Reisebericht: Wanderreise Pyrenäen – Spanien – Frankreich – Andorra

08.06. – 16.06.2019, 9 Tage Rundreise & Wandern durch 3 Länder: Bilbao – San Sebastian – Lourdes (Frankreich) – Nationalpark Ordesa – Vall de Nuria – Andorra – Montserrat – Barcelona (60 Wanderkilometer)


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Verschiedene Gesichter zeigte uns der Norden Spaniens und der Süden Frankreichs: überraschend grüne Täler, Schnee bedeckte Berge, einsame Gegenden, doch voller Geschichte und Geschichten
Ein Reisebericht von
Sabine C. Seifert
Sabine C. Seifert

1. Tag: Flug nach Bilbao

Nach einem kurzen Flug von Dresden, Leipzig oder Berlin traf sich unsere Gruppe am Gate in Frankfurt zum gemeinsamen Abflug nach Bilbao. Schon hier wurde viel gelacht und sich ausgetauscht, so dass wir voller Vorfreude auf eine interessante Reise nach Spanien starteten.
Mit einer kleinen Verspätung landeten wir in Bilbao, wo wir von unserer Stadtführerin Cristina erwartet wurden.
Bilbao liegt 14 km von der Küste entfernt am Ende der Ria de Bilbao, dem Mündungsarm des Río Nervión und ist die Hauptstadt der Provinz Bizkaia inmitten einer riesigen Industriezone, die von der Hütten-Vergangenheit der Stadt zeugt. Dieses Image haftet Bilbao bis heute an. Aber diese Stadt, welche Anfang des 14. Jhds am rechten Ufer des Nervión gegründet und aufgrund ihres Grundrisses auch „las siete calles" (die sieben Straßen) genannt wurde, überraschte uns mit einer ganz eigenen, neuen Dynamik. In den letzten Jahren wurden große Anstrengungen unternommen, um durch Projekte wie dem Guggenheim-Museum der Stadt ein modernes Gesicht zu geben. Mehr als gelungen - war unsere einhellige Meinung und so konnten wir den Stolz Cristinas auf ihre neue alte Stadt sehr gut nachvollziehen.
Bei einem exquisiten 3-Gänge-Menü im Hotel, liessen wir den Abend entspannt ausklingen.

2. Tag: Bilbao – Isla Guaztelugatxe – San Sebastian – Lourdes

Zeitig begannen wir unseren Tag, um auf der Felseninsel mit dem unaussprechlichem Name "Guaztelugatxe" ein wenig Einsamkeit geniessen zu können. Der Plan ging auf, und so waren wir am Aussichtspunkt mit Blick auf die Insel ganz allein. Von dort konnte man sich gut vorstellen wie die Kämpfe in der Vergangenheit zwischen dem König von Kastilien oder den Herrn der Biskaya tobten, wo Sir Francis Drake im Jahr 1593 angriff oder die britischen Truppen während des Spanischen Bürgerkrieges kämpften. Und nicht zu vergessen, dass in der Zeit der Inquisition die Höhlen der Insel genutzt wurden, um die, der Häresie Beschuldigten einzusperren. Dann aber wollten wir die kleine Kapelle des San Juan (Johannes des Täufers) de Gaztelugatxe aus dem 10. Jhdt., die ganz oben auf dem Fels thront, selbst besuchen. Es ist nicht ganz einfach, denn wir müssen 241 in den Fels gehauene Stufen überwinden. Die Anstrengung wird mit einem fantastischem Ausblick belohnt. Und wir tun, was man hier tun sollte - wir läuten die Glocke. An der vorderen Fassade der Kapelle muss man 3x die Glocke läuten, so viele Schritte, wie der Heilige San Juan gebraucht hat, um die Insel zu erreichen. Dabei wünscht man sich etwas oder kann böse Geister verscheuchen. Wir läuteten gemeinsam für eine "richtige" Reise voller Gesundheit, Lebensfreude und in Erinnerung bleibender Erlebnisse.
Die Fahrt führte uns immer an der Atlantikküste entlang in den ehemals mondänen Badeort, der im 19. Jh., durch Königin Maria Christina von Österreich an Popularität gewann, als Ihre Hoheit die Bucht zum Ort ihrer Sommerfrische auserkor. Wir begannen unsere Rundfahrt auf dem Monte Igueldo, von wo man auf die Bucht in Form einer Muschel schaut. Der Strand heisst deshalb auch,„Concha - die Muschel", und gibt der Stadt damit auch den passenden Beinamen „Perle der Biskaya". Aber auch in kulinarischer Hinsicht besitzt San Sebastian einen ausgezeichneten Ruf. Typisch für die Stadt sind die vielen so genannten Kochgesellschaften, in denen Genießer und Hobbyköche ihrer Leidenschaft frönen. Wir nahmen uns für das leibliche Wohl ebenfalls Zeit und probierten in einer urigen Bar die hier typischen Pintxos zusammen mit einem guten Cidre, einem Txacoli, einem baskischen Wein, oder einige trauten sich auch an einen Wermut heran.
Das letzte Ziel des Tages wartete bereits: Lourdes. Seit im Jahr 1858 dem 14-jährigen Mädchen Bernadette Soubirous in der Grotte von Massabielle mehrmals die Mutter Gottes erschienen ist, entwickelte sich dieser Ort, zum grössten christlichen Wallfahrtsort. Es kam zu ersten unerklärlichen Heilungen und 1862 wurde die Glaubwürdigkeit kirchlich anerkannt. Seitdem pilgern Menschen zu dem kleinen Ort im Süden Frankreichs, derzeit jedes Jahr rund 6 Millionen, in der Hoffnung, auf Heilung oder Erlösung. Nach dem Abendessen unternahmen wir noch einen Rundgang zum "Santuario de Lourdes", einem Gebäudekomplex im heiligen Bezirk, welcher zwei bzw. drei Kirchen miteinander auf fantastische architektonische Weise vereint. Die obere, im neogotischen Stil gebaute "Maria Empfängnis Basilika" liegt westlich der Rosenkranz-Basilika, einer Basilika minor im neobyzantinischem Stil. Ihr Hauptschiff ist von 15 kleinen Kapellen umgeben und jede dieser Kapellen symbolisiert ein Mysterium des Rosenkranzgebetes. Und darunter befindet sich die Krypta. Vor diesen Basiliken treffen sich jeden Tag tausende Menschen, um an der Lichterprozession teilzunehmen. Als wir hier waren - zu Pfingsten, dem Feiertag des Herabkommens des Heiligen Geistes auf die Apostel - verfolgten noch mehr Menschen als sonst die internationale Messe, rings um uns herum ein Sprachengewirr aus der ganzen Welt. Den Weg ins Hotel trat ein jeder allein oder in einer kleinen Gruppe an, jeder in Gedanken versunken, aufgewühlt, distanziert, beeindruckt ... Lourdes polarisiert, aber bleibt in Erinnerung.

3. Tag Lourdes – Nationalpark Ordesa

Bei strömendem Regen packten wir unsere Koffer in den Bus, verliessen Lourdes und hofften still, dass der Wettergott für den Nachmittag ein Einsehen haben würde. Zur Überquerung der französisch-spanischen Grenze nutzten wir den schon im Mittelalter von den Jakobspilgern begangenen 1.794 m hohen Pass "Col du Pourtalet, wo wir mit strahlendem Sonnenschein begrüsst wurden.
Durch den Nationalpark Ordesa führte der in Geologie, Geschichte, Flora und Fauna bestens bewanderte ortskundige Führer Eduard, erst Bergauf zu den kristallklaren Wasserfällen vorbei an Edelweiß und fleischfressenden Pflanzen bis hin zum Bergmassiv des Monte Perdido und danach auf der anderen Seite des Tales wieder bergab. Mit genügend Pausen, einem angemessenen Tempo und viel Enthusiasmus brachten wir es am Ende des Nachmittags auf 16 gewanderte Kilometer.
Das wundervolle kleine Hotel in Ordesa lud zu einer erfrischenden Dusche, das Himmelbett zum Ausruhen ein. Der Abend wurde gekrönt von einem ausgesprochen schmackhaften Abendessen im Restaurant "Casa Joaquim", nur zwei Gehminuten vom Hotel entfernt.

4. Tag Ordesa – Aínsa – Aran Park

Nach einem entspanntem Frühstück ging es am darauffolgenden Tag weiter, vorbei an kleinen Bergdörfern, fast alle mit einer im romanischen Stil gebauten Kirche, Rinder- und Schafherden bis zum Dorf Aínsa mit seinem Ecomuseum und einer ornithologischen Tierauffangstation, vorrangig für kranke oder verletzte Geier gedacht. Hier erhielten wir einen tieferen Einblick in die Biodiversität der Pyrenäen. Was vorher sehr abstrakt erschien, erhielt hier plötzlich ein Gesicht. Das Modell eines fliegenden Bartgeiers und das an Malaria erkrankte echte Exemplar dieser Geierart, zeigte diese majestätischen Tiere in ihrer immensen Grösse aus nächster Nähe und sensibilisierte gleichzeitig für das Thema des Artensterbens auch hier in den Pyrenäen.
Am Nachmittag schlenderten wir durch das Tiergehege des Aran Parks. Nun sagen wir, wir durchquerten das Gelände schneller als wir es wollten, denn der starke Regen trieb uns trotz unserer Regenponchos ein wenig an, wieder ins Trockene zu kommen. Gern hätten wir noch ein wenig gewartet, ob die Wolfsmutter uns ihre erst wenige Monate alten Wolfsbabies zeigen würde oder das die Murmeltiere ihren durchdringenden Pfiff ertönen lassen, aber diesmal blieben die Himmelsschleusen geöffnet.
Die frühe Ankunft im Val d'Aran (Arantal) lud ein, um die ersten Erlebnisse der Reise Revue passieren zu lassen, Einkäufe für den kommenden Tag zu erledigen oder einfach nur bei einem Kaffee zu entspannen. Jedoch war es hier auch im Juni noch sehr kalt, so dass wir selbst zum Abendessen all unsere mitgebrachte Kleidung brauchten.

5. Tag Wanderung im Nationalpark Agüestorte

Heute nur wenige Grad über Null, aber mit strahlendem Sonnenschein - so starteten wir mit unserem heutigen Wanderführer Mario vom Hotel aus zum Nationalpark.
Nach Absprache mit Mario und der Gruppe entschlossen wir uns zu einer Wanderung an zehn Seen vorbei, verbunden mit einem mittäglichen Picknick mit Blick auf einen dieser schönen Bergseen. Schnell bekam diese Wanderung von uns ihren Namen: Die 20 Minuten-Wanderung! Nein, wir wanderten nicht nur 20 min, aber unser liebenswürdiger Guide lief in einem entspanntem Tempo voran, wartete auf die Gruppe und gab an, dass das kommende Teilstück nur ca. 20 Minuten dauern würde. Es wurde zum lustigen Fragespiel, wie lang es bis zur nächsten Pause wäre oder der folgende Aufstieg dauere, denn wir wussten die Antwort ja mit der Zeit schon: immer waren es ungefähr 20 min.
Aber dieser Tag wurde für einige Gäste das bisherige Highlight der Reise. Eine nur 6 km lange, aber anspruchsvollere Wanderung mit ständigem bergauf und bergab, die jedoch immer Zeit lies, die beeindruckende Bergwelt der Pyrenäen in sich aufzunehmen. Panoramabilder, Bergmassive, dunkelblaue oder türkis-grünlich schimmernde Seen, über Schneefelder laufend, an riesigen Gesteinsbrocken vorbei, die wilden Narzissen bestaunend oder den Enzian fotografierend - hinter jeder Biegung erwartete uns etwas anders Faszinierendes.
So hatten wir sie uns im Vorfeld vorgestellt, die Pyrenäen und ihre Wanderungen, eben so wild und romantisch.

6. Tag Val d'Aran – Val de Nuria, das Tal der Träume

Die knapp fünfstündige Fahrt vom Arantal zum Tal der Träume füllten wir mit Themen von der Geschichte Aragons über den Einfluss und das Leben Francisco Francos bis hin zu den Unabhängigkeitsbestrebungen der einzelnen autonomen Gemeinschaften Spaniens. Viel Zeit, um in die verschiedenen Bereiche etwas tiefgründiger einzusteigen und eine gute Gelegenheit, um auf dieser Pyrenäenreise, den Norden Spaniens auch theoretisch ein wenig besser kennenzulernen.
Am Nachmittag wechselten wir das Transportmittel und stiegen vom Bus in die Cremallera, in die seit 1931 existierende Zahnradbahn um. 1059 Höhenmeter überwanden wir so spielend leicht, genossen die ca. 12 km lange Fahrt hinauf ins Tal der Träume. Staunend schauten wir nach der Ausfahrt aus einem Tunnel auf das sich bietende Panorama: unser heutiges Ziel: "El Santuario de Nuria", malerisch an einem aufgestautem See gelegen. Bei so viel Schönheit verpassten wir beinahe das Aussteigen.
Vor dem Abendessen erkundeten wir die kleine Kirche mit ihren an beiden Seiten geschmückten Votivtafeln, denn hierher kommen vor allem die Frischverheirateten, um für familiären Nachwuchs zu beten.

7. Tag Wanderung im Val de Nuria

Bei einem reichhaltigen Frühstück stärkten wir uns für die Wanderung auf den 2.422 m hohen Pic de l'Aliga. Der erste Anstieg, steil und direkt unter der Seilbahn der Skisaison entlang, hinauf zur Herberge Val de Nuria brachte uns schon etwas ausser Atem. Würde es so weiter gehen? Die Anstrengung wurde jedoch auch diesmal wieder mit einer grandiosen Aussicht auf umliegende Landschaft belohnt. Kurze Augenblicke später sahen wir dann auch die possierlichen Tierchen, auf die wir im Aran Park vergebens gewartet hatten: Murmeltiere. Plötzlich sauste eines an uns vorbei und wir mussten aufpassen, nicht aus Versehen in eines der Löcher zu ihren Baus zu treten.
Bereits hier war absehbar, dass das Wetter vielleicht nicht bis zum Nachmittag aushalten würde, obwohl die morgendliche Absprache mit der örtlichen Zentrale und der Blick auf das Wetter-Radar, Gewitter nicht schon für den Vormittag voraussagten. Doch Nebel stieg auf, erste Tropfen fielen, es donnerte heftig. Noch einige hundert Meter weiter, ein prüfender Blick zum Himmel, aber dann entschieden wir uns doch zum Umdrehen. Sicherheit geht vor.
Im Val de Nuria angekommen, klarte es wieder kurz auf - Was für Wetterkapriolen!. Doch die nähere Umgebung des Hotels lädt ebenfalls zu kleinen Spaziergängen ein, wir umrundeten den Stausee, picknickten im Freien, tranken Sekt auf einem Aussichtsfelsen und verabredeten uns für den späteren Nachmittag zu einer Spanisch-Stunde im Salon des Hotels. Ein Tag zum Entspannen, an dem jedem etwas Zeit zur individuellen Verfügung stand.

8. Tag Kloster Montserrat – Barcelona

An diesem Tag hieß es wieder Abschied nehmen vom Tal der Träume. Mit der Cremallera fuhren wir zurück durch den 1330 m langen Roc del Duo-Tunnel nach Ribes de Freser und die bange Frage: Wartet dort auch wirklich unser Bus? Natürlich stand er bereit, aber an einer anderen Haltestelle der Zahnradbahn. Schnell ein Anruf und das Missverständnis wurde aufgeklärt.
Mit dem bequemen Kleinbus reisten wir weiter, schlängelten uns die Serpentinen zum Kloster Montserrat hinauf. Diese Wallfahrtsstätte Unserer Lieben Frau von Montserrat schaut auf eine lange Historie. Sie geht auf die Einsiedelei Santa Maria zurück, die Graf Guifré el Pelós im Jahr 888 dem Kloster von Ripoll schenkte. Das Kloster entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte in ein kulturelles Zentrum und brachte u.a. eine Musikschule hervor, welche bereits im 14. Jhd. in Dokumenten erwähnt wird und heute noch besteht. Der dazugehörige berühmte Knabenchor "Escalonía de Monteserrat" singt fast jeden Tag um 13 Uhr das "Virolai", einen Lobgesang auf die Muttergottes von Montserrat. Gern wollten wir dem Gesang lauschen, jedoch warteten mehrere hundert Menschen ebenfalls darauf. Wir nahmen deshalb lieber die Standseilbahn "Funicular de Sant Joan" in Richtung Gipfel auf eine Höhe von 1000 m. Während einer kurzen Wanderung genossen wir den spektakulären Blick auf das Hinterland von Barcelona sowie auf den gesamten Klosterkomplex der Heiligen Jungfrau, die seit 1881 Schutzpatronin von Katalonien ist.
Der Nachmittag führte uns in die Hafenstadt Barcelona. Mit unserem Stadtführer Lorenzo, entdeckten wir die quirlige Hauptstadt Kataloniens, umrundeten die Sagrada Familia, passierten das Olympiadorf, erhaschten einen Blick auf die Geburtstagsfeier einer 15jährigen Bolivianerin (in Lateinamerika fast das wichtigste Fest für ein Mädchen) und erfreuten uns an der Architektur Gaudís.
Der Abend endete in einem Restaurant in der ehemaligen Stierkampfarena mit dem Probieren diverser Tapas (Häppchen) und dem Verweilen am magischen Springbrunnen (Fontana magica).

9. Tag Rückflug nach Deutschland

Am zeitigen Morgen wartete das Flugzeug auf uns. Adiós España, hasta luego. Gern wären wir noch ein Weilchen geblieben.
Wir freuen uns schon auf ein Wiedersehen.

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