Reisebericht: Silvesterreise Lemberg (Lwiw) – Ukraine – in einer kleinen Reisegruppe

28.12. – 02.01.2019, 6 Tage in Ostgalizien: UNESCO–Welterbestadt Lemberg mit Silvesterfeier – Schloss Olesko – Brody – Zhowkwa – Krechiv


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Lemberg, Lviv oder Lwów, die 750.000 Einwohner große Stadt im Westen der Ukraine hat viele Namen, durch zahlreiche unterschiedliche Einflüsse. Diesen "Schmelztiegel der Kulturen" wollten 12 Reiseteilnehmer im Rahmen der Silvesterreise näher kennen lernen.
Ein Reisebericht von
Philipp Sonntag

28. Dezember 2018

Mein Name ist Dima, der Chauffeur heißt Oleg und das Auto ist Mercedes. Dieser Satz war eine feste Konstante während unserer Silvesterreise nach Lemberg. Für die meisten Reiseteilnehmer war es das erste Mal in der Ukraine. Nachdem die Gruppe Lemberg erreicht hatte, konnten wir auf dem Weg vom Flughafen zum Hotel in der Innenstadt vor allem die sogenannten "Schlafstädte" aus der sowjetischen Epoche "bewundern". Desto näher man der Innenstadt kam, umso mehr wandelte sich die Bausubstanz. Dies konnte man vor allem am Hotel sehen, in dem wir untergebracht waren. Das Hotel George ist eines der historischsten Häuser der Stadt, so residierte der ukrainische Schriftsteller Ivan Franko bereits in einem der Zimmer. Eben diese Zimmer wurden von uns bezogen, bevor es im Anschluss zu Fuß durch die Altstadt Lembergs ging. Der Weg führte uns zuerst zur Mariä-Himmelfahrt-Kathedrale, einer berühmten römisch-katholischen Kathedrale. In der Nähe konnte ein kleiner Zwerg bewundert werden, ein Geschenk der Lemberger Partnerstadt Breslau. Weitere historische Bauten, wie das Rathaus am Marktplatz, die Boim Kapelle oder Teile der alten Stadtmauer konnten bei Laternenschein betrachtet werden. Am Abend wurde in einem Restaurant in der Innenstadt das erste Mal die Vielfalt der ukrainischen Küche bei musikalischer Untermalung probiert, bevor es zurück zum Hotel ging.

29. Dezember 2018

Im Anschluss an das reichhaltige Frühstück ging es gut gestärkt mit dem Minibus durch die Stadt zum Bahnhof. Unterwegs zeigte uns Dima wo der NKWD während der Sowjetzeit seinen Sitz in Lemberg hatte. Die Bevölkerung sagte vom Keller des Gebäudes könne man Sibirien sehen. Kontrovers wurde über die Person Stephan Bandera diskutiert, diesem ist nicht nur eine Straße, sondern auch ein Denkmal gewidmet. Am Bahnhof angekommen nahmen wir uns Zeit diesen zu besichtigen, war er während der k. u. k. Zeit einer der wichtigsten Bahnhöfe im Kaiserreich. Erstaunt waren wir nicht nur über die eindrucksvolle Bahnhofshalle, sondern auch, dass man in jener Zeit in 17 Stunden von Lviv nach Wien reisen konnte. Die Länge der Züge der ukrainischen Staatsbahn und das imposante Äußere der Nachtzugwagons waren ein komplettes Kontrastprogramm zu den hiesigen Personenzügen.
Im Anschluss führte uns der Weg zur griechisch-katholischen St. Georgs Kathedrale.
Lviv beherbergt zwei der wichtigsten Universitäten in der Ukraine, die Ivan-Franko-Universität, sowie die Polytechnische Universität. Insgesamt sind von 800.000 Einwohnern 170.000 Studenten, die sich auf mehrere Fakultäten innerhalb des Stadtgebietes verteilen. Zur Stärkung wurde ein ukrainisches Restaurant aufgesucht, in dem das Hauptgericht aus Putenfleisch mit Äpfeln und Käse bestand, was in dieser Zusammenstellung niemand aus der Gruppe zuvor gegessen hatte, aber sehr überzeugen konnte. Der Abschluss des Tages bestand aus dem Besuch des Lytschakiwski-Friedhofs. Hier finden sich die Gräber zahlreicher unterschiedlicher Persönlichkeiten verschiedener Nationalitäten, so liegen Personen aus dem deutschsprachigen Raum neben Polen und Ukrainern aber auch Armeniern. Dies zeigt das Lemberg Jahrhunderte lang ein Schmelztiegel unterschiedlicher Kulturen war. Die mannigfaltigen Grabmäler wissen zu gefallem, so gibt es schlichten Grabmälern auch avantgardistische und für ganz wohlhabende Persönlichkeiten sogar Mausoleen. Allerdings ist es aussichtslos nach einem Grab hier anzufragen, gibt es nur für verdiente Personen einen Platz auf diesem Friedhof, wie uns Dima erklärt. Am Abend ging es für einen Teil der Gruppe in die berühmte Oper, während der andere Teil der Gruppe die sehenswerte Lemberger Brauerei besichtigte und einige Biersorten genießen konnte.

30 Dezember 2018

Der heutige Tagesausflug führte uns in den Nordosten der Oblast Lwiw. Zuerst besichtigten wir die Olesko Burg. Hier kam der spätere polnische Königs Johann III. Sobieski zur Welt. Dieser ging in die Geschichte ein, dass er bei der Schlacht von Wien die Osmanen besiegte. Die Schlacht ist auf einem der größten Gemälde der Welt, das 7 x 7 m misst und sich im Schloss befindet, dargestellt. Am Ausgang konnte man noch den Weihnachtsliedern lauschen, die in der Kapelle von der Gemeinde gesungen wurden. Im Anschluss ging es zum Schloss Pidzherski, welches leider nicht besichtigt werden konnte, da es sich in schrecklichem Zustand befindet. Zum Bauten Ensemble des Schlosses gehört ebenfalls die griechisch orthodoxe Kirche, die zum Schluss noch besichtigt wurde, bevor es weiter nach Brody ging. Der Name dieser Kleinstadt lässt sich mit "Furten" übersetzen und war lange Zeit ein bedeutender Handelsplatz und als "jüdische Stadt" bekannt. War der Großteil der Bevölkerung jüdischen Glaubens. Leider galt sie nie als eine architektonisch besondere Stadt, vielmehr ist sie bekannt durch einen ihrer Söhne- Joseph Roth. In mehreren seiner Werke schildert er zwar Brody, allerdings wird die Stadt nie namentlich erwähnt. So sehen wir das Lyceum, an dem er sein Abitur abgelegt hat und erfahren allerhand persönliche Sachen über ihn. Ein Stopp am jüdischen Friedhof, der einer der größten der Ukraine ist und am Bahnhof, der zu Zeiten der Kaiserreichs Österreich-Ungarn als Grenzbahnhof fungierte, denn ein paar Kilometer östlich befand sich bereits das Zarengebiet, runden den Tag ab, bevor es wieder nach Lviv zurückgeht.

31. Dezember 2018

Abfahrt nach Drohobytsch der Geburtsstadt von Bruno Schulz. Dieser war nicht nur ein Literat, sondern auch Maler und Architekt. Bei einer Stadtbesichtigung sehen wir den Marktplatz und die Bartholomäus Kirche in rotem Klinker. Im Anschluss besuchen wir die Holzkirche, die in der Liste der UNESCO Weltkulturerbe Stätten aufgenommen wurde. Vor allem die kunstvollen Malereien beeindrucken sehr. Unser örtlicher Reiseleiter übersetzt perfekt die Erzählungen der Kirchendame und so bleiben keine Fragen bei unserer Gruppe offen. Als letzter Programmpunkt steht ein Abstecher nach Truskawetz auf dem Programm. Bei einem Spaziergang sehen wir alte Holzvillen, die neben modernen Hotelkomplexen stehen. Die Stadt ist berühmt für ihr heilendes Wasser, das Teile von Erdöl aufweist. Um Truskawetz befanden sich früher Erdölquellen und Raffinerien, die der Region Einnahmen sicherten. Heute kommen diese durch Touristen, die die Stadt zu medizinischen Kuren besuchen. Nach dem Essen geht es wieder zurück nach Lemberg um sich etwas auszuruhen für den anstehenden Silvesterabend. Dieser beginnt mit einem Galadinner und Livemusik im Hotelsaal, bevor man in einem typisch huzulischem Restaurant die Silvesterfeier genießen konnte. Hierbei wurde man von den Einheimischen freundlich aufgenommen und feierte in das Jahr 2019 hinein. Dabei konnte sich nochmals an den zahlreichen Speisen bedient und der berühmte ukrainische Vodka verkostet werden.

1. Januar 2019

Das Neue Jahr sollte mit einem echten Highlight starten. So konnte es die Gruppe kaum fassen, als sich sogar mal die Sonne am Himmel zeigte. Nach einem ausgiebigen Langschläferfrühstück machte sich die Gruppe auf den Weg nach Zhowkwa, einer Kleinstadt ca. 30 km von Lemberg entfernt. Diese Stadt gilt als eine "ideale stadt". So gehen vom schönen Marktplatz sieben Straßen sternförmig ab. Der Bürgermeister lud die Gruppe persönlich ein den Rathausturm zu besteigen. Dima zeigte uns, dass man jüdische Häuser an einer Einkerbung neben der Tür erkennen kann und führte uns danach in die eine der örtlichen Kirchen. Diese wurde erst in den 30er Jahren erbaut und hat wie viele Kirchen keine Orgel, da die Gottesdienste hier meistens von einem Chor begleitet werden. Nachdem ein Blick auf die Ruine der Synagoge geworfen wurde, kehrten wir in ein kleines Café am Marktplatz ein, um uns vor der Fahrt in das nahegelegene Kloster von Krekhiv zu stärken. Dima erzählte uns von dem Leben der Mönche und dass diese sehr aktiv im Bereich der Bildung sind. Zum Abschluss des Tages führte uns der Weg zu einer weiteren Holzkirche, die Teil des UNESCO Weltkulturerbes ist. Zum Glück wusste Dima wo der örtliche Pfarrer den Schlüssel versteckt, sodass wir im Inneren zahlreiche kunstvolle Ikonen bestaunen konnten. Leider war heute schon der letzte gemeinsame Abend gekommen, sodass beim Abendessen die letzten Tage ausgewertet wurden und sogar der Weihnachtsmann die Gruppe besuchte, ausgestattet mit Kaffee und Schokolade - zwei Sachen die unmittelbar mit Lemberg verknüpft sind.

2. Januar 2019

Auch am Tag der Abreise wurden wir noch einmal vom Lemberger Wetter "verwöhnt". Noch einmal ging man langsamen Schrittes und erhobenen Hauptes durch die Stadt. Die letzten Souvenirs wurden eingekauft, bevor wir Abschied nahmen von Ostgalizien und Lemberg. Durch einen heftigen Schneefall in München, gab es noch ein bisschen Abenteuertourismus, sodass es für einen Teil der Gruppe noch mit der Bahn durch die Bundesrepublik ging. Bei Gesprächen über die vergangenen, ereignisreichen Tage verging aber auch diese Zeit wie im „Flug".
Ich hoffe Ihnen haben die ersten Eindrücke von der Ukraine gefallen, denn es gibt noch einige andere Orte, die genauso sehenswert sind. Es würde mich freuen Sie auf einer der nächsten Reisen, gerade auch nach Osteuropa, wieder bei Eberhardt Reisen willkommen heißen zu können.
Ihr Philipp Sonntag

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