Kilometer vor dem Dorf bestiegen wir den Hang des Omuljowka, einen Felsen mit schamaistischer Tradition. Bei Dunst infolge riesiger Waldbrände in Sibirien war leider der Blick auf die Selenga und die langgezogenen Hügelketten Burjatiens nicht so eindrucksvoll wie bei ehemaligen Reisen. Folklore und Mittagessen dann in einem Gehöft der Altgläubigen im Dorf Dezjatka mit verschiedenen Sakuski, Krautsuppe, Schweinefleisch mit Kartoffelpüree, mit Traubenkirschen gefüllten Piroggen, Mors und Zirbelkieferwodka. Durch die hügelige Landschaft im Dunst recht zügig fahrend, erreichten wir noch am Nachmittag unser Hotel in Ulan Ude. Nach dem Abendessen bummelten wir zum musikalischen Wasserspiel der Fontänen am burjatischen Theater.

31.08.2019 ethnografisches Museum und Besuch in einem burjatischen Dorf

Wir trafen uns gegen zehn Uhr zum Tagesausflug in ein ethnografisches Museum und ein burjatisches Dorf, um mehr über die Völker Burjatien zu erfahren. Zunächst am Stadtrand das ethnografische Museum mit Rindenhütten und fellbesetzten Stangenzelten kleinerer Völker Burjatien, darunter der Ewenken. Die ursprünglich nomadisierenden Burjaten mussten sich immer mehr den russischen - und in den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts unter brutalem Zwang den sowjetischen - Lebensweisen anpassen und gingen zum Bau von Holzjurten und später sibirischen Holzhäusern über. Nomadentum passte nicht in eine zentral gesteuerte und politisierte Landschaft. Gegen Mittag brachte uns der Bus in ein burjatisches Dorf mit hölzern abgegrenten Grundstücken und Holzhäusern. Aus touristischen Gründen bauten einige burjatische Gastgeber im Grundstück Filzjurten und Holzjurten zusätzlich auf. Wir waren traditionell bei Gela zu Gast, deren Tochter mittlerweile im vierten Jahr in Petersburg Medizin studiert. Freundlich wie immer der Empfang durch die Hausherrin mit grünem Tee und Milch für den Gruppenältesten. Der Filzjurtenaufbau wurde uns nicht nur erklärt, sondern wir durften selbst Hand anlegen. Vor dem Essen war Spielen angesagt: burjatisches Billard und Tischpferderennen mit Hammelknöchelchen und ein wenig Massage des eigenen Körpers. Anschließend bereiten wir unsere Mittagessen vor: Formung der Teigtaschen Poosy (oder auch Busy). Zum Mittagessen frisches Gemüse aus dem Garten und Krautsalat; ein Schluck auf die Reisenden; Lapscha - eine Nudelsuppe; ein Schluck auf die Gäste; Teigtaschen mit Hackfleisch - eben Poosy; Gebäck mit Wareniki (Sanddorn), ein Schluck auf die Liebe; Tee mit Milch oder auch ohne. Nach dem Essen noch Bogenschießen; Reiten und Ringen wurde uns erlassen. Danke Gela!
Auf unserer Rückfahrt zum Hotel stoppten wir an einem neuerbauten Dazan (buddhistischen Tempel) und erlebten ein wenig das religiöse Ritual. Ein Blick auf die Stadt Ulan Ude war nicht möglich, da dicke Schleier von Wolken mit Waldbrandrauch über der Stadt lagen.
Abschiednehmen wie am Vorabend bei klassischer Musik an der Fontäne im Farbenspiel des Wassers.

01.08.2019 Abschied von Sibirien und Flug mit S7 via Moskau


Gemäß einem neuen Gesetz der Russischen Föderation gehört die Republik Burjatien nicht mehr zu Sibirien, sondern bereits zum Fernen Osten. So wurde dieser Tag auch ein Tag des Abschieds aus diesem östlichsten Teil Russlands.
Nach dem frühen Frühstück geleitete uns Vera zum Flughafen Ulan Ude, der im Dunst lag. Noch vor acht Uhr waren alle Formalitäten erledigt. Im kleinen Warteraum: Fluggäste, die auf vielleicht acht Flugzeuge warteten, davon auch noch vom vorherigen Abend. Dies war wohl durch den Dunst der Waldbrände verursacht. Damit war der Flughafen überfordert. Wir hatten Glück und nur mit geringer Verzögerung bestiegen wir unseren neu wirkenden A 321der Fluggesellschaft S7 nach Moskau-Domodedowo, wo wir nach mehr als sechs Stunden Flugzeit landeten. Unproblematische Passkontrolle und nun mit etwas Verspätung mit einem Airbus 319 der S7 nach Berlin Tegel.
Bei neunzehn Stunden Gesamtreisezeit kann man bestens auf die Erlebnisse von 19 Reisetagen zurückschauen, auch wenn der Blick vom Flugzeug wolkengebremst war. Auf Wiedersehen! Ihr Dr. Jürgen Schmeißér
Lesetipp:
Karl Schlögel: Das sowjetische Jahrhundert. Berlin 2018
Robert Kindler: Stalins Nomaden. Hamburg 2014

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