Reisebericht: Adventszauber in Berggießhübel

05.12. – 05.12.2010, Stollen und mehr im Stolln – mit weihnachtlicher Chormusik und Lichterfest in Berggießhübel


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Schon zur Tradition geworden, trafen wir uns auch in diesem Jahr mit unseren treuen Reisegästen zur Einfahrt in den Marie Louise Stolln in Berggießhübel. Unser Stammtisch im Mutter Gottes Lager war bereits reserviert.
Ein Reisebericht von
Annett Müller
Annett Müller

Reisebericht

Am 2. Adventssonntag, pünktlich 12 Uhr trafen wir uns in Berggießhübel am Besucherbergwerk. Wie jedes Jahr folgten unsere Reisegäste dem Ruf der traditionellen Mettenschicht. Die Anzugordnung war schnell geklärt: gelbe Regenjacke und Helmpflicht. Vorm "Mundloch" des Marie Louise Stollen begrüßte uns Ralf Kuchenbecker, unser Bergführer alias Chef-Reiseleiter bei Eberhardt TRAVEL mit dem Bergmannsgruß "Glück auf". Auch er freute sich über bekannte Gesichter und schon fuhren wir ein. Von Ralf erfahren wir wieder Altes und Neues über den Bergbau und zur Geschichte des Bergwerkes.
 
Der Bergbau in der Region hat eine lange Tradition. Bereits um 1230 siedelten hier die ersten Eisenbauern, um mit dem Abbau zu beginnen. Bald darauf wurde die Siedlung Bad Gottleuba von Bergleuten gegründet. Mitte des 15. Jahrhunderts werden die Erzlagerstätten um Berggießhübel unter dem Namen "Gißhobel" erstmals urkundlich erwähnt, "Gißhobel" wird eigenständiges Bergamt und bekommt ca. 100 Jahre später städtische Rechte verliehen. Das Berggießhübelner Eisenrevier blüht nun auf und wird als das "fürtrefflichste" in Sachsen bekannt. Der 30jährige Krieg beendet diesen Aufschwung und fast 150 Jahre lang ruht der Abbau. Anfang des 18. Jahrhunderts wurde die erste Heilquelle entdeckt, die den Beginn des Kur- und Badewesens in Berggießhübel einläutete. 1726 wurde dann der Friedrich Erbstolln (heute der Marie Louise Stolln) aufgefahren. Mit einer strengen Holzverordnung durch August dem Starken, um die umliegenden Wälder zu schützen, kam der Erzbergbau wieder zum Erliegen. Wiederum dauerte es ca. 100 Jahre, bis Detlef Graf von Einsiedel das Berggießhübelner Revier wieder zum Leben erweckte. Das wichtigste Berggießhübelner Erzlager, das Mutter Gottes Lagers (heutiger Endpunkt des Besucherbergwerkes und Veranstaltungsort), welches vom Friedrich Erbstolln weiter in den Berg führt, wurde erschlossen. 1870 ist es der Initiative des Fabrikanten Hermann Gruson zu danken, dass die  intensivste Abbauperiode, vor allem im Friedrich Erbstolln (Marie Louise Stolln), begann. Das Mundloch (Eingang zum Stolln) bekam seine heutige Gestalt, die Inschrift darüber erinnert an Grusons älteste Tochter Marie Louise.


Auf dem Kirchberg wurde der Emma-Schacht als Hauptfahr- und Förderschacht bis zu einer Tiefe von 97 m abgeteuft. Der Notausstieg führt heute übertage auf das Gelände der Firma Bergi-Plast. Das geförderte Eisenerz wurde damals in der Königin Marienhütte bei Zwickau verarbeitet. Übrigens blieb das Eisen auch nach dessen Verhüttung in Sachsen, so wurden Stahlteile beim Bau des "Blauen Wunders" verwendet. 700 Jahre Bergbautradition wurden am 31. Mai 1942 beendet, als im Schacht 381 die letzte Schicht gefahren wurde. Dann wurde es still.
 
 
 
Erst 2003 begann man mit der Sanierung des Marie Louise Stolln, welcher 2006 als Besucherbergwerk eingeweiht wurde und nun die Jahrhunderte alte Bergmannstradition fortführt - zur Freude der vielen Besucher und Bergleute "Glück auf"!
Obwohl wir das Bergwerk schon öfters besuchten, war die Einfahrt wieder spannend und lustig. Immer schön hintereinander stiefelten wir den schmalen Gang entlang. An einigen Stellen ist es sehr niedrig, so dass wir uns bücken mußten. Gott sei Dank hatten wir Schutzhelme auf, denn ab und zu unterschätzten wir die Deckenhöhe. Selbstverständlich sagten wir dem alten Kumpel "Franz", der den Weg hinaus immer noch nicht gefunden hat, "Hallo". Unterwegs stimmten wir das "Steigerlied" an. Zur Freude und Belustigung der uns entgegen kommenden Kinderschar, die zuvor am Mutter Gottes Lager einen Geburtstag gefeiert hatte (Super Idee für eine Feier mit Spiel, Spaß und Spannung!).


Nach ca. 350 m "Einfahrt" stieg süßer Duft von Glühwein in unsere Nasen. Bei Kerzenschein wurden wir im weihnachtlich geschmückten Mutter Gottes Lager empfangen und nahmen an unserem reichlich gedeckten "Stammtisch" am unterirdischen See  Platz. Ein leckerer Bergmannsschmaus mit selbstgemachten Kartoffelsalat, frischen Knackern, Erbsensuppe, sauren Gurken und Fettbemmen erfreute unsere Gaumen. Die heimliche Atmosphäre bei Kerzenschein erwärmte unsere Herzen und warmer Tee und Glühwein den Rest. Ralf Kuchenbecker führte in unterhaltsamer Weise durch das Programm der Mettenschicht. Wir lauschten kleinen Geschichten und Gedichten und sangen zusammen Weihnachtslieder.
Unser selbstgebasteltes Gesangsbuch hatten wir dabei, um textsicher zu sein. In geselliger Runde verbrachten wir gemütliche 2 Stunden. Zum Abschluß sangen wir noch einmal das "Steigerlied".

Zurück aus dem "Erdreich" bummelten wir durch Berggießhübel, wo am 2. Advent das Lichterfest stattfand. Entlang der Hauptstrasse hatten die Bewohner des kleinen Ortes Weihnachtsbüdchen aufgebaut, es brannten Fackeln und Feuer, an denen wir uns wärmten. Auch den Weihnachts- mann haben wir getroffen. Wir entdeckten einen weiteren Stolln, Konkurrenz zum Marie Louise Stolln? Die netten Bergmänner klärten uns auf: In einem Hinterhaus wurde ein ehemaliger Luftschutzkeller als "Bergstolln" verputzt und bietet den Gästen ein warmes Plätzchen.
Anschließend kehrten wir ins Café Müller ein. Wir probierten Birne mit Schwipps. Das Rezept für alle Glühwein-Müden: Birnensaft mit Eierlikör und Sahne im kalten Zustand vermischt und dann erwärmen, lecker.


 
So gestärkt erklommen wir den Kirchberg, um an der 3. Bergandacht in der evangelischen Kirche Berggießhübel teilzunehmen. Wir saßen in der ersten Kirchenbank und erlebten der Einmarsch der drei Knappschaften aus der Umgebung in festlicher Bergmannstracht. Es wurde gesungen und die Orgel erklang. Die Predigt des Pfarres gehörte natürlich auch dazu.  Entgegen anderer Bergandachten empfanden wir diese aber wenig feierlich.
 
 
 
Zum Abschluß des Tages erlebten wir noch die "kleine" Bergparade durch das romantisch beleuchtete Berggießhübel. Die verschiedenen Knappschaften in ihren festlichen Bergmannsuniformen wurden von der Schalmeienkapelle Bad Gottleuba (Nachbarort von Berggießhübel) angeführt. Ein bunter Menschenzug mit Fackeln und Lampions begleitete den Aufzug.
Bei schönsten Winterwetter verlebten wir den 2. Advent in gemütlicher Runde und stimmten uns im kleinen Kreis auf die Weihnachtszeit ein. Der Wunschzettel für den Weihnachtsmann wurde dabei auch gleich ausgefüllt, natürlich standen wieder mal Reisen in die ganze Welt ganz oben auf der Liste.
 
Wir wünschen allen eine besinnliche Adventszeit, ein friedliches Weihnachtsfest und einen guten Start in ein gesundes, erlebnisreiches Jahr 2011!
Kerstin Heintzel & Annett Mueller

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