Reisebericht: Wanderreise Dresden – Wien entlang Elbe und Donau

18.08. – 26.08.2013, 9 Tage Wanderreise Dresden – Melnik – Prag – Moldau– und Sazavatal – Telc – Nationalpark Podyji – Weinviertel – Wien (76 Wanderkilometer)


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Dieser Bericht basiert auf einer Etappenwanderung "Spaziergang nach Syrakus", die der Autor des Berichtes leitete. Die Sondergruppe wanderte von Dresden nach Prag, im Folgejahr vom Prager Stadtrand nach Znojmo und im dritten Jahr von Znojmo nach Wien.
aus Jürgen Schmeißer: "Spaziergang nach Triest - auf den Spuren J.G. Seumes", unveröffentlicht
- Zitate in Klammer und Anführungszeichen aus J.G.Seume: Spaziergang nach Syrakus
Dieser Bericht basiert auf einer Etappenwanderung "Spaziergang nach Syrakus", die der Autor des Berichtes leitete. Die Sondergruppe wanderte von Dresden nach Prag, im Folgejahr vom Prager Stadtrand nach Znojmo und im dritten Jahr von Znojmo über Wien zum Semmering. Die Wandererfahrungen führten zur Entwicklung mehrerer Eberhardt Travel - Wanderreisen, so auch der Wanderreise CZ-DWWAN, die einige der markantesten Strecken aufgreift und den Bus nutzt, um in acht Tagen Wien zu erreichen, wofür eine durchwandernde Gruppe ungefähr sechsundzwanzig Tage benötigen würde.
Warum also die Streckenkenntnis, die Planung und die Logistik nicht nutzen für eine Radreise? - so entstand die Radreise „Von Dresden nach Wien", CZ-DWRAD.
Lassen Sie sich als Wanderer oder Radtourist inspirieren für diese Eberhardt Travel - Reise auf den Spuren von J.G. Seume!
Ein Reisebericht von
Dr. Jürgen Schmeißer

Bergießhübel – Peterswalde/Petrovice, am 2ten Tage:

Ein schöner Waldspaziergang führt uns hinab über ausgedehnte, blühende Maiblumenwiesen zum Grenzübergang nach Böhmen.
("Man hatte mir gar sonderbare Begriffe von den auffallenden Erscheinungen der Böhmischen Katholizität gemacht. Ich habe nichts bemerkt. Im Gegenteil muß ich sagen, es gefiel mir alles außerordentlich wohl. Unser Wirtshaus in Peterswalde war so gut, als man mit gehöriger Genüglichkeit es sich nur immer wünschen kann.  Der Zollbeamte, der den Paß bescheinigte, war freundlich. Die Mahlzeit war nicht übel und die Aufwärterin gar allerliebst niedlich und artig. Lache nur über diese Bemerkung von mir Griesgram. Man müßte eine sehr verstimmte unästhetische Seele haben, wenn man nicht lieber ein junges, hübsches, freundliches Gesicht sehe, als ein altes häßliches , murrsinniges.")
Die Grenze nunmehr ohne Kontrolle; zahlreiche Wirtshäuser stehen im Wechsel mit vietnamesischen Verkaufsständen entlang der Dorfstraße und buhlen um die Gunst der deutschen Kunden. Wir entschieden uns zur Rast - die Mahlzeit war auch zweihundert Jahre später nicht übel und die Bedienung gar allerliebst niedlich und artig.
Nahe des Ortsbeginns zweigten wir nach Rajec ab. Dieser früher überwiegend von Deutschen bewohnte Ort ist heute  Sommerfrische inmitten von Wiesen, die durch Baumraine geteilt werden,  unterhalb schwarzer Sandsteinfelswände. Parallel zur Grenze erreichen wir die Tissaer Wände von Nordosten, um über die Felsen kletternd im namengebendem Ort zur Kirche abzusteigen. Die kleine Dorfkirche aus dem Jahrgang 1798 - Seume hätte sie also besuchen können - ist ein wenig renoviert worden.
Neu ist das Refugio fast nebenan, das wir zur Übernachtung fanden. Die Inhaberin, sehr freundlich, bietet schmackhaftes Essen - eingelegten Käse und andere so gar nicht ortstypische  Leckereien -  und erzählt von ihrem mehrjährigen Aufenthalt in der Pfalz. Da sie und ihr Mann im Hause auch einen Outdoorladen betrieben, ist es eine gute Chance einen Tornister und andere Dinge zu kaufen, die heute das Spazierengehen nach Syrakus angenehm machen.

Tissa–Usti, am 3ten Tage

("Der Weg von Peterswalde nach Außig ist rauh, aber schön; von  Außig, wo man wieder an die Elbe kommt, romantisch wild, links und rechts an dem Flusse hohe Berge mit Schluchten, Felswänden und Spitzen.")

Usti–Litomerice, am 4ten Tage

Der Weg führte uns über die Benesbrücke - die am 31.Juli 1945 traurige Berühmtheit erlangte, als man Usti entgermanisierte -  zum Wohnviertel Strekov, wo offenkundig nicht die Privilegiertesten wohnen. Nach dem Hochwasser von 2002 wurden die Wände bis zur Höhe der zweiten Etage mit einen zarten Rosa überzogen; darüber bleibt der verrusste Putz alter Gebäude eines Industriestandortes.
Ab Bahnhof Strekov führt der rotmarkierte Weg in 20 km bis nach Litomerice. Es ging steil hinauf auf den Schreckenstein, von wo aus man die Stelle der Überfahrt , die Adrian Ludwig Richter 1837 malte, sehr gut erahnen kann. Meist durch Mischwald, im wahren Sinne der Wortbildung in lindgrünen Farben, zog sich der Weg über einige Gipfel in mehr als 600 m Höhe.
Die Ausblicke auf dieser Etappe waren phantastisch: zu Lovos und Milesovka zur Rechten; zum Sedlo halblinks vorn, den wir irgendwann aufgrund des Gipfelaufbaus in der Entfernung als Everest  (der Hillary-Step an der rechten Kante) bezeichneten; besonders aber, leider nur  an einer Stelle in seiner ganzen Schönheit das nördliche Panorama, vom Stürmer bei Zinnwald bis zum Hochwald bei Zittau -  das gesamte Szenario der Gipfel von Osterzgebirge bis Zittauer Gebirge.
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("Bei Lowositz endigen allmählich die Berge, und von da bis Eger hinauf und Leutmeritz hinab ist schönes, herrliches fruchtbares Land, das ... nun ganz Ebene wird.")

Litomerice–Roudnice, am 5ten Tage:

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In der Ferne haben wir einen neuen Orientierungspunkt, den Rip/Georgsberg, von dem die Legende erzählt, dass Cech seinen Leuten von hier das umliegende Land zur Landnahme wies.
In Lounky, als wir an einer scheinbar alten Kirche interessiert schauten, fragte uns eine alte Frau, ob sie die Schlüssel holen solle und brachte gleich ihren Sohn zum englischsprachigen Erklären mit.
Sie setzte sich auf scheinbar ihren Stammplatz der 25 Kirchplätze und hörte stolz dem Sohne zu, wie er freigelegte Wandmalerei und Abschlusstücke zeigte und erklärte, dass die Kirche im 14. Jahrhundert erbaut wurde, eine Glocke von 1491 hat, Kriege und Besatzungen überstand und er  erst kürzlich als 22jähriger getauft wurde und nun die hiesige, kleine Gemeinde stärkt.Hinter üppigen Rapsfeldern erhob sich schon bald das  Schloss der Herren von Lobkovicz in  Roudnice. Imposant drohnt es direkt hinter der Elbe; an die Besitzer rückübertragen, privatisiert, verharrt es  weitestgehend ungenutzt in der Hoffnung auf staatliche Fördermittel zur Erhaltung.

Roudnice–Melnik, am 6ten Tage:

("Ich freute mich, als ich hinter Lowositz in Böhmen auf die Ebenen kam, und hoffte nun einen beträchtlichen Grad von Wohlstand und Kultur zu finden, da der Boden rund umher außerordentlich fruchtbar zu sein schien. Aber meine Erwartung wurde traurig getäuscht. Die Dörfer lagen dünn, und waren arm; noch mehr als in dem Gebirge. Man drosch in den Herrenhöfen auf vielen Tennen und die Bauernhäuser waren leer und verfallen")Unweit der dominierenden Industrieanlagen bei Dolny Berkovice entdecken wir ein 1606 zum Renaissanceschloss umgebautes Anwesen, das nun wieder  dem Hause Lobkovitz - Thurn und Taxis gehört.  Der Herrenhof liegt in einem Park mit alten Bäumen. In den Tennen der Seitengebäude wohnen Menschen, einfache Wäsche hängt zum Trocknen im dahinbröckelnden Verbindungsgang, der schon bessere Zeiten gesehen hat. Nach den Herrenhöfen Seumes sieht dies nicht aus.

Melnik–Kralupy, am 7ten Tage:

Vom Melniker Schlossberg glitt der Blick hinunter, wieder über Melniker Reeben und Melniker Määädchen, denn in Melnik liegt der Zusaa_menfluss( von Elbe und Moldau).
Zwischen Moldau und Moldau-Kanal liegt eine Auenlandschaft mit mächtigen, steinalten Parkbäumen und einer verfallenden Wassermühle. Dahinter ein an Rammenau oder Gaußig erinnerndes Schloss, die Seitenflügel und Torhäuser wirken zwangsbesetzt, wie ehedem die Hamburger Hafenstraße.
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Roztocky–Prag, am 9ten Tage:

Wieder linksseitig der Moldau folgten wir einem Uferweg im Grünen bis Prag -Troja, querten  am Zoo bei Schloss Troja über eine Brücke die Moldau, um durch einen Park bis auf den Prager Letna zu gelangen.
Es ist für die Tschechen Tag der Befreiung, so dass wir manchen alten Bewohner dieses Wohngebietes der Ehemalig-Etablierten in Uniform zu Feiern gehen sehen. Von hier  ist es nur ein reichlicher Kilometer durch den Großstadtlärm, bevor wir unmittelbar am Hradschin standen.
Der Einzug in den Innenhof war unsere Siegesparade.Auf Grodschin (Hradschin) war das Wetter unfreundlich und finster, und ich blickte nur durch Schneegestöber nach der Gegend hinaus ...
("In Prag registrierte uns eine Art von Torschreiber gehörig ein, gab uns Quartierzettel und schickte unsere Pässe zur Vidierung auf das Polizeidirektorium. Die Herren der Polizei waren gegen alle Gewohnheit der Klasse in andern Ländern die Höflichkeit selbst; ...
Der gute Nepomuk auf der Brücke mit seiner ehrwürdigen Gesellschaft gewährt den frommen Seelen noch viel Trost. Es scheint überhaupt in Prag, sowohl unter Katholiken als unter Protestanten, noch eine große Anzahl Zeloten zu geben; nur nicht unter den höhern Ständen, die in dieser Rücksicht die Toleranz selbst sind.")
Der gute Nepomuk auf der Karlsbrücke mit seiner ehrwürdigen Gesellschaft gewährt noch immer den tausenden frommen Seelen, die täglich über die Brücke gehen, seinen Trost und ist Fotomotiv für Urlaubsberichte in Yokohama, Chikago und Campinas. ...

Ledecko – Kacov, am 13.ten Tage:

Vom Hotel geht es aufwärts nach Rataje nad Sazavou. Nach einigen Metern durch das recht abgewohnte Marktdorf kommen wir zur Oberen Burg, die im 16. Jahrhundert als Renaissanceschloss ausgebaut wurde. Mit einigen Sack Zement versucht man dem Verfall Einhalt zu gebieten. Wie so oft in Böhmen wurden Schlösser an die Herren von Schwarzenberg, von Lovositz, Liechtenstein oder Kinsky reprivatisiert und der neue Wiederbesitzer wartet nun auf staatlichen Finanzsegen für den Aufbau. Mancher der Herren beschleunigt den staatlichen Spendenseegen durch wohlfeine Pöstchen in der tschechischen Regierung.
Am unteren Ortsausgang befindet sich die Untere Burg Pirkstein, die bereits 1385 erstmals urkundlich erwähnt wurde. Leider ist sie nicht betretbar.
Abwärts und wieder aufwärts geht es nun meist oberhalb des Sazavatales, bis wir die riesige Burganlage Cesky  Sternberg auf einem Felsvorsprung über der Sazava entdecken. Die Burganlage wurde im frühgotischen Baustil als eine der ersten in Stein errichtet, umgebaut und  später barokaisiert. Der heutige Eigentümer Zdenek Sternberg wohnt auf der Burg und duldet geführte Besucher gegen Gebühr. Wider mancher Ablehnungen in der Gruppe entschieden wir uns für eine Besichtigung und hofften, nach Durchdringen der Tür auf weitestgehende Freiheit zum Besichtigen.Aber der Gang ist streng geregelt und so ging es in tschechischer Sprache mit 25 disziplinierten Tschechen  vorbei an Jagdwaffen, Pfeiffen, Grafiken, Möbeln und Porzellan. Wir überlegten permanent, wie wir unseren vorzeitigen Ausschluss provozieren können und ich geb zu, wir machten das Bild des unangenehmen  Deutschen. Nach fünfzig Minuten ist es unter bösen Blicken geschafft und unser diesjähriger Bedarf an geführten Schlossbesichtigungen in Tschechien abgedeckt.
Hinter der Burg nimmt uns ein 13 km langer Weg auf nach unserem nächsten Ziel: Kacov.
Wer glaubt,  schön parallel im Talesgrunde an der Sazava entlang zu bummeln irrt. Ein ständiges Auf und Ab, mal  in Autobahnnähe, mal parallel am Fluss; Datschen, Dörfer, Hüttensiedlungen, satte grüne und blühende Wiesen und Gärten und immer wieder Auf und Ab.

Kacov – Kouty, am 14ten Tage:

Nach einem recht ordentlichen Frühstück schauten wir uns die gegenüberliegende Schlossanlage an.
Eigentlich ein Renaissance-Schloss wurde es 1727-1733 unter den Einflüssen eines italienischen Herrenhauses barock umgebaut. Zur Stadt zweistöckig ist es zur Sazava hin dreistöckig.
Uns interessierte der Aufbau, in dem wir uns eine Art Terassencafe vorstellten. Ich nutze die Chance, als eine Frau die Türe offen lässt, um mir das Haus von innen anzuschauen:
Nach oben nur ein riesiger Lichtschacht - keine Etage für rauschende Feste oder wenigstens die belle etage de la baronesse. Um einen Lichthof herum befinden sich vielmehr zwei Etagen mit Wohnungen für Ivana und Frantisek.
Vor den Wohnungstüren auf den umlaufenden Gängen: Schuhschränke, Wannen, große Töpfe; Linoleumgeruch, bröckelnder Putz, freihängende Elektrokabel.
Der hintere Schlosshof, wo einst die Kutschen standen, stehen sie auch wieder und sehen Ihrer völligen Verrostung entgegen.Unser Weg führte uns unterhalb des Schlosses an der Sazava entlang und später aufwärts mit dem Ziel des Städtchens Zruc.
Ein riesiger Kahlschlag entfernte hier einige der sonst mustergültigen tschechischen Wegemarkierungen. Wir wählten für einige Kilometer nicht den geplanten Weg, der sich aber als aussichtsreicher erwies.
Oberhalb der kleinen Industriestadt Zruc genießen wir schöne Ausblicke ins Tal, bevor wir durch ein Wohngebiet aus sozialistischen Zeiten den Ort durchqueren. Dazu brauch ich Euch nichts zu erzählen, wie so etwas aussieht weiß jeder wohl selbst.Unser abendliches Ziel ist so weit entfernt, dass wir planten mit der Sazava-Bahn einige Kilometer zu fahren.
Wir gingen zur Zastavka - der Haltestelle; der Nadrazi (Bahnhof) ist weiter weg. Die Zastavka erweist sich als kleines Häuschen mit einem Wartezimmer, wie ein Wohnzimmer eingerichtet: ein Waschbecken an der Wand, Zeitschriften auf dem Tisch, Polsterstühlchen herum. Der Ticketschalter ist ganztägig besetzt. 9 Tickets auf einmal verkauft die freundliche Frau sicher selten.Die Bahnstrecke ist mit Gras bewachsen, dennoch fahren hier stündlich Züge. Es folgen vierzig Minuten lieblichste Bahnfahrt im Sazavatal bis Ledec,  die Bahn schlängelt sich mit den Flussmäandern durch das Tal.

Humpolec - Jihlava am 16ten Tage:

Vor dem Hotel steht festgemauert in der Erde die Ansage des heutigen Tages: der Wanderwegweiser kündet von 24,5 km bis Jihlava-Pavov. Nach der Karte ist Pavov ein Vorort von Jihlava und bis zum Hotel sind es dann sicher noch acht Kilometer. Ich hoffe auf einen Stadtbus für diesen Rest.
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Tatsächlich bringt uns schon bald ein Stadtbus in das Zentrum nach Jihlava zum Masaryk-Platz.
("In Iglau habe ich bei meinem Durchmarsch nichts gesehen, als den großen, schönen, hellen Markt, dessen Häuser aber in der Ferne sich weit besser machen, als in der Nähe.
Ziemlich in der Mitte des Marktes steht ein herrliches Dreifaltigkeitsstück, von Leopold dem Ersten und Joseph dem Ersten, so christgläubig als möglich, aber traurig wie die Barberei...")
Einige feine Artikel waren zerspalten und bekleckst.Schlimmer als der Zustand der Dreifaltigkeitssäule wirkt der aus dem Jahre 1973 stammende Bau eines Warenhauses aus  weißem Beton. Später sehen wir indess auf alten Stichen der Stadt, dass auch 1801 an genau jener Stelle ein Gebäude stand und der Marktplatz auch damals nicht allein eine einzig große Fläche war.Wir übernachteten im Hotel Gustav Mahler, einem ehemaligen Dominikanerkloster, das zu K.u.K. Zeiten Kaserne und dies bis 1991 weiter war. Nunmehr Hotel bietet es im Kreuzgang eine Ausstellung moderner Fotografie und in anderen Räumen Konzerte.

Jihlava - Telc am 17ten Tage:

... Diese hübsche kleine Burg mit Turm, scheinbar immer  ordentlich erhalten, erhebt sich auf einer Hügelkette ca. 10 km nördlich von Telc. Vom Turmausblick in die hügelige Landschaft ist Telc  nur zu erahnen.Nach einer reichlichen Stunde des Abstiegs öffnet sich die Landschaft so wie die Hügel gerade den Blick nicht verdecken und inmitten von Wiesen und Teichen blinkt Telc ein wenig hervor. An Teichen und dem Stadtgraben vorbei geht es durch ein Tor am Schloss vorbei zum Marktplatz. Die Innenstadt ist Weltkulturerbe. Der Markt mit mehr als 100 bestens restaurierten Renaissance-Gebäuden leuchtet in der Spätnachmittagssonne. Der Marktbereich von 300 mal 100 m ist völlig umsäumt von bestens erhaltenen Gebäuden mit kleinen Kolonaden, Aufbauten und Umbauten aus der Zeit des Barock. Leider dürfen zeitgemäß Autos über die Südseite des Marktes fahren und parken.


Jemnice - Vranov am 19ten Tage:

Seume nutzte wohl die erste Kutsche erst auf dem Weg nach Venedig. Wir jedoch ließen uns bei der Planung doch ein wenig von Znojmo blenden und wollten diesen Ort nach zwanzig Wandertagen erreichen. Das ist wohl doch recht knapp, will man nicht Blasen und Gelenkschmerzen provozieren. So entschlossen wir uns, auch diesen Tag ein wenig mit der Kutsche abzukürzen. Dieser nimmt in seltsamen Kurven und Wendungen jedes Dorf mit, um uns nach Bitov ganz nahe der österreichischen Grenze zu bringen.
Die gewaltige Burganlage und darunter liegende Talsperre aus den 30er Jahren erleben wir bei Regen. Auch die Burg Cornstein bleibt uns verschlossen. Auf den folgenden Kilometern trotzen wir dem Regen. Zwei Gaststätten konkurrieren um die Gunst der Kunden, indem Sie beide 16:00 Uhr öffnen - aber es ist erst 14 Uhr.
Als das Wetter sich ein wenig auflockert, pilgern wir durch feuchte Wiesen in einer Richtung, wo wir Vranov erwarten.

Vranov - Znojmo am 20ten Tage:

Wir starten bereits bei Regen. Entlang der Duja geht es in den Nationalpark Poduji. Zunächst am Fluss entlang geht es schon bald in ein hügeliges Laubwaldgebiet; an einigen Ecken sogar ein wenig felsig, fast alpin. Der nun permanente Regen lockt gelb-schwarz glänzende Feuersalamander auf den Weg, denen wir beim Verzehren von fetten Regenwürmern zuschauen.
Nach 13 km  erreichen wir völlig durchnässt und frösteln eine Bushaltestelle. Das X für werktags interpretieren wir inklusive des heutigen Sonnabends und ziehen uns bis zur vermeintlichen Busabfahrtszeit ins Wirtshaus zurück...
Wie an Tag davor, kommt nach 15 Uhr die Sonne und wir krönen den Tag mit einem schönen Stadtbummel. .
("Hier in Znaym mußte ich zum ersten Mal Wein trinken, weil der Göttertrank der Germanen in Walhalla nicht mehr zu finden war. Der Wein war, sehr gut, wie mich Schnorr versicherte; denn ich verstehe nichts davon, und trinke den besten Burgunder mit Wasser wie den schlechtesten Potsdamer.
Hier möchte ich wohl wohnen, so lieblich und freundlich ist die ganze Gegend. Auf der einen Seite stößt die Stadt an ziemliche Anhöhen, auf der andern, vorzüglich nach Österreich, wird die Nachbarschaft sehr malerisch durch die Menge Weingärten, die alle an sanften Abhängen hingepflanzt sind. Die beiden Klöster an den beiden Enden der Stadt sind, wie die meisten Mönchssitze, treffliche Plätze.")
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Znoimo - Hnanice am 21.ten Tage

(„Wenn ich nach den vielen schönen Weinfeldern rund in der Gegend urteile, und nun höre, daß die Ruine von einem Domherrn erklärt worden ist, so sollte ich fast blindlings glauben, sie müsse sich auf die Dyonisien bezogen haben. Der Boden mit den großen weitläufigen Weinfeldern könnte, da er überall sehr gut zu sein schein, doch wohl besser angewendet werden, als zu Weinbau. Die Armen müssen billig eher Brot haben, als die Reichen Wein; und Äbte und Domherren können in diesem Punkte weder Sinn noch Stimme haben."

Hnanice - Haugsdorf am 22.ten Tage

(„Auf der Grenze von Mähren nach Östreich habe ich kein Zeichen gefunden; nur sind sogleich die Wege merklich schlechter als in Böhmen und Mähren, und mit den Weingärten scheint mir entsetzlich viel guter Boden verdorben zu sein. Ich nehme die Sache als Philanthrop und nicht als Trinker und Prozentist. Schlechtes Pflaster, das seit langer Zeit nicht ausgebauet sein muß, gilt für Chaussee.")Von Hnanice geht es zur Grenze: wir überqueren nun auf unserem Weg das zweite Mal eine Grenze und haben Tschechien in zwanzig Tagen durchquert. Ein alter Wegstein steht hier linksseitig - hat ihn auch Seume im Dezember 1801 schon gesehen? Parallel zur Grenze geht es nun nach Osten, überall Rebstöcke in Österreich wie auch in Mähren zur Linken. Die Wege sind nach Regen extrem matschig-pampig. Die Landschaft ist hügeliger als erwartet. Nach fünf Kilometern sind wir in Kleinretzbach, die Leute fragen nach dem Wohin unseres Weges. Eine erste Verwunderung macht sich indess bei uns breit: die Menschen sind viel freundlicher als erwartet und in manchem Österreich-Reiseführer beschrieben. Auch hier war bis 1990 vernachlässigtes Grenzgebiet und die Menschen wohl eher in ihrer Abgeschiedenheit nicht recht glücklich.
Beim Winzer Pollak besuchen wir den Hofladen und leheren so vor dem Hofe auf der Straße eine Flasche Veltliner, den traditionellen Wein des Gebietes. Frisch, sauner, würzig- für 4,70 € eine gute Wegzehr. Er hat 20 Hektar, davon zu 80% mit Weiswein bebaut. Das Weinviertel ist nicht so rennomiert für seinen Wein. Meist wird Fasswein produziert, der irgendwo durch Großvermarkter auf Flaschen gezogen wird. Erste Winzer bekennen sich wieder zur eigenen Abfüllung, Veltliner sei wieder Trendwein.Auf den Folgewegen durch Weinbau verfolgen uns die BesitzerSchilder des Herrn Polack dies und jenseits des Weges. Nach gutem Tagwerk gelangen wir in eine Kellerdrift, auch Kellergasse genannt. Vorbauten von Zugängen zu Kellern stehen hier wie kleine Häuschen diesseits und jenseits der Gasse. Mehrere Zugänge sind geöffnet und die Besitzer laden gleich freundlich zur Drift in den Keller ein - ein Abdriften. Einer macht 17 Uhr als Buschenschank auf: wir werden´s wohl nutzen.
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Zum Abend ziehen wir wieder hinaus zur Kellergasse. Ein Viertel Veltliner, ein Viertel Portugieser, ein Viertel Blauburgunder. Dazu Blunz mit Sauerkraut; im  Deutschland der Betriebsküchen als „tote Oma" oder „Verkehrsunfall" bezeichnet. Alles recht rustikal, weinbäuerlich, ohne Wiener Getue. Alleinig der Preis für den Brotkorb war heftig. Für 8€ denkt man, man kauft die Bäckersfrau gleich mit.

Haugsdorf -Hollabrunn am 23.ten Tage

Auf sehr geraden, asphaltierten Wegen geht es nach Süden. Auf kleiner Ackerfläche ragen tausende rote und grüne Stäbchen aus der Erde. Dies entpuppt sich beim genaueren Hinsehen als Rebstöcklein, die hier bewurzelt werden. Damit sie nicht vorab nach oben aussprießen, sind sie mit einer dicken Wachskruste überzogen. Nach einer Hügelkette ist das Retzer Weinland  durchschritten und ein ländliches Gebiet mit Rüben, Getreide- und Kartoffelanbau wird durchquert....

Hollabrunn - Stockerau am 24. ten Tage

(„Den zweiten Weihnachtsfeiertag kamen wir ... in Wien an, nachdem wir die Nacht vorher in Stockerau schon echt wienerisch gegessen und geschlafen hatten.")Den Ort hinaus geht es nach Raschala, wo uns am Ende einer fein rekonstruierten Kellergasse Mozarts Pinkelstein erwartet. Es regnet fein von oben, sollen wir hier auch...?


Stockerau - Klosterneuburg am 25.ten Tage

(„An der Barriere (zu Wien) wurden wir durch eine Instanz angehalten und an die andere zur Visitation gewiesen. Ich armer Teufel wurde hier in bester Form für einen Hebräser angesehen, der wohl Juwelen oder Brabanter Spitzen einpaschen könnte.... Mein ganzer Tornister wurde ausgepackt, meine weiße und schwarze Wäsche durchwühlt, mein Homer beguckt, mein Theokrit herumgeworfen und mein Virgil beschaut, ob nicht vielleicht etwas französischer Konterband darin stecke; meine Taschen wurden betastet und selbst meine Beinkleider fast bis an das heilige Bein durchsucht: alles sehr höflich; so viel nämlich Höflichkeit bei einem solchen Prozesse Statt finden kann... Meine Briefe wurden mir aus dem Taschenbuche genommen, und dazu mußte ich einen goldnen Dukaten eventuelle Strafe hinterlegen, weil ich gegen ein Gesetz gesündigt hatte, dessen Existenz ich gar nicht wußte und zu wissen ich gar nicht gehalten bin. „Du sollst kein versiegeltes Blättchen in Deinem Taschenbuche tragen.")Der Weg führte uns in die Au - die Marschlandschaft der Donau zwischen Tulln - Stockerau und Kornneuburg. ...Auf der anderen Seite geht es nun an der (blauen?) Donau entlang. In Klosterneuburg geht es zum eindrucksvollen Kloster mit Stiftskirche und späte durch alte Gassen mit Winzern hinab zum Hotel nach dem Ortsteil Meidering.


Klosterneuburg - Wien - Brunn am Gebirge am 26. ten Tage

(„Während der vierzehn Tage, die ich (in Wien) hausete, war nur einige Mal ein Stündchen reiones, helles Wetter, aber nie einen ganzen Tag; und die Wiener klagen, daß dieses fast beständig so ist...Von dem Wiener Theaterwesen kann ich Dir nicht viel Erbauliches sagen. Die Gesellschaft des Nationaltheaters ist abwechselnd in der Burg und am Kärthner Tore, und spielt so gut sie kann. Das männliche Personale ist nicht so arm als das weibliche. ... Der weibliche Teil der Gesellschaft, der auf den meisten Theatern etwas arm zu sein pflegt, ist hier vorzüglich; und man ist genötigt die Rolle der ersten Liebhaberin einer Person zu geben, die mitaller Ehre Äbtissin in Quedlinburg oder Gandersheim werden könnte. Die Dame ist gut, auch gute Schauspielerin; aber nicht mehr für dieses Fach.")Wir steigen gleich hinter dem Hotel steil den Kottesteig hinauf. Durch lockere Wohnbebauung einer Edelwohngegend mit Blick auf die Donau geht es auf windendem Bergpfad hinauf zum Leopoldsberg. Hier auf der Höh dann zum Kaltenberg mit modernistischem Hotel und International Bussiness Management School. Der Blick von hier auf Wien zieht auch bei dunstigem Wetter Ausflügler, Touristen und natürlich die Jüngelchen des internationalen Managements an.
Wir schauen hinab auf Wien, vor uns der Nussberg und das legendäre Winzerdorf Nussdorf. Zwischen Nussdorf und Grinzing geht es durch Rebflächen hinab. Am Ortseingang von Wien ist Zeit für Jubelgesänge: Dresden - Wien in 26 Tagen! In den Gassen von Nussdorf wandern wir am Beethovenhaus vorbei.
Um bis zum Stephansdom zu gelangen gibt es sicherlich romatischere Wege als den Fahrradweg am Donaukanal...


Brunn - Sooß am 27. ten Tage

(„Nun nahm ich von meinen alten und neuen Bekannten in der Kaiserstadt Abschied, packte meine Siebensachen zusammen und wandelte mit meinem neuen kaiserlichen Dokument Tages darauf fröhlichen Mutes die Straße nach Steyermark.") Von Mödling mit seiner typisch habsburgischen Altstadt rings um das Rathaus gelangen wir an den Rand des Wienerwaldes. Der Beethovensteig führt hier in halber Hanghöhe des Wienerwaldes oberhalb von Gumpoldskirchen nach Baden durch maigrünen Mischwald. Den touristisch renommierten Winzerort lassen wir unter uns, wohl wissend, dass wir am Abend in Sooß, dem anderen Weinbauort nächtigen werden.  Durch die Parkanlagen von Baden gelangen wir in das Kurzentrum. Ein offenes Kaffee genügt uns bei der Tageskühle nicht, wir gehen ins Casino-Kaffee.
Bei violett-rosa Licht sitzen wir auf Marmorfußboden. Ein überaktiver (Ober?)Kellner drangsaliert seine Unterkellner. Als wir, in Wanderkluft nach kleiner Zeche das Haus verlassen, lässt er einen Inder alles wischen. So deutlich hat mir noch keine gezeigt, dass mein Besuch nicht gerade erwünscht ist. Wir wandern nun durch die Kurstadt, entdecken einen alten Aquadukt, der Wien noch immer mit Frischwasser aus den Bergen versorgt. Durch wieder-Wein gelangen wir nach Sooß. Werden wir von Leuten nach unserem Wanderziele angesprochen, so antworten wir nun zunehmend mit dem tatsächlichen Fernziel Syrakus. Uns entgegnet eine Mischung aus Ungläubigkeit und Bewunderung und unsicheren geografischen Kenntnissen - oder liegt Syrakus in Griechenland?
In der Hauptstraße von Sooß liegen Winzer an Winzer. Fünf haben angesteckt, uns reicht einer für leckeres Essen und hiesigen Badner (!) - nicht Badischer - Wein.

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