Reisebericht: Große China–Rundreise

08.09. – 29.09.2018, 22 Tage Rundreise China: Peking – Große Mauer – Luoyang – Xi'an / Terrakotta–Armee – Yangtze–Kreuzfahrt – Nanjing – Suzhou – Shanghai – Hangzhou – Guilin – Yangshuo – Guangzhou (Kanton) – Hongkong


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Besuche Peking und Du erlebst die Gegenwart, Besuche Xian und Du erlebst die Vergangenheit, aber besuchst Du Shanghai, dann erlebst Du die Zukunft Chinas, sagte unsere Reiseleiterin Lin und so war es auch.
Ein Reisebericht von
Sabine Letzybyll
Sabine Letzybyll

Tag 2: Sonntag , 09.09.2018 Peking

Pünktlich landen wir nach knapp zehn Stunden Flug in Peking. Neu ist in diesem Jahr, dass jeder seine Fingerabdrücke an einem Automaten erfassen muss. Dies erweist sich für einige von uns als Herausforderung und verzögert unsere Einreise um ein paar Minuten. Lin erzählt später, dass sie schon Sorge hatte, ob wir überhaupt in dem Flugzeug gewesen wären, so lange hat das gedauert.
Anschließend fahren wir mit der Bahn zu einem anderen Teil des Flughafens, wo schon bald alle Koffer vollzählig eintreffen. Unsere örtliche Reiseleiterin, Li Lin wartet bereits. Wir laden die Koffer in den Bus und fahren Richtung Stadtzentrum. Hier lädt uns Lin in einem kleinen chinesischen Restaurant zum Mittagessen ein. Wir erhalten einen ersten Eindruck von der einheimischen Küche. Nur eine kurze Stunde Zeit gönnen wir uns nun, um unsere Zimmer im Hotel zu beziehen und uns frisch zu machen. Am Nachmittag besuchen wir den Pekinger Zoo, um die Pandas anzuschauen. Wir haben Glück, die possierlichen Bärchen, eher Bären, sind aktiv, was bedeutet, dass sie ununterbrochen am Futtern sind. Dabei lassen sie sich von den Besuchermassen nicht stören. Nun fahren wir zum Kaiserlichen Sommerpalast. Die Anlage ist  im Auftrag des Kaisers Qianlong 1751 bis 1764 errichtet worden und diente als Erholungsort, wenn es im Sommer in der Stadt zu heiß wurde. Schon sechshundert Jahre früher gab es hier den Garten des goldenen Wassers. Mehrmals wurden die Gebäude durch ausländische Invasoren zerstört und später mühevoll wieder aufgebaut. Bedeutenden Anteil am Wiederaufbau hatte Kaiserinnenwitwe Cixi, die sich mehrfach in heißen Sommern über längere Zeiträume hier aufhielt. Seit 1924 können Touristen die Palastanlage besuchen, allerdings damals zu exorbitanten Preisen. Heute kann jedermann an den Pagoden vorbei schlendern, durch den Wandelgang spazieren oder auf dem See mit dem Boot fahren, was wir als krönenden Abschluss des Besuches auch tun. Nach einem leckeren chinesischen Abendessen ist es Zeit, müde und erschöpft in die Betten zu fallen.

Tag 3: Montag , 10.9.2018 Chinesische Mauer und Ming Gräber


Nach einem Frühstücksmix aus asiatischer und europäischer Küche brechen wir heute bereits um acht Uhr auf. Wir fahren über die Badaling-Autobahn von Peking nach Badaling. Hier befindet sich der am häufigsten besuchte Abschnitt der Großen Mauer, wovon wir uns heute überzeugen werden. Dieser Abschnitt der Mauer wurde stark restauriert. 1957 war dies der erste Abschnitt, der von Touristen besucht werden durfte.
Im siebten Jahrhundert v. Chr., als China aus rivalisierenden Fürstentümern und Königreichen bestand, wurden erste Schutzwälle aus Erde errichtet. Ziel war es, sich vor einander, aber auch nach Norden, vor immer wieder einfallenden Barbarenstämmen, zu schützen. Die ersten Mauern bestanden aus gestampftem Lehm, Stroh, Reisig und Holz. Im sechsten Jahrhundert wurden große Teile der Mauer neu errichtet und auch der Verlauf geändert. Ihre heutige Gestalt erhielt sie während der Ming-Dynastie im 15. Und 16. Jahrhundert. Nun war die Mauer über sechstausend Kilometer lang und schützte China hauptsächlich vor den Mongolen. Im siebten Jahrhundert konnten die Mandschuren die Mauer durchdringen und sie verlor ihre Funktion als Schutzwall. Die Chinesische Mauer ist eines der größten Bauprojekte der Menschheitsgeschichte. Einige wenige Abschnitte wurden restauriert und sind heute zugänglich. Die Mauer ist ca. acht Meter hoch und fünf Meter breit. Die sogenannte Mauerkrone ist mit Ziegelsteinen gepflastert. In einem Abstand von fünfzig bis fünfhundert Metern befinden sich Wachtürme, die für einen lückenlosen Schutz sorgten. Außerdem dienten sie als Wohnraum für die Grenzsoldaten und als Lager für Waffen und Nahrung. Für den Bau der Mauer wurden Soldaten, Strafgefangene und Bauern eingesetzt, teilweise wird von bis zu zwei Millionen Arbeitern berichtet. Harte Bedingungen wie Hitze, Kälte, aber auch Versorgungsengpässe waren die Ursache dafür, dass es zu tausenden Todesfällen kam. Seit 1987 zählt die Chinesische Mauer zum UNESCO Welterbe. Heute ist sie eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten in China und zieht auch uns in ihren Bann. Wir haben die Wahl zwischen dem ganz schwierigen Aufstieg und dem etwas leichteren, wobei uns nicht bekannt ist, dass wir zu dem leichteren erst einmal etliche steile Treppen bewältigen müssen. Mit unterschiedlichem Erfolg wird die Mauer innerhalb von zwei Stunden auf- und abgestiegen, wer dabei war, weiß was er geleistet hat. Das vergisst keiner. Als nächstes besuchen wir die Ming-Gräber. Von sechzehn Ming Kaisern, sind dreizehn hier begraben. Wir besuchen die beeindruckende Grabstätte von Kaiser Yongle, die als erste errichtet wurde. Durch ein Tor mit drei Durchgängen erreichen wir den ersten Hof. Es folgt die doppelt bedachte Opferhalle, die als schönstes Gebäude der Anlage gilt. Heute sind hier wechselnde Ausstellungen untergebracht. Wir sehen die Nachbildung von Kaiserkronen, prächtige Gewänder, Goldschmuck u.v.m.. Hinter der Opferhalle befindet sich ein Erdhügel, der die steinernen Grabkammern bedeckt. Der sogenannte Geisterturm markiert den Eingang zur Grabkammer. Den Abschluss der Besichtigung bildet ein Spaziergang auf der Geisterallee, die von sechsunddreissig Statuen gesäumt wird. Zunächst begegnen wir Regierungsbeamten, dann Soldaten und später Tieren, wie Pferden, Kamelen und Elefanten sowie mystischen Fabelwesen. Auf dem Weg zum Bus gelingt es findigen Händlern uns ihr teures Obst zu verkaufen. Mit platten Füßen und vielen Eindrücken im Gepäck geht es zurück nach Peking. Der Tag ist noch nicht vorbei. Am Abend besuchen wir eine Peking-Oper. Beeindruckend ist vor allem die aufwändige Kostümierung der Sänger und Tänzer und natürlich die außergewöhnliche Stimmlage der Beteiligten.

Tag 4: Dienstag, 11.09.2018 Peking – Zhengzhou


Wir besuchen den Platz des Himmlischen Friedens. Lin sagt, es ist der größte Platz der Welt. Verbunden ist er wohl immer mit der Erinnerung an die Studentenunruhen 1989, soweit ich mich erinnere, sind damals auch Menschen ums Leben gekommen und ein Student hat sich selbst verbrannt? Naja, das ist lange her. Heute geht es hier friedlich zu. Viele Menschen sind unterwegs. Die einen stehen am Mao-Mausoleum an, die anderen gehen spazieren. Hier sitzt eine Mutter, die ihr Kind füttert, dort eine Gruppe, die sich zum Picknick niedergelassen hat. Wir kommen zuerst am Qianmen vorbei, einem Teil der alten Befestigungsanlage von Peking. Qianmen, was Vorderes Tor bedeutet, besteht aus zwei Türmen. Diese sind ZhengYang Men und Jian Lou. Die innere Stadtmauer hatte neun Tore, die die Bevölkerung von der Verbotenen Stadt fern halten sollten. Die Kaiser würden sich im Grabe umdrehen, wenn sie wüssten, dass heute jedermann in die Verbotene Stadt spazieren kann, so wie wir es jetzt auch tun. Heute heißt dieser Komplex offiziell Palastmuseum und gehört zu den bekanntesten Sehenswürdigkeiten Pekings. 1420 wurde der Bau vollendet, vierundzwanzig Kaiser regierten von hier aus fast fünfhundert Jahre lang. Bis 1920 durften nur der Kaiserhof und die Bediensteten die Verbotene Stadt betreten. 1949 wurde sie zum ersten Mal der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Nach der ausgiebigen Besichtigung sind unsere Füße platt und schreien nach Erholung. Zum Glück steht jetzt der Besuch eines Medizinischen Instituts an, wo wir mit einer Fußmassage verwöhnt werden. Wer will, kann sich auch noch den Rücken (gegen 20 Juan Gebühr) durchkneten lassen. Eine sanfte Massage ist das allerdings nicht. Bevor unsere Füße dran sind, wird uns in einem Vortrag erläutert, welche medizinischen Erfolge das Institut vorzuweisen hat. Mittels sekundenschneller Pulsfühlung erkennen die hier tätigen Professoren, welch böse Krankheiten in unseren Körpern wüten. Rein zufällig sind auch genügend Professoren anwesend, die über diese einzigartigen Fähigkeit verfügen. Die denken doch auch, wir sind mit dem Klammerbeutel gepudert oder? Fünf Minuten später: Verdammt, schon wieder auf solche Scharlatane reingefallen. Gerade habe ich zu Hause die vor zehn Jahren in Ägypten erworbenen Ölfläschchen entsorgt und auch die stinkenden Salben aus Marokko habe ich nie benutzt. Nun ja, die teuren Schlankheitspillen vom chinesischen Professor spüle ich abends mit einem Bierchen runter, schaden wird's ja wohl nicht. Am Nachmittag besichtigen wir den Himmelstempel, Tian Tan oder Temple of Heaven. Der Himmelstempel ist eine der größten Tempelanlagen in China. Der Kaiser, der als Vermittler zwischen den Menschen und Göttern galt, betete hier für eine gute Ernte und brachte Opfer dar. Während der Ming- und Qing-Dynastie war der Tempel für das gemeine Volk nicht zugänglich. Der Himmelstempel ist eine der größten Tempelanlagen Chinas. Ab 1420 wurde er unter Kaiser Yongle errichtet. Die wichtigsten Gebäude dieser Anlage bilden eine Nord-Süd-Achse. Der Himmelsaltar befindet sich im Süden und ist durch einen Brückenweg mit der Halle der Ernteopfer verbunden. Die Architektur ist voller kosmologischer Bedeutung. Der Himmel wird durch das runde Dach und die blauen Fliesen angedeutet. Ungerade Zahlen sollen Glück bringen, daher ist das Dach der der Halle der Ernteopfer dreistufig, ebenso der Himmelsaltar. Neun ist für die Chinesen die wichtigste einstellige Zahl, weshalb die oberste Stufe des Altars neun Ringe aus Steinen hat. Die Dächer der Halle ruhen auf achtundzwanzig reich verzierten Säulen, die vier großen Säulen in der Mitte symbolisieren die vier Jahreszeiten, zwölf Säulen außen stehen für zwölf Monate und zwölf Säulen innen entsprechen der chinesischen Tageszeiteinteilung im Rhythmus von zwei Stunden. Die Halle der Ernteopfer ist der berühmteste Teil des Tempels, die oberste Terrasse des dreistufigen Himmelsaltars stellt den Himmel dar, die mittlere die Erde und die untere die Menschheit. Hier brachte der Kaiser seine Opfer dar. Die Zeremonien dienten dazu, um gute Ernten zu bitten, um Regen, aber auch bei Naturkatastrophen, den Himmel zu besänftigen. Dafür musste der Kaiser zwei Tage lang fasten und innerhalb des Himmelstempels übernachten. Am nächsten Tag wurde er zeremoniell gekleidet und schritt zu Musik und Tanz von Nord nach Süd. Auf dem Himmelsaltar verbrannte der Kaiser Ahnentäfelchen und so konnten seine Ahnen an dem Ritual teilnehmen. Hunderte Jahre wurde das Ritual während der Wintersonnenwende durchgeführt. Die letzte Zeremonie fand 1914 statt, als der erste Präsident der Volksrepublik China versuchte, sich als Kaiser einsetzen zu lassen, was ihm allerdings nicht gelang.
Zum Abendessen hat Lin sich für uns heute etwas Besonderes ausgedacht. Wir gehen Peking-Ente essen. Nicht nur, dass sich der runde Tisch unter den gebotenen Speisen biegt, nein, dieses Essen wird speziell zelebriert. Die Ente wird im Ganzen präsentiert und dann, vor den Augen der staunenden Gäste, fachgerecht zerlegt. Zum Schluss gibt es einen Berg Knochen zum Abknabbern. Gut gesättigt fahren wir nun zu einer Kung-Fu Show. Erzählt wird die Geschichte eines kleinen Jungen, der von seiner Mutter einem Kung-Fu Master anvertraut wird und im Laufe seines Lebens selbst eine Kung-Fu Meister wird. Die Show ist bunt und farbenfrohe Kostüme lassen uns in die Welt des Kung-Fu eintauchen. Ein ereignisreicher Tag neigt sich dem Ende zu. Doch heute kehren wir nicht ins Hotel zurück, denn wir fahren mit dem Nachtzug zu unserem nächsten Ziel. Am Bahnhof ist es voll und für uns recht aufregend. Inmitten von reisefreudigen Chinesen müssen wir uns zuerst zum Bahnsteig und dann zu unseren Abteilen durchkämpfen. Diese sind jeweils mit vier Betten ausgestattet, die bereits bezogen sind. Wir müssen nur unser Gepäck verstauen, uns auf das BAD aufteilen und dann heißt es GUTE NACHT.

Tag 5: Mittwoch, 12.09.2018 Shaolin–Kloster und Kung–Fu


Gut gelaunt, wenn auch etwas zerzaust, kommen wir gegen halb Sieben Uhr morgens in Zhengzhou an. Nachdem wir auch die Hürden des Verlassens des Bahnhofs genommen haben, erwartet uns bereits unser neuer Busfahrer und unsere örtliche Reiseleiterin Lisa, mit der wir heute den Tag verbringen werden. Lin ist natürlich auch dabei, aber auch sie muss sich von der Nachtfahrt im Zug erholen. Zunächst können wir noch ein Nickerchen im Bus machen, denn wir fahren ca. eine Stunde bis zu einem erstklassigen Hotel, in dem wir unser Frühstück einnehmen. Noch ein Schläfchen von knapp zwei Stunden im Bus und wir erreichen unser Ziel, das Shaolin-Kloster. Ca. Fünfzigtausend Kinder und Jugendliche lassen sich in tausenden von Kung-Fu Schulen ausbilden, aber ihr größter Wunsch ist es, im Shaolin-Kloster aufgenommen zu werden. Allerdings darf das Kloster keine eigene Schule betreiben, nur die Kooperationen mit Kung-Fu Schulen sind erlaubt. Wir besichtigen zunächst das Kloster, zu dem ein fünfzehn minütiger Spaziergang führt. Überall auf dem Gelände, das dem Kloster vorgelagert ist (eine Kung-Fu Schule) wird fleißig geübt. Wir sehen viele Kinder und Jugendliche, die hier aktiv ihrer Berufung nachgehen. Am frühen Nachmittag besuchen wir die Kung-Fu Show der Schule. In einem Feuerwerk von Farben zeigen die Jungen, was sie bisher gelernt haben. Wir sind beeindruckt. Lustig wird es als drei Gäste aus dem Publikum gebeten werden mitzumachen. Ein Europäer und zwei Asiaten -erwachsenen Männer - geben sich redlich Mühe, es ihren Kind-Lehrern nachzumachen.Wir fahren nach Luoyang. Unglaublich, wie viele Hochhäuser es hier gibt. Nicht die verspiegelten Glaspaläste wie in den Downtowns Amerikas. Wohnhäuser, mindestens zwanzig Stockwerke hoch. Hochhaus an Hochhaus. Nicht eins, nicht zwei, nicht drei. Zehn, zwanzig, dreißig! Das sind Dimensionen, die man kaum fassen kann. Naja, irgendwo müssen die Millionen Menschen ja wohnen. Auch unser Hotel ist ein Hochhaus. Wir wohnen im 9. Stock. Die Zimmer sind riesig. Große Betten, ein Arbeitsbereich mit Laptop, Drucker und Faxgerät. Eine kleine Küchenecke mit Wasserspender, Teekannen, Tässchen... Am beeindruckendsten ist das Bad. Dusche, Wanne und eine Toilette mit Fernbedienung. Leider reichen Zeit und Mut nicht aus, alle Funktionen auszuprobieren. Das Restaurant, in dem wir heute Abend essen, ist gleich um die Ecke vom Hotel. Klein, familiär. Wir probieren weitere regionale Gerichte. Mit dabei sind wieder Huhn, Schwein und Tintenfische. Reis, Sellerie, gefüllte Teigtaschen, Mais mit bunten Streuseln.

Tag 6: Donnerstag, 13.9.2018 Longmen–Grotten – Zugfahrt nach Xi'an


Ein typischer Morgen in China. Smog, Kinder, die in die Schule gehen, alte Leute beim Tai Chi. Unser Frühstück ist üppig asiatisch. Wer das nicht so mag, nimmt mit Brötchen, Butter und Joghurt vorlieb. Um Acht verlassen wir die Stadt. Angst vor der Rushhour treibt uns an.
Die Longmen Grotten, die wir heute besuchen, stammen aus dem sechsten Jahrhundert. Am Fluss Li, ca. auf einen Kilometer Länge befinden sich hunderte Höhlen, die zum Teil künstlich angelegt wurden oder die natürlich vorhanden waren und in das Geflecht von Höhlen, die mit Buddha-Statuen bestückt oder geschmückt wurden, eingebunden sind. Einen besonders schlechten Ruf erwarb sich Kaiserin Wu Zerian, die zwar die Arbeiten an der Anlage förderte, sich jedoch durch wahre Grausamkeit gegenüber den Arbeitern hervortat. Entsprach die Qualität der Arbeit oder die Geschwindigkeit eines Arbeiters nicht ihren Vorstellungen, hatte nicht nur der Arbeiter, sondern gleich seine ganze Familie ihr Leben verwirkt. Gestoppt wurde der Ausbau durch eine Zeit der antibuddhistischen Säuberungen. Vandalismus und Diebstahl sorgten dafür, dass der Glanz der Anlage nicht überdauerte. Dennoch können wir uns heute vorstellen, wie prachtvoll es einst hier gewesen sein muss. Nacheinander besuchen wir die drittschönste, zweitschönste und die schönste Grotte. Überall sind Buddha-Statuen, die als Relief in die Wände geschlagen wurden, zu bewundern. Die größte Höhle FENGXIAN SI wurde 675 vollendet und zieht noch heute die Besucher in Strömen an. Immerhin müssen dafür 95 Stufen bewältigt werden. Nach der Besichtigung geht es für uns wieder zum Bahnhof. Heute fahren wir mit dem Schnellzug nach Xi'an. Wir sind pünktlich vor Ort, dürfen jedoch erst eine Viertelstunde vor Abfahrt auf den Bahnsteig. Obwohl wir nicht bummeln, wird es beim Einsteigen hektisch, denn der Zug hält nur ein paar Minuten und wir mit unserem Gepäck brauchen eben auch Zeit. Im Kommandoton werden wir angehalten sofort einzusteigen und so entsteht doch ein ziemliches Gedrängel und Geschrei „rein!rein!rein!". Puh, geschafft. Aber wohin mit den Koffern? Platz genug gibt es nicht. Und so stapelt sich unser Gepäck vor den Türen. Wir verabreden uns, zehn Minuten vor Ankunft an die Tür zu gehen, damit wir als Erste aussteigen können und vor allem, damit unser Gepäck nicht den anderen Fahrgästen im Weg steht. Dieser Plan geht allerdings nicht auf, denn just in dem Moment, als wir aufstehen wollen, kommt die Durchsage, dass der Zug gleich ankommt. Alle Chinesen, die ebenfalls aussteigen müssen, lassen sich von unserer Aktivität anstecken und stehen ebenfalls auf. Wir kommen nur mit Mühe zum Ausgang durch. Letztendlich ist doch aber alles gut gegangen, keiner wurde verletzt und alle konnten den Zug mit ihrem Gepäck verlassen.
Am Abend findet heute das große Maultaschen-Essen statt. Es gibt so viele Sorten, wir sind zum Schluss dick und rund gegessen. Nach dem Essen wird uns präsentiert, wie die kleinen Kunstwerke entstehen. Nachdem der Teig ausgerollt und mit einer Füllung versehen ist, zaubert unsere Köchin diverse Arten von Tieren hervor, indem sie den Teig entsprechend faltet. Wir sind begeistert.

Tag 7: Freitag, 14.09.2018 Xi'an – Terrakotta–Armee


Xian gilt als Anfang und Ende der Seidenstraße. Von hier aus starteten die Karawanen vor langer Zeit ihren Weg bestückt mit Glas, Porzellan und kostbarer Seide.
Circa eine Stunde fahren wir mit dem Bus bis wir das Gelände erreichen, wo 1974 ein Bauer beim Ausgraben eines Brunnens eine Entdeckung machte. Terrakottascherben und Pfeilspitzen waren die ersten Funde. In den nächsten fünf Jahren gruben chinesische Archäologen an dieser Stelle eine Armee von tausend Soldaten und Pferden aus und restaurierten sie sorgfältig. Bevor wir jedoch das Museum besuchen, legen wir einen Stopp in der Werkstatt ein, wo heute Souvenire hergestellt werden und wir uns anschaulich ein Bild davon machen können, wie so ein Tonsoldat entstanden ist. Zu unserer Freude gibt es auch einen großen Laden, in dem wir Nachbildungen der Terrakotta-Soldaten, Offiziere und Generäle kaufen können.
Nun ist es nicht mehr weit bis zum Museum. Dieses besteht aus mehreren großen Bereichen, also überdachten Anlagen, die sich über den Originalfundstätten befinden. Noch immer ist nicht alles geborgen. Die Archäologen haben festgestellt, dass zum Beispiel Farben, die noch an den Figuren waren, durch die Berührung mit Sauerstoff nach so vielen Jahren verloren gehen. Das ist einer der Gründe, warum die Arbeiten vorerst eingestellt wurden.
Wir besuchen als erstes die Halle Nummer 1. Hier befindet sich der Hauptteil der Terrakotta-Armee. Stramm ausgerichtet stehen die Soldaten, die ihren Kaiser auch nach dem Tode beschützen sollen. Geschätzt wird, dass sich bis zu achttausend Soldaten ausgraben lassen könnten. In den anderen Hallen können wir uns einen Eindruck verschaffen, wie detailliert die einzelnen Figuren gestaltet wurden. Jede hat ihr eigenes Gesicht, es gibt unterschiedliche Frisuren und Mimiken. Zum Abschluss besichtigen wir zwei Streitwagen, die zwar nicht hier, aber in der Nähe gefunden wurden. Nach dieser ausführlichen Besichtigung steht uns wieder der Sinn nach irdischen Dingen, wir haben Hunger. Der Weg aus der Anlage der Terrakotta-Armee führt durch eine Aneinanderreihung von Ständen und Geschäften, wo es überall etwas zu futtern, zu staunen und zu kaufen gibt. Den Nachmittag nutzen wir, um auf der Stadtmauer von Xi'an spazieren zu gehen. Diese ist die am besten erhaltene Stadtmauer Chinas. Sie ist so breit und lang, dass man hier sogar Fahrräder ausleihen kann.

Tag 8: Sonnabend, 15.09.2018 Ein Tag der chinesischen Gastfreundschaft in Chongqing – Beginn der Kreuzfahrt auf dem Yangtse


5 Uhr wecken, wir fliegen nach Chongqing.
30 Millionen Einwohner
Nebel Stadt
Beliebtes Gericht Feuertopf
Kaum in Chongqing angekommen, gelüstet uns nach Kaffee. Schließlich war das Frühstück heute eher bescheiden. Lin führt uns in die Altstadt mit der Aussicht auf einen Kaffee. Die Atmosphäre in der Altstadt ist kaum zu beschreiben. Menschenmassen - chinesischer Natur - wälzen sich durch die Gassen. Die Stimmung ist trotz der Menschenmengen gut, niemand ist wirklich gestresst. Links und rechts laden Geschäfte zum Staunen und Kaufen ein. Keine Chance für uns. Wir folgen dem Deutschlandwimpel, mit dem uns Lin die Richtung angibt. Nach einer Weile erreichen wir die sogenannte Hauptstraße. Hier ist die Straße breiter und daher das Getümmel nicht so dicht. An einer Stelle biegt Lin links ab und wir kommen tatsächlich in eine Art Café. Ein chinesisches Café versteht sich. Das bedeutet, es ist eher ein Gasthaus, denn Cafés gibt es im Teeland China nicht. Der untere Raum ist gemütlich eingerichtet, wir gehen aber in die obere Etage und dort auf die Terrasse. Auf dem bunt gemixten Mobiliar, das seine besten Zeiten längst hinter sich hat, lassen wir uns nieder. Ein nettes chinesisches Mädchen bringt uns nach und nach jedem eine Tasse Kaffee (48 Juan), in den unterschiedlichsten aber hübschen Kaffeetassen. So verbringen wir gut anderthalb Stunden. Nun spazieren wir die Straße weiter auf und ab und kommen an unserem Ausgangspunkt wieder an. Hier befindet sich eine Imbissstube, die die besten Nudelsuppen der Stadt bieten soll. Gemeinsam mit vielen Chinesen lassen wir uns die tatsächlich ausgezeichnete Nudelsuppe schmecken. Auf dem Weg zum Bus kommen wir an einer Post vorbei. Lin - wir brauchen Kleber für die Briefmarken, die wir auf unsere Postkarten kleben müssen. Einige fleißige Schreiber haben bereits festgestellt, dass sich die Marken schnell lösen. Also rein in die Post, wo uns ein kleines Fläschchen mit Kleber zur Verfügung gestellt wird. Nach einer Weile entschließt sich die Postangestellte, uns das Fläschchen zu schenken. So können später alle anderen auch ihre Marken fest ankleben. Jetzt gehen wir zum Bus. Lin - wir brauchen vorher noch ein WC! Auf der Suche nach selbigen geraten wir in ein Restaurant. Die Frage nach einer Toilette verstehen unsere chinesischen Gastgeber weder auf englisch schon gar nicht auf deutsch. Auf Chinesisch wiederum kennen wir das Wort nicht. Mangels Alternative hocke ich mich hin und mach ein typisches Zischgeräusch. Sekundenschnell ist klar, wonach wir suchen und ein Mann weist uns schmunzelnd den Weg. Den Nachmittag verbringen wir im Eling Park. Hier sind wir auf dem höchsten Punkt der Stadt und wer auf den Aussichtsturm klettert (für den wir kostenlosen Eintritt bekommen), hat tatsächlich einen Rundumblick auf Chongqing. Am Fuße des Turms hat sich eine Gruppe
Kalligraphiekünstler zusammen gefunden, die gegenseitig ihre Werke bewundern und auswerten, wessen Zeichnungen am schönsten sind. Als sie mitbekommen, dass wir aus Deutschland kommen, fangen sie an, uns in höchsten Tönen zu loben. Die Deutschen wären hier sehr beliebt und besonders geachtet für ihre hervorragende Qualitätsarbeit. Als wir uns verabschieden, winken sie uns freundlich nach. Ein Stückchen weiter treffen wir auf einen Maler, der auf wundersame Weise Namen künstlerisch zu Papier bringt. Mit uns kommt er ins Geschäft und viele Bilder mit gezeichneten Namen wandern in unser Gepäck. Noch ein Stück weiter sitzt eine Musikantengruppe zusammen und übt (chinesische) Flöte spielen. Es sind eindeutig Hobbymusiker, die aus Spaß an der Freude spielen und sich nicht um schiefe Töne scheren. Als sie bemerken, dass sie Publikum haben, stellen sie sich auf und geben uns eine kleine Vorstellung. Die Freude ist beiderseits. Und so geht es immer weiter. Da sitzt eine Gruppe, die Karten spielt, dort drüben ist Domino angesagt. Hier Tai Chi und dort Kung-Fu, ab und zu macht jemand Musik. Allgemein herrscht eine ausgeglichene eher fröhliche Stimmung. Vor dem Abendessen besuchen wir eine Markthalle aus dem chinesischen Alltag. Hier wird frisches Fleisch verkauft, Fische, Aale und auch Frösche. In der zweiten Etage gibt es Gemüse, bei dem besonders die riesigen Zucchini beeindrucken. Und ganz oben findet sich die Gewürzabteilung. Alles, was die chinesische Hausfrau benötigt, bekommt sie in dieser Markthalle. Leider können wir das heutige Abendessen nicht wie an anderen Tagen würdigen, die Nudelsuppe vom Mittag hält noch sättigend vor. Es ist schon dunkel, als uns unser Bus zum Hafen bringt. Fleißige Hände tragen unsere Koffer zum Schiff. Nach Vorlage unseres Passes bekommen wir die Bordkarten und unsere Kabinennummer. Alle haben eine Außenkabine mit Balkon.

Tag 9: Sonntag, 16.09.2018 Yangtse Kreuzfahrt – Fengdu Ghost City Geisterstadt


Statt ausschlafen heißt es wieder früh aufstehen, denn ab sieben gibt es Frühstück und um halb neun beginnt der erste Ausflug. Beim Verlassen des Schiffes bekommt jeder eine Bordkarte umgehängt, so kann das Schiffspersonal später kontrollieren, ob alle wieder an Bord sind. Es regnet. Mehrmals werden wir darauf hingewiesen, dass wir uns feste Schuhe anziehen sollen und dass es in den Kabinen Regenschirme gibt. Man ist sehr besorgt um uns. Über ein abenteuerliches Konstrukt gelangen wir an Land. Hier stehen schon kleine offene Busse bereit, die uns ca. fünfhundert Meter zum Fuß des Berg Ming Shan bringen. Eigentlich sollten wir vierhundert Stufen hinauf steigen, aber da es so doll regnet, nehmen wir die Seilbahn (30 Juan für Hin- und Rückfahrt zusammen). Oben angekommen führt uns bald der Weg durch eine Gasse, gesäumt von Wachsfiguren, die den Weg zur Hölle weisen. Wir besichtigen mehrere Tempel bis wir in das Herz der Anlage kommen. Und hier wird es richtig gruselig. Wandmalereien und figürliche Darstellungen sollen dem Besucher klar machen, was ihn nach dem Ableben erwartet, so er in die Hölle gerät. Grausamkeiten jeglicher Art sind hier dargestellt. Manches ist so brutal, dass ich es nicht fotografieren kann. Zum Glück ist der Spuk bald vorbei und wir können die gruselige Anlage verlassen. Inzwischen hat es aufgehört zu regnen. Zum Mittagessen treffen wir uns im Schiffs-Restaurant, danach ist Mittagsruhe angesagt. Um 16.30 Uhr lädt der Kapitän zum Willkommenscocktail ein. Am Abend kommen wir in einer unbedeutenden Kreisstadt an. Diese hat nur eine Millionen Einwohner (nur!). Wir besuchen die spektakuläre Show DIE DREI KÖNIGREICHE. Das Freilufttheater ist eingebettet in die Landschaft des Yangtse. Als wir ankommen, ist es bereits dunkel. Schon die Eröffnungskulisse beeindruckt. Der gesamte Bodenbereich ist mit Wasser bedeckt. Darin spiegeln sich die Requisiten, so dass es aussieht, als würde die Bühne unendlich nach unten versinken. In China gibt es einen berühmten Roman DIE DREI REICHE, den jeder kennt. Er handelt vom Untergang der Han-Dynastie und dem Kampf um die Oberhoheit in China circa 208 bis 280. Lin versucht ein paar Mal, uns die Handlung zu erklären, was ihr jedoch nicht wirklich gelingt, da es keine wirliche zentrale Handlung gibt. Es handelt sich viel mehr um eine historische Darstellung von einzelnen Episoden, die in sich abgeschlossen sind. Kompiliziert wird es dann auch noch durch die Vielzahl der mit wirkenden Figuren. Hauptsächlich geht es um politische und militärische Auseinandersetzungen, Affären, Intrigen und Schlachten. Hauptrollen spielen Dong Zhou und Cao Cao, die am Kaiserhof versuchen, die Macht an sich zu ziehen. Hinzu kommt Liu Bei, der in einer Szene im Pfirsichgarten einen Bruderschwur mit Zhang Fei und Guan Yu schließt. Mit ihnen will er den Aufstand bekämpfen und die Dynastie wieder herstellen. Die Armee von Lui Bei und Sun Quan besiegen Cao Cao im Jahr 208 in der Schlacht an der Roten Wand und die drei Reiche entstehen. 2008 wurde die Geschichte verfilmt und ist unter dem Titel Three Kingdoms - Krieg der drei Königreiche erschienen (Muss man sich nicht antun, ist nur Mord und Totschlag und ziemlich blutig). 
Wir lassen uns beeindrucken von Effekten mit Lasershow, Wasserspielen und Feuerwerk. Die große Überraschung ist, dass die Zuschauertribüne beweglich ist. Es ruckelt und wackelt und plötzlich dreht sich die ganze Tribüne um 180 Grad. Der WOW-Effekt ist gelungen.

Tag 10: Montag, 17.09.2018 Yangtse


Den Vormittag verbringen wir mit Tai Chi und Film schauen, kurz gesagt, mit Freizeit. Am Nachmittag unternehmen wir einen Schiffsausflug in die Mini Drei Schluchten. Dafür steigen wir auf kleinere Schiffe um. Lin hat organisiert, dass wir die Ersten sind und so bekommt jeder einen Fensterplatz. Dass das unnötig ist, weil nachher sowieso alle draußen stehen, wissen wir noch nicht und freuen uns über die Eroberung der (vermeintlich) besten Plätze. Auf unserem Schiff sind alle nicht chinesisch sprechenden Gäste untergebracht, d.h. alle Ansagen erfolgen auf Englisch. Der rumänische Reiseleiter übersetzt das dann für seine Gruppe und Lin für uns. Nach neunzig Minuten Fahrt steigen viele der anderen Gäste in kleine Boot um und fahren in noch engere Schluchten. Lin hatte eigentlich vor, mit uns einen Spaziergang zu machen, allerdings legen alle Schiffe an einem Ponton an und um an Land zu kommen fehlen ca. drei Meter. Später, vielleicht im nächsten Jahr, kann man tatsächlich hier aussteigen und einen abenteuerlichen Wanderweg erkunden, an dem wir seit einiger Zeit entlang gefahren sind. Aber noch ist der Bau scheinbar nicht fertig, jedenfalls kommen wir nicht an Land. Auf dem Ponton gibt es einen Stand mit gebratenen Fischen und die Chinesen langen kräftig zu. Auch abgepacktes Eis und Getränke könnte man kaufen, aber die hygienischen Verhältnisse lassen uns unsere vornehmen europäischen Nasen rümpfen und wir nehmen lieber Abstand davon. Auf dem Rückweg sind die besten Fotografierplätze nicht mehr belegt, die meisten Gäste sitzen drin und schlafen. So haben wir mehr Platz an der Reling. Und schon ist das Fare Well Dinner angesagt. Der Kapitän hält eine flammende Rede, die Chinesen rufen Ho!Ho! und lassen es sich nebenbei schmecken. Diesmal werden die Speisen serviert bzw. steht schon einiges auf dem Tisch, also kein Buffet. Es gibt jedenfalls viel und auch abwechslungsreiches Essen. Geschmacklich ist es eher nicht so unser Ding, da hat Lin ein besseres Händchen bei der Auswahl von Speisen. Ella, unsere chinesische Kellnerin, gibt sich, wie auch in den letzten Tagen, sehr viel Mühe, uns alles recht zu machen. Schon bevor wir an den Tisch kommen, hat sie unsere Getränke serviert. Dabei orientiert sie sich daran, was wir am ersten Tag getrunken haben, in der Annahme, dass das unser Lieblingsgetränk ist. Heute Abend bitte ich sie, uns doch etwas Reis zu bringen, den gab es sonst als Beilage immer dazu. Sie nickt, sagt „gleich" und bringt weiter Gemüse und Fleisch. Nach einer Weile stellt sie mir ein Glas mit Eiswürfeln hin. Oh, endlich mal keine warme Cola, schön. Ich frage nochmal: „Ella, bringst du uns etwas Reis?" Ja, sagt sie, ja, und rennt mit dem Sektkühler davon. In dem Moment fällt bei mir der Groschen. Ich ahne schon, was kommt. Und siehe da, Ella schleppt den Sektkühler voll gepackt mit Eiswürfeln an. Nun zeige ich ihr am Nachbartisch, was ich meine, Reis bitte, nicht Eis. Wir lachen gemeinsam über das Missverständnis und Ella bringt uns eine große Schüssel Reis.

Tag 11: Dienstag, 18.09.2018 Drei–Schluchten–Staudamm – Zugfahrt nach Nanking

Bereits um sechs Uhr müssen wir heute unsere Koffer auf Deck 1 angeben. Danach können wir noch ein paar Minuten schlummern, denn Frühstück gibts erst ab 6.45 Uhr. Ella kümmert sich auch am letzten Morgen rührend um uns, schenkt Kaffee, Wasser und Orangensaft ein. Doch nun verlassen wir unser Kreuzfahrtschiff, die Yangtse II. Der Ausflug am Vormittag gehört noch zum Ausflugsprogramm, aber wir kommen nicht zurück zum Schiff. Heute steht die Besichtigung eines der umstrittensten Projekte in China auf dem Programm. Wir besuchen den großen Staudamm und die doppelwandige fünfstöckige Schleuse. Milliarden hat das Projekt gekostet, tausende Menschen mussten umgesiedelt werden, weil ihre Dörfer im Wasser verschwanden. Argumentiert wird damit, dass die Bewohner rund um den Yangtse immer vom Hochwasser bedroht waren und es regelmäßig Todesopfer gegeben hat. Am schlimmsten war es wohl 1998, als eine Jahrhundertflut dreitausend Menschen mit sich riss. Um das Projekt besichtigen zu können, müssen wir uns einer Sicherheitskontrolle unterziehen. Messer und alkoholische Getränke dürfen nicht mitgenommen werden. So kommt es, dass unsere örtliche Reiseleiterin Caty einen großen Beutel voller Bierbüchsen abgeben muss, den wir erst nach der Besichtigung zurück bekommen. Über mehrere Rolltreppen gelangen wir auf eine Aussichtsplattform, von der wir einen guten Blick auf die Schleusenanlage haben. Außer uns haben heute noch viele Chinesen vor, sich das Ganze anzuschauen. Jetzt ist es Zeit, zum Bahnhof zu fahren. Heute liegt die weiteste und längste Strecke der Reise (mit der Bahn) vor uns. Am Bahnhof angekommen, müssen wir wieder unseren Pass und die Fahrkarte vorzeigen, dann wird das Gepäck kontrolliert. Und dann heißt es warten. Irgendwann wird unser Zug ausgerufen und wir gehen zur nächsten Fahrscheinkontrolle. Das kennen wir schon. Der Fahrschein muss in einen Schlitz gesteckt werden, kommt mittig wieder heraus und die Schranke öffnet sich. Ehe wir alle mit unserem Gepäck da durch sind dauert das natürlich. Wir wissen aber von der letzten Bahnfahrt, dass wir nicht bummeln dürfen. Also setzt eine gewisse Gehetztheit ein. Dieses Gefühl verstärkt sich, als Lin uns nach rechts scheucht und dort eine gewaltige Treppe zum Bahnsteig führt. Ich erinnere: wir haben jeder fast zwanzig Kilo Gepäck. Alles versucht irgendwie seine Koffer dort hoch zu wuchten, nur einer nicht. Er entscheidet sich für die Rolltreppe auf der anderen Seite. Ich folge. Schließlich kann ich nicht riskieren, dass sich jemand verläuft. Oben angekommen, sehen wir den Zug, stellen fest, wir sind am Wagen 8 und wissen, wir müssen zu Wagen 5. Auf eiligen Füßen begeben wir uns in die entsprechende Richtung. Unterwegs sammeln wir seine Frau und eine weitere Mitreisende ein. Rechtzeitig erreichen wir den Wagon, schleppen unser Gepäck hinein und suchen unsere Plätze. Diese finden wir schnell. Der Wagen ist nicht voll, im Gegenteil. Aber wo sind die anderen unserer Gruppe? Die müssten doch längst hier sein. Mich beschleicht ein komisches Gefühl. Hinten am Gang steht eine Schaffnerin. Ich komme nicht zu ihr durch, weil mir unser Gepäck im Wege ist. Also rufe ich den anderen zu, dass sie nachfragen sollen, ob wir im richtigen Zug sind. Das Ergebnis ist erschreckend - wir sind im falschen Zug. Also: raus, raus, raus!!! Mitsamt unseren sperrigen Koffern verlassen wir den Zug wieder. Auf der anderen Seite des Bahnsteigs steht noch ein Zug, allerdings am anderen Ende des Gleises. Ich renne vor, um zu klären, ob das unser Zug ist. Als ich den ersten Wagen fast erreicht habe, sehe ich Lin stehen und hektisch winken. Oh Gott, das wird knapp, die anderen sind noch weit hinter mir. Ich gebe meinem Koffer einen Schubs, der rollt zu Lin, renne zurück, um einen weiteren Koffer zu holen. Wir rennen als wenn's um unser Leben ginge. Lin und die Schaffnerin treiben uns zur Eile an. Schnell, schnell, schnell - rein mit euch!!! Quasi in letzter Minute haben wir es geschafft. Das Herz klopft bis zum Hals. Na, das hätte ja auch schief gehen können. Außer Atem schieben wir unsere Koffer durch den gesamten Zug, bis wir endlich unser Abteil erreichen und auf unsere Mitreisenden treffen. Nach ca. fünf Stunden erreichen wir Nanjing.

Tag 12: Mittwoch, 19.09.2018 Nanjing


Unser Hotel befindet sich im Zentrum von Nanjing. Es hat 29 Stockwerke. Gestern Abend sind wir nur noch müde ins Bett gefallen, aber heute morgen konnten wir in der siebten Etage unser Frühstück in einem tollen asiatischen Ambiente einnehmen. Es gab sogar Salami und Lachs, Joghurt und frisch gebrühten Kaffee. Mit gepackten Koffern reisen wir wieder ab. Unser erstes Ziel ist die Gedenkstätte von Nanjing, die an das Massaker von 1937 erinnert. Da gestern im Museum eine festliche Veranstaltung stattgefunden hat, denn am 18.9.1937 haben die Japaner die Stadt überfallen, ist das Museum heute geschlossen. Nur heute. Schade, aber nicht zu ändern. Wir fahren zum Löwenberg. Hier befindet sich der höchste Punkt der Stadt mit einer entsprechenden Aussicht. Nanjing zählt nicht ohne Grund zu den chinesischen Städten, die Backofenstadt genannt werden. Es ist irre heiß, der Schweiß läuft in Strömen, auch wenn wir uns nicht bewegen. Mittags fahren wir in die Altstadt. Eine Stunde haben wir Zeit zum bummeln und flanieren. Dann setzen wir unseren Weg mit dem Bus fort. Den Abend verbringen wir heute in Suzhou. Wir flanieren durch die Shantang Street, die sich direkt am Kaiserkanal entlang schlängelt.Es ist dunkel, aber die Läden sind hell beleuchtet. Außerdem sind alle Häuser mit roten Lampingongs geschmückt. Es ist warm, riecht gut und die Stimmung fast romantisch.

Tag 13: Donnerstag, 20.09.2018 Suzhou

Der Garten des Meisters der Fischernetze steht nun auf dem Programm. Die Fischernetze und den Meister suchen wir vergeblich, aber es gibt einige Pavillions mit Mobiliar aus vergangenen Zeiten.
Es folgt eine Bootsfahrt auf dem Kaiserkanal. Nun können wir alles, was wir gestern schon gesehen haben, noch einmal im Hellen betrachten. Anschließend steht der Besuch einer Seidenmanufaktur auf dem Programm. Zunächst bekommen wir eine Demonstration, wie ein Seidenfaden entsteht. Später können wir auch direkt in die Produktionsstätten gehen und uns die Maschinen anschauen, mit denen die Seide gewebt wird. Nicht zu vergessen, es gibt ausreichend Zeit, um Seidenprodukte zu erwerben.
Nach zwei Stunden Fahrt mit dem Bus erreichen wir Shanghai. Unser Abendessen nehmen wir in einem Restaurant in der Nähe vom Bund ein. Lin lädt uns auf ein Bier ein. Wir sind ungeduldig, lauern darauf, endlich die Skyline von Shanghai vor die Linse zu kriegen. Aber es regnet wie verrückt. Nicht nur ein paar Tropfen, nein, auch der Regen zeigt sich überdimensional. Zum Glück lässt das kurze Zeit später nach und wir können doch noch raus. Es ist zauberhaft. Viel schöner als ich es mir jemals hätte ausmalen können. Postkartengleich steht der einzigartige Fernsehturm von Shanghai bunt beleuchtet inmitten der ebenfalls angestrahlten Wolkenkratzer. Die Ansicht ist atemberaubend.

Tag 14: Freitag, 21.09.2018 Shanghai


Am Vormittag besuchen wir den Jadebuddha-Tempel. Anschließend fahren wir in die Altstadt von Shanghai. Die echten alten Häuser sind zum Teil verfallen oder zumindest in einem jämmerlichen Zustand. Lin berichtet uns, dass diese abgerissen werden. In dem Teil, der heute als Altstadt bezeichnet wird, reihen sich Häuser in chinesischem Stil an einander. Es gibt viele Läden, die vor allem Touristen aus China aber auch aus aller Welt anlocken sollen. Über die Zickzackbrücke erreichen wir den Garten der Freude.Nach dem Besuch, haben wir ausreichende Zeit, durch die Altstadt von Shanghai zu bummeln, bei Starbucks einen Kaffee zu trinken und auch ein Häppchen zu essen.Am Nachmittag spazieren wir noch einmal am Bund, um die Skyline bei Tageslicht zu bewundern. Wir haben Glück, denn auch die Sonne lässt sich kurz sehen. Es ist genauso faszinierend wie am Vorabend.
Lin hat vorgeschlagen, eine Akrobatik-Show zu besuchen. Keine Frage, dass wir dabei sind. Es ist Rush-Hour und wir quälen uns durch den Stau, erreichen das Theater aber pünktlich. Die Show ist, wie alle, die wir bisher gesehen haben, beeindruckend. Eine Gruppe junger Männer springt durch diverse Reifenkonstellationen, fast scheinen sie zu fliegen. Ein Artist jongliert mit einer chinesischen Vase. Viele andere Kunststücke folgen. Es ist ein Vergnügen, den Artisten zuzuschauen, denn sie haben sichtlich Spaß an dem, was sie dort tun.

Tag 15: Sonnabend, 22.09.2018 Shanghai – Hangzhou

Nach dem Frühstück fahren wir zum Jin Mao Tower. Innerhalb von 45 Sekunden bringt uns der Fahrstuhl in die 88. Etage. Von hier aus haben wir einen Schwindel erregenden Blick auf die Skyline von Shanghai. Nachdem wir uns satt gesehen und fotografiert haben, bringt uns Lin zu einem Rundweg über einen viel befahrenen Kreisverkehr, von dem wir nochmals einen anderen Blick auf den Fernsehturm und die Wolkenkratzer haben. In der Nähe befindet sich ein großer Disney-Shop und vor diesem eine Standuhr mit Mickymaus-Figuren. Punkt elf öffnen sich die Türchen an der Uhr und Disneyfiguren tanzen zu bekannten Filmmelodien. Nun aber ist es Zeit, den langen Weg nach Hangzhou anzutreten. Mittags legen wir eine Pause an einer Raststätte ein. Hier laden unter anderem McDonald und Starbucks zum Verweilen ein.

Tag 16: Sonntag, 23.09.2018 Hangzhou


Wir starten um neun. Ziel ist Lin Ying, ein beliebter buddhistischer Tempel. Dieser entstand im Jahr 326. In seiner Blütezeit lebten bis zu dreitausend Mönche hier, heute sind es eher dreitausend Touristen. Der Tempel ist einer der größten in China. Der Weg zum Eingang ist gesäumt von in Felsen gehauenen Buddhas. Beeindruckend ist auch die Halle der fünfhundert Buddha-Gehilfen. Jede ist Figur ist eine eigene Persönlichkeit. Sie sind überwiegend freundlich, unterschiedlichen Alters, manche haben auch Kinder. Solch eine Halle gibt es in China nur dreimal.Der anschließende Besuch einer Teeplantage besteht aus einem kurzen Gang durch die Teesträucher und einer Präsentation, wie gesund Drachenbrunnentee ist. Anschaulich wird uns gezeigt, wie weißer Reis zunächst mit Jod eingefärbt und damit schwarz wird. Wenn man Wasser drauf kippt, bleibt er schwarz, aber wenn man diesen Zaubertee drauf gießt, wird zumindest das Wasser wieder klar und natürlich irgendwann der Reis auch. Selbstverständlich können wir den Tee käuflich erwerben, um unsere schwarzen Magen, Leber und wer weiß was noch zu reinigen.Am Nachmittag unternehmen wir eine Bootsfahrt auf dem Westsee. Wir müssen eine halbe Stunde bis zur Anlegestelle laufen. Das macht aber nichts, da der Weg durch einen Park führt und das Wetter inzwischen angenehm ist. Es ist warm, aber nicht heiß und es regnet nicht. Der Westsee gilt mit seinen Pagoden, Bogenbrücken und Gärten als Schmuckstück Chinas und gehört zum UNESCO Welterbe. Seit Jahrhunderten bietet er eine Quelle der Inspiration für Gartenkunst. Rund um den See befinden sich wunderschöne Anlagen, die nach den Prinzipien der chinesischen Gartenkunst gestaltet wurden. Sieben Dinge sollen so in Einklang gebracht werden, dass der Mensch als Achter mit ihnen zur vollkommenen Harmonie findet. Zu den sieben Dingen gehören Erde, Himmel und Steine, Wasser und Gebäude, Wege und Pflanzen.

Tag 17: Montag, 24.09.2018 Guilin

Nach dem Frühstück fahren wir zum Flughafen von Hangzhou. Von hier aus fliegen wir in ca. zwei Stunden nach Guilin, wo wir um 15.30 Uhr in den nächsten Reisebus einsteigen. Der Fahrer ist ein kleines Männlein und etwas genervt ob unseres schweren Gepäcks. Wir fahren zur Schilfrohrflötenhöhle. Es ist sehr heiß, bestimmt 30 Grad. Guilin ist eines der beliebtesten Reiseziele der Chinesen. Weil es hier so schön ist, sagt Lin.
Die Landschaft ist geprägt von bis zu zweihundert Meter hohen Karstfelsen, in verschiedensten Formen.Auf den Mopeds: Mann mit Anzug, Kind im Hochstuhl, Polizist mit Nudelsuppe im Beutel, Babies bei Mama auf dem Arm, Kartons, Kisten...

Tag 18: Dienstag, 25.09.2018 von Guilin nach Yangzhou


Wir unternehmen eine Schifffahrt auf dem Li-Fluss. Startpunkt ist MoPan Hill Wharf, außer uns haben viele Chinesen das gleiche Ziel. Da es jedoch mehrere Schiffe gibt, die großzügig eingerichtet sind, ist es eine gemütliche Tour. Nur an interessanten Fotospots wird es an Deck eng, dann wollen Deutsche und Chinesen gleichzeitig an der Reling stehen. Die Landschaft gleicht einem Bilderbuch. Der schmale Fluss schlängelt sich zwischen steil aufragenden Felstürmen entlang.In Yangzhou angekommen, führt uns der Weg in die Stadt gefühlte tausend Meter an Souvenirständen vorbei. Fast überall wird der gleiche Tinnef angeboten. Lin erzählt, dass die Stände nur eine Stunde am Tag aufgebaut sind, nämlich dann, wenn die Schiffe ankommen. Schöner wird es dann im Stadtzentrum von Yangzhou. Auch hier erwarten uns wieder Gassen und Gässchen, gesäumt von Läden und Restaurants. Bei den Geschäften handelt es sich allerdings nicht um Kramläden, es werden hochwertige Waren angeboten: Schuhe, Taschen, Elektrowaren u.s.w.. An einer Ecke verkauft ein altes Mütterchen Bananen. Zwei Juan möchte sie pro Banane haben und trifft bei uns auf kaufwillige Kunden. Jedoch entwickelt sich der Handel zu einem Desaster, weil das Mütterchen die Bananen nicht einzeln verkaufen will, sondern nur das ganze Bund. Sie versteht nicht, dass wir genügend Käufer sind und sie alle Bananen loswerden würde. Sie fängt an zu keifen und zu schimpfen, ratlose Gesichter auf unserer Seite, sie macht kein Geschäft und wir bekommen keine Bananen. An der nächsten Ecke gibt es tatsächlich ein deutsches Restaurant, wo es Bratwurst und deutsches Bier gibt. Auch der Kaffeeduft erinnert an zu Hause.Wir übernachten in einem kleinen Gasthaus in einem Dorf, ca. vier Kilometer von Yangzhou entfernt. Hier geht es sehr familiär zu. Beim Abendspaziergang begegnen wir einigen Mütterchen. Eine lädt uns sogar in ihr Haus ein. Das Dorf spiegelt das Leben in China auf kleinstem Raum wieder. Die alten, sehr alten Häuser sind teilweise abgerissen, teilweise bewohnt. Sie verschmelzen inzwischen mit den neu gebauten Häusern. Hier sind junge Leute dabei, sich wohnlich einzurichten. Eine Frau, die gerade Unkraut vor ihrem Haus jätet, erzählt uns, dass hier drei- bis vierhundert Menschen wohnen.
Wir kehren zurück zu unserem Gasthaus, fleißige Hände haben inzwischen unser Gepäck in die Zimmer, teilweise bis in den vierten Stock, geschleppt. Danke dafür. Zum Abendessen gibt es für jeden eine Schüssel gebratene Nudeln (25 Yuan). Anschließend zeigt uns Lin, wie die chinesischen Zeichen zu Papier gebracht werden. Im Kaligraphiekurs lernen wir die Zeichen für Baum, Wald, Urwald, Pferd und Bier kennen. Von den Balkonen ist ein traumhafter Sonnenuntergang zu beobachten und später scheint der Mond ganz hell. Auch Fledermäuse geben sich zünftig die Ehre. Die Betten sind weich und so fallen wir bald in einen tiefen traumlosen Schlaf.
 

Tag 19: Mittwoch, 26.09.2018 Bahnfahrt von Yangzhou nach Kanton


Das freundliche Personal hat für uns bereits halb sieben das Frühstück bereitet. Wir müssen zeitig los,denn heute findet hier ein Radrennen statt und die Straßen werden gesperrt. Von Yangzhou nach Kanton wollen wir mit der Bahn fahren. Unser Busfahrer, der sich geweigert hat, bis ans Hotel heranzufahren und auch sonst recht merkwürdig war, gibt ordentlich Gas, denn die Zeit ist knapp. Mit lautem Gehupe verschafft er sich Platz. Am Bahnhof ist er vor allem darum bemüht, sein Trinkgeld zu kassieren. Der einzige Fahrer, dem nicht unsere Sympathie gilt.
Uns bleibt eine Viertelstunde für Passkontrolle, Fahrkartenkontrolle und Einsteigen. Doch der Bahnsteig ist noch nicht frei gegeben. Dann wird es wieder hektisch. Der Automat schluckt die Fahrkarten nicht... die Rolltreppe muss erst angeschaltet werden und wir müssen unseren Platz für den Wagen Nummer vier finden. Und wir wissen, der Zug hält nur zwei Minuten. Alles klappt. Schweißnass sinken wir auf unsere Plätze.
Die Fahrt geht anfangs vorrangig durch Tunnel, nur selten können wir einen Blick auf die traumhafte Landschaft werfen. Doch wenn der Blick frei ist, huscht Dorf an Dorf an uns vorbei. Meistens sind die Häuser neu gebaut oder zumindest verputzt. Die weißen Häuschen heben sich leuchtend von dem satten Grün der Berge ab. Fischteiche, kilometerweit Fischteiche, zu erkennen an der Belüftung. Der Zug fährt mit bis zu 247 Stundenkilometern und ist klimatisiert. Drinnen sind es 25, draußen 30 Grad. Später fahren wir durch Städte und die uns inzwischen vertrauten Wolkenkratzer tauchen wieder auf. Das Zugpersonal ist emsig. Nicht nur, dass Kaffee und Knabberzeug angeboten wird, es wird auch durchgewischt und die Gepäckablagen werden nach unsicher abgelegtem Gepäck kontrolliert. Hier wird ein Rucksack zurecht gerückt, dort muss jemand seine Trinkflasche heraus nehmen. Gegen elf kommen wir sicher in Kanton Süd an.
Ghuanzhou Zhuhai = Kanton
hochchinesisch : Kantonesisch
Während wir aussteigen, beobachten wir, wie fleißige chinesische Hände die Zugscheiben säubern. Das habe ich bei uns noch nicht gesehen. Unser neuer Busfahrer , Herr Dschang, holt uns am Bahnsteig ab. Wir besuchen den Ahnentempel der Familie Chen. Es gab so viele Leute mit dem Namen Chen, so dass sie eines Tages beschlossen, einen gemeinsamen Tempel zu bauen. Im Haupttempel gibt es eine Art Regal, in dem die Ahnentafeln standen. Alle wurden während der Kulturrevolution zerstört. Lediglich das Gebäude konnte vor dem Mob gerettet werden. Nur ein Foto von 1932, das eigentlich chinesische Baukunst dokumentieren sollte, ist als Zeitzeuge übrig geblieben und zeigt, wie die Wand einmal ausgesehen hat. Heute ist in dem Tempel ein Kunstmuseum untergebracht.
Im Orchideenpark, den wir im Anschluss besuchen, gibt es leider keine Orchideen zu sehen. Es ist ein schöner Park und ein paar possierliche Vögelchen geben uns die Ehre. Nun geht es noch zum Tempel der sechs Banyanbäume, von denen allerdings au h nur noch drei existieren. Etwas spektakulärer ist dann wieder der Fotostopp am über sechshundert Meter hohen Fernsehturm und der modernen Skyline von Kanton.
Kanton:18 Millionen Einwohner Ziegelstadt, Frühlingsstadt, Blumenstadt, Messestadt
Kantonküche: typisch - sie essen alles, auch Hunde, Katzen und Schlangen, Zikaden und Kakerlaken, Seidenraupen, Skorpione... keine Menschen
Abends gehen wir, zum letzten Mal mit Lin, chinesisch essen. Wir kommen an einem großen Fischrestaurant vorbei. Hier kann sich der Gast sein Wunschgericht direkt am Aquarium aussuchen, leider ist auch eine Schildkröte dabei. Uns führt Lin wieder in ein kleineres Ambiente, das eher an ein Bistro erinnert. Auch hier gibt es heute viel Fisch. Fischsuppe, scharf, Lauch mit Sardellen und vermeintlich Jägerschnitzel, was aber ebenfalls Fisch war. Dazu Reis, Chinakohl und andere leckere Sachen. Unser Getränk spendiert heute Eberhardt TRAVEL, denn wir nehmen langsam Abschied von einer großartigen Reise.

Tag 20: Donnerstag, 27.09.2018 Mit der Fähre nach Hongkong


Der Tag beginnt in der 39. Etage unseres Hotels. Hier befindet sich das Frühstücksrestaurant. Der Blick fällt auf Wolkenkratzer und Hochhausschluchten. Der Himmel ist, wie immer, weiß. Wir laden unsere Koffer in den Bus und fahren zum Fährhafen. Unterwegs überqueren wir zum wiederholten Male mehrstöckige Straßen, immer noch verblüfft die allgegenwärtige Überdimensionalität. Wir kommen noch einmal am goldenen Bürohaus vorbei, das aussieht wie ein runder Käse mit einem Loch in der Mitte. Neben den neuen schicken Hochhäusern gibt es aber auch immer wieder Häuser aus einer anderen Zeit, klein, flach und halb verfallenen. In einigen Jahren werden auch diese wohl verschwunden sein. Am frühen Nachmittag erreichen wir Hongkong. May, unsere örtliche Reiseleiterin, wartet bereits auf uns. Wir fahren zum Victoria Peak, der höchsten Erhebung der Stadt. Aus 552 Metern Höhe haben wir eine fantastische Aussicht auf das Häusermeer von Hongkong. Nach einer Foto- und Imbiss-Pause führt uns der Weg zur Repulsebucht. Hier gibt es, neben einem schönen Sandstrand, ein Haus mit einem großen Loch in der Mitte. Dieses wurde vom Architekten nach dem Feng-Shui Prinzip so geplant, damit der Drache, der Glück bringt, sowohl aus dem Fenster schauen kann und darüber hinaus auch das Loch zum Durchfliegen nutzen kann. Tja, was sagt man denn dazu. Abends unternehmen wir eine Hafenrundfahrt. An einem reichhaltigen Buffet können wir uns bedienen. Kurz nach der Abfahrt stehen wir jedoch erst einmal an Deck, um die allabendliche Lasershow zu bewundern. Fairerweise muss man sagen, dass hier die Erwartungen höher waren, als das, was als Lasershow geboten wurde. Die abendliche Skyline von Hongkong ist beeindruckend, aber die Lasershow eher bescheiden.

Tag 21: Freitag, 28.09.2018 Hongkong

Wir können ausschlafen und in Ruhe unsere Koffer packen. Um elf holt uns May zur Stadtbesichtigung ab. Heute sind wir ohne Reisebus unterwegs. Wir fahren mit der U-Bahn, nutzen die längste Rolltreppe der Welt (über achthundert Meter lang und aus 25 Teilstücken bestehend) und fahren mit der einzigartigen doppelstöckigen Straßenbahn. Am Nachmittag bleibt dann Zeit zum Bummeln und Restgeld ausgeben. Dann geht unsere Reise tatsächlich zu Ende. Wir fahren zum Flughafen und fliegen mit Lufthansa zurück nach Deutschland.

Tag 22: Sonnabend, 29.09.2018


Den Service von Lufthansa muss ich an dieser Stelle mal loben. Allerdings haben sie wohl vergessen, die Heizung anzustellen. Fast erfroren erreichen wir am frühen Morgen München. Hier heißt es nun Abschied nehmen, wir zerstreuen uns in alle Teile Deutschlands. Macht's gut!
 

Liebe Gäste,



noch einmal möchte ich mich bei Euch bedanken, dass ich Euch auf dieser Reise begleiten durfte. Mit Worten lässt sich kaum beschreiben, wie tief die Eindrücke sind, die China bei uns hinterlassen hat. Nicht nur, dass wir Einblicke in die geheimnisvolle Geschichte dieses Landes nehmen konnten, nein, vor allem das hier und jetzt war doch so fesselnd. Aber, eine Reise lebt auch immer davon, wie sich die Mitreisenden verhalten und ich muss sagen, das habt Ihr großartig gemacht. In den drei Wochen sind wir doch zu einer kleinen Gemeinschaft zusammen gewachsen, jeder hatte ein Auge für den anderen, wer einen Tipp hatte, hat ihn an die anderen weiter gegeben. Ich werde mich gern an Euch und unsere fantastische Reise erinnern. Ich wünsche Euch alles Gute und, wie Lin sagte: Gesundheit, Glück und ein langes Leben.Eure Reisebegleiterin Sabine

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