Oman Across Ages Museum – moderne Architektur in der Wüste
Von Frank Nimschowski, 07.12.2024
Am 13. März 2023 eröffnete HM Sultan Haitham das Oman Across Ages Museum. Den Grundstein dafür hatte noch sein Vorgänger Sultan Qaboos im Jahr 2015 gelegt. Schon aus der Ferne kann man den frei stehenden Museumskomplex mit seiner einzigartigen Architektur erkennen.

Die Inspiration
Das Museum befindet sich in einer kargen Region etwa 20 Kilometer von Nizwa entfernt. Aus welchem Grunde wählte Sultan Qaboos, der selbst aus Salalah im Süden stammt, diesen Ort?
Als 1970 Sultan Qaboos an die Macht kam, mußte er zunächst gegen Aufständige vorgehen und das Land einen. Während seiner fast 50-jährigen Herrschaft legte der Sultan u. a. besonderes Augenmerk auf die Region Nizwa. Abseits der Küste war Nizwa lange Zeit nicht unter der Kontrolle seiner Vorgänger. Sultan Qaboos hielt sich oft und gern in Nizwa auf. Einer seiner Paläste befindet sich in Sichtweite des Museums. Mit dem neuen Museum verfolgte Sultan Qaboos seine Vision eines weit sichtbaren Wahrzeichens, welches die Leistungen und Errungenschaften des Oman im Laufe der Jahrhunderte gebührend würdigt sowie den einzigartigen Charakter des Sultanats mit seiner langen Geschichte hervorhebt. Gleichzeitig sollen künftige Generationen ermutigt werden, sich mit der Historie des Oman auseinanderzusetzen, um Inspirationen für die Gestaltung der Zukunft ihres Heimatlandes zu erhalten.

Die Architektur
Als ich zum ersten Mal zum Oman Across Ages Museum kam, war ich zunächst von der Größe und modernen Architektur, inspiriert von den Bergen des Felsengebirges, beeindruckt. Bei dem australischen Architekturbüro Cox Architecture als Projektant des Museums heißt es: „Das Gebäude erhebt sich elegant aus seiner einzigartigen Landschaftskulisse und führt den Besucher durch eine Reihe sich entfaltender Raumsequenzen. Von Anfang an ist es für den Besucher das Erlebnis, einen Ort ganzheitlicher Dramatik und Sinnesreize zu betreten. Diese Dramatik beginnt buchstäblich mit den Fundamenten, da das Gebäude aus der Erde emporragt, in die es eingebettet ist.“
Das Museum wird von seinen bis zu 25 Meter hohen Glasfassaden geprägt. Dadurch bietet sich einerseits dem Besucher ein einzigartiger Ausblick und andererseits fügt sich das Gebäude gleichzeitig harmonisch in die Landschaft ein. Andererseits achtete das australische Architekturbüro darauf, dass die tiefstehende Morgen- und Abendsonne das Museum mit eine Fläche von 300.000 Quadratmetern nicht aufheizt: .Die Fassade der Ostseite ist niedrig und schützt damit vor direkter Sonneneinstrahlung. Auf der Westseite wird die direkte Sonneneinstrahlung verhindert, indem die Fenster des Gebäudes in schrägen Wänden eingelassen sind. Gleichzeitig gelangt genügend indirekte Sonnenstrahlung in das Museum. So wird sowohl der Energiebedarf für die Beleuchtung als auch für die Klimatisierung reduziert.
Bei der Wahl des Baumaterials wurde darauf geachtet, einheimischen Naturstein zu verwenden. Für die Fassade, die Wände im Inneren sowie die polierten Fußböden wurden Vorkommen aus den Wilayaten Al Batina und A'Dhahirah verbaut. Das bei der Verarbeitung anfallende Abfallmaterial der Steine wurde in den Außenanlagen verwendet.

Die Geschichtsgalerie
Beim Betreten des Museums mit seiner großzügigen Eingangshalle wird man als Besucher zunächst auf die Grundsteinlegung des Gebäudes aufmerksam gemacht. Anschließend begibt man sich auf eine Zeitreise durch den Oman. In der Halle für Geographie und Vorgeschichte wird auf einer riesigen Leinwand die abwechslungsreiche Natur des Landes gezeigt. Die ältesten Exponate stammen aus prähistorischen Zeiten. Daran schließt sich die Geschichtsgalerie an. Natürlich wird hier an die großartige omanische Seefahrtsgeschichte erinnert. Schon vor Beginn unserer Zeitrechnung war man in der Lage, bis nach Indien und China zu segeln. Im Laufe der Jahrhunderte brachte der Oman führende Kapitäne und Navigatoren hervor. Während ein Vasco da Gama am Monsunwind fasst scheiterte, verstanden die Omanis schon lange Zeit, die beständigen Winde für die Seefahrt zu nutzen. Auch zu Lande gab es eine bemerkenswerte Hochkultur - die Zivilisation von Magan. Sie gewannen Kupfererz, schmolzen es im Hajargebirge und belieferten die Hochkulturen in Mesopotamien und am Indus mit dem begehrten Metall. Aus ihrer Zeit ist im Museum der Nachbau eines Bienenkorbgrabes zu sehen. Andere Themen sind das traditionelle Bewässerungssystem, die Islamisierung, die Al-Ya'aruba-Dynastie und die bis heute herrschende Al-Busaidi-Dynastie. Auch die Blütezeit des Sultanats von Oman und Sansibar im 19. Jahrhundert ist ein Thema. Allerdings spricht man im Oman nicht vom damals wichtigsten „Handelsgut“ – den afrikanischen Sklaven. Omanis waren zu dieser Zeit im großen Stil im Sklavenhandel aktiv und verdienten sehr gut daran. Als Europäer muss ich dazu gleichzeitig anmerken, dass eben europäische Kolonialmächte dankenswerte Käufer der Sklaven waren – von den französischen Plantagen auf Inseln des Indischen Ozeans bis zu den Baumwollfeldern in der „neuen Welt“.

Die Renaissance-Galerie
Die Vereinten Nationen haben einmal dem Oman attestiert, dass es in unserer Zeit kein anderes Land auf der Welt gab, welches binnen weniger Jahrzehnte eine so bemerkenswerte Entwicklung genommen hat. Zurecht kann man auch von außen betrachtet von einer Renaissance des Omans sprechen, wenn man einerseits an Glanzzeiten seiner Geschichte in früheren Jahrhunderten und andererseits an die unglaubliche Entwicklung seit 1970 denkt.
Mit vielen historischen Foto- und Filmdokumenten kann man hier den Weg des Sultanats in die Moderne eindrucksvoll erleben. Diese Zeit ist natürlich untrennbar mit Sultan Qaboos verbunden (1940 – 2020). Ich selbst reise seit 1995 durch den Oman. Bei jeder meiner Reisen als Reiseleiter war die Frage seiner Nachfolge ein spannendes Thema, da der Sultan selbst keine Kinder und damit keinen direkten Nachfolger hatte. Ein Höhepunkt im Museum ist deshalb für mich, das Originalschreiben aus dem Nachlass von Sultan Qaboos, in welchem er seinen Cousin Haitham als Nachfolger bestimmt. Der Brief enthält kein Datum. Auf Nachfrage wird mir aber bestätigt, dass er die Nachfolgeregelung bereits 1996 getroffen hat.