Reisebericht: Radreise Russland – Radtouren entlang des Flusses Wolga

20.07. – 28.07.2019, 9 Tage Radreise in Russland durch Moskau und Goldenen Ring mit Twer – Dorf Juriewskoje – Konakowo – Dubna – Moskau–Wolga–Kanal – Dmitrow – Sergijew Possad – Wladimir (240 Radkilometer)


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Wir starten in ein Abenteuer- dies war so ziemlich der Gedanke der meisten Reiseteilnehmer. Wie würden die zu befahrenden Wege sein, wie die Fahrräder und wie verläuft die Kommunikation vor Ort? - Antworten liefert dieser Reisebericht!
Ein Reisebericht von
Martin Gruhle
Martin Gruhle

1. Tag – Anreise nach Moskau

Für die meisten Teilnehmer der Reisegruppe war es das erste Mal auf russischem Boden, nachdem uns die Aeroflot pünktlich nach Moskau brachte. Nachdem die Einreiseformalitäten erledigt waren, bestiegen wir unseren Transferbus, der uns zu unserem Hotel ins Zentrum der Stadt brachte. Dieses lag ganz in der Nähe der Christi-Erlöser-Kathedrale, auf der „goldenen Meile". Diese befindet sich auf dem Weg vom Kreml in Richtung Neujungfrauenkloster und gilt als eines der besten Viertel Moskaus. Hier ist noch viel alte Bausubstanz vorhanden, in denen sich zahlreiche Galerien und Museen befinden. Auf dem abendlichen Spaziergang sahen wir sowohl das Zhenskiy Kloster, als auch die Christi-Erlöser-Kathedrale. Eine fantastische Aussicht auf dem Kreml offenbarte sich von der Patriachenbrücke, die gleich hinter dem Gotteshaus die Moskwa mit der namenslosen, künstlichen Insel verbindet. Zum Ende der Runde gingen wir durch den Alexander Park, entlang der Kremlmauern und dem ewigen Feuer bis zum Roten Platz. Hier schauten wir uns das bekannte Kaufhaus GUM an, bevor wir zurück zum Hotel fuhren, da bereits das Abendessen auf uns wartete.

2. Tag – Moskau nach Twer

Nach dem Frühstück bestiegen wir den Bus um in Richtung Twer aufzubrechen. Diese Stadt ist Teil des goldenen Rings und liegt an der Wolga. Twer gilt hinsichtlich der angewandten Baukunst als zweites St. Petersburg. Diese Parallele zeigt sich zum Beispiel am Mikail Tversky Platz. Die hier angewandte drei-strahlige Bebauung findet sich nur in wenigen Städten wieder, so unter anderem in Rom, Versailles - und eben Twer. Leider wurde viel der historischen Bausubstanz durch Brände zerstört, wie wir bei der Stadtführung erfahren. Die Fassaden der Häuser entlang der Wolga weisen durchgehend eine gleich geschossige Bebauung auf, wie man sie aus der Stadt an der Newa kennt. Am Ufer führt uns der Weg zu drei Staturen von Reisenden, die mit der Stadt verknüpft sind, unter anderem Alexander Pushkin. Aus der gleichen Zeit stammt das „Residenzschloss", ein Geschenk an Katharina die Große. Zu dieser Zeit und auch in den frühen Jahrhunderten hatte Twer durch seine Lage einen besonderen Reiz. Die Stadt lag auf dem Weg von St. Petersburg nach Moskau. Nachdem wir das Denkmal zur Schlacht um Twer uns angeschaut hatten, konnten wir unsere Fingerfertigkeiten beim Zubereiten der berühmten russischen Teigtaschen „Pelmeni" unter Beweis stellen, bevor wir diese im Anschluss selbst verkosteten. Sergej hätte gern den ein oder anderen als Hilfsküchenkraft in sein Team geholt, allerdings sollte es am nächsten Tag endlich auf die Räder gehen.

3. Tag – Twer nach Yurievskoye Dorf

Nachdem sich beim Frühstück gestärkt wurde, ging es an die Ausgabe der Räder. Diese waren allesamt Mountainbikes mit einer 24-Gang Schaltung und sollten während der nächsten Tage unsere treuen Begleiter sein. Durch den Stadtverkehr von Twer wurden wir zu zwei Sehenswürdigkeiten geführt, bevor der Weg entlang der Wolga bis zum Orschinsky Kloster führte. Hier fand an der Wolga das Picknick stand und unser örtlicher Tourguide Sascha ließ es sich nicht nehmen für die Damen der Gruppe schöne Wasserblumen zu pflücken. Im Anschluss an das Mittagessen wurde das Frauenkloster besichtigt, bevor sich die Gruppe wieder auf die Räder schwang. Durch Wälder führte das letzte Teilstück nach Savvatjewo, wo herrlicher Kompott verköstigt wurde. Der Bus, brachte uns in unser Hotel. Mitten im Wald gelegen, hatte dieses einen privaten Sandstrand und so nahm der ein oder andere Teilnehmer der Gruppe noch ein Bad in der Wolga, bevor das Abendessen auf dem Programm stand.

4. Tag – Yurievskoye Dorf nach Dubna

Das Gelände des Hotels umfasste ebenfalls einen Flugplatz, sodass man die alten Flugzeuge wie eine Messerschmitt oder eine Antonov aus nächster Nähe begutachten konnte. Vom Hotel ging die Radtour sowohl durch Wälder, als auch durch typische russische Dörfer, wie man sie sich vorstellt. Die Siedlungen sind bislang weder ans Gasnetz angeschlossen, noch gibt es hier eine Kanalisation. Am Dorfbrunnen konnte man sich mit frischem Wasser versorgen, bevor es weiter mit dem Rad ging. Nach der Hälfte unserer Tagesstrecke standen wir erstmal vor einen kleinen Fluss. Hier mussten alle von den Rädern und ihre Schuhe ausziehen, denn die Furt ließ sich nur zu Fuß durchqueren. Für alle war das ein ziemlicher Spaß und die Herren halfen auch gerne den Damen beim Tragen ihrer Fahrräder. Im Anschluss lud uns ein örtlicher Pastor auf einen Besuch der Kirche ein, leider mussten wir nach einer kurzen Besichtigung weiter, standen auf dem Weg nach Dubna noch zwei Fährüberfahrten auf dem Programm. Die erste führte über eine Bucht der Wolga, die zweite über den Moskau- Wolga Kanal. Dieser wurde unter Stalin angelegt und in nur fünf Jahren Bauzeit fertig gestellt. In Dubna quartierte man sich gegenüber der bekannten Fabrik für Militärraketen ein, in der zur Tarnung während der Sowjetunion angeblich Kinderwagen produziert wurden. Bei einem gemeinsamen Abendessen ließ man den Tag Revue passieren.

5. Tag – Dubna nach Dmitrov

Der erste Weg am heutigen Tag führte uns an die Wolga, wo eine der größten Lenin Statuen steht. Ihm gegenüber stand lange Zeit eine Statue von Stalin, diese wurde allerdings mittlerweile abgerissen. Während der Busfahrt ins Stadtzentrum von Dubna erzählte uns unser örtlicher Reiseleiter, dass Dubna eng verknüpft ist mit dem Feld der Atomphysik. So befindet sich hier das Pendant zum CERN in der Schweiz. Im wissenschaftlichen Museum der Stadt bekamen wir eine kleine privat Führung, bevor wir noch einen Spaziergang durch das Zentrum der Stadt unternahmen. Im Anschluss fuhren wir mit dem Bus etwas außerhalb, wo wir auf die Räder stiegen und uns in Richtung Dimitrov aufmachten. Der erste Teil der Strecke führte entlang asphaltierter Straßen und später über Waldwege zum Picknicksplatz an einem Fluss. Nach etwa 35 km konnte man wählen, ob man die Tour mit dem Fahrrad beenden möchte und in den Bus weiterfahren wollte oder noch 15 km weiter mit dem Fahrrade. Der Großteil entschied sich für das Fahrrad. Nach wenigen Minuten begann es aber schon zu nieseln. Wir hatten aber noch die Hoffnung, dass uns das Wetter doch noch eine Weile so erhalten bliebe. Leider schlug der Niesel schnell in einen Starkregen um. Auch der Versuch sich etwas geschützt unter ein paar Birken unterzustellen, brachte nichts. Komplett durchnässt setzten wir unseren Weg fort. Die gute Stimmung dabei wurde auch immer besser, denn alle sahen es als eine kleine Herausforderung, welche gemeistert werden sollte. Auch das unfreiwillige Bad eines Gastes und Tour-Guides Sascha, in den plötzlich überall entstehenden Bächen, brachte nur noch mehr Spaß in die Gruppe. Bis auf die Haut durchnässt und dennoch stolz kamen wir bei dem Bus an, der uns nach Dmitrov und der somit wohl verdienten heißen Dusche brachte. In Dmitrov führte uns die Stadtführung in den hiesigen Kreml mit der Uspenski Kathedrale. Aufgrund seiner strategisch wichtigen Lage war Dmitrov von großem Wert, daher erklärt es sich, dass es immer wieder im Zentrum des Machtkampfes unterschiedlicher Fürstentümer stand. Eine Besonderheit des Kremls in Dmitrov ist, dass er nicht auf einem Hügel erbaut wurde, wie die meisten anderen, sondern in einer Senke liegt. Daher waren die Erdwälle, die ihn umgaben bis zu 20 Meter hoch, gepaart mit einem Graben entstand eine bestmögliche Verteidigungslinie- zumindest auf dem Papier. Die zahlreichen Plünderungen der Stadt zeigen allerdings, dass nicht immer jeder Angriff abgewehrt werden konnte.

6. Tag – Dmitrov nach Sergijew Possad

Die heutige Etappe führte durch die „russische Schweiz". Leichte Anstiege, die man auf gut befestigtem Untergrund einfach erklimmen konnte, boten eine fantastische Aussicht über die Landschaft. Die Kilometer verflogen wie im Fluge und die Teilnehmer waren etwas traurig darüber, als bereits das Ende der heutigen Etappe kam. Dies war allerdings notwendig, da die Straßen nach Sergijew Possad stark befahren sind und die russische Agentur uns deshalb nicht diese Strecke zumuten wollte. Nachdem wir im Hotel eingechecked hatten, machten wir uns auf in Richtung des UNESCO Weltkulturerbes von Sergijew Possad, dem Dreifaltigkeitskloster. Dieses entstand im 14. Jahrhundert durch den heiligen Sergius und ist eines der Zentren der russisch-orthodoxen Kirche, wenngleich der Patriach mittlerweile in Moskau seinen Sitz hat. Der Aufbau des Klosters erinnert stark an eine Festung, dies lässt sich dadurch begründen, dass es in seiner jahrhundertelangen Geschichte immer wieder Belagerungen ausgesetzt war. Während der Besichtigung schauten wir uns die älteste Kathedrale des Ensembles an, die Dreifaltigkeitskathedrale aus dem 15. Jahrhundert mit ihren vergoldeten Kuppeln. Beeindruckend war ebenfalls der 88m hohe Glockenturm, das höchste Gebäude in der Klosteranlage. In diesem befindet sich die Zarenglocke, die schwerste Glocke, die jemals benutzt wurde. Zwar ist die Zarenglocke im Moskauer Kreml nochmal schwerer, allerdings hat diese noch nie geläutet. Ein weiteres imposantes Bauwerk ist die Mariä-Entschlafens-Kathedrale und ist ihrem Pendant im Moskauer Kreml, der Uspenski Kathedrale, nachempfunden. Iwan der Schreckliche ließ die Kathedrale in Auftrag geben, nachdem er die Tataren bei Kasan besiegt hatte. Nach so vielen Informationen war es Zeit für eine reichhaltige Stärkung, die man in einem Restaurant nicht weit vom Kloster einnahm. Viele der Gerichte hier werden auf Basis der Rezepte zubereitet, wie sie damals im Kloster üblich waren. Auch der Honig-Met der ausgeschenkt wurde, basiert auf einem jahrhundertealten Rezept.

7. Tag – Sergijew Possad nach Wladimir

Denkt man an Russland, so wird man auch die typische, russische Matrjoschka vor Augen haben. Diese sind eng verknüpft mit einer japanischen Puppe und entstanden im 19. Jahrhundert. Für die Reiseteilnehmer ging es heute darum sich im Bemalen einer solchen Puppe zu beweisen. Und siehe da, so gut wie schon die Pelmeni schmeckten, so schön wurden die Puppen bemalt. Der ein oder andere aus der Gruppe soll sogar mit einem Arbeitsangebot gelockt worden sein... leider hatte die Gruppe keine Zeit, lag doch die letzte und längste Etappe vor uns, die uns nach Wladimir führen sollte. Bei herrlichem Sonnenschein führte uns die Strecke durch blühende Felder und dichte Wälder- ein wahrer Genuss für die Augen. Trotz der guten Strecke war es zum ersten Mal nötig die Hilfe des begleitenden Technik-Fahrzeuges in Anspruch zu nehmen, hatte es einen Reifen arg erwischt. Schnell wurde der Reifen ausgetauscht, während die Gruppe sich an einem örtlichen Magazin für die Weiterfahrt stärkte. Der Dorfladen dürfte wohl heute den Umsatz seines Lebens gemacht haben. An einem See gab es das letzte Mal köstliches Picknick, das mit Kuchen und Tee serviert wurde. Manche Teilnehmer genossen noch ein Bad im kühlen Nass, bevor man über einen steinigen Weg zum letzten Ziel der Radtour aufbrach- dem Denkmal für Juri Gagarin, der in die Weltgeschichte als erster Mann im Weltraum einging, an der Stelle seines Todesfluges.

8. Tag – Wladimir nach Moskau

Nach dem Frühstück stand eine Führung durch die 350.000 Einwohner große Stadt auf dem Programm. Der erste Stopp führte uns zur Dimitrus Kathedrale, die dem gleichnamigen Heiligen gewidmet ist und vor allem durch ihre kunstvoll verzierte Außenfassade zu gefallen weiß. Diese stammt aus dem 12. Jahrhundert, als Wladimir Hauptstadt Russlands war und dementsprechend aufblühte. Vor allem die kunstvoll verzierte Außenfassade ist hierbei hervorzuheben, so schmücken zahlreiche Darstellungen die verwendeten Kalksteine. Weitere Gebäude im Kreml sind der Glockenturm und die zum UNESCO Weltkulturerbe zählende Mariä-Entschlafens Kathedrale. Diese spielt eine wichtige Rolle in der russischen Geschichte, wurden doch hier zahlreiche Großfürsten beigesetzt. Vom Hügel des Kremls bot sich ein fantastischer Ausblick über das Umland. Unter anderem konnte die „längste" Brücke Russlands betrachtet werden. Dies ist allerdings eher scherzhaft zu verstehen, da es keinesfalls um die Länge an sich geht, diese ist mit unter einem Kilometer geradezu lachhaft, sondern um die Bauzeit, die hierfür gebraucht wurde. Auf dem Weg zum goldenen Tor schlenderte man entlang der Fußgängerzone... Nach zwei Stunden hatte man das wichtigste in Wladimir gesehen, sodass man den Bus bestieg um nach Moskau zu gelangen. Unterwegs wurde ein Stopp eingelegt, bei dem ein Teilnehmer der Gruppe seine Künste als Torrero gegen einen einheimischen Ziegenbock beweisen musste. In Moskau angekommen stand ein weiterer Spaziergang zum roten Platz auf dem Programm. Trotz großflächiger Absperrungen durch Polizisten schafften wir es über ein paar Umwege zum berühmtesten Platz Russlands. Hier hatte jeder Teilnehmer Freizeit, bevor es mit der Metro zurück zum Hotel ging. Hungrig vom vielen laufen, schmeckte das Abendbrot hervorragend und wurde mit einem Abschiedsvodka und der Aushändigung der Raddiplome abgerundet.

9. Tag – Rückflug

Nach dem Frühstück blieb noch etwas Zeit an der Moskwa zu schlendern oder Souvenirs zu erstehen, bevor uns der Transfer zum Flughafen brachte, von wo aus es wieder zurück nach Deutschland ging.
Vielen Dank dafür, dass wir eine eingespielte Gruppe wurden, die nicht nur schwierige Wegstrecken gemeinsam gemeistert hat, sondern auch für die Geduld wenn die Bestellung mal wieder etwas länger dauerte. Gerade der Zusammenhalt hat dazu beigetragen, dass die erste Eberhardt-Russlandradreise ein voller erfolg geworden ist.
Philipp Sonntag & Martin Gruhle

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