Reisebericht: Weihnachtszauber am Bodensee

23.12. – 28.12.2010, Weihnachtszauber am Bodensee


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Wer an Weihnachten eine Reise macht, die nicht weit weg in die Karibik führt, wo Weihnachtszauber und Weihnachtsbaum in der Sonne schmelzen, hat durchaus Verbindungen zur Weihnachtsgeschichte, wie wir sie im Lukasevangelium nachlesen können
Ein Reisebericht von
Irmela Körner
Irmela Körner

Reisebericht



Wer an Weihnachten eine Reise macht, die nicht weit weg in die Karibik führt, wo
Weihnachtszauber und Weihnachtsbaum in der Sonne schmelzen, hat durchaus
Verbindungen zur Weihnachtsgeschichte, wie wir sie im Lukasevangelium nachlesen
können. „Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische
Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, weil er aus dem Hause und Geschlecht
Davids war, damit er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war
schwanger“.
Reiseveranstalter und vorausschauende Planungen sorgen dafür, dass heute kein
Reisender mehr im Stall übernachten muss, auch wenn die Zustände auf den internationalen
Flughäfen und Bahnhöfe während der Weihnachtstage durchaus dieser Situation aus der
Weihnachtsgeschichte ähnelten. Für uns immerhin war gesorgt: Im Hotel Zur Linde in Höchst
warteten nach langer Fahrt, auf der die Dezembergeschichten von Peter Bichsel für
Unterhaltung gesorgt hatten, freundlich gestaltete warme Zimmer und ein köstliches
Abendessen.
Die tägliche Morgengymnastik vor dem Aufbruch
Ich steige mit dem richtigen Fuß aus dem Bett
Und stehe mit beiden Beinen fest auf der Erde
Ich schüttle den Schlaf aus meinen Gliedern
und nehme kleine Unbill auf die leichte Schulter
Ich lenke meinen Blick auf die schönen Dinge in meiner Umgebung
und drücke hin und wieder ein Auge zu.
Ich atme tief ein und trage meine Nase nicht zu hoch
Ich öffne weit das Fenster meiner Seele, wende mein Gesicht der Sonne entgegen,
ich springe in paar Mal über meinen Schatten und lache mich gesund.

Am Morgen des 24. Dezember schneite es sanft und St. Gallen war weiß überzuckert. Zum
Glück kannte unsere kundige Stadtführerin trockene Unterstände, die gleichwohl den Blick
auf die schönen Erker frei gaben, die von den Reisen der St. Galler Textilkaufleute des 18.
und 19. Jahrhunderts in alle Welt berichten. Sie erinnern an die Bedeutung St. Gallens im
Leinwand- und Stickereigewerbe. Sie führte uns in Bürgerhäuser, in denen wir trocken und
warm standen und so ganz Ohr sein konnten für die Geschichte der Stadt. Sie wurde im 7.

 

Jahrhundert gegründet und gilt heute als das kulturelle und wirtschaftliche Zentrum der
Ostschweiz. Der Bär, der das Stadtwappen schmückt, erinnert an den irischen
Wandermönch Gallus, auf dessen Initiative die Stadtgründung zurückgeführt wird. Die
meisten Touristen kommen nach St. Gallen, um die barocke Stiftkirche aus dem 18.
Jahrhundert zu sehen. Dazu gehört fast immer auch ein Besuch in der wunderbaren
Stiftsbibliothek mit einer Fülle an kostbaren und kunstvoll gestalteten Handschriften, die an
die Hochblüte der Benediktinerabtei vom 9. bis 11. Jahrhundert erinnern.
Ein Besuch in einer südafrikanischen Markthalle, in der sowohl frische Waren als auch
Kunsthandwerk verkauft wurde, hat den Versicherungsvertreter Lindemann auf die Idee




gebracht, mitten im Gewerbegebiet von Altenrhein eine Markthalle von den österreichischen
Künstler Friedensreich Hundertwasser bauen zu lassen. Die Halle enthält die typischen
Merkmale der von Hundertwasser gestalteten Bauten, Säulen, eingelegte Glasarbeiten,
Vielfarbigkeit und sie entstand mit viel Eigenanteil der Bevölkerung. Hundertwasser verstarb
2000, ehe die Halle gänzlich fertig gestellt war, doch sie zeigt seine Farbigkeit und das
Bemühen, Wohnen und Umwelt bunt und freudig zu gestalten.
Am Nachmittag wird mit Stollen und Kaffee der Weihnachtsabend eingeläutet. Ein weiß
gelockter Weihnachtsmann im roten Mantel verteilt Geschenke, einige kennen noch ein
Gedicht aus Kindertagen auswendig, Lieder erklingen und jeder und jede hört mit der je
eigenen Stimmung, Hoffnung oder Wehmut und inneren Anteilnahme die Geschichte vom
Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen.
 
In frisches Weiß gehüllt präsentiert sich am 25. Dezember der 1064 Meter hohe Gipfel des
Pfänders, der Hausberg am Bodensee. Wie in Kindertagen können wir durch den frischen
Neuschnee stapfen, die Steinböcke im Gehege bestaunen und uns am Glühwein die kalten
Hände wärmen.



Weihnachtsfreude, Schneegestöber und Ferienlaune in hohen Höhen.
Unten in Bregenz stellt man sich gern die sommerlich warmen Temperaturen vor, während
der auf der berühmten Seebühne die Festspiele stattfinden. Beim Bummel durch die
Oberstadt lässt sich der schindelgedeckte barocke Zwiebelturm bestaunen und der
Ehregutaplatz erinnert an die mutige Retterin der Stadt aus der Zeit der Appenzeller Krieges.
 
Am 26. Dezember zeigt sich verheißungsvoll blauer Himmel auf dem Weg nach Konstanz,
wo die leicht bekleidete Statue der Imperia sich mit Papst und Kaiser in der Hand in der
Sonne dreht. Auch andere Bauten erinnern an das berühmte Konstanzer Konzil. Im Münster
faszinieren die vier vergoldeten Kupferscheiben in der Krypta und die Gassen rund um die
Kirche zeigen etwas von dem geschichtsträchtigen mittelalterlichen Charme der
Universitätsstadt.
Auf der Insel Reichenau bezeugen die drei noch erhaltenen Kirchen die Bedeutung der Insel
in früheren Jahrhunderten. Die UNESCO setzte die Insel im Jahr 2000 auf die Liste des
Weltkulturerbes. Als Begründung nannte das Weltkulturerbekomitee, dass die Insel
Reichenau ein guter Beweis für die kulturelle und religiöse Wichtigkeit des Klosters
Reichenau im Mittelalter sei. Die vielen Gewächshäuser rechts und links des Damms sind
Beleg für die Gemüseproduktion auf der Insel und man kann verstehen, dass die Salattüten
und Gemüseverpackungen auch mit dem Hinweis Weltkulturerbe gekennzeichnet werden.
Klappern gehört schließlich zum Handwerk.
Der 27. Dezember steht ganz im Zeichen des Appenzeller Käses, eine besondere Spezialität
mit aufwändiger Herstellung, wie man in der Schaukäserei sehen und hören kann. In Heiden



zeigt man sich verschlossen. Die klassizistischen Häuser des sogenannten Biedermeierdorfs
scheinen Winterschlaf zu machen, die Straßen sind nicht geräumt. Zum Glück ist die
Wartehalle im kleinen Bahnhof geheizt, von wo aus dann die Bahn nach Rorschach führt.
Jetzt heißt es Koffer packen und auf der Heimreise am 28. Dezember 2010 habe ich in
meinem Gepäck die kostbare Erinnerung an Städte und Landschaften, die ich mit offenen
Augen und wachen Sinnen erleben konnte. Ich habe in meinem Gepäck das Wissen um
andere Menschen, Kulturen und Traditionen, die mir teilweise unbekannt, vielleicht sogar
etwas unbequem sind, über die zu richten jedoch nicht meine Sache ist. Auf der Heimreise
habe ich in meinem Gepäck eine ordentliche Portion Dankbarkeit für meine Freiheit des
Reisens, für die Gastfreundschaft, die man mir entgegen gebracht hat.
Auf der Heimreise habe ich in meinem Gepäck eine Tüte voller Wehmut über den Abschied
von den unbeschwerten Tagen, fernab vom Alltagseinerlei mit der Routine. Doch ich habe
auf der Heimreise in meinem Gepäck auch ein Quäntchen Vorfreude auf das vertraute
Zuhause, wo alles nach meinen Regeln tanzt, wenn auch bei Lichte betrachtet nicht alles
Gold ist, was das glänzt. Auf der Heimreise habe ich in meinem Gepäck ein Kilo Hoffnung
auf all das Schöne, was es in dieser Welt noch zu erleben und zu entdecken gibt und was
mir offen steht.

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