Reisebericht: Rundreise China, Tibet und Nepal – Erlebnis Tibet–Bahn

09.06. – 26.06.2019, 18 Tage Peking – Xining – Tibet– Bahn – Lhasa – Gyantse – Shigatse – Kathmandu – Chitwan–Nationalpark – Pokhara


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Am sonnigen Pfingstsonntag 2019 begann unsere Reise zu einem der sicherlich schönsten Hochgebirgsziele der Welt, in den Himalaya, in die Autonome Region Tibet und nach Nepal.
Ein Reisebericht von
Ralf Mehnert
Ralf Mehnert

09.06./10.06.19 Flug nach Peking über Istanbul

Bevor wir uns jedoch mit dem Zug auf das "Dach der Welt" begaben, erkundeten wir höhentechnisch nahe Null noch die Sehenswürdigkeiten der Chinesischen Hauptstadt Peking. Mit Turkish Airlines ging es von verschiedenen deutschen Flughäfen nach Istanbul, wo wir am neuen Großflughafen in die Boeing 777-300 nach Peking umstiegen. Neun Stunden später landeten wir wohlbehalten am „alten" Beijing Capitol International Airport. Alt deshalb, weil bereits der neue Hauptstadt-Flughafen fertiggestellt wurde und am 30. September offizielle Eröffnung feiert. Und das nach nur vier Jahren Bauzeit. Pietätvoll erspare ich mir hier jegliche Vergleiche... Nach diversen Scannings, Screenings und persönlicher Augenscheinnahme verließen wir das Ankunftsterminal und wurden von unserem Pekinger Reiseleiter "Martin" herzlich begrüßt. Die anschließende Fahrt vom Flughafen in die Stadt verdeutlichte uns schon eines der Hauptprobleme der 20 Millionen Metropole. Verkehrsstau. In alle Richtungen. Bei 33 Grad Außentemperatur. Da kommt einem unweigerlich Michael Douglas in Falling Down in Erinnerung, das Drama, was im Stau begann und als sozialkritisches Spiegelbild endete. Aber Chinesen sind geduldiger. Und leidensfähiger. Darüber hinaus tun die allgegenwärtigen Überwachungskameras ihr Übriges, um die moralische Sozialisation nicht zu vergessen. Anderthalb Stunden und 35 Kilometer später saßen wir dann um einen runden Tisch herum und genossen unser erstes Abendessen im Reich der Mitte. Das Essen war sehr reichhaltig und lecker, sah auch noch gesund aus und wir konnten obendrein unsere Ferantigkeiten bei der Handhabung der obligatorischen Essstäbchen trainieren. Nach der Ankunft im Hotel und dem Bezug der Zimmer fielen wir alsbald schnell in einen tiefen Erholungsschlaf, hatten wir doch sechs Stunden Zeitunterschied und eine mehr als 24-stündige Anreise zu kompensieren.

11.06.19 Peking – Verbotene Stadt und Himmelstempel

Ausgeschlafen und voller Tatendrang begannen wir unsere Besichtigungstour in Peking. Wenn man sich dieses Ökosystem auf der Karte anschaut, verwundert es nicht, dass der Großraum Peking als eigene Provinz geführt wird. In dieser Stadt ist alles groß, nicht nur die flächenmäßige Ausdehnung und die Bevölkerungsdichte. Heute wie vor tausend Jahren versteht sie sich als politisches Zentrum eines Riesenreiches, welches einst eine kulturelle und wirtschaftliche Wiege der Menschheit gewesen ist. An diese Zeiten versucht man mit unheimlicher Anstrengung anzuknüpfen, was zu einem Wettlauf zwischen Ost- und West in der heutigen Zeit geführt hat. Wir erreichten als erstes den Platz des Himmlischen Friedens, den Tiananmen-Platz, der in der jüngeren Geschichte Pekings eine unrühmliche Rolle bei den Studentenprotesten gespielt hatte. Mit über 40 Hektar Fläche ist er der größte innerstädtische Platz weltweit. Bis zu einer Million Menschen können sich hier versammeln, eingerahmt vom Mausoleum Mao Zedongs, der Großen Halle des Volkes, dem Nationalmuseum sowie dem Tiananmen-Tor, als Südtor der Kaiserstadt und Proklamationsort der Volksrepublik China durch Mao im Jahre 1949 weltbekannt. Hier hängt auch das einzige öffentliche Mao-Bildnis. Durch dieses Tor betraten wir die Verbotene Stadt, eine Anlage gigantischen Ausmaßes. Auf 72 Hektar Fläche findet man hier den Kaiserpalast, welcher mit angeblichen 9999 Räumen beinahe 500 Jahre das machtpolitische Zentrum des Reiches der Mitte war. Wir passierten nach kurzem Fußweg das Mittagstor und begaben uns damit in den eigentlichen Palastbereich, welcher zu Kaisers Zeiten nur für den Inneren Kreis zugänglich war. Heute strömten mit uns tausende weitere Besucher in den Kaiserpalast, wobei die Zahl der Eintrittskarten auf maximal achtzigtausend Exemplare pro Tag begrenzt wurde. Vom Außenhof gelangten wir durch das Tor der Höchsten Harmonie zu den drei großen Hallen (Halle der Höchsten Harmonie mit dem Kaiserthron, Halle der Vollkommenen Harmonie und die Halle zur Erhaltung der Harmonie). Reiseleiter "Martin" erklärte uns ausführlich die Bedeutung des gesamtem Komplexes und der einzelnen Bauten sowie viel Wissenswertes zu den religiösen Motiven und Skulpturen. Durch den kaiserlichen Garten und dem Tor der Himmlischen Stärke verließen wir die Verbotene Stadt um die Mittagszeit wieder, um uns einem weiteren Highlight und UNESCO-Welterbe zuzuwenden; dem beeindruckenden Himmelstempel. Diese Tempelanlage liegt im Süden der Stadt und ist im Altertum für Erntezeremonien durch den Kaiser genutzt wurden. Sie besteht im Wesentlichen aus drei Teilen, die durch eine Nord-Süd-Achse verbunden sowie durch Mauern eingefasst sind. Das wichtigste Gebäude in der Anlage ist die Halle der Ernteopfer, die den Altar beherbergt, wo im Frühjahr für eine gute Ernte gebetet wurde. Nach Süden setzt sich der Komplex mit dem Himmelsgewölbe und dem Himmelsaltar fort. Nach einer ausführlichen Besichtigung verließen wir die Tempelanlage wieder und machten uns auf den Rückweg zu unserem Hotel. Es blieb ein wenig Zeit, um sich zu erholen und auf den Abend vorzubereiten. Eingeleitet wurde dieser mit einem wiederum sehr schmackhaften Essen in einem Lokal in der Nachbarschaft, bevor wir uns auf den Weg ins „Red Theatre" machten, um uns die Show „The Legend of Kung-Fu" anzusehen. Es war keine echte Kampfsportaufführung, sondern eine Art Musical zur Geschichte des Kung-Fu. Tolle Bühnenbilder und akrobatische Kampfkunst-Einlagen machten die Aufführung aber sehr sehenswert, so dass wir einen überaus interessanten Tag mit einem schönen Abendprogramm krönen konnten.

12.06.19 Peking – Große Mauer und Sommerpalast

Der heutige Tag führte uns in nordwestliche Richtung aus Peking hinaus. Unser Ziel war ein restauriertes Teilstück der Großen Mauer bei Badaling, etwa 75 Kilometer von unserem Hotel entfernt. Dabei passierten wir die prosperierenden Vorstädte der Metropole Peking und sahen die vielfältigen Bautätigkeiten, welche in Zusammenhang mit der Winterolympiade 2022 standen. Reichlich anderthalb Stunden später erreichten wir den touristisch aufgearbeiteten Abschnitt der Chinesischen Mauer bei Badaling. Es gehört zu einem Teilstück von knapp 600 Kilometer Länge, welches sich in einem guten bis sehr guten Zustand befindet. Über die Gesamtlänge gibt es immer wieder neue Erkenntnisse, aus einstmals 2.500 Kilometern sind neuesten Forschungen zu Folge über 21.000 Kilometer geworden. Je nach Betrachtungswinkel und Einbeziehung natürlicher Barrieren sowie geschichtlicher Epochen. Das Teilstück, was wir besichtigten, gab uns eine gute Vorstellung davon, wie das System aus Mauern, Wachtürmen und Signalfeuern im Altertum vor kriegerischen Überfällen schützen konnte. Trotz der recht hohen Temperaturen, die heute herrschten, erklommen wir die sich den Bergkamm entlang schlängelnde, unendlich scheinende Mauer und wanderten auf ihr ein großes Stück zu Fuß entlang. Es war ein beeindruckendes Erlebnis und ein Zeugnis großen menschlichen Willens, etwas Derartiges in über zweitausendjähriger Bauzeit in die Landschaft zu setzen. Nach dem Mittag begann unsere Rückfahrt nach Peking, wir wollten als nächstes den kaiserlichen Sommerpalast besichtigen. Die sich auf 290 Hektar erstreckenden Palastanlagen, welche mehrfach zerstört und wiederaufgebaut wurden, waren einst ein Geschenk des Kaiser Qianlong an seine Mutter. Spätere Kaisergenerationen haben sich insbesondere in den schwül-heißen Sommermonaten in das Anwesen am Kunming-See zurückgezogen, welches seit 1998 Weltkulturerbe ist und darüber hinaus ein Kleinod chinesischer Architektur und Gartenbaukunst. Wir spazierten vom Osttor am Ufer des Kunming-Sees entlang, besichtigten den über 700 Meter langen Wandelgang und das Mamorboot, bevor wir den Sommerpalast wieder verließen. Letztes Ziel des heutigen Tages war der Olympische Park von 2008, mit dem berühmten „Vogelnest" (Olympiastadion), der olympischen Schwimmhalle und den ersten Neubauten für die Spiele 2022. Nach einem stärkenden Abendessen erreichten wir wieder unser Hotel und ließen den Abend gemütlich ausklingen.

13.06.19 Flug nach Xining

Heute hieß es Abschied nehmen von Peking und das schon sehr zeitig am Morgen. Unser Flug ins zentralchinesische Xining ging um 06.40 Uhr, so dass wir bereits um vier Uhr morgens unser Hotel verließen. Am Flughafen verabschiedeten wir unseren Reiseleiter "Martin" und stiegen pünktlich in die bereitstehende Maschine von Air China. Nach etwas über zwei Stunden ruhigen Fluges landeten wir in der 2-Millionen-Metropole Xining, dem Ausgangspunkt unseres Zugabenteuers mit der Tibet-Bahn. Wir wurden herzlich von unserem örtlichen Reiseleiter „Udo" begrüßt, welcher mit uns eine kurze Stadtrundfahrt unternahm, bevor wir den Buddhistentempel Nau Chan besichtigten. Der Tempel lag an einem Hang etwas oberhalb der Stadt, weswegen man von hier aus einen großartigen Blick auf Xining hatte. Nach einem kleinen Mittagessen und einem Zwischenstopp in einem Supermarkt, wo wir uns mit Proviant für die Zugfahrt eindeckten, ging es zum Bahnhof, wo wir in den Lhasa-Express einstiegen, welcher uns in knapp einundzwanzigstündiger Fahrt in die Tibetische Hauptstadt bringen sollte. Der Zug war, wie nicht anders zu erwarten, ausgebucht. Immerhin war es nach dem Flugzeug die zweitbeste Möglichkeit, in angemessener Zeit nach Lhasa zu gelangen. Darüber hinaus handelte es sich auch noch um die höchstgelegene Eisenbahnstrecke der Welt, was einer gewissen Faszination nicht nur bei Eisenbahnfreunden Vorschub leistete. Auch wenn wir in Abteilen der 1. Klasse untergebracht waren, merkten wir doch recht schnell, dass ein Bett in einem Eisenbahnabteil kein Hotelzimmer ersetzen konnte und die sanitären Gegebenheiten einer Dauernutzung, wie leider in einem Zug an der Tagesordnung, nicht gewachsen waren. Mit jedem zurückgelegten Kilometer kam die ansteigende Höhe hinzu, was bei Einigen zu Kopfschmerzen und Unwohlsein führte. Und dass, obwohl den Abteilen Extra-Sauerstoff zugeführt wurde. Die vorbeiziehende karge Landschaft des Tibetischen Hochplateaus, mit ihren Yak- und Schafherden, den einzelnen Gehöften und der allgegenwärtigen Bautätigkeit entschädigte dafür in vielerlei Hinsicht. Mit dem Hereinbrechen der Dunkelheit ließen wir uns dann vom monotonen Geräusch des Zuges in den Schlaf wiegen.

14.06.19 Zugfahrt nach Lhasa

Nach einem gemeinsamen Frühstück, welches wir von den gestern gekauften und mitgebrachten Sachen zubereiteten, verkürzten wir uns die Zeit mit angenehmen Gesprächen und ließen dabei die Landschaft an unserem Zugfenster vorbeiziehen. Leider hatten wir den höchsten Punkt der Strecke in der Nacht passiert, so dass wir den Bahnhof Tanggula nicht selbst in Augenschein nehmen konnten. Dafür hatten wir aber das „Vergnügen", die Durchfahrt durch den 32 Kilometer langen Eisenbahntunnel Guanjiao erfahren zu dürfen. Auch wenn es natürlich nichts zu sehen gab... Immerhin handelte es sich um den längsten Tunnel des chinesischen Eisenbahnnetzes. Insofern konnte die Fahrt mit der Tibet-Bahn mit einigen Superlativen aufwarten. Um die Mittagszeit herum erreichten wir dann die Hauptstadt der Autonomen Region Tibet, wie das Gebiet offiziell heißt und wurden nach einer ausführlichen Passkontrolle von unserem tibetischen Reiseleiter „Alex" begrüßt. Er hieß uns mit den typischen tibetischen weißen Schals herzlich Willkommen. Bei strahlendem Sonnenschein und angenehmen 26 Grad fuhren wir im Anschluss in unser Hotel im Herzen von Lhasa, um uns von den Anstrengungen der Zugfahrt etwas zu erholen. Eine warme Dusche und saubere Toiletten sind manchmal schon Verheißung genug. Ausgeruht unternahmen wir am Nachmittag einen Spaziergang in die Altstadt von Lhasa, wo sich unter anderem der Jokhang-Tempel befand. Wir bummelten an den Geschäften um den Barkhor-Markt vorbei, sahen die Pilger ihre Runden um den Jokhang-Tempel drehen und bestaunten die Farbenpracht und Vielfalt der Auslagen bei den ansässigen Händlern. Lhasa ist heute eine Großstadt mit an vielen Stellen westlicher Prägung, die aber Tradition und Moderne noch in Einklang zu bringen weiß. Traditionelle Gewänder, insbesondere bei der älteren Bevölkerung, prägten neben dem westlichen Chic jüngerer Tibeter das Straßenbild. Die allgegenwärtige tibetische Architektur, gerade in der Altstadt, kann sich momentan noch den modernen Häuserfassaden erwehren. Aber auch nur im Zentrum, an den Stadträndern schießen die neuen, uniformen Hochhausviertel wie Pilze aus dem Boden. Lhasa wächst mit beängstigender Geschwindigkeit, man kann nur hoffen, dass es seinen Charakter nicht in kürzester Zeit verlieren wird.

15.06.19 Lhasa – Drepung Kloster, Sera und Nechung Kloster

Der heutige Tag stand ganz im Zeichen einiger der berühmtesten buddhistischen Klöster Tibets. Das etwa zehn Kilometer westlich von Lhasa gelegen Kloster Drepung war unsere erste Station an diesem Tag. 1416 gegründet und lange Zeit Sitz des Dalai Lama, bevor dieser in den Potala-Palast zog, hatte es immer eine bedeutende Rolle in der tibetischen Geschichte gespielt. Dabei standen die Drepung-Mönche nicht immer auf Seiten der Tibetischen Regierung, es gab immer wieder Auflehnung gegen die Politik des Dalai Lama. Von den 10.000 Mönchen, die das Kloster einst beherbergte, sind heute nur noch etwa 450 übriggeblieben. Wir erkundeten die weitläufigen Klosteranlagen und ließen uns von „Alex" die religiöse Bedeutung der Statuen, Bilder und Reliquien ausführlich erklären. Auch wenn wir nur einen Bruchteil der Namen, Zahlen und Titel im Gedächtnis behalten konnten, ergab das Gesamtbild einen guten Einblick in die Bedeutung des Klosters. Im angrenzenden Restaurant ließen wir uns tibetische Momos, mit Gemüse gefüllte Teigtaschen, schmecken. Freundliche Tibeter am Nachbartisch hatten sie spendiert. Nach der Mittagspause besuchten wir das nahegelegene Kloster Nechung, welches bis 1959 das Orakel beherbergte, welches in wichtigen Staatsangelegenheiten vom Dalai Lama konsultiert wurde. Den Abschluss unserer Klostertour bildete das Sera-Kloster, welches nur ein paar Kilometer außerhalb Lhasa beheimatet ist. Nach wechselvoller Geschichte, mit teilweise kriegerischen Auseinandersetzungen, wurde das Kloster seit den Achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts schrittweise wieder restauriert. Seine ehemalige Bedeutung als Sitz philosophischer Fakultäten erlangte es allerdings nie wieder, auch wenn man heute den jungen Mönchen beim täglichen Debattieren im Klosterhof zuschauen kann. Wer um 15 Uhr vor Ort ist, kann dem Spektakel beiwohnen. Nach einem kurzen Zwischenstopp in unserem Hotel spazierten wir zum Abendessen in die Altstadt. Das Lokal bot uns eine Mischung aus europäischer, tibetischer und nepalesischer Kost, was zu einem bunten Potpourri an Speisen führte. Der anschließende Bummel durch die Altstadt führte uns zu guter Letzt in die Nähe des Potala-Palastes. Da die Dunkelheit bald hereinbrach und wir uns das Schauspiel des illuminierten Palastes nicht entgehen lassen wollten, blieben wir vor Ort. Mit vielen hundert Schaulustigen und Familienausflüglern genossen wir die musikalisch untermalten Wasserspiele auf dem Platz vor dem Palast. Als dann die Lichter an der Außenfassade des Palastes endlich angingen, machte sich eine friedvolle Atmosphäre breit, der sich kaum ein Zuschauer entziehen konnte. Nach etlichen geschossenen Fotos und gedrehten Videos beendeten wir unser abendliches Intermezzo und gelangten mit den allseits verfügbaren Rikschas zum Hotel zurück. In der hell erleuchteten Beijing-Road flanierten die Tibeter und ihre Gäste, genossen den lauen Sommerabend und gaben sich der Wochenend-Zerstreuung hin.

16.06.19 Lhasa – Jokhang–Tempel, Potala– und Norbulingka–Palast

Unser vorerst letzter Tag in Lhasa sollte weitere Highlights eines Tibet-Besuches beinhalten. Nach dem Frühstück galt unser Augenmerk dem Jokhang-Tempel, unweit unseres Hotels gelegen und das Zentralheiligtum der Tibeter. Dem tibetischen Glauben nach sollte man mindestens einmal im Leben zum Jokhang gepilgert sein. Bei unserem Besuch sahen wir deshalb allenthalben Pilger, die sich im Uhrzeigersinn die das Heiligtum umschließende Barkhor-Straße entlang bewegten. Nicht wenige von ihnen immer wieder niederkniend und dabei vorwärtsrutschend. Was für uns ungewohnt aussah, war für die Einheimischen ganz normal. Diese wiederum bestaunten die hellhäutigen, teilweise blonden Ausländer und baten ein ums andere Mal um ein Foto oder eine Unterschrift in dieser ach so komischen deutschen Sprache. Weiter ging unsere Tour zu einem der wohl weltweit bekanntesten Bauwerke, dem majestätischen Potala-Palast im Herzen von Lhasa. Das einstige Zentrum der politischen und religiösen Macht Tibets war gleichzeitig Sitz der Dalai Lama. Es unterteilt sich in einen Weißen und einen Roten Palast. Der „weiße", für Touristen zugängliche Teil beherbergte einst die Regierungsräumlichkeiten, während der „rote" Teil religiösen Zwecken diente und sich hier die Wohnräume des Dalai Lama befanden. Wir mussten uns strengen Sicherheitskontrollen unterziehen, bevor wir in das Gebäude hineindurften. Um den Millionen Besuchern, die jährlich den Palast besichtigen, einigermaßen geordneten Zugang zu verschaffen, ist der Aufenthalt auf eine Stunde beschränkt. Die Zeit wird allerdings erst ab Betreten des Weißen Palastes „gestoppt", da etliche Stufen hinauf in das dreizehnstöckige Gebäude zu bewältigen sind. Und das kostet Zeit. Nach einer kleinen Mittagsmahlzeit galt unsere Aufmerksamkeit dem Sommerpalast des Dalai Lama, dem Norbulingka. Gegründet im Jahre 1755 vom 7. Dalai Lama wurde er bis zum Jahre 1959, als der 14. Dalai Lama ins Exil nach Indien ging, als Sommerpalast genutzt. Er liegt nur unweit des Potala, des Winterpalastes und das gesamte 36 Hektar große Gelände gilt als größte tibetische Parkanlage und grüne Lunge Lhasas. Alle drei Objekte, die wir heute besuchten, gehören seit dem Jahre 1994 zum UNESCO-Weltkulturerbe, seit den 2000er Jahren auch gemeinsam als Ensemble. Den Abschluss unseres Tages bildete ein tibetisch-nepalesisches Abendessen, welches wir in angenehmer Atmosphäre bei tibetischer Folklore zu uns nahmen. Gekochtes Yak-Fleisch, gegrillte Lamm-Rippchen, eine Art gedünstete Buchteln mit einer würzigen Getreidefüllung, Yams-Wurzelgemüse, Mangold, Wasserspinat und viele weitere lokale Köstlichkeiten stillten unseren Hunger. Der anschließende Heimweg wurde nach Gusto zu Fuß oder mit einer der unzähligen Rikschas zurückgelegt.

17.06.19 Fahrt nach Gyantse

Am heutigen Reisetag sollte die atemberaubende Natur im Mittelpunkt stehen. Wir verabschiedeten uns nach dem Frühstück vorerst von Lhasa und begaben uns tiefer in die tibetische Bergwelt hinein. Nach etwas mehr als anderthalb Stunden Fahrt hielten wir im Dorf Gangdui, wo wir bei einem kleinen Spaziergang und einem Besuch bei einem Bauern das dörfliche Leben kennenlernten. Wir probieren Buttertee, erhielten viele Informationen und konnten dabei einen kleinen Einblick in die Lebensverhältnissen eines typischen tibetischen Dorfes bekommen. Zurück im Bus bekamen wir kurze Zeit später regelrechte Pilgerströme zu Gesicht, die sich an eine fünfstündige Umrundung eines in der Nähe gelegenen heiligen Berges machten. Beeindruckend, aber auch etwas befremdlich. Weiter ging es immer tiefer bzw. höher in das Gebirge hinein. Um die Mittagszeit hielten wir erneut, dieses Mal oberhalb einer Pass-Straße mit schönem Blick auf den Yaluzangbu-Fluss. Das an solchen Plätzen gern auch der eine oder andere Yuan verdient werden will, war nur folgerichtig. Insbesondere das Fotografieren stand hierbei im Vordergrund. Touristen auf/mit ruhig gestellten Yaks oder Tibetischen Mastiffs, die mit Sonnenbrillen verschönert alsbald diverse Instagram-Accounts schmücken würden. Skurril, Makaber, Tierquälerei. Verantwortungsbewusste Reisende wissen, was sie zu tun haben. Kurze Zeit später erreichten wir den 4998 hoch gelegenen Khamba-La-Pass, von wo aus wir einen wunderschönen Blick auf den knapp 500 Meter tieferliegenden türkisfarbenen Yamdrok-See hatten. Da das Wetter wunderbar und die Temperaturen angenehm waren, unternahmen wir kurzerhand einen kleinen Spaziergang am Ufer des Skorpion-Sees, wie sein Name auch übersetzt wird. Für die Tibeter gehört er zu den heiligen Seen und wir konnten uns seiner stillen Faszination ebenfalls nicht entziehen. Wir setzten unsere Fahrt in Richtung Gyantse fort und erreichten am frühen Nachmittag den Karo-La-Pass in einer Höhe von 5020 Metern. Tibetische Gebetsfahnen, eine Stupa und der Karo-Gletscher im Hintergrund waren großartige Fotomotive, auch wenn das Atmen in dieser Höhe schon anstrengend wurde. Am Simila-Stausee, den wir wenig später erreichten, flatterten unzählige bunte Gebetsfahnen, welche mit dem wunderschönen See im Hintergrund ebenfalls ein tolles Fotomotiv abgaben. Den letzten Abschnitt unserer Strecke nach Gyantse absolvierten wir dann in einem Stück, so dass wir die knapp 60.000 Einwohner zählende Kleinstadt am frühen Abend erreichten. Nach dem Zimmerbezug und einem stärkenden Abendessen spazierten wir noch in die Altstadt von Gyantse, wo wir den Einheimischen beim Würfeln zusahen, mit ein paar Kindern Fußball spielten und die ruhige und unaufgeregte Atmosphäre des Ortes und der Menschen um uns herum genossen. Die hoch über der Stadt thronende Festung war darüber hinaus im Licht der untergehenden Sonne ein weiteres schönes Fotomotiv.

18.06.19 Fahrt nach Shigatse

Bevor wir an diesem Tag unsere Reise nach Shigatse fortsetzten, besuchten wir das nahe gelegene buddhistische Palchoe-Kloster mit seiner berühmten Kumbum-Stupa oder Pagode der 10000 Buddhas, die figürlich oder als Wandmalereien in der Pagode verehrt werden. Darüber hinaus genießt das Kloster eine besondere Bedeutung im tibetischen Buddhismus, vereint es doch drei Glaubensrichtungen auf engstem Raum. Als wir die große Versammlungshalle betraten, schlug uns wie in allen Klöstern Tibets der unverwechselbare Geruch nach brennender Yak-Butter entgegen, welche als Brennstoff für die vielen kleinen Lampen verwendet wird. Seit Jahrhunderten praktiziert, manifestiert sie sich als Patina für alle Zeiten in den Wänden und Gemäuern der Kapellen, Schreine und Pagoden. Doch Yak-Butter wird nicht nur von den Gläubigen als Opfergabe verwandt, sie hat auch in der regionalen Küche eine große Bedeutung. Als Hauptbestandteil für den allgegenwärtig getrunkenen Buttertee, dem tibetischen Nationalgetränk, ist sie so etwas wie ein Grundnahrungsmittel. Für europäische Geschmäcker ist sie mindestens gewöhnungsbedürftig, wird aber jedem Gast zur Begrüßung gereicht. Unser Besuch im Kloster sollte sich als besonders glücklich erweisen, denn an diesem Tag gab es eine Aufführung eines Cham-Tanzes, eines tibetischen Maskentanzens, der Unheil und Geister abwehren soll. Das ganze Kloster war in Vorbereitung auf dieses Ereignis auf den Beinen und Pilger aus allen Richtungen füllten allmählich den Platz vor der großen Versammlungshalle, wo die Tänze stattfanden. Wir konnten bei einer kleinen Kostümprobe zugegen sein und selbst eine Maske anprobieren. Die anschließenden rituellen Tänze dauerten Stunden und folgten dabei einer festgelegten Choreographie, begleitet vom monotonen Geräusch der Stieltrommeln und Paarbecken. Fasziniert vom Auftritt der Maskentänzer, aber allmählich unter Zeitdruck mussten wir am frühen Nachmittag unsere Tour fortsetzen, denn unser Etappenziel hieß Shigatse, Heimat des bedeutenden Tashilhunpo-Klosters und ehemaliger Sitz des Panchen Lama. Nach knapp zweistündiger Fahrt erreichten wir die zweitgrößte Stadt Tibets und folgten der Ausschilderung zum Kloster. 1447 gegründet, war es ab dem 17. Jahrhundert Sitz des Panchen Lama. Aufgrund seiner exponierten Bedeutung wurde das Kloster im Laufe der Zeit ständig erweitert und nimmt heute eine Fläche von knapp 300.000 Quadratmeter ein. Wir besichtigten unter anderem die Maitreya-Halle mit der 26 Meter hohen sitzenden Buddha-Statue, die aus 250 Kilogramm Gold und mehr als 100 Tonnen Kupfer und Messing hergestellt wurde. Weitere Besichtigungspunkte waren das Grabmal des 4. und 10. Panchen Lama sowie der Kelsang-Tempel. Nach dieser ausgiebigen Klostertour hatten wir uns ein stärkendes Abendessen verdient, welches wir im Songtsen Tibetan Restaurant einnahmen. Leckeres tibetisches Essen, natürlich wieder mit einer Yak-Fleisch-Variation, ließ uns schnell wieder zu Kräften kommen, so dass wir anschließend noch ein wenig im Hotel zusammensaßen und ein verspätetes Bergfest feierten. Angestoßen wurde mit chinesischem Reisschnaps, aus Gründen der Völkerverständigung gesellte sich eine deutsche Flasche Jägermeister dazu. Auf knapp 4000 Meter Höhe sollte man vorsichtig mit Alkohol umgehen, wir tranken ihn deshalb aus rein medizinischen Gründen. Zur Vor- und Nachsorge von Verdauungsproblemen und Bauchgrimmen.

19.06.19 Rückfahrt nach Lhasa

Nach dem stromlosen Erwachen (mein Zimmer war de-elektrisiert; kommt in ländlichen Bergregionen wohl mal ab und zu vor) und einer Dusche im Dunklen (gut das man seinen Körper kennt) nahmen wir ein kurzes Frühstück zu uns, bevor wir uns auf den beinahe siebenstündigen Rückweg nach Lhasa machten. Von Shigatse aus, welches ziemlich genau in der Mitte zwischen der tibetischen Hauptstadt und dem Mt. Everest gelegen ist, waren es knapp 270 Straßenkilometer. Was nach nicht sehr viel klingt, zieht sich aufgrund der allseits stattfindenden Baumaßnahmen ordentlich in die Länge. Wie wir später feststellen sollten, waren die Straßenverhältnisse im Vergleich zu Nepal hier in Tibet beinahe in allerbester Ordnung. Oder anders herum ausgedrückt: In Nepal waren sie dramatisch schlecht. Zugutehalten musste man den Infrastrukturplanern im fernen Peking, dass auch im weit entfernten Tibet wie in allen anderen Landesteilen baulich geklotzt und nicht gekleckert wurde. Das war uns bisher auf allen Baustellen in den besuchten Landesteilen aufgefallen; der bauliche Wandel vollzog sich mit unheimlicher Geschwindigkeit. Ob es neue Ringstraßen oder Bahnstrecken für Olympia 2022 waren oder monumentale Hochhausviertel im Speckgürtel von Xining und Lhasa, alles wurde innerhalb kürzester Zeit neu gebaut und in Betrieb genommen. Das galt selbstverständlich auch für Flughäfen und Bahnhöfe, wie wir uns selbst überzeugen konnten. Auf unserer Fahrt nach Lhasa passierten wir etliche Sechs- und Siebentausender und sahen neue Straßen sich in die karge und doch so beeindruckende Landschaft fressen. Flüsse, die sich während der Monsunzeit in den nächsten Wochen mit Wasser füllen würden, plätscherten jetzt noch als Bächlein durch die graubraune Gebirgslandschaft. Einzelne Schafherden und Yak-Weidegründe zogen an uns vorbei. Sie standen mit den Klöstern, Achttausendern und den bunten Gebetsfahnen gleichsam als Inbegriff unserer Vorstellung von Tibet. Das da aber wesentlich mehr war, erschloss sich dem interessierten Tibet-Besucher innerhalb kürzester Zeit. Wir unterbrachen unsere Fahrt für mehrere kurze Pausen, unter anderem auch für den Besuch einer Räucherstäbchenmanufaktur. Doch irgendwann ist auch einmal die längste Fahrt zu Ende, so dass wir am späten Nachmittag wieder Lhasa erreichten. Nach dem Zimmerbezug in unserem 4-Sterne-Hotel im Zentrum der Stadt ließen wir den Tag wieder bei einem tibetisch-nepalesischen Abendessen ausklingen. Der anschließende Spaziergang durch die gut besuchten Einkaufsstraßen zurück zum Hotel tat unseren Körpern nach dem stundenlangen Sitzen im Bus sehr gut. Nun hieß es noch Koffer packen und mental Abschied von Tibet und China nehmen. Der nächste Tag sollte uns nur ins Nachbarland und doch gefühlt ganz weit wegbringen.

20.06.19 Flug nach Kathmandu / Nepal

Abschiednehmen ist nie ganz leicht und die Erlebnisse in Tibet und vor allem seine freundlichen, dem Fremden offenherzig gegenüberstehenden Menschen machten es uns umso schwerer. Andererseits begann heute ein neuer Reiseabschnitt, mit neuen Eindrücken und mit einer neuen, weil andersartigen Welt. Nach der knapp einstündigen Fahrt zum Flughafen Lhasa verabschiedeten wir uns ganz herzlich von unserem tibetischen Reiseleiter/Busfahrer-Team, die uns jederzeit sicher befördert und gut informiert durch Tibet gebracht hatten. Die Maschine der Air China, welche uns nach Kathmandu bringen sollte, stand schon bereit und nach dem Durchlaufen der Ausreiseformalitäten, die chinesisch bedingt umfangreich und sehr genau waren, warteten wir am Gate auf das avisierte Boarding. Eine leichte Unruhe machte sich unter den wartenden Fluggästen breit, als immer mehr Servicepersonal am Flieger erschien und die Boardingtime sich in Wohlgefallen auflöste. Da war klar, dass unsere Maschine ein Problem hatte. Wenig später kam dann auch die offizielle Bestätigung, dass es aufgrund technischer Probleme zu einer Verzögerung kommt. Uns schwante Unheil, hatten wir doch noch ein anspruchsvolles Programm auf der Tagesordnung stehen. Eine Stunde und etliche Reparaturversuche später stand fest, dass uns diese Maschine heute nirgendwohin bringen würde. Jetzt war guter Rat teuer. Es gab nur diesen einen internationalen Flug, der Rest ging ins chinesische Kernland. Umbuchen wäre also keine Option gewesen. Wohin auch? Aber man sollte niemals das chinesische Reaktionsvermögen unterschätzen. Innerhalb einer weiteren Stunde stand eine identische Ersatzmaschine bereit, welche schließlich mit knapp zweieinhalbstündiger Verspätung in Richtung Nepal abhob. Wir hatten gute Sicht und konnten die Sieben- und Achttausender des Himalaya durch die Wolkendecke ragen sehen. Nach kurzem, ereignislosen Flug mussten wir leider, bedingt durch die unplanmäßige Verspätung, Schleifen über Kathmandu drehen, so dass wir letztendlich mit dreistündiger Verspätung nepalesischen Boden betraten. Das Einreiseprozedere war erfreulich kurz und schmerzlos, die Höhe in 1300 Metern wunderbar erträglich und die Temperaturen gewohnt warm. (Anmerkung des Verfassers; es gibt weltweit sicherlich wenige internationale Hauptstadtflughäfen, die eine so klägliche Verfassung aufweisen wie der Tribhuvan International Airport, andererseits sind während unserer Zeit alles Starts und Landungen geglückt - was will man also mehr?). Unser nepalesischer Guide Abishek begrüßte uns am Ausgang des Flughafens mit einem Khata, dem traditionellen Begrüßungsschal. Ungeachtet der Tatsache, dass uns drei Stunden für die geplanten Besichtigungen fehlten, schalteten wir unverzüglich auf Entdeckermodus und machten uns auf den Weg nach Bhaktapur, eine der drei ehemaligen Königsstädte im Kathmandutal. Wir spazieren durch die Gassen zum Bhaktapur Durbar Square, wo wir in einem Café einen Latte Macchiato, Espresso und/oder ein Stück Kuchen genossen. Im Anschluss daran besichtigten wir den Königspalast mit dem Goldenen Tor, bevor wir unseren Weg zum Taumahdi-Platz fortsetzten. Wir bestiegen die hier gelegene Nyatapola-Pagode, von deren obersten Sockel man einen guten Überblick über den Platz und die umliegenden Tempelanlagen hatte. Nach weiteren Besichtigungen in Bhaktapur begaben wir uns mit dem Bus ins 12 Kilometer entfernte Lalitpur, ehemals Patan, bis ins 18. Jahrhundert Hauptstadt des gleichnamigen Königreichs. Patan bildet mit Kathmandu eine Doppelstadt, beide werden nur durch den Bagmati-Fluss voneinander getrennt. Hier besichtigten wir den Königspalast am Durbar Square, den Tempel der tausend Buddhas sowie den Kumbeshwar Tempel. Wie auch schon Bhaktapur beeindruckte Patan mit seiner Vielzahl an buddhistischen Klöstern und hinduistischen Tempeln, die insbesondere durch ihr Alter und ihre Architektur einen lebendigen Eindruck dieser mittelalterlichen Königsstädte hinterließen. Randvoll mit neuen Impressionen verließen wir am Abend Patan und erreichten nach dreißigminütiger Fahrzeit unser Hotel im Herzen Kathmandus. Nach einem stärkenden Abendessen unter freiem Himmel begaben wir uns alle voller Vorfreude auf den nächsten Tag zu Bett.

21.06.19 Flug über den Himalaya und Fahrt in den Chitwan Nationalpark

Der heutige Tag hielt gleich zu Beginn eines der Highlights unseres nepalesischen Reiseabschnitts bereit. Vorausgesetzt, das Wetter spielte mit. Tat es auch. Bei strahlendem Sonnenschein und einer leichten Bewölkung am dunstigen Himmel über Kathmandu fuhren wir am frühen Morgen zum Flughafen. Wir hatten einen sogenannten Mountain-Flight gebucht, einen Rundflug über die spektakuläre Bergwelt der nepalesischen Himalaya-Seite. Mit uns saßen insgesamt 16 Personen in der Beechcraft von Buddha Air, die uns innerhalb einer Stunde zu einigen der berühmtesten Berge dieser Erde bringen würde. Alle waren wir gespannt, spielten doch die Sichtverhältnisse eine wesentliche Rolle bei diesem Unterfangen. War der Himmel über Kathmandu noch bedeckt, änderte sich das schlagartig mit dem Verlassen des Kathmandu-Tals in nördliche Richtung. Und dann tauchten Sie unvermittelt auf, die Vieltausender dieser Welt. Langtang Lirung, Shisha Pangma (14.), Cho-Oyu (6.), Gyachung Kang (16.), Nuptse (19.) Makalu (5.) sowie die Überriesen Lohtse (4.) und her Majesty himself, the one and only Chomolungma-Mount Everest (1.), die „Mutter des Universums". Es war ein faszinierender Anblick und gleichzeitig ein Augenblick für die eigene Ewigkeit, dem berühmtesten aller Berge auf Augenhöhe zu begegnen. Durch die Cockpitscheiben gelangen spektakuläre Bilder, da das Wetter und die Sichtverhältnisse an diesem Morgen hervorragend waren. Wir flogen eine Schleife und folgten dem Himalaya-Hauptkamm in westliche Richtung. Nach reichlich 45 Minuten senkte sich unsere Beechcraft wieder dem Erdboden entgegen und weitere zehn Minuten später landeten wir wieder wohlbehalten, aber voller Dopamin und Endorphine am Flughafen Kathmandu. Ein letztes Bild von uns und der Maschine und glücklich taumelten wir dem Ausgang entgegen. Der Tag war einfach großartig, egal was noch kommen sollte. Und es kam im physischen Sinne nicht mehr viel, sah man von einer sechsstündigen Fahrt über 170 Kilometer in den südwestlich gelegenen Chitwan-Nationalpark ab. Dieser liegt im Terai, den südlichen Ausläufern des Himalaya-Gebirges. Die Straßenverhältnisse verdienten den Namensteil Straße in den meisten Fällen nicht, reihte sich doch ein Schlagloch an das andere, so dass man sich auf einer Off-Road-Piste wähnte. Nur die unendliche Anzahl an meist indischen Tata-Lastwagen, die sich Stoßstange an Stoßstange mit uns über den wie verletzt wirkenden Asphalt quälten, zeugten von einem an Überlastung leidenden Straßensystem. Die technische Bezeichnung aller Investitiönchen in das marode Straßennetz hieß „Flick-Schusterei". Dabei durfte allerdings nicht der Blick für die wunderschöne Landschaft links und rechts der gequälten Straßen verloren gehen. Grüne Bergrücken wechselten sich mit wasserführenden Tälern und reisbepflanzten Handtuchfeldern ab. Landwirtschaft war in Nepal noch Familientradition, man produzierte für den Eigenbedarf, oft noch mit hölzerner Pflugschar hinter dem leibeigenen Wasserbüffel. Zur besten Nachmittagszeit erreichten wir das Ziel des heutigen Tages, die Machan Country Villa im Chitwan Nationalpark, wo wir freundliche Aufnahme fanden. Nach dem Zimmerbezug durchstreiften wir mit einem Park-Ranger die Umgebung und das angrenzende Dorf und machten uns mit den Lebensbedingungen der hier ansässigen Bevölkerung vertraut. Bei einem multimedialen Vortrag erfuhren wir hernach viel Wissenswertes über die regionale Flora und Fauna und die Besonderheiten des Nationalparks. Bei tagsüber knapp 35 Grad Wärme und einer relativ hohen Luftfeuchtigkeit, die uns allen mehr oder weniger zusetzte, waren wir froh, nach einem wunderbaren Abendessen in die klimatisierten Bungalows ausweichen zu können. Zumal das Programm des nächsten Tages vielversprechend war und wir eine gute Mütze Schlaf gebrauchen konnten.

22.06.19 Erkundungen im Chitwan–Nationalpark

Ein zeitiger Weckruf läutete ein vielseitiges Tagesprogramm ein, welches unter anderem aus einem Elefantenritt und einer Jeep-Safari bestehen sollte. Doch der wolkenverhangene Himmel, der uns an diesem Morgen begrüßte, verhieß nichts Gutes. Da wir aber grundsätzlich positiv an jeden Tag herangingen und unsere Hoffnungen auf ein Wegziehen regenträchtiger Wolken ruhten, bereiteten wir uns mit großer Vorfreude auf den in Kürze beginnenden Elefantenritt vor. Mit dem Jeep gelangten wir zum Rendezvous-Punkt, wo wir zu jeweils Viert auf den Rücken der hier wartenden Dickhäuter stiegen. Wenn man glaubt, schon auf einem Pferd hoch zu sitzen, sollte man unbedingt mal auf den Rücken eines Elefanten steigen. Das ist wie ein Blick aus einem Fenster im zweiten Stock eines Mehrfamilienhauses. Man sieht zwar die Nachbarn noch, tut sich aber mit dem Händeschütteln schwer, weil einfach der Arm zu kurz ist. So sitzt es sich auf einem Elefanten. Mit dem Beginn der Elefantensafari in das Dickicht des nahegelegenen Waldes setzte der Regen ein. Wir waren zwar mit entsprechenden Jacken und ähnlichem Ölzeug versorgt, mussten aber feststellen, dass sich Wasser im Laufe der Zeit nicht von solch unbedeutenden Hindernissen am Durchnässen menschengemachter textiler Generika hindern ließ. Unsere Elefanten störte das Wetter nicht und mit stoischer Ruhe bahnten sie sich ihren Weg durch Wiesen, Wälder und finsteres Unterholz, immer auf der Suche nach dem nächsten Leckerbissen in Form von Gräsern und Ästen. Das wir bei diesem Wetter kaum Tiere zu sehen bekommen würden, ahnten wir alle. Da war die Freude schon groß, wenn es mal ein kleines Reh oder einen Pfau zu sehen gab. Der Rest unserer Beobachtungen konzentrierte sich auf das Versickern der himmlischen Sturzfluten in den Fasern unserer Hightech-Kleidung. Wasser bahnt sich immer seinen Weg, in unserem Fall vom Kopf den Rücken hinab durch die Underwear direkt in die Schuhe. Halleluja, wer hat in seinem Leben noch nicht von einem „Ich-reite-Klatschnass-einen Elefanten"-Ritt geträumt. Doch wohl alle, oder? Da der gemeine indische Hausgebrauchs-Standard-Elefant kein Schaltgetriebe hatte, genossen wir im Vorwärtsgang I eine zweistündige gemächliche Rundreise durch die (Regen)Wälder des Chitwan-Nationalparks. Der rasant steigende Nässegrad unserer Kleidung stand diametral zur Einsicht, dass die „Festung Trockenheit" damit endgültig gefallen war. Solange wir nicht ertranken, nahmen wir ab jetzt das um uns wütende Element klaglos an. Beinahe wie Aphrodite, die Schaumgeborene, traten wir wenig später aus den Fluten, respektive vom Rücken unserer Elefanten und suchten Schutz unter der löchrigen Plane eines uralten Indiana-Jones-Jeeps. Kulisse ist alles, Komfort dagegen nichts. Uns gefiel es. Wenig später erreichten wir unsere Unterkunft, wo trockene Unterhosen, Flip-Flops und ein großes Badehandtuch auf uns warteten. Nach der individuellen Trockenlegung trafen wir uns alle zum ausgiebigen Frühstück in der Dining-Hall, immer noch begleitet von herniederprasselnden Wassermassen. In uns wuchs die Erkenntnis, dass der vielbesungene Monsun sein (Wasser)Werk am heutigen Tag beginnen wollte. In der Hoffnung auf nachlassende Regenfälle verbrachten wir die Zeit mit chillen, rumdösen, Schwätzchen halten, Buch lesen und Musik hören. Quasi ein Leben für Müßiggänger. Doch von Stunde zu Stunde wurde uns immer bewusster, dass wir unser heutiges Tagesprogramm auf keinen Fall wie geplant durchführen würden können. Der Regen ließ nicht nach, im Gegenteil, nach kurzen Phasen Nieselregens folgte unisono immer ein brachialer Platzregen. Wir machten deshalb aus der Not eine Tugend, versammelten uns zu Spiel und Spaß in der Meeting-Area und probierten von den regionalen schöngeistigen Getränken. Ein nepalesisches Kartenspiel lernten wir dabei auch. Man nehme vier Spieler, dreizehn Karten, orakelt die eigenen Stiche, Pik ist immer Trumpf und vier Karten sind ein Punkt... das ist in etwa die „Ganz-Kurz-Dödel-Fassung" für Spieler wie mich, die am Anfang alles verstanden, am Ende aber immer verloren. Spaß hat es trotzdem gemacht. Das am Ende des Tages immer alles gut wird (nicht nur in Rosamunde-Pilcher-Filmen), konnten wir mit großem Erstaunen auch in dieser Wildnis feststellen. Der Regen ließ allmählich nach, ach was sage ich, er hörte sogar auf; es gab eine wunderbare Folklore-Show der jugendlichen Dorfbewohner, welche uns mit indigenen Tänzen und Musik bestens unterhielten, wobei mittanzen ausdrücklich erwünscht war. Und zu aller guter Letzt labten wir uns an einem köstlichen BBQ-Buffet, welches dem ach so feuchten Tag eine rauchige-röstaromatische Abschlussnote gab. Chitwan - the humid beautiful land!

23.06.19 Fahrt nach Pokhara

Wurden wir gestern von dunklen Regenwolken empfangen, strahlte uns heute der schönste Sonnenschein entgegen. So eine extreme Wechselwirkung gibt es wahrscheinlich nur in tropischen Regionen. Uns gefiel es, denn dadurch konnten wir problemlos die dem Wasser zum Opfer gefallenen Aktivitäten des gestrigen Tages nachholen. Nach dem Frühstück schwangen wir uns gemeinsam mit einem Park-Ranger wieder auf den alten Jeep, Modell Indiana-Jones, und fuhren in den Nationalpark zur Tier-Safari. Das war kein leichtes Unterfangen, wie wir bald merken sollten, denn ein Nationalpark war kein zoologischer Garten, wo sich die Tiere den Blicken der Besucher kaum entziehen konnten. Hier dagegen mussten wir suchen, Spuren lesen, auf Glück hoffen und den Geräuschen des Dschungels lauschen, um vielleicht das eine oder andere tierische Lebewesen zu Gesicht zu bekommen. Hoch oben auf der Wunschliste standen Bengalische Tiger, Panzernashörner, wilde Elefanten, Lippenbären und Krokodile. In der Reihenfolge waren wir variabel, nur gesehen hätten wir sie sehr gern. Und das möglichst heute, hier und innerhalb der nächsten zwei Stunden. Denkste, Touri! Das Leben ist kein Wunschkonzert, auch nicht in Nepal. Ganz leer im optischen Sinne sind wir dann doch nicht ausgegangen, unser Sichtkontakt beschränkte sich aber auf einige Rehe, Pfauen, einen pensionierten Elefanten, ein paar Early Birds sowie, gepriesen sei der Herr, ein überaus stattliches Panzernashorn und ein eher weniger stattliches Alligatörchen. Letzteres konnten wir am schilfigen Ufer des Rapti-Flusses ausmachen, als wir mit einem hölzernen Boot dem schlammigen Flusslauf folgten. Es war also durchaus eine erfolgreiche Safari, auch wenn sich das tierische Spektakulum in Grenzen hielt. Zurück in der Lodge erfuhren wir bei einem Elefantenbriefing interessante Fakten zu den hier lebenden Dickhäutern und konnten diese mit diversen Elefantenleckereien (Bananen und in Stroh gewickelte Reisknödel waren hier der Hit) auch selbst füttern. Selfie mit Elefant inklusive. Danach hieß es packen, denn wir wollten den Nationalpark gegen Mittag verlassen und uns nach Pokhara in Zentralnepal begeben. 150 Kilometer nepalesische „Bundesstraße", also knapp fünf Stunden Vollgas, Mut zur Lücke und Kurvenschneiderei. Aber unser Fahrer war Profi und wir hatten vollstes Vertrauen zu ihm. Er hat es bis zum letzten Tag auch immer gerechtfertigt. Wir fuhren also von der indischen Grenzregion zurück zu den Ausläufern der Achttausender, in unserem Fall zur weithin bekannten Annapurna-Kette, zu deren Füßen die zweitgrößte Stadt Nepals, Pokhara, liegt. Am zeitigen Abend bezogen wir unser Quartier im wunderschönen Shangri-La Village Ressort. Wer wollte, konnte anschließend eine kurze Entdeckerrunde am Phewa-See entlang unternehmen, bevor wir uns das Abendessen im Hotelrestaurant schmecken ließen.

24.06.19 Pokhara

Der frühe Vogel fängt den Wurm! Das hätte das Motto des heutigen Tages werden können, wenn... Wenn die Wolken mitgespielt hätten. Um 04.00 Uhr in der Früh erging der Weckruf durch die Stuben der Hotelanlage und Dutzende hoffnungsvolle Touristen aus aller Welt machten sich auf den Weg nach Sarangkot, dem Hot-Spot der „Sonnenaufgang-über-der-Annapurna-Kette"-Fetischisten, welche bereits zahlreich versammelt waren, als wir den Aussichtspunkt nach halbstündiger Fahrt erreichten. Pünktlich um 05.13 Uhr ging an diesem Tag die Sonne am Horizont auf, doch von dem malerischen Spektakel, von dem wir alle geträumt hatten, war leider nicht viel zu sehen. Die Spitzen der Bergkette waren von einer dichten Wolkenschicht verhangen, so dass wir vom Anblick des Annapurna im Licht der aufgehenden Sonne weiterhin nur träumen konnten. Oder uns einschlägige Fotoliteratur beschaffen mussten. Ungeachtet dessen war es trotzdem ein Erlebnis, das gewaltige Bergmassiv zum Greifen nahe vor Augen zu haben. Immerhin gehörten Annapurna I und II zu den 16 höchsten Bergen der Erde. Da blieb eine gewisse Ehrfurcht nicht ganz aus. Zumal wir wenig später beim Frühstück im Hotel die Annapurna-Kette in schönster Deutlichkeit zu Gesicht bekommen sollten. Die Wolken hatten wohl etwas Mitleid mit uns und lüfteten für kurze Zeit den Schleier. Grandios. Und keinesfalls gewöhnlich und alltäglich. Zumindest nicht in dieser Jahreszeit, die vom Monsun geprägt hätte sein sollen. Der aber in diesem Jahr auf sich warten ließ, sehr zu unserer Freude. Nach dem Frühstück gingen wir zum Tagesprogramm über, beginnend mit einer Fahrt zum und auf dem malerischen Phewa-See. Mit einem Tretboot steuerten wir die Tal-Barahi-Insel an, um uns hier den hinduistischen Ajima-Tempel anzuschauen. Zumindest von außen, denn Nicht-Hindus bekamen keinen Eintritt. Danach landeten wir am gegenüberliegenden Ufer an, wo uns ein hitzetechnisch anstrengender Aufstieg zur World Peace Pagode erwartete. Man musste etwa 300 Meter über viele Stufen in die Höhe steigen, wurde aber dafür unterwegs mit herrlichen Ausblicken auf Pokhara, den Phewa-See und die Annapurna-Kette belohnt. Oben angekommen, erkundeten wir die Biswo Shanti Stupa, wie Sie auch genannt wird, bei einem Rundgang. Bei einem Durchmesser von 105 Metern ragt sie 35 Meter in die Höhe und beherbergt in vier Nischen vier Buddhas aus unterschiedlichen Ländern. Obwohl die Sonne noch lange nicht im Zenit stand, war es bereits unerträglich heiß, so dass wir unser Programm mit dem Besuch der Devi's Falls (Patale Chhango) sowie der Besichtigung der gegenüberliegenden Gupteshwor Mahadev Cave fortsetzten. War der Wasserfall noch einigermaßen beeindruckend, war es der anschließende Höhlenbesuch überhaupt nicht. Feucht, Dunkel, Baumaßnahmen, Gerüste und ein sich endlos hinein und wieder herausquälender Strom von Besuchern ließen kein Erstaunen, dafür eher Enttäuschung aufkommen. Dafür wurden wir im Anschluss mit der Begehung einer Hängebrücke über den Seti-River „entschädigt", war diese doch ob ihrer Länge und Höhe sowie der unerwarteten Festigkeit (Stahlkonstruktion!) erstaunlich genug. Nach einer doppelten Überquerung begaben wir uns zur Pokhara Lakeside am Phewa-See, um hier eine kleine Mittagsmahlzeit zu uns zu nehmen. Beim anschließenden Verdauungsspaziergang wechselte noch das eine und andere Souvenir den Besitzer, bevor wir uns auf den Rückweg in unser Hotel machten. Knapp 20.000 Schritte unter sehr hochsommerlichen Temperaturen verlangten ihren Tribut. Wer wollte, konnte sich im Pool erfrischen oder im hoteleigenen Spa-Bereich von den Anstrengungen erholen. Nach einem nepalesisch-indischen Dinnerbuffet ließen wir den Abend noch bei einem guten Gläschen nepalesischem Rum gemütlich ausklingen.

25.06.19 Rückfahrt nach Kathmandu

Der vorletzte Tag unserer Reise auf das Dach der Welt begann um 06.30 Uhr morgens. Es stand wieder eine Ortsveränderung an, dieses Mal ging es von Pokhara zurück nach Kathmandu. In Kenntnis der Straßenverhältnisse und unter dem Einfluss zweier weiterer Programmpunkte in der nepalesischen Hauptstadt mussten wir also relativ früh aufbrechen. 200 Kilometer Autofahrt bedeuteten nur in Deutschland mal eben zwischen Frühstück und Gänsebraten unterwegs zu sein. In Nepal und einigen anderen Ländern waren das beinahe Tagestouren. Glücklicherweise, zumindest für unser Vorhaben, gab es an diesem Tag landesweite Streikaufrufe, so dass wir mit etwas weniger Verkehr ein klein wenig schneller vorankamen. Unterbrochen nur durch zwei, drei Pausen erreichten wir so unsere Ziel bereits am frühen Nachmittag, was uns etwas Zeit zur Ruhe im Shangri-La Hotel Kathmandu und zur Vorbereitung auf den morgen stattfindenden Heimflug gab. Erfreulicherweise konnten wir so auch der ganz großen Hitze ausweichen, die uns bisher auf Schritt und Tritt verfolgt hatte. Gegen 18.00 Uhr, als die Temperaturen langsam wieder erträglich wurden, begaben wir uns nach Pashupatinath, eine der wichtigsten Tempelstätten des Hinduismus. Man verehrt hier Shiva als Gott des Lebens (Pashupati), gleichzeitig gibt es hier noch rituelle Verbrennungsstätten, wo Verwandte ihre toten Angehörigen verbrennen lassen konnten. Obwohl es dafür seit einigen Jahren ein nahegelegenes Krematorium gab, ist es für viele Hindus nach wie vor erstrebenswert, die Einäscherung am Ufer des Bagmati-Flusses in der Tempelanlage machen zu lassen. Die Asche und weitere Überreste der Verbrennung werden nach der etwa vier Stunden dauernden Zeremonie, die einem strengen Reglement unterliegt, einfach in den Fluss geschoben. Wir konnten einer solchen Verbrennung beiwohnen, auch wenn wir aus Zeitgründen nur einen kleinen Ausschnitt davon visuell mitnehmen konnten. Nach einem obligaten 1-Dollar-Foto mit einem Sadhu-Priester verließen wir die Anlage wieder. Den Abschluss des heutigen Tages wie auch der gesamten Reise bildete ein Folklore-Abend in einem nepalesischen Restaurant, wo neben einheimischer Küche traditionelle Tänze dargeboten wurden. Es war für uns alle ein schöner Tagesausklang und Schlusspunkt unter eine besondere Reise in eine ganz besondere Region dieser Welt.

26.06.19 Rückflug nach Deutschland

Man mochte es kaum glauben, aber der Zeitpunkt des Abschiednehmens war tatsächlich gekommen. Obwohl sich 18 Tage zu Beginn unserer Reise unendlich lang anfühlten, war die Zeit letztendlich doch wie im Fluge vergangen. Das lag zum einen an dem sehr abwechslungsreichen Reiseverlauf, der uns von Peking und der Großen Mauer über Lhasa zum Dach der Welt und in den Dschungel Nepals geführt hatte. Zum anderen war unsere kleine Gruppe im Laufe der Zeit zu einer liebenswerten Gemeinschaft zusammengewachsen, der es Freude bereitete, die einzelnen Kulturen und historischen Hinterlassenschaften gemeinsam zu entdecken. Nicht zu vergessen die beeindruckende Vielfalt der Flora und Fauna und die grandiosen Bergsichten, die wir im Himalaya genießen durften. Auch wenn wir durch diese Erfahrungen keine anderen oder gar bessere Menschen geworden sind, eint uns doch das Erlebte und die Zeit, die wir in diesem sehr spannenden Teil der Welt zusammen verbringen durften. Mit einem Airbus A330 von Turkish Airlines verließen wir das ehemalige Königreich zwischen Indien und China und landeten nach achtstündigem Flug am neuen Istanbuler Flughafen. Unsere Übergangszeit von zwei Stunden bis zum Weiterflug nach Berlin-Tegel war Aufgrund eines verspäteten Starts in Kathmandu auf unter eine Stunde geschrumpft. Was an vielen Airports dieser Welt zu Problemen und Umbuchungen geführt hätte, wurde in Istanbul mit ruhiger Gelassenheit erledigt. Dank Glück, guter Gate-Planung und einem Fast Track für Internationale Anschlussflüge schafften wir es in sensationellen 17 Minuten vom Ankunftsgate über die Sicherheitskontrolle zum Abfluggate des Fliegers nach Berlin. Das dann in der Kürze der Zeit auch noch alle Koffer den Weg zum richtigen Flieger gefunden hatten und uns in Berlin vom Gepäckband entgegenstrahlten, war schon beinahe unheimlich. Aber Technik macht es möglich. So endete unser chinesisch-tibetisch-nepalesisches Abenteuer für alle wohlbehalten wieder in Deutschland. Die mannigfaltigen Eindrücke sowie die Bilder im Kopf und auf den Festplatten mussten nun sortiert, verarbeitet und im Langzeitgedächtnis dauerhaft gespeichert werden. Das uns das nicht schwerfallen würde, davon waren wir alle überzeugt. Zàijiàn und Namaskar - denn kein Abschied sollte für immer sein!

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